Slowenien belegt europaweit Platz 2 beim Recycling von Siedlungsabfall. Eine Lösung für nicht recycelbaren Verbrennungsmüll muss noch gefunden werden.
Slowenien musste nach dem EU-Beitritt 2004 seine Abfallwirtschaft komplett umbauen. Während 2002 gerade einmal 9 Prozent der slowenischen Siedlungsabfälle recycelt wurden, waren es in Deutschland bereits 56,1 Prozent. Das hat sich geändert: 2022 lag Slowenien mit einer Recyclingquote von 62,6 Prozent europaweit auf Platz 2– hinter Spitzenreiter Deutschland.
Europas modernstes Abfallzentrum steht in Slowenien
Die Trendwende setzte Ende 2015 ein. Das Land schloss damals die Erweiterung und Modernisierung des Abfallbewirtschaftungszentrums RCERO in Ljubljana ab. In das Umbauprojekt flossen insgesamt 155 Millionen Euro, 77,6 Millionen davon stammten aus dem EU-Kohäsionsfonds. RCERO Ljubljana gilt immer noch als modernste Abfallmanagementanlage Europas und ist das mit Abstand größte von insgesamt acht regionalen Zentren.
Der Betrieb in Ljubljana bedient nach eigenen Angaben 56 der insgesamt 212 slowenischen Gemeinden. In der Anlage wird der Siedlungsabfall sortiert und mechanisch-biologisch aufbereitet. Jährlich sind das bei RCERO Ljubljana 140.000 Tonnen gemischter Siedlungsabfall und 30.000 Tonnen organischer Abfall. Rund 15 Prozent davon lassen sich nicht recyceln oder zu alternativen Brennstoffen umwandeln und werden deponiert.
Abfall-Roboter im Testversuch
Die slowenische Abfallwirtschaft klagt ebenso wie andere Branchen des Landes über mangelnde Arbeitskräfte. Die Unternehmen begegnen dem mit Automatisierung. Eine kleinere Abfallverwertungsanlage in der nordslowenischen Stadt Slovenj Gradec startete dazu ein erstes Pilotprojekt, in dem das Mülltrennungsverfahren durch Roboter erfolgt. Andere regionale Zentren werden voraussichtlich eine ähnliche Richtung einschlagen. Im Pilot werden Robotik-Hardware und KI-Support von einem US-amerikanischen Hersteller bezogen.
Verbrennungsmüll geht ins Ausland
Slowenien erzeugt jährlich zwischen 200.000 Tonnen und 220.000 Tonnen Verbrennungsabfall. Das Land besitzt aber nur ein kleines Heizkraftwerk in der Stadt Celje, das rund 17 Prozent des Müllverbrennungsbedarfs abdeckt. Den Rest exportiert Slowenien nach Österreich, Ungarn und Bosnien. Die jährlichen Kosten dafür liegen im zweistelligen Millionenbereich. Mit der Ausfuhr geht auch der energetische Nutzwert des Verbrennungsabfalls verloren, den andere Länder in ihrem Energiemix bereits sinnvoll nutzen. Seit etwa zehn Jahren sind zwei größere Anlagen in Ljubljana und Maribor angedacht. Der Baustart scheitert bisher am Widerstand der Bevölkerung und langwierigen Genehmigungsverfahren. In Ljubljana zeigt man sich optimistisch, bald starten zu können. Der Träger Energetika Ljubljana hat allerdings noch keine Konzession erhalten.
Im Jahr 2022 fielen in Slowenien rund 163.000 Tonnen Deponiemüll an. Das waren sechs Prozent weniger als im Vorjahr. Ein Großteil davon ist Baumüll und nicht behandel- oder brennbarer Hausmüll. Slowenien bemüht sich seit Jahren, sowohl die Menge des Deponiemülls als auch die Zahl der Deponien zu reduzieren. Aktuell gibt es noch neun Deponien für Siedlungsabfälle und vier Deponien für Industrie- und Sonderabfälle. Das slowenische Unternehmen HIS gradbeništvo in inženiring ist spezialisiert auf den Bau und die Sanierung von Abfalldeponien und Kläranlagen. HIS ist auch im Nachbarland Kroatien tätig. Für deutsche Anbieter von entsprechenden Materialien und Produkten könnte eine Kooperation mit HIS interessant sein.
Nur 3
%
des gesamten Abfallaufkommens wird deponiert oder dauerhaft gelagert.
Erweiterte Herstellerverantwortung wird neu geregelt
Beim Umgang mit Verpackungsabfällen folgt Slowenien dem Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR). Praktisch kann die EU-Vorgabe aber nicht vollumfänglich umgesetzt werden, da das zugrunde liegende Umweltschutzgesetz von 2004 (ZVO-1) Regelungslücken hinsichtlich der Zulassung von Entsorgungsgesellschaften und deren Verpflichtungen enthält. Es fehlt auch ein wirksamer Kontrollmechanismus. Das System ist aber vor allem ineffizient und intransparent. Ein erheblicher Teil des Verpackungsmülls landet letztlich nicht im Rücknahmesystem der Entsorger und muss auf Staatskosten gesammelt und behandelt werden. In der Konsequenz lag die Recyclingquote von Verpackungen 2021 bei gerade einmal 55,1 Prozent.
Vor diesem Hintergrund wurde das Umweltschutzgesetz 2022 novelliert. Eine zentrale, aber umstrittene neue Regelung ist, dass künftig jeder Abfallstrom von einer einzigen gemeinnützigen Entsorgungsgesellschaft verwaltet werden soll. Das würde den aktuell operierenden sechs Unternehmen im Verpackungsabfallsegment und deren Sub-Unternehmen die Geschäftsgrundlage entziehen und einen Monopolmarkt schaffen. Mehrere Entsorgungsunternehmen, darunter auch die Tochter der deutschen ALBA Gruppe Interzero, wandten sich daraufhin an das slowenische Verfassungsgericht, was für den Prüfzeitraum die Aussetzung der strittigen Regelung anordnete. Das endgültige Urteil steht noch aus.
In der Zwischenzeit kann Slowenien die erweiterte Herstellerverantwortung nicht EU-konform umsetzen. Wegen nicht eingehaltener Recyclingquoten könnten daher letztlich Strafzahlungen an Brüssel drohen. Das ist allerdings nicht die einzige offene Baustelle, auch die Umsetzung eines Pfandsystems für Plastikflaschen und Dosen steht noch aus.
Know-how bei der Abwasserbehandlung gefragt
Die Behandlung von Abfallschlamm und Abwasser ist in Slowenien nicht ausreichend geregelt. Spätestens wenn Abwasser ab 2033 laut neuer EU-Vorgabe Stufe 4 der Abwassersäuberung erreichen soll, wird das für die Kommunen ein Problem. Bisher gibt es auf Regierungsseite noch keine Strategie zum künftigen Umgang mit Abfallschlämmen. Der Schlamm wird momentan aus kommunalen Kläranlagen ins Ausland transportiert. Die Preise dafür sind zuletzt stark gestiegen und die Aufnahmekapazitäten der Abnehmerländer sind begrenzt. Es besteht also dringender Handlungsbedarf. Kapazitäten für die Schlammbehandlung müssen neu geschaffen werden, was eine umfassende Modernisierung der Kläranlagen bedeutet. Innovative Lösungen sind gefragt, doch entsprechendes Know-how ist im Land kaum vorhanden.
Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in Slowenien Investitionssumme in Millionen EuroProjekt | Investitionssumme | Projektstand | Projektträger |
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Anlage für die energetische Verwertung von aus Abfall gewonnenem Brennstoff in Ljubljana (geplante Kapazität: 150.000 Tonnen im Jahr) | mindestens 120 | Konzessionsvergabe seitens des Staates sowie Standortauswahl stehen aus | Energetika Ljubljana d.o.o., Ljubljana |
Monoverbrennungsanlage zur thermischen Behandlung von Klärschlamm in Ljubljana | 75 | Planung | JP Voka Snaga d.o.o., Ljubljana |
Müllheizkraftwerk Celje: Ausbau der Kapazität von 30.000 auf 40.000 Tonnen jährlich | k. A. | Verfahren zur Änderung der Umweltschutzgenehmigung | Energetika Celje d.o.o., Celje |
Schlammtrocknungsanlage in Domžale (Kapazität: 8.000 Tonnen im Jahr) | 6,2 | Geplante Inbetriebnahme: 2026 | JP CČN Domžale-Kamnik d.o.o., Domžale |
Anlage für die Verwertung von Bauabfällen in Žužemberk | k.A. | Ausarbeitung der erforderlichen Projektunterlagen zur Einholung einer Baugenehmigung | Eltim d.o.o., Krka |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Von Kirsten Grieß
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Ljubljana