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Abwasserinfrastruktur wird stark ausgebaut
In Saudi-Arabien bleibt ein großer Teil des Abwassers ungeklärt und nur ein kleiner Teil des aufbereiteten Abwassers wird wiederverwendet. Diese Defizite sollen beseitigt werden.
05.07.2022
Von Robert Espey | Dubai
In Saudi-Arabien wurden 2021 schätzungsweise nur 60 Prozent des anfallenden Abwassers in Kläranlagen aufbereitet. Es ist geplant, den Anteil bis 2030 auf 95 bis 100 Prozent zu erhöhen. Eine nahezu vollständige Nutzung des aufbereiteten Abwassers wird angestrebt. Für die Hauptstadt Riad hat das Stuttgarter Ingenieurunternehmen Fichtner einen Masterplan für ein nachhaltiges Abwassermanagement erstellt. Gegenwärtig werden in Riad weniger als 10 Prozent des aufbereiteten Abwassers wiederverwendet.
Abwasseraufkommen steigt kontinuierlich an
Die Regierungsplaner erwarten bis 2030 einen Anstieg des Abwasseraufkommens auf 11 Millionen Kubikmeter/Tag (2021: 8,6 Millionen Kubikmeter/Tag). Aktuell existieren Klärwerkskapazitäten von etwa 6 Millionen Kubikmeter/Tag. Entsprechend müssen neue Klärwerke und Abwassernetze gebaut werden. Dabei ist auch der Ersatzbedarf für alte Klärwerke zu berücksichtigen.
Privatsektor soll Abwasserwirtschaft ausbauen
Bislang wurden Klärwerke in der Regel von staatlichen Akteuren errichtet und betrieben. Aber der Bau neuer Klärwerke soll durch private Investoren beziehungsweise durch Unternehmen in privater Rechtsform erfolgen. Die zum Finanzministerium gehörende Saudi Water Partnerships Company (SWPC) ist für die Ausschreibung und Vergabe von PPP-Abwasserprojekten (Private Public Partnerships) sowie den Abschluss langfristiger Wasserabnahmeverträge zuständig.
Die ersten sechs SWPC-Klärwerksprojekte mit einer Gesamtkapazität von 1,74 Millionen Kubikmeter/Tag befinden sich in der Bauphase. Drei Klärwerke werden auf BOOT-Basis (Build, Own, Operate, Transfer) realisiert: North Taif, Dammam West und Jeddah Airport 2. Die anderen drei Anlagen sind BOO-Projekte (Build, Own, Operate): Buraydah 2, Madinah 3 und Tabuk 2.
Das für 80 Millionen US-Dollar (US$) errichtete North Taif Klärwerk könnte noch 2022 in Betrieb gehen. Das Projekt wurde 2019 an ein Konsortium aus der lokalen International Water Distribution Company (Tawzea) und der spanischen Cobra Group vergeben. In der 1. Phase wird eine Tageskapazität von 100.000 Kubikmetern entstehen. Eine Erweiterung auf 270.000 Kubikmeter ist geplant. Die genannte Investitionssumme bezieht sich nur auf die 1. Bauphase. Dies gilt für alle im Bau befindlichen Projekte.
Bei den anderen fünf Projekten wird die Fertigstellung 2023 oder 2024 erwartet. Für die Kläranlage West Dammam mit einem Finanzvolumen von 196 Millionen US$ (1. Phase: 200.000 Kubikmeter/Tag; 2. Phase: 150.000 Kubikmeter/Tag) erhielt Metito (gehört zu Mitsubishi) zusammen mit der lokalen Mowah Company und Orascom Construction (Ägypten) den Zuschlag. Die Finanzierung stellen die National Commercial Bank (Saudi-Arabien), die Arab Petroleum Investments Corporation und die Sumitomo Mitsui Banking Corporation bereit.
Das 280 Millionen US$-Klärwerk Jeddah Airport 2 (1. Phase: 300.000 Kubikmeter/Tag; 2. Phase: 200.000 Kubikmeter/Tag) ging an ein Konsortium aus Frankreichs Veolia sowie den beiden lokalen Unternehmen Marafiq (Power and Water Utility Company for Jubail and Yanbu) und Amwal Al Khaleej. Marafiq ist ein Unternehmen in privater Rechtsform, aber mehrheitlich in staatlicher Hand.
In die 2021 vergebenen Kläranlagen Buraydah 2, Madinah 3 und Tabuk 2 investiert ein Konsortium der spanischen Acciona Aqua, Tawzea (Saudi-Arabien) und der Tamasuk Holding (Saudi-Arabien). Buraydah 2 (Investitionskosten: 225 Millionen US$) wird über eine Tagesleistung von 150.000 Kubikmeter verfügen, Madinah 3 (256 Millionen US$) über 200.000 Kubikmeter (2. Phase: 175.000 Kubikmeter) und Tabuk 2 (146 Millionen US$) über 90.000 Kubikmeter.
Projekt (Stadt) | Projektstand 1) | Kapazität (Kubikmeter/Tag) 2) | Investitionssumme (Millionen US$) 3) |
---|---|---|---|
Al Haer 2 (Riad) | PQ | 200.000 | 200 |
Jazan Cluster (Janzan) | PQ | 104.500 | 150 |
Turaif (Turaif) | ST | k.A. | 140 |
Sakaka (3 Plants; Al Jouf) | FEED | 86.000 | 140 |
Riyadh East (Riad) | PQ | 50.000/100.000 | 90 |
Arana 3 (Mecca) | FEED | 800.000 | 80 |
Hadda 3 (Mecca) | FEED | 500.000 | 70 |
Hafar Al Batin 2 (Hafar Al Batin) | ST | 50.000/75.000 | 50 |
Khamis Mushait 2 (Khamis Mushait) | PQ | 25.000/50.000 | 25 |
Abu Arish 3 (Jazan) | ST | 25.000/50.000 | 25 |
Najran South (Najran) | ST | 25.000/50.000 | 25 |
Jeddah North 1 (Jeddah) | ST | 25.000/50.000 | 25 |
Kharj 3 (Kharj) | ST | 25.000/50.000 | 25 |
Neben dem Bau mittlerer und großer Kläranlagen arbeitet die SWPC an einem Programm für 147 kleine Kläranlagen (1.000 bis 25.000 Kubikmeter/Tag) mit einer Gesamtkapazität von 489.250 Kubikmeter/Tag. Die Anlagen sollen dem Privatsektor in sechs Paketen angeboten werden: (1) Southern Cluster (Gesamtkapazität: 164.500 Kubikmeter/Tag), (2) Western Cluster (80.500 Kubikmeter/Tag), (3) Central Cluster (91.000 Kubikmeter/Tag), (4) North Western Cluster (49.000 Kubikmeter/Tag), (5) Northern Cluster (81.000 Kubikmeter/Tag), (6) Eastern Cluster (23.250 Kubikmeter/Tag). |
Private Betreiber für existierende Kläranlagen gesucht
Der größte Betreiber von Kläranlagen ist die zum staatlichen Public Investment Fund (PIF) gehörende National Water Company (NWC). Unternehmensangaben zufolge ist die NWC landesweit für 114 Kläranlagen zuständig, deren Kapazität bei 5,1 Millionen Kubikmeter/Tag liegt.
Die meisten NWC-Kläranlagen sollen zukünftig von Privatfirmen betrieben werden, die auch für die Modernisierung und Instandhaltung verantwortlich sind. Dazu ist der Abschluss langfristiger Verträge mit Laufzeiten von 10 bis 25 Jahren (Long Term Operation and Maintenance Contracts/LTOM) geplant.
Die LTOM-Verträge werden vorsehen, dass die Finanzierung aller notwendigen Investitionen sowie der laufenden Kosten durch den Auftragnehmer erfolgt, der eine Vergütung für das aufbereitete Abwasser erhält. Die Verträge werden auch eine Verpflichtung zur Errichtung von Anlagen zur umweltverträglichen Behandlung des Klärschlamms enthalten.
Ausschreibung von fünf Betreiberverträgen in Vorbereitung
Mitte 2020 hatte die NWC interessierte Firmen zur Präqualifizierung aufgefordert. Das Ergebnis des Präqualifikationsverfahrens wurde erst im März 2022 bekannt. Die folgenden Unternehmen wurden akzeptiert: Acconia, Veolia/Suez Group, Acwa Power (Saudi-Arabien), Orascom Construction (Ägypten), Samsung Engineering, Hyundai, Al Bawani (Saudi-Arabien), Nesma Water & Energy (Saudi-Arabien) und El Seif Engineering Contracting (Saudi-Arabien). Als technischer Berater für das Präqualifizierungsverfahren wurde Fichtner engagiert. Ausschreibungen für erste LTOM-Verträge könnten noch 2022 erfolgen.
Zunächst sollen fünf LTOM-Verträge für insgesamt 15 Kläranlagen mit einer Gesamtkapazität von 2,51 Millionen Kubikmeter/Tag abgeschlossen werden. Die fünf Verträge beziehen sich auf
(1) vier Kläranlagen in Riad (Manfouha South, North, East und Phase 4; Gesamtkapazität: 900.000 Kubikmeter/Tag),
(2) zwei Anlagen in der Region Mekka (Hada, Arana; 500.000 Kubikmeter/Tag),
(3) vier Anlagen in der Region Jeddah (Jeddah Airport 1, Al-Khumrah 3, 4 und 6; 830.000 Kubikmeter/Tag),
(4) zwei Anlagen in der Region Taif (Wadi Al-Arj 1 und 2; 167.000 Kubikmeter/Tag) und
(5) drei Anlagen in den Regionen Northern Borders und Al Jouf (Arar, Turaif und Sakaka; 108.000 Kubikmeter/Tag).