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Quoten und Fördergelder treiben die Elektromobilität in Polen

Elektrofahrzeuge sind in Polen immer noch eine Seltenheit. Allerdings wächst der Markt rasant. Neue EU-Vorgaben könnten der Verkehrswende zusätzliche Impulse geben.

Von Christopher Fuß | Warschau

Die Elektromobilität wartet in Polen weiterhin auf den großen Durchbruch. Das zeigen die Zahlen des Automobilverbands PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego). So machten Pkw mit reinem Batterieantrieb im 1. Halbjahr 2023 nur rund 4 Prozent aller Neuanmeldungen aus. Polen liegt damit weit hinter dem EU-Durchschnitt von rund 14 Prozent. Ein Grund für die Zurückhaltung: Elektroautos sind deutlich teurer als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor. Erfreulich für die Hersteller voll-elektrischer Kraftfahrzeuge ist aber, dass sich die Zulassungszahlen in Polen gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast verdoppelt haben. Die meisten Autos verkauft Tesla, gefolgt vom Volkswagen-Konzern und Mercedes-Benz.

Förderprogramme mit Verbesserungspotenzial

Gewerbliche Abnehmer gelten als die wichtigste Kundengruppe. Umfragen des Online-Fahrzeugmarkts Carsmile.pl zeigen: Je größer das Unternehmen, desto wahrscheinlicher, dass sich Elektrofahrzeuge im Fuhrpark befinden. Die Firmen bekommen Unterstützung vom staatlichen Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej). Im Rahmen des Programms "Mein Elektrischer" (Mój Elektryk) winken Kauf- und Leasingprämien für Elektro-Pkw in Höhe von bis zu 6.100 Euro.

Mehrere Verbände, darunter der PZPM, kritisieren jedoch die Bedingungen des Umweltfonds. Die Durchschnittspreise von Elektrofahrzeugen hätten deutlich zugelegt. Branchenvertreter fordern darum, dass die Preisobergrenze für förderfähige Elektroautos steigen sollte, von heute rund 51.000 Euro auf 71.000 Euro.

Nicht nur Fördergelder entscheiden über den Absatz. Der Mobilitätsverband PSPA (Polskie Stowarzyszenie Paliw Alternatywnych) glaubt, dass insbesondere die großen Unternehmen weiter in batteriebetriebene Fahrzeuge investieren werden, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen.

Öffentlichen Einrichtungen fällt der Umstieg schwer. Eigentlich müsste der Fuhrpark von Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern seit 2022 zu mindestens 10 Prozent aus Elektrofahrzeugen bestehen. Ein Bericht des polnischen Rechnungshofes NIK (Najwyższa Izba Kontroli) vom Sommer 2023 zeigt, dass viele Kommunen diese Quote nicht erreichen. Das liegt unter anderem an gestiegenen Strompreisen. Laut einer Untersuchung der staatlichen Förderbank BGK (Bank Gospodarstwa Krajowego) vom April 2023 hängen die Städte auch bei den Zielen für Elektrobusse hinterher.

Kleine Nutzfahrzeuge besonders beliebt

Batteriebetriebene Lieferwagen bis 3,5 Tonnen stoßen hingegen auf wachsendes Interesse. Im 1. Halbjahr 2023 stieg der Absatz im Jahresvergleich um fast das Dreifache. Das Programm "Mein Elektrischer" verspricht pro Kastenwagen bis zu 15.900 Euro an Kaufprämie. 

Laut Tageszeitung Rzeczpospolita geht die sprunghaft gestiegene Nachfrage auf Großbestellungen zurück. So investiert der Postdienstleister InPost massiv in batteriebetriebene Kastenwagen. "Unsere Elektroflotte umfasst mehr als 500 Fahrzeuge. Bis zum Ende 2023 sollen es rund 1.000 sein", erklärte Marta Zalewska, Leiterin des InPost Programms Green City gegenüber Rzeczpospolita. Darüber hinaus investieren DHL und DPD, aber auch Einzelhändler wie RTV AGD und Żabka.

Lieferwagen und Lkw ab 3,5 Tonnen mit emissionsfreiem Antrieb spielen hingegen noch keine Rolle. Laut dem staatlichen Thinktank PIE (Polski Instytut Ekonomiczny) waren 2022 insgesamt 11 Fahrzeuge zugelassen. Der Möbelriese IKEA testet gemeinsam mit dem Logistikdienstleister Raben Group den Einsatz von Elektro-Lkw. Die Fahrzeuge pendeln zwischen den Werken in Babimost und Zbąszynek. Eine polnische Tochtergesellschaft von DHL setzt in Westpolen Elektro-Lkw ein.

Der PSPA führt das geringe Interesse an batteriebetriebenen Sattelzügen darauf zurück, dass es in Polen bislang keine öffentliche Ladesäule speziell für Lkw ab 16 Tonnen gibt. IKEA und DHL bauen eigene Lösungen auf ihren Firmengrundstücken auf. Neben einer besseren Infrastruktur fordert PSPA Prämien, vergleichbar denen für elektrische Pkw. 

Ladeinfrastruktur wächst vor allem in Städten

Immerhin: Die Zahl der öffentlichen Gleichstrom-Ladesäulen für Pkw steigt. Diese Stationen liefern viel Strom in kurzer Zeit und verkürzen damit die Ladedauer. Im 1. Halbjahr 2023 gingen fast zweieinhalbmal so viele Schnellladesäulen ans Netz wie im Vorjahreszeitraum. Der Abstand gegenüber westeuropäischen Ländern wie den Niederlanden bleibt aber groß. Hier gibt es mehr als zwanzigmal so viele Ladepunkte als in Polen. Tankstellenbetreiber beklagen lange Anschlusszeiten bei den Stromnetzbetreibern.

Das Netz an Ladesäulen wächst laut PSPA vor allem dank neuer Stationen vor Einkaufszentren. Hier gibt es rechtliche Quotenvorgaben. Der Lebensmitteldiscounter LIDL kündigte Anfang 2023 an, in Polen 65 Ladesäulen aufzubauen. Konkurrent Biedronka hat mit dem Betreiber Powerdot ein Abkommen geschlossen. Danach sollen 600 Schnellladesäulen bis Ende 2024 ans Netz gehen. Das bedeutet neue Konkurrenz für die etablierten Ladesäulenbetreiber. Die größten Anbieter in Polen sind GreenWay, Orlen und Tauron, gefolgt von NOXO und EV+. Auch die deutsche Ionity expandiert. Das Unternehmen kauft Ladesäulen vom führenden polnischen Hersteller Ekoenergetyka.

Polen muss vor allem entlang der Hauptverkehrswege investieren, wenn das Land neue EU-Vorgaben erfüllen will. Bis 2025 soll es entlang der Kernkorridore des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T) mindestens alle 60 Kilometer einen Ladestandort geben. Rzeczpospolita berichtet, dass sich entlang dieser europäischen Fernverkehrsadern in Polen nur 11 Prozent aller Gleichstrom-Stationen befinden. Das Infrastrukturministerium zeigt sich zuversichtlich, dass sich Zahl der Ladepunkte zwischen 2023 und 2025 verfünffachen wird.

Europäische Ausbauziele für Ladesäulen

Im Juli 2023 verabschiedete der Rat der Europäischen Union die Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR). Sie enthält verbindliche Ziele für die Mitgliedsstaaten wie zum Beispiel:

  • Pro angemeldetem Elektro-Pkw muss die Gesamtkapazität der Ladesäulen um 1,3 Kilowatt steigen.
  • Bis 2025 soll es entlang das TEN-T-Kernstraßennetzes mindestens alle 60 Kilometer in beiden Fahrtrichtungen einen Ladestandort für Pkw geben mit einer Gesamtleistung von mindestens 400 Kilowatt. 
  • Bis 2030 soll es entlang das TEN-T-Kernstraßennetzes mindestens alle 60 Kilometer in beiden Fahrtrichtungen einen Ladestandort für Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen geben mit einer Gesamtleistung von mindestens 3.600 Kilowatt.

NFOŚiGW-Förderprogramme unterstützten den Ausbau. Zu den Nutznießern gehört der Konzern Orlen. Im Juli 2023 unterschrieb das Unternehmen einen Vertrag über den Bau von 40 Ladestationen. Netzbetreiber Energa Operator wiederum baut mit öffentlicher Förderung die Anschlusskapazitäten entlang der Autobahnen A1 und A2 aus.

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