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Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen

Technologien aus Deutschland kommen in vielen Tiefbau- und Infrastrukturprojekten zum Einsatz. Auch bei Ingenieurdienstleistungen spielen deutsche Firmen eine wichtige Rolle.

Von Robert Espey | Dubai

Deutschland ist Technologielieferant

Deutsche Unternehmen sind im saudi-arabischen Tief- und Infrastrukturbau vor allem als Technologielieferanten gefragt. Ein Beispiel ist der Bereich der erneuerbaren Energien. In der Entwicklungszone NEOM im Nordwesten des Landes verfolgt der staatliche Public Investment Fund (PIF) gemeinsam mit dem lokalen Stromerzeuger ACWA Power und dem US-Unternehmen Air Products & Chemicals ein 5,7-Milliarden-US$-Projekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff beziehungsweise Ammoniak. ThyssenKrupp Industrial Solutions liefert die Ammoniaksynthese- und die Wasserelektrolysetechnologie mit einer Elektrolyseurkapazität von 2.000 Megawatt auf Basis von 20 Megawatt-Modulen für dieses Vorhaben.

Maschinen und Anlagen für Infrastrukturprojekte

Auch die Technik für konventionelle Kraftwerke (Turbinen etc.) kommt häufig aus Deutschland. So lieferte Siemens für das 2020 fertiggestellte 1,5-Gigawatt-Kraftwerk Fadhili fünf Gasturbinen im Gesamtwert von 400 Millionen US$. Siemens hat auch einen langfristigen Wartungsvertrag unterzeichnet. Der Hauptauftrag für den Bau des Kraftwerks ging an Doosan Heavy Industries & Construction aus Südkorea. Kraftwerksbetreiber (Developer) ist Engie aus Frankreich. Mit der Saudi Electricity Company (SEC) wurde ein Stromabnahmevertrag über eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen. Fichtner war als Berater tätig. Auch im Segment der Stromnetze sind deutsche Firmen gut vertreten.

In Riad steht das Mega-Metroprojekt kurz vor der Fertigstellung. Hierzu hat der deutsche Tunnelbohrmaschinenhersteller Herrenknecht die Vortriebstechnologie für insgesamt 28 Kilometer Tunnelstrecke der Linien 1 und 5 bereitgestellt. Im 16 Kilometer langen Tunnel der Linie 1 kamen vier multimodale Tunnelbohrmaschen zum Einsatz, im 12 Kilometer langen Tunnel der Linie 5 zwei EPB-Schilde (Earth Pressure Balance) von Herrenknecht.

Siemens ist als Teil eines BACS-Konsortiums gemeinsam mit Bechtel, der lokalen Almabani General Contractors Company und der griechischen Consolidated Contractors Company am Bau der Metrolinien 1 und 2 beteiligt. Auf Siemens entfällt ein Auftragsvolumen von 2,1 Milliarden US$. Der Auftrag umfasst 74 Inspiro-Züge, die Elektrifizierung der Strecke, die Signal- und Kommunikationstechnik für den fahrerlosen Betrieb sowie die gesamte Systemintegration.

Der Auftrag zur Planung der Olaya Metro Station , wo sich die Linien 1 und 2 kreuzen, ging an das Dortmunder Architektenbüro Gerber. Gerber erstellte auch den Entwurf für die im Jahr 2015 vollendete King Fahd National Library in Riad.

Der deutsche Tiefbauspezialist Bauer hat 2022 für die ersten drei Bauabschnitte des in NEOM geplanten futuristischen, 170 Kilometer langen Gebäudekomplexes "The Line" Aufträge für Gründungsarbeiten (70 Meter tiefe und bis zu 2,5 Meter dicke Großbohrpfähle) erhalten. "Wir sind stolz, dass wir wieder einmal mit unseren Gründungsarbeiten wesentlich zum Bau eines weltweit beachteten Megaprojekts beitragen werden", so Michael Stomberg, der Vorstandsvorsitzende der Bauer Aktiengesellschaft. Die zur britischen Keller Group gehörende Keller Grundbau GmbH ist ebenfalls am "The Line"-Projekt (Module 40) beteiligt.

Deutsche Ingenieurfirmen gefragt

Deutsche Ingenieurfirmen werden für Planung, Design und Projektmanagement in Saudi-Arabien gerne engagiert. Neben dem Stuttgarter Ingenieurbüro Fichtner sind unter anderem ILF Consulting Engineers, Dornier Consulting, die Bernard Gruppe, Lahmeyer/Tractebel-Engie, Dorsch, BIT Ingenieure, BW Engineers und B+G Ingenieure (Bollinger + Grohmann) vor Ort aktiv.

Die Datenbank MEED Projects listet 89 Projekte, an denen Fichtner beteiligt ist oder war. Für die Hauptstadt Riad erstellte das Unternehmen einen Masterplan für ein nachhaltiges Abwassermanagement. Zu den Wasserprojekten von Fichtner zählt eine RO-Meerwasserentsalzungsanlage (Reverse Osmosis) mit einer Kapazität von 0,5 Millionen Kubikmetern pro Tag für das Zufu-Ölfeld. Das Unternehmen verbucht auch Aufträge für eine 150 Kilometer lange Wasserleitung zwischen Rais und Rabigh (Kapazität: 0,5 Millionen Kubikmeter pro Tag) und die zweite Phase der Meerwasserentsalzungsanlage der Saline Water Conversion Corporation (SWCC) in Al Khobar (Kapazität: 0,6 Millionen Kubikmeter pro Tag).

Fichter ist ebenfalls an einem Großprojekt zur Modernisierung bestehender Kläranlagen beteiligt. Zunächst sollen mit privaten Betreibern fünf LTOM-Verträge (Long Term Operation and Maintenance Contracts) für insgesamt 15 Kläranlagen mit einer Gesamtkapazität von 2,51 Millionen Kubikmetern pro Tag abgeschlossen werden.

Die BIT Ingenieure AG aus Baden-Württemberg befasst sich seit 2010 mit einem Masterplan zur Regenentwässerung und zum Hochwasserschutz in Riad. Sie kooperiert dabei mit BW Engineers aus Esslingen.

Dornier Consulting führte in Saudi-Arabien zahlreiche Projekte im Bereich Verkehrsinfrastruktur durch, darunter die Entwicklung des Saudi Railways Masterplans 2040 (Aufträge 2011/12 und 2015 bis 2017) und bei der Metro in Riad. Dorsch war unter anderem an der 2015 fertiggestellten Erweiterung des Flughafens in Medina beteiligt.

Lahmeyer/Tractebel-Engie berät vor allem im Kraftwerksbau. Zu den abgeschlossenen Projekten gehören der Bau und die spätere Erweiterung des Qurayyah-Kraftwerks (Combined Cycle) auf 3,8 Gigawatt sowie das Qurayyah-Kraftwerk 1 und 2 der Hajr Electricity Production Company. Die Bernard Gruppe ist unter anderem in Jeddah beim Stadtentwicklungsprojekt Jeddah Waterfront and Corniche Development engagiert sowie in Riad bei Rückhaltebecken im Bereich Entwässerung.

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