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Wirtschaftsumfeld | Rumänien | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Der Wettbewerb um gut ausgebildetes Personal nimmt in Rumänien weiter zu. Die meisten Unternehmen suchen Personal im Bereich IT und Dienstleistungen.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Der Wettbewerb um Talente wird für Unternehmen härter. Dafür können gut ausgebildete Fachkräfte, insbesondere in den Dienstleistungssektoren, von einer hohen Nachfrage profitieren. Unternehmen suchen Personal für Callcenter, im Bereich Business Process Outsourcing, im Finanzwesen und im Gastgewerbe. Viele freie Stellen gibt es zudem bei Transportunternehmen.

Digitaler Wandel fordert Arbeitnehmer heraus

Besonders schwer bei der Personalsuche haben es nun die Dienstleistungsunternehmen, die kein Homeoffice anbieten können. Arbeiten von Zuhause habe sich innerhalb der vergangenen drei Jahre etabliert und werde immer mehr nachgefragt von den Arbeitnehmern, berichtet das rumänische Jobportal BestJobs. Die schrumpfende und alternde rumänische Gesellschaft erschwert das Recruiting zusätzlich.

Trotzdem steigen die Ansprüche an das Personal. Es soll insbesondere mit modernen, digitalen Lösungen wie künstlicher Intelligenz kritisch, aber kreativ umgehen. "Wir beobachten schon lange eine größer werdende Diskrepanz zwischen den vorhanden und notwendigen Qualifikationen von Fachkräften, insbesondere im Zusammenhang mit der digitalen Transformation", sagt Oana Munteanu, Director People and Organisation bei PwC Romania. Das Bildungssystem in Rumänien ist unzureichend auf die digitale Wirtschaft ausgerichtet.

Rumänien benötigt mehr Investitionen in Bildung

Bei Akademikerberufen herrscht ein Nachfrageüberhang auf dem Arbeitsmarkt. Rumänien schafft es nicht, junge Erwachsene mit digitalen Kompetenzen auszustatten und auf die Arbeit mit künstlicher Intelligenz vorzubereiten. Im Digital Economy and Society Index der Europäischen Union, der die IT-Kompetenzen der EU-Gesellschaften misst und das Humankapital in der digitalen Wirtschaft der EU-Länder vergleicht, landet Rumänien auf den hinteren Plätzen. Dem großen Nachholbedarf in Rumänien begegnet die EU mit Fördermitteln für Bildungsprojekte.

3,2 %

des BIP gab der rumänische Staat 2022 für Bildung aus. In Deutschland betrug der Anteil 4,4 Prozent.

Mehr als die Hälfte der Arbeitgeber in Rumänien sucht mittel- bis hochqualifiziertes Personal, etwa mit einer Berufsausbildung oder mit Universitätsabschluss. Aber genau daran fehlt es: Der Anteil der niedrigqualifizierten Arbeitnehmer ist vergleichsweise hoch. Dies liegt an Mängeln im Bildungssystem, das unterfinanziert ist. Denn Rumänien ist EU-weit das Land mit der höchsten Schulabbrecherquote in der Sekundarstufe. Sie betrug 16,6 Prozent im Jahr 2023 und liegt damit weit über dem EU-Durchschnitt von 9,5 Prozent.

Deutsche Unternehmen setzen auf duale Ausbildung

Um dem steigenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sind Unternehmen zunehmend selbst aktiv. Auf der Grundlage des 2012 eingeführten Berufsbildungssystems bieten sie eine duale Ausbildung an, an der auch deutsche Firmen als Ausbildungspartner beteiligt sind. Schüler können sich in der Berufsschule in den Bereichen Mechanik/Mechatronik, Elektrik, Tourismus, Einzelhandel, Möbelproduktion, Pharmazie und Kosmetik ausbilden lassen.

Als besonders talentiert gelten Rumänen im Bereich IT. Zudem sprechen viele Arbeitnehmer neben Englisch weitere Fremdsprache, darunter Deutsch, Französisch oder Italienisch. Es gibt Studiengänge, die komplett in deutscher Sprache angeboten werden, unter anderem in den Städten Bukarest, Cluj-Napoca (Klausenburg), Sibiu (Hermannstadt) und Timișoara (Temeswar). 

Rumänien im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

Rumänien wird zum Ziel für Arbeitsmigranten aus Drittstaaten

In der Logistik, dem Gast- und Baugewerbe versuchen Arbeitgeber zunehmend niedrig qualifiziertes Personal außerhalb der EU zu rekrutieren. Rumänien wird dabei zu einem Zielland für Arbeitnehmer aus Nepal, Sri Lanka, der Türkei und aus dem Nachbarland Republik Moldau. 

Aktuelle Eurostat-Daten legen nahe, dass Erwerbsmigration nach Osteuropa und damit auch nach Rumänien zunimmt. So erteilten 2022 die rumänischen Behörden 5.200 Staatsbürgern aus Sri Lanka eine Arbeitserlaubnis. Das entspricht der Hälfte der im Jahr 2022 EU-weit erteilten Arbeitsgenehmigungen für Sri Lanka. Insgesamt erlaubte Rumänien in diesem Jahr 31.079 Menschen einen Arbeitsaufenthalt im Land. 

Schengen-Beitritt erhöht Mobilität der geringqualifizierten Arbeitskräfte

Viele davon sind, besonders seit der Teilöffnung des Schengenraums, bereits Richtung Westen weitergezogen. Medienberichten zufolge handelt es sich jährlich um etwa 10.000 Migranten. Allerdings ist dies illegal. Denn mit einer rumänischen befristeten Arbeitsaufenthaltserlaubnis müssen diese Personen nach 90 Tagen zurückkehren, um ihren Aufenthaltsstatus und ihre Krankenversicherung nicht zu verlieren. Der Schengen-Beitritt Rumäniens wird eingewanderte Fachkräfte voraussichtlich darin bestärken, Rumänien Richtung Westeuropa zu verlassen, denn sie können jetzt einfacher die EU-Binnengrenzen passieren.

Sozialleistungen und höhere Löhne sind im EU-Ausland attraktiver als in Rumänien

Solange sie in anderen EU-Ländern bessere Lebensbedingungen vorfinden, werden rumänische und ausländische Fachkräfte das Land verlassen. Dazu trägt auch bei, dass das rumänische Bildungssystem und das Gesundheitssystem in der Bevölkerung einen schlechten Ruf haben. Kriegt der Staat dies nicht in den Griff, wird er weiterhin seine klugen Köpfe verlieren. Bei rumänischen Hochschulabsolventen konkurrieren rumänische Arbeitgeber bereits mit Arbeitgebern in Westeuropa, insbesondere im IT-Sektor verliert Rumänien seine Talente.

Strukturelle Schwächen erschweren Personalsuche

Rumänien weist ein erhebliches Stadt-Land-Gefälle im Hinblick auf den Arbeitsmarkt, das Armutsrisiko und die Einkommensverteilung auf. Die soziale Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsgruppen begrenzt auf den lokalen Arbeitsmärkten das Angebot an Bewerbern. Zudem erschweren mangelhaft ausgebaute Autobahn- und Schienennetze die Mobilität der Arbeitnehmer. Pendeln auf Strecken von mehr als 40 Kilometern ist für die meisten Menschen schwer möglich. Manche Arbeitgeber stellen einen Busservice zur Verfügung.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022

Bevölkerung (in Mio.)

19,4

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

8,2

Erwerbstätige (in Mio.) 1)

7,8

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition) 2)

5,4

Analphabetenquote (in %) 3)

1,2

Universitätsabschlüsse (in Tsd.)

554

1 inklusive Praktikanten und Rentner; 2 ILO-Definition: alle Personen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen; 3 Stand: 2018 Quelle: Nationales Statistikinstitut (INS) 2023; Nationalkommission für Strategie und Prognose Juni 2023

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