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Fachkräfte
Portugals Arbeitsmarkt bleibt durch Zu- und Abwanderung in Bewegung. Die Gehälter sind im EU-Vergleich insgesamt niedrig. Jedoch herrscht erhebliche Konkurrenz um Fachkräfte.
18.09.2024
Von Oliver Idem | Madrid
Der Ausbildungsstand in Portugal wird insbesondere im universitären Bereich immer wieder von Unternehmen gelobt. Ein Grund dafür ist, dass viele wirtschaftsrelevante Studienfächer häufig belegt werden. Der Anteil der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) liegt bei etwa 30 Prozent und damit über dem EU-Durchschnitt.
Verfügbarkeit von Fachkräften
Der Statistikdatenbank Pordata zufolge schlossen 2022 rund 92.000 Menschen in Portugal Universitätsstudiengänge ab. Darunter befanden sich 20.000 aus dem Spektrum Finanzen/Wirtschaft/Recht und 9.000 aus den Ingenieurwissenschaften. Mathematik und Informationstechnik schlossen 4.000 Personen erfolgreich ab. Angesichts einer geringen Arbeitslosigkeit und eines hohen Beschäftigungsstands stellt eher die Verfügbarkeit von Arbeitskräften für Arbeitgeber ein Problem dar.
Beispielsweise bei technischem und naturwissenschaftlichen Fachpersonal stehen Unternehmen untereinander im Wettbewerb, aber oft auch mit Konkurrenten im Ausland. Manche technologischen Vorreiter kooperieren mit Universitäten oder Forschungseinrichtungen und positionieren sich damit als potenzielle Arbeitgeber. So kooperiert Bosch mit der ingenieurwissenschaftlichen Fakultät der Universität Minho.
Migration in den Arbeitsmarkt und gleichzeitig Braindrain ins Ausland
Die demografischen Herausforderungen in Portugal und Deutschland ähneln sich sehr. So sind die Geburtenraten vergleichbar niedrig und die Lebenserwartung nahezu gleich hoch. Auf dem Arbeitsmarkt in Portugal herrscht jedoch mehr Bewegung, als die stagnierende Einwohnerzahl und die geringe Arbeitslosigkeit nahelegen.
Einerseits sorgt Migration dafür, dass neue Arbeitskräfte auf dem portugiesischen Arbeitsmarkt aktiv werden. Insgesamt leben bereits rund eine Million Migranten in Portugal. Sie stammen laut dem Datenportal der Wirtschaftszeitung Expansión vor allem aus den portugiesischsprachigen Ländern Angola und Brasilien.
Häufig sind Zugewanderte in Dienstleistungsjobs tätig und auch die Landwirtschaft setzt zunehmend auf Arbeitskräfte aus dem Ausland.
Dem Zustrom an neuen Arbeitskräften steht jedoch auch eine massive Abwanderung aus Portugal gegenüber. Insbesondere junge und gut ausgebildete Portugiesen verlassen das Land, wenn ihnen im Ausland teils wesentlich höhere Gehälter winken.
Insgesamt leben mehr als zwei Millionen Portugiesen im Ausland. Unter den Auswanderungszielen ragen vor allem Frankreich, aber auch die Schweiz und die USA heraus.
Arbeitslosigkeit betrifft vor allem junge Menschen unter 25 Jahren
Die Arbeitslosenquote lag 2023 bei 6,7 Prozent. In den vergangenen Jahren blieb der Anteil sehr konstant.
Die Betrachtung nach Altersgruppen deckt aber große Unterschiede auf. Demnach ist Arbeitslosigkeit in Portugal vor allem ein Jugendphänomen. Bei den unter 25-Jährigen liegt die Quote bei 24 Prozent. In der Altersgruppe über 25 Jahre sind nur 5 Prozent als arbeitslos gemeldet.
Auch bei Teilzeit und Befristungen sind jüngere Arbeitskräfte deutlich stärker vertreten. Der Berufseinstieg ist oftmals schwierig. Mit zunehmender Erfahrung finden Arbeitskräfte ihren Platz im Berufsleben jedoch in großer Mehrzahl, sei es im In- oder im Ausland.
Der insgesamt hohe Beschäftigungsstand ist allerdings nicht gleichbedeutend mit dauerhaft stabilen Arbeitsverhältnissen. Die Personalberatung Hays ermittelte in ihrer Veröffentlichung Guia Hays 2024 eine sehr ausgeprägte Wechselbereitschaft. Von den befragten Arbeitnehmern äußerten 77 Prozent Interesse an einem Arbeitsplatzwechsel. Nur in der Energiebranche und im Gastgewerbe herrschte signifikant weniger Wechselinteresse. Als Gründe geben die Arbeitskräfte niedrige Bezahlung und Leistungsprämien, fehlende Entwicklungsperspektiven und mangelnde Unterstützung seitens der Arbeitgeber an.
Mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer werden überproportional häufig studiert
Insgesamt ist das Ausbildungsniveau in Portugal dem Vernehmen nach auf einem guten Stand. Unternehmen aus technisch geprägten Zukunftsbranchen finden in Portugal zum Beispiel einen deutlich höheren Anteil an Absolventen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern und Informatik vor als in anderen europäischen Ländern.
Deutsche Unternehmen in Portugal schätzen am lokalen Personal neben den reinen Fachkenntnissen die Motivation sowie Flexibilität und Lernbereitschaft.
Im Hinblick auf Fremdsprachenkenntnisse nimmt Portugal im internationalen Vergleich eine Spitzenposition ein. Das gilt vor allem für Englisch, jedoch sprechen viele Portugiesen auch weitere Sprachen wie Spanisch oder Französisch. Die verbreitete Mehrsprachigkeit ist ein Faktor, der auch die Ansiedlung von Zentren für Unternehmensdienstleistungen in den vergangenen Jahren massiv begünstigt hat.
Fremdsprachenkenntnisse werden Hays zufolge 2024 in vielen Branchen benötigt. Rund 91 Prozent der Unternehmen bewerten Englischkenntnisse besonders positiv. Spanisch ist bei 35 Prozent von ihnen stark gefragt und 25 Prozent wünschen sich Französischkenntnisse. Für die enge Vernetzung zwischen Portugal und Deutschland spricht, dass für 9 Prozent der Befragten auch Deutschkenntnisse eine wesentliche Rolle spielen.
Portugal im weltweiten VergleichFolgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können. |