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Branche kompakt | Polen | Kfz-Industrie

Polens Autoindustrie wartet auf einen europaweiten Wachstumsschub

Während die Verkaufszahlen von Pkw steigen, bricht die Produktion wegen schwacher Auslandsmärkte ein. Förderprogramme sollen dem strauchelnden E-Fahrzeugmarkt helfen.

Von Christopher Fuß | Warschau

Ausblick der Kfz-Branche in Polen

Bewertung:

 

  • Verkaufszahlen variieren stark nach Fahrzeugsegment.
  • Produktionszahlen im Fahrzeugmarkt rückläufig.
  • Neue Förderprogramme unterstützen die Elektromobilität.
  • Polens Fahrzeugbranche ist abhängig von der europäischen Konjunktur.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: März 2025

  • Markttrends

    Die gute wirtschaftliche Lage Polens hilft dem Verkauf von Fahrzeugen. Doch nicht in allen Sparten läuft es rund. Gleichzeitig wehrt sich Polen gegen neue europäische Vorgaben.

    Automobilhersteller in Polen durften sich 2024 über ein kräftiges Absatzplus freuen. Die Erstanmeldungen von Pkw lagen um 16,1 Prozent über dem Vorjahresniveau. Das berichtet der polnische Verband der Automobilindustrie PZPM (Polski Związek Przemysłu Motoryzacyjnego). Besonders stark entwickelte sich die Nachfrage bei Privatverbrauchern, was unter anderem mit dem steigenden Wohlstand in Polen und einem stabilen Arbeitsmarkt zusammenhängt. Trotzdem bleiben gewerbliche Abnehmer die wichtigste Kundengruppe. Mehr als zwei Drittel aller neuen Pkw gehen an Unternehmen. Fahrzeugbauer profitieren davon, dass die Arbeitgeber in Polen immer häufiger auf Dienstwagen setzen.

    8 %

    des polnischen BIP hängen an der Automobilindustrie.

    Die Verkaufszahlen von Autos liegen damit erstmals wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. Ob das Wachstum weitergeht, bleibt offen. Das polnische Marktforschungsinstitut Samar zeigt sich optimistisch und prognostiziert für 2025 ein Absatzplus von 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Erstanmeldungen zwischen Januar und Februar 2025 sprechen jedoch eine andere Sprache. Sie lagen in Polen nur um 0,3 Prozent über dem Vorjahresniveau. 

    Ein Grund für die Stagnation könnten die zum Jahresbeginn gestiegenen europäischen Emissionsziele sein. Sie machen einige Fahrzeuge teurer. Die Hersteller schauen nun auf die Europäische Kommission. Sie versprach im Februar 2025 eine Reform. Damit würden die Unternehmen mehr Zeit erhalten, um die Ziele zu erreichen. Leasing-Unternehmen hoffen außerdem, dass die polnische Zentralbank NBP (Narodowy Bank Polski) den Leitzins senkt. Damit würde der Preis für Auto-Leasingverträge fallen.

    Starkes Wachstum auch bei Anbietern aus Fernost

    Wie schon in früheren Jahren wächst das Premium-Segment schneller als der Rest des Fahrzeugmarktes. Eine deutsche Automarke darf sich darüber besonders freuen. Mercedes-Benz meldet für 2024 ein Verkaufsplus von knapp 35 Prozent. Der Platzhirsch am polnischen Kfz-Markt bleibt aber Toyota. Fast jedes fünfte neu registrierte Auto stammt von dem japanischen Hersteller. Die Marken Volkswagen und Audi wiederum starten mit sehr guten Zahlen in das Jahr 2025. Sie melden zweistellige Zuwachsraten zwischen Januar und Februar 2025. 

    Chinesische Hersteller befinden sich ebenfalls im Aufwind. Die Marke MG konnte ihren Verkauf zum Jahresauftakt mehr als vervierfachen. Sie schafft es im Februar 2025 erstmals unter die Top 20 der beliebtesten Automarken Polens. Ähnlich wie der chinesisch-schwedische Hersteller Volvo gewinnt MG neue Kunden vor allem mit Verbrenner-Fahrzeugen und Hybrid-Modellen. 

    Von einer Dominanz des Pkw-Marktes sind die chinesischen Firmen aber noch weit entfernt. Alle Automarken mit Eigentümer im Reich der Mitte haben zusammengerechnet einen Anteil von rund 5 Prozent am polnischen Fahrzeugmarkt.

    Gemischtes Bild abseits des Pkw-Marktes

    Die Lkw-Sparte rutscht derweil immer tiefer in die Krise. Nachdem die Verkaufszahlen 2024 um knapp ein Fünftel zurückgegangen waren, melden Hersteller für die ersten beiden Monate 2025 ein weiteres Minus von 15,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Angesichts wachsender internationaler Konkurrenz und schrumpfender Aufträge halten sich Speditionsunternehmen mit dem Kauf neuer Fahrzeuge zurück.

    Kleiner Trost: Der Absatz von Lieferwagen unter 3,5 Tonnen entwickelt sich weiterhin positiv. Kurier- und Lieferdienste kaufen neue Fahrzeuge als Reaktion auf das dynamische Wachstum von Online-Bestellungen. 

    Auch die Bus-Hersteller verzeichnen einen steigenden Absatz. Kein Unternehmen verkaufte 2024 in Polen mehr Busse als die deutschen Marken Mercedes und MAN. Das spanisch-polnische Unternehmen Solaris landete auf Platz 3. Europäische Zuschüsse für städtische Verkehrsbetriebe gelten als einer der wichtigsten Wachstumsmotoren der Branche.

    Pkw-Neuzulassungen nach Herstellern in Polen(Stückzahl in Tausend; Marktanteil und Veränderung in Prozent)

    Hersteller

    Stückzahl

    Veränderung 2024/2023

    Marktanteil 2024

    Toyota

    103,8

    +13,9

    18,8

    Skoda

    60,1

    +16,8

    10,9

    Volkswagen

    38,4

    +13,2

    7,0

    Kia

    33,3

    - 7,6

    6,0

    Hyundai

    31,0

    +15,1

    5,6

    Audi

    29,2

    +12,1

    5,3

    Mercedes-Benz

    28,8

    +34,9

    5,2

    Quelle: PZPM 2025

     

    Holpriger Start für Umweltzonen

    Insbesondere in den Städten bleibt die Feinstaubbelastung ein Problem. Zu den Verursachern gehören Pkw, die in Polen ein Durchschnittsalter zwischen 14 und 15 Jahren aufweisen. Laut dem europäischen Automobilverband ACEA (Association des Constructeurs Européens d'Automobiles) sind nur die Fahrzeugflotten im Baltikum und in Griechenland älter. 

    Weil alte Pkw viel Feinstaub ausstoßen, führte Warschau im Juli 2024 eine Umweltzone ein. Dieselfahrzeuge ohne mindestens Euro Norm 4 und Benziner ohne mindestens Euro Norm 2 dürfen nicht mehr in die Innenstadt fahren. Die technischen Anforderungen steigen in den nächsten Jahren. Statistiken des Warschauer Ordnungsamtes belegen aber, dass Verstöße bislang nur selten geahndet werden.

    Auch Krakau wollte 2024 eine Umweltzone einführen. Doch ein Gericht kippte die Entscheidung, weil die Grenzen der Umweltzone ungenau definiert waren. Die Stadtverwaltung wagte daraufhin einen weiteren Anlauf und verschob den Starttermin für Krakaus Umweltzone auf Juli 2025. Ähnlich wie in Warschau gibt es eine Reihe von Ausnahmeregelungen, beispielsweise für Anwohner.

    Es handelt sich voraussichtlich nicht um die letzte Umweltzone. Der Grund dafür ist ein neues Gesetz. Es verpflichtet Gemeinden mit über 100.000 Einwohnern dazu, ab dem Jahr 2026 Umweltzonen einzuführen, wenn der Grenzwert für die Belastung mit Stickstoff überschritten wurde. Die neuen Zonen könnten die Nachfrage nach moderneren Pkw ankurbeln.

    Prämie ersetzt Steuer

    Ein weiteres Vorhaben scheint hingegen vom Tisch zu sein. Polen sollte nach dem Willen der Europäischen Kommission eine zusätzliche Steuer auf neue Pkw mit Verbrennungsmotor einführen. Im Gegenzug hätte das Land Zugang zu weiteren EU-Geldern erhalten. Diese Maßnahme zielte darauf ab, emissionsfreie Antriebe zu fördern, da beispielsweise Elektrofahrzeuge von den Zahlungen ausgenommen wären. 

    Das zuständige polnische Ministerium konnte in Brüssel aushandeln, dass anstelle der Steuer eine neue Kaufprämie für Elektrofahrzeuge eingeführt wird. Gleichzeitig macht sich Polen auf europäischer Ebene dafür stark, das Verkaufsverbot für Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ab 2035 zu kippen.  

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • E-Mobility

    Polens staatlicher Umweltfonds unterstützt den Elektrofahrzeug-Markt mit Kauf-Prämien. Von strengen Quoten bei den Fahrzeugflotten nimmt das Klimaministerium hingegen Abstand.

    Elektro-Pkw erwiesen sich in Polen 2024 als Ladenhüter. Zum ersten Mal verkauften die Autohersteller weniger Fahrzeuge als im Vorjahr. Die Absatzzahlen lagen um 3 Prozent unter dem Vorjahreswert. Elektromobilität steckt in der Nische fest. Nur 3 Prozent aller neu verkauften Pkw hatten 2024 einen reinen Batterieantrieb. Der EU-Durchschnittswert liegt viermal so hoch.

    Laut Umfragen der Marktforschungsagentur Arval schrecken die hohen Anschaffungskosten von E-Fahrzeugen viele Käufer ab. Zu dieser These passt, dass 2024 ein Prämienprogramm endete. Kunden erhielten einen Zuschuss beim Kauf von neuen Elektroautos. Unternehmen nutzten die Subvention, um Leasingverträge zu bezahlen.

    Immerhin: Der staatliche Umweltfonds NFOŚiGW startete im Februar 2025 eine neue Prämie. Privatpersonen und Gewerbetreibende erhalten beim Kauf eines neuen Elektro-Pkw bis zu 9.500 Euro. Firmen gehen leer aus, denn für sie gilt die Förderung nicht. Mobilitätsverbände kritisieren diese Einschränkung. Unternehmen gelten schließlich als die größte Kundengruppe für Neuwagen.

    Konkurrenz aus Fernost

    Trotzdem könnte die neue Prämie ein Grund dafür sein, warum sich der E-Pkw-Markt zum Jahresauftakt erholt. Zwischen Januar und Februar 2025 stiegen die Neuanmeldungen von batteriebetriebenen Autos um 12,5 Prozent. Gleichzeitig drängen chinesische Hersteller in den Markt. Das Unternehmen BYD schaffte Anfang 2025 den Sprung in die Top 10 der beliebtesten E-Automarken Polens.

    Ähnlich wie auf anderen europäischen Märkten muss der US-Hersteller Tesla ein deutliches Minus verkraften. Im Januar 2025 verkaufte das Unternehmen in Polen 48,8 Prozent weniger Autos als im Vorjahr.

    Obwohl rein batteriebetriebene Pkw im Gesamtmarkt nur eine Nebenrolle spielen, hat die Mehrheit aller Neufahrzeuge in Polen zumindest einen alternativen Antrieb. Das liegt an der wachsenden Beliebtheit von Hybridfahrzeugen. Deutsche Automarken wie Audi, BMW und Mercedes-Benz gehören zu den meistgekauften Marken.

    Steuerliche Anreize für emissionsarme und emissionsfreie Pkw
    Antriebsart

    Benzin und Diesel

    Mild- und Full-Hybrid

    Plug-in Hybrid

    BEV und Wasserstoff

    Verbrauchssteuer 1) 2)

    3,1 - 18,6

    1,55 - 18,6

    0 - 18,6

    0

    Steuer-abzugsfähiger Höchstbetrag 3)

    34.900

    34.900

    34.900

    52.300

    1 Angaben in Prozent; 2 Höhe des Steuersatzes ist abhängig vom Hubraum; 3 Angaben in Euro. Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Milliardenschwere Förderung im Güterverkehr

    Im Lkw-Segment dominiert hingegen der Diesel-Antrieb mit einem Marktanteil von fast 98 Prozent an allen Neuzulassungen. Das soll sich ändern. Polens Umweltfonds will ab dem 2. Quartal 2025 den Kauf von Elektro-Lkw bezuschussen. Logistiker können sich bis zu 174.000 Euro vom Kaufpreis zurückholen.

    Bereits im März 2025 startete der Umweltfonds einen Zuschuss für Hochleistungs-Ladesäulen. Diese Stationen sind auf Elektro-Lkw ausgerichtet. Eine Investition muss entlang des europäischen Verkehrswegenetzes (TEN-T) stattfinden oder in der Nähe eines Logistikzentrums. Der Zuschuss deckt bis zu 100 Prozent der Kosten.

    Ein weiteres Programm des Umweltfonds hilft den Betreibern des Stromnetzes dabei, ihre Leitungen auf den Anschluss von Hochleistungs-Ladesäulen vorzubereiten. Alle drei Programme haben ein Gesamtbudget von mehr als 1,4 Milliarden Euro. Die Gelder stammen aus dem europäischen Modernisierungsfonds.

    Im Gegensatz zur Infrastruktur für Elektro-Lkw wachsen die Lademöglichkeiten für Pkw bereits heute mit rasantem Tempo. Ende 2024 gab es in Polen fast 50 Prozent mehr Ladesäulen für Elektroautos als im Vorjahr. Mitverantwortlich für diese Entwicklung sind rechtliche Vorgaben. Neue Wohnsiedlungen oder Gewerbehallen müssen je nach Größe über Ladesäulen verfügen. Die europäische Gebäuderichtlinie vom März 2024 verschärft die Anforderungen sogar noch weiter. Zu den größten Investoren gehören Einzelhändler. Die polnische Tochter der deutschen Discounter-Kette Lidl will bis Ende 2025 alle ihre Filialen mit Ladesäulen ausstatten. 

    Elektrobusse für viele Kommunen zu teuer

    Gleichzeitig lockert Polens Klimaministerium einige Quoten für Städte und Gemeinden. Eigentlich hätten ab 2028 mindestens 30 Prozent aller Busse im öffentlichen Personennahverkehr einen emissionsfreien Antrieb haben sollen. Diese Anforderung gilt nicht mehr. In einem neuen Gesetz heißt es, dass Gemeinden ab 50.000 Einwohnern nur noch "teilweise" emissionsfreie Busse einsetzen müssen. Kleinere Ortschaften unter 50.000 Einwohnern kommen ganz ohne Vorgaben aus. Immerhin: Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern dürfen ab 2026 ausschließlich emissionsfreie Busse kaufen.

    Das Klimaministerium verweist auf die gestiegenen Kosten. Viele Gemeinden seien überfordert. Die Quoten - die bereits 2018 festgelegt wurden - hätten darum geändert werden müssen.

    Fördergelder sollen den Kommunen beim weiteren Umrüsten helfen. Das Ministerium verspricht, mindestens 800 Millionen Euro aus dem europäischen Wiederaufbaufonds für emissionsfreie Busse auszugeben. Die Ausschreibungen gehen nicht immer erfolgreich aus. Mehrere EU-geförderte Programme für emissionsfreie Überlandbusse stießen auf wenig Interesse. Viele Gelder wurden nicht abgerufen.

    Vorreiter mit besonders umfangreichen Investitionsprogrammen bleiben Städte wie Warschau und Krakau oder die oberschlesische Metropolregion GZM. Im Februar 2025 bestellte die Stadtverwaltung Warschau 50 neue Elektrobusse beim polnisch-spanischen Hersteller Solaris. Anbieter aus China versuchen, Fuß zu fassen. Anfang 2025 kaufte die Stadt Katowice 30 Elektrobusse des Herstellers Yutong für rund 28 Millionen Euro. Bei der Finanzierung halfen EU-Gelder.

    Geplantes polnisches Elektroauto vor dem Aus

    Ein anderes Elektro-Projekt, das Polen mit Partnern aus China umsetzt, steckt hingegen in der Krise. Die staatliche Gesellschaft ElectroMobility Poland (EMP) sollte unter dem Markennamen Izera das erste Elektroauto eines polnischen Herstellers bauen. Ein Fabrik-Grundstück und eine Baugenehmigung gibt es bereits. Die Wahl des Technologiepartners fiel auf den chinesischen Hersteller und Volvo-Eigentümer Geely.

    Im November 2024 erklärte das zuständige polnische Ministerium, es werde kein Elektroauto namens Izera geben. Man wolle lediglich eine Fabrik bauen. Welches Auto dort vom Band rollt, bleibt offen. Entlassungen von mehreren Dutzend Mitarbeitern bei EMP lassen vermuten, dass das Projekt keine politische Priorität genießt.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Branchenstruktur

    Schwache Auslandsmärkte und steigende Kosten trüben die Bilanzen der Autobauer in Polen. Doch es gibt einige positive Signale.

    Polens Fahrzeugindustrie steht unter Druck. Die Automobilhersteller produzierten im Jahr 2024 über ein Viertel weniger Pkw als im Vorjahr. Eine schnelle Besserung scheint nicht in Sicht. Im Gegenteil: Im Januar 2025 brach die Produktion um fast 80 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat ein, berichtet der Automobilverband PZPM.

    Etwas besser lief es bei den Lkw-Herstellern. Hier gab es 2024 ein Produktionsplus von 7,6 Prozent. Seit dem 4. Quartal 2024 gehen die monatlichen Produktionszahlen jedoch auch in dieser Fahrzeugsparte zurück. Im Januar 2025 lag die Zahl der fertiggestellten Lkw um 35,8 Prozent unter dem Vorjahreswert.

    Die Bus-Hersteller blicken hingegen optimistisch in die Zukunft. Sie haben 2024 das Vor-Corona-Niveau in der Produktion erreicht. Auch zum Jahresauftakt 2025 hält das Wachstum an. Die starke heimische Nachfrage in Polen hilft den Firmen.

    Europäische Konjunkturschwäche belastet Polens Kfz-Industrie

    Insgesamt kämpft die polnische Fahrzeugindustrie mit rückläufigen Umsätzen. Laut der Statistikbehörde GUS erwirtschaftete die Branche 2024 einen Umsatz von 51,6 Milliarden Euro, rund ein Prozent weniger als im Vorjahr. In der polnischen Landeswährung Złoty beträgt das Minus sogar 5,9 Prozent. Der Grund für die Abweichung ist, dass der Złoty 2024 deutlich an Wert hinzugewonnen hat. Für Autobauer in Polen ist der Złoty-Wert entscheidend.

    Die Branche sieht sich mit mehreren Herausforderungen konfrontiert. An erster Stelle steht die schwache Nachfrage auf wichtigen europäischen Absatzmärkten. Polens Fahrzeugindustrie hängt am Export. Mehr als drei Viertel aller Waren gehen ins Ausland. Angesichts der schwachen Verkaufszahlen von Elektroautos in Westeuropa können beispielsweise die Batteriehersteller in Polen ihre Werke nicht auslasten.

    Hinzu kommen gestiegene Löhne und die im internationalen Vergleich hohen Energiekosten. Hersteller reagieren mit Kürzungen oder Schließungen. Der US-Zulieferer Lear Corporation verlagert ein Werk für Sitzheizungen von Polen nach Tunesien. Der italienische Teilebauer Magneti Marelli entließ bis Ende 2024 rund ein Drittel aller Beschäftigten eines Werks in Bielsko-Biała. Grund: Der Hauptkunde und Autobauer Stellantis produziert am Standort weniger Verbrennerfahrzeuge. Auch unter den deutschen Zulieferern gibt es Kürzungen. Das Unternehmen Dräxlmaier entließ bis Februar 2025 über 200 Beschäftigte, weil ein Kunde ein Projekt beendet hatte.

    Unternehmen stellen Produktion um

    Trotzdem bricht die Zahl der Beschäftigten in der Fahrzeugproduktion nicht ein. Im Januar 2025 gab es bei den Automobilherstellern und Zulieferern gerade einmal rund ein Prozent weniger Angestellte als im Vorjahr. Der stabile Arbeitsmarkt hängt auch damit zusammen, dass die Firmen kreativ werden.

    Polens größter Batterieproduzent, der koreanische Technologieriese LG, will ab 2025 die Produktion auf Energiespeicher umstellen. Bislang rollen in dem Werk bei Wrocław nur Batterien für Elektro-Pkw vom Band. Die Energiespeicher könnten im Strommarkt beim Netzausbau zum Einsatz kommen. Damit reagiert LG nach eigener Auskunft auf den schwächelnden Absatz von Elektroautos.

    Der strauchelnde Batterieproduzent Northvolt wiederum konnte ein Werk in Gdańsk an den Lkw-Produzenten Scania verkaufen. Das berichten schwedische Medien. Ein zweites Werk in der gleichen Stadt wird jedoch voraussichtlich geschlossen.

    Fahrzeughersteller reagieren auf den angespannten Markt mit neuen Kooperationen. Stellantis und der chinesische Autobauer Leapmotor haben ein Joint Venture gegründet. Am Stellantis-Standort Tychy in Südpolen laufen neben Fahrzeugen der Marken Jeep, Fiat und Alfa Romeo mittlerweile auch Elektro-Autos von Leapmotor mit der Modellbezeichnung T03 vom Band.

    Da Polen im Oktober 2024 im Rat der Europäischen Union für zusätzliche Zölle auf Elektroautos aus China gestimmt hatte, befürchteten einige polnische Medien, Leapmotor könne sich aus dem Projekt zurückziehen. Wie Stellantis auf GTAI-Anfrage bestätigt, läuft die T03-Produktion am Standort Tychy aber ungestört weiter. Die Frage, ob bald weitere Modellreihen von Leapmotor hinzukommen könnten, lässt die Pressestelle offen.

    Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Polen(in Millionen Euro)

    Vorhaben

    Investitionssumme 

    Projektstand             

    Anmerkungen

    Bau einer Fabrik für Elektro-Kastenwagen

    1.300

    ProjektdurchführungMercedes-Benz Manufacturing Poland
    Bau einer Fabrik für Kathodenmaterial

    1.000

    ProjektdurchführungNingbo Ronbay New Energy Technology
    Bau einer Fabrik für Kupferfolien

    600

    ProjektdurchführungSK Nexilis
    Bau einer Fabrik für Automotive-Kunststoffelemente

    72,9

    ProjektdurchführungCefa Poland
    Bau einer Fabrik für Motorkerne

    43,6

    ProjektdurchführungPosco Mobility Solution Poland
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

    Elektromobilität sorgt für Investitionen

    Andere Hersteller erweitern trotz der Flaute am Fahrzeugmarkt ihre Anlagen. Ein Beispiel ist Volkswagen mit der Produktion des Nutz- und Personenwagens Caddy. Seit Herbst 2024 entstehen am Standort Poznań Modelle mit einem Hybridantrieb – zusätzlich zu den Versionen mit einem reinen Benzin- oder Dieselmotor. Das Werk in Zentralpolen ist weltweit die einzige VW-Niederlassung, die Caddy-Fahrzeuge herstellt.

    Auch Mercedes-Benz glaubt an den Standort Polen. Im Dezember 2024 begannen die Bauarbeiten für eine neue Fabrik im südwestpolnischen Jawor. Hier sollen ab 2027 Nutzfahrzeuge mit Elektroantrieb vom Band rollen. Das bereits 2022 angekündigte Werk kostet über 1 Milliarde Euro.

    Während einige Zulieferer ihre Aktivitäten in Polen reduzieren, kommen neue Firmen hinzu. Das chinesische Unternehmen Ningbo Ronbay wird in der Stadt Konin voraussichtlich ab 2026 Vorprodukte für die Batterieindustrie produzieren. Laut der staatlichen polnischen Investitions- und Handelsagentur PAIH liegt der Investitionswert bei über 1 Milliarde Euro. Ningbo Ronbay übernimmt ein Bauvorhaben eines britischen Unternehmens. Deutsche Zulieferer wie das Unternehmen Kirchhoff erweitern ebenfalls ihre Produktion in Polen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Gegenüber Rekordjahren wie 2021 und 2022 fließen weniger Automobil-Investitionen nach Polen.

    Insgesamt bleiben Zulieferer die wichtigste Stütze von Polens Kfz-Industrie. Sie machen knapp 60 Prozent der Branchenumsätze aus. Damit unterscheidet sich Polen von anderen Ländern in Mittelosteuropa, wo die Fahrzeugbauer größere Umsätze erzielen als die Teilebauer. Zulieferer mit polnischem Eigentümer arbeiten in der Regel mit internationalen Direkt-Lieferanten von Automobilkonzernen zusammen. Direkte Kooperationen mit Automobilherstellern sind hingegen seltener.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Polen(in Millionen Euro, Veränderung in Prozent)
     

    2024

    Veränderung 2024/2023

    aus Deutschland

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    1.411

    +10,3

    334,7

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    11.273,6

    +1,1

    4.997,3

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    655,4

    +1,7

    88,6

    SITC 713.2 Motoren

    1.219,3

    -17,7

    857,2

    Summe

    14.559,3

     

    6.277,8
    Quelle: Statistics Poland (GUS) 2025

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Rahmenbedingungen

    Polens Mitgliedschaft in der Europäischen Union vereinfacht den Warenaustausch deutlich.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der EU sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Christopher Fuß | Warschau

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen 

    Germany Trade & Invest 

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Polen

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in Polen

    Ministerium für Klima und UmweltVerantwortlich für die Entwicklung der Elektromobilität in Polen
    PAIH - Polens Investitions- und HandelsagenturUnterstützt ausländische Direktinvestitionen
    SDCMVerband der Zulieferer und Kfz-Teilehändler

    PZPM

    Polnischer Verband der Automobilindustrie
    PIMPolnische Kammer der Automobilindustrie
    PSNMPolnischer Verband für neue Mobilität
    SamarMarktforschungsinstitut des Automobilmarktes
    Wysokie NapieciePortal für Energiethemen und alternative Antriebe

     

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