Spanien zielt bis 2030 auf einen Bestand von 5,5 Millionen Elektrofahrzeugen ab. Der Weg dorthin ist noch weit.
Im Energie- und Klimaplan der spanischen Regierung (PNIEC) ist als Ziel für das Jahr 2030 ein Fahrzeugpark von 5,5 Millionen elektrisch betriebenen Kfz definiert. Dazu zählen 3 Millionen Elektro-Pkw sowie 2 Millionen Lieferwagen, Autobusse und Motorräder. Ende 2023 waren aber erst 170.000 reine Elektro- und 197.000 wieder aufladbare (Plug-in) Hybridfahrzeuge auf den spanischen Straßen unterwegs.
Einer Analyse des spanischen Automobilverbandes ANFAC zufolge schneidet das Land bei den Zulassungen von Elektroautos und der Ladeinfrastruktur schlechter ab als der europäische Durchschnitt. In einem ungewöhnlichen Schritt trat Wayne Griffiths, CEO von SEAT, als ANFAC-Präsident im Juni 2024 zurück. Er begründete dies mit der aus seiner Sicht fehlenden Unterstützung der Elektromobilität durch die spanische Regierung.
Reine Elektroautos kommen nicht richtig in Fahrt
Im Jahr 2024 wurden 57.372 reine Elektro-Pkw zugelassen sowie 58.554 Plug-in-Hybride. Der Anteil dieser beiden Fahrzeugtypen an den Gesamtzulassungen ist damit leicht auf 11,4 Prozent gesunken (12 Prozent Anteil im Jahr 2023). Die Nachfrage nach nicht extern wiederaufladbaren Hybridautos ist hingegen wesentlich höher und hat in den letzten Jahren weiter zugenommen.
Gründe, dass sich reine Elektroautos nicht schneller verbreiten, sind laut Branchenverbänden der Preisunterschied zu herkömmlichen Pkw und die - tatsächlichen und angenommenen - Schwierigkeiten bei der Nutzung. Damit unterscheidet sich der spanische Markt nicht von anderen in Europa.
Eine Studie der OBS Business School führt aus, dass in Spanien allerdings weitere Herausforderungen bestehen. Zum einen sei die Förderung für den Kauf von Elektroautos zu kompliziert, das Geld fließe erst nach einer langen Wartezeit von bis zu 20 Monaten. Zum anderen sei der Anteil an Schnellladesäulen bisher zu niedrig. Schließlich kritisiert die Studie die fehlende Interoperabilität zwischen den Ladesäulenbetreibern und einen zu niedrigen Wettbewerb. In der Konsequenz würden die Stromkosten an öffentlichen Ladesäulen deutlich höher als in anderen Ländern ausfallen.
Chinesische Hersteller sind immer präsenter
Der Marktführer Tesla kann auch im Jahr 2024 seine Stellung in Spanien halten. Seine beiden Modelle 3 und Y zeichnen für ein gutes Viertel der neu zugelassenen, reinen Elektro-Pkw verantwortlich. Daneben zeigt sich der Markt fragmentiert. MG, eine Marke der chinesischen Unternehmensgruppe SAIC, belegt mit seinem Modell M4 weiterhin Platz 3 der beliebtesten Elektroautos, mit einem Anteil von etwa 5 Prozent. Der ATTO 3 des chinesischen Herstellers BYD schafft es auf Platz 8 im Zeitraum Januar bis November 2024.
Weitere chinesische Hersteller haben 2024 angekündigt, Elektroautos im spanischen Markt verkaufen zu wollen. Dazu gehört die Marke Arcfox des Autokonzerns BAIC. Stellantis wiederum plant den Vertrieb von Autos seines chinesischen Partners Leapmotor. Schließlich lief im November 2024 in Barcelona die Produktion von Chery und seinem spanischen Joint-Venture-Partner Ebro EV-Motors an. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung war das erste Auto, das vom Band rollte, kein Elektroauto. Mittelfristig ist aber geplant, die Produktion auf Elektroautos zu erweitern beziehungsweise umzustellen.
In der Kategorie Plug-in-Hybride verkauften sich 2024 der Mercedes GLC, der Ford Kuga und der Cupra Formentor am besten. Bei den nicht aufladbaren Hybrid-Pkw mit Dieselmotor führen mit BMW, Mercedes-Benz und Audi deutsche Hersteller die Rangliste an.
Ladeinfrastruktur benötigt weiteren Ausbau
Laut ANFAC waren am Jahresende 2024 insgesamt 38.725 öffentlich zugängliche Ladesäulen in Betrieb. Das ist knapp ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Größere Anstrengungen sind jedoch nötig, um das politisch definierte Ziel von 110.000 öffentlichen Ladesäulen bis 2025 und 340.000 im Jahr 2030 zu erreichen.
Beim Aufbau der Ladeinfrastruktur in Spanien engagierten sich zu Beginn eher kleinere, bisweilen auch Start-up-Unternehmen. Mittlerweile haben die großen Energieunternehmen das Geschäftsfeld auch für sich entdeckt. Sie investieren größere Summen in den Aufbau von Ladesäulen und gehen Kooperationen mit anderen Playern ein. So hat beispielsweise der Ölkonzern Repsol im März 2024 einen Auftrag des Schienennetzbetreibers adif erhalten, um an 80 Bahnhöfen circa 1.000 neue Ladepunkte zu errichten.
Der Marktführer Iberdrola besaß nach eigenen Angaben Ende November 2024 ein Netz von 8.100 Ladepunkten. Weitere 4.000 Ladesäulen befinden sich im Bau oder im Zulassungsverfahren. Spaniens größter Energieversorger ist für dieses Geschäftsfeld eine Partnerschaft mit bp pulse im Dezember 2023 eingegangen. Die Unternehmen planen, bis zum Jahr 2030 insgesamt 11.700 Schnellladesäulen (> 50 Kilowatt) aufzubauen und dafür 1 Milliarde Euro zu investieren.
Der Ölkonzern und Tankstellenbetreiber Moewe (vormals Cepsa) arbeitet seit Jahren mit dem Versorger Endesa zusammen, der bereits mehr als 5.000 Ladesäulen in Spanien errichtet hat. Totalenergies wiederum kooperiert seit Januar 2024 mit dem Ladesäulenbetreiber Wenea.
Die Betreiber kritisieren langwierige Genehmigungsverfahren auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene. Neben technischen Aspekten ist das auch ein Grund, warum Ende Dezember 2024 insgesamt weitere 11.446 Ladesäulen aufgebaut, aber nicht in Betrieb waren.
Staatliche Kaufanreize gehen vorerst weiter
Die dritte Auflage des Förderprogramms Moves III umfasst mittlerweile 1,55 Milliarden Euro, mit denen der Kauf von Elektrofahrzeugen sowie die Installation von Ladesäulen finanziell unterstützt werden. Das Programm galt ursprünglich bis Ende Juli 2024, wurde bis Ende Dezember 2024 und zuletzt bis Ende Juni 2025 erneut verlängert. Eine weitere Mittelaufstockung ist in Diskussion. Zusätzlich zum direkten Zuschuss von bis zu 7.000 Euro je Auto gewährt der Staat auch einen Nachlass bei der Einkommensteuer.
Von Friedrich Henle
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Madrid