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Saudi-Arabien: Rechtsquellen

Staatsorganisatorisch ist Saudi-Arabien eine absolute Monarchie, an dessen Spitze die Familie Saud seit dem 18. Jahrhundert die Geschichte des Landes entscheidend prägt. 

Von Sherif Rohayem | Bonn

Seit 2015 ist Salman Ibn Abd al-Aziz Al Saud der König von Saudi-Arabien. Allerdings hat sich der Gesundheitszustand von König Salman in den letzten Jahren so sehr verschlechtert, dass er nur noch nominell der Herrscher ist. Als De-Facto-Herrscher von Saudi-Arabien gilt der mittlerweile 39 Jahre alte Mohammed bin Salman. Der Sohn von König Salman wurde im Jahr 2015 zum Verteidigungsminister und 2017 zum Kronprinzen ernannt. Seit 2022 bekleidet er das Amt des Premierministers. Mit seinem Regierungsprogramm "Vision 2030" will Mohammed bin Salman Saudi-Arabien von Grund auf erneuern. Zunächst geht es darum, die hohe Abhängigkeit von Ölexporten zu reduzieren und die Wirtschaft auf eine breitere Basis zu stellen. Entscheidende Konjunkturimpulse setzen Megaprojekten - allen voran der Bau der Planstadt und Sonderwirtschaftszone Neom, die mit Investitionen von insgesamt 500 Milliarden US-Dollar an der saudischen Rote-Meer Küste entsteht und eine Fläche vergleichbar der von Mecklenburg-Vorpommern haben soll. 

Gegen den Widerstand des mächtigen Klerus hat Mohammed bin Salman Maßnahmen zur Öffnung des Gesellschaftslebens durchgesetzt: So hat er unter anderem den Schleierzwang für Frauen und die Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit beseitigt, die Ausstrahlung von Kinofilmen erlaubt und die Sittenpolizei entmachtet. Insgesamt sollen nach der Vision 2030 die saudi-arabischen Frauen in erhöhtem Maße am Wirtschafts- und Gesellschaftsleben teilnehmen. Mit dieser gesellschaftlichen Öffnung korrespondiert auch die Öffnung des Landes zugunsten ausländischer Touristen. Dementsprechend gibt es seit September 2019 ein Touristenvisum jenseits des Pilgertourismus. Mohammed bin Salman weiß, dass Sport mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung ist und holt internationale Fußballprofis in das Land und seit kurzem auch die Fußball Weltmeisterschaft der FIFA, dazu ist Saudi-Arabien Austragungsort von Formel 1 Rennen und Golfturnieren.  

Die wirtschaftliche Öffnung des Königreichs vollzieht sich maßgeblich durch Reformen der Wirtschaftsgesetze. Zu den wichtigsten Neuerungen zählen das Gesetz über Gesellschaften aus dem Jahr 2022, das 2024 verabschiedete Investitionsgesetz, das 2025 in Kraft treten wird sowie das Gesetz über zivilrechtliche Transaktionen von Ende 2023, das erstmalig grundlegende Rechtsmaterien wie Vertragsrecht, Deliktsrecht oder Sachenrecht kodifiziert.

Die „Vision 2030“ bringt aber auch einige Neuerungen mit protektionistischer Tendenz hervor: Präferenzen zugunsten einheimischer Arbeitnehmer existieren im Zuge des Konzepts der „Saudisierung“ vor allem auf dem Arbeitsmarkt. Seit einigen Jahren nämlich existieren in Saudi-Arabien bereits verpflichtende Quoten zur Beschäftigung saudischer Arbeitnehmer im Privatsektor.  

Die saudi-arabische Rechtsordnung steht aber nach wie vor wie kaum eine andere unter dem Primat des Islam. Das Grundgesetz aus dem Jahr 1992 weist ihn als eigentliche Verfassung und Quelle allen Rechts aus. Demgemäß muss sich die Gültigkeit aller Normen an den Vorgaben der Scharia messen lassen. Das Recht der Scharia speist sich aus drei verschiedenen Quellen: dem Koran, den überlieferten Aussprüchen des Propheten (Sunna) sowie den Meinungen und Interpretationen von Islamgelehrten. Vorherrschend ist die hanbalitische Rechtsschule; bei Unklarheiten können die Gerichte aber auch auf die anderen der insgesamt vier großen sunnitischen Rechtsschulen zurückgreifen.

Das Scharia-Recht spielt sich vor allem in den Bereichen des Familien- und Strafrecht ab und weniger auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts. Kodifiziertes Recht taucht in Form von Verordnungen auf, die - je nach erlassendem Organ - als marâsîm (König), anzima (Ministerrat) oder qarârât (Ministerium) bezeichnet werden. Das Wirtschaftsrecht ist weitgehend kodifiziert und rezipiert mit Blick etwa auf das Zivil- und Handelsrecht kontinentaleuropäische Rechtstraditionen, während etwa die insolvenzrechtlichen Vorschriften über das Schutzschirmverfahren dem US-amerikanischen Recht entnommen wurden.

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