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Klimaschutz-AtlasVerkehr: Fortschritte reichen noch nicht zur Zielerfüllung
Wegen seines hohen Anteils von knapp einem Drittel der Emissionen hat der Verkehrssektor eine besondere Bedeutung. EU-Fördergelder sollen das Tempo der Verkehrswende erhöhen.
04.09.2023
Von Oliver Idem | Madrid
Der spanische Aufbau- und Resilienzplan sieht verschiedene Maßnahmen für die Verkehrswende vor. Dazu gehören Niedrigemissionszonen in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern.
Der Bahnsektor zählt zu den Schwerpunkten von Verkehrsinvestitionen. Dabei reicht die Bandbreite von den lokalen Bahnnetzen bis hin zu nationalen und grenzüberschreitenden Schnellzugverbindungen. Die Nutzung des S-Bahn-Netzes Cercanías soll durch einen Ausbau der Kapazitäten und besseren Service attraktiver werden. Verbesserungen werden auch beim Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze angestrebt.
Senkung des Schadstoffausstoßes ist das große Ziel
Spanien folgt den Emissionszielen der Europäischen Union. Diese schließen auch die Reduzierung des Schadstoffausstoßes von Fahrzeugen ein. Ein eigener Strategieplan für die Entwicklung vernetzter Elektrofahrzeuge setzt darauf, binnen drei Jahren 24 Milliarden Euro an privaten und öffentlichen Investitionen zu mobilisieren.
Zum nationalen Energie- und Klimaplan PNIEC gehört das Ziel, 2030 einen Bestand von 5 Millionen elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zu erreichen. Mittlerweile erscheint diese Marke auch unter Einbeziehung von Hybriden als kaum erreichbar.
Batterieelektrische Fahrzeuge sind bislang eher die Ausnahme
Im Jahr 2022 wurden in Spanien knapp 959.000 Kraftfahrzeuge (Kfz) neu zugelassen. Unter den alternativen Antrieben gehören batteriebetriebene Elektrofahrzeuge derzeit eher zu den Ausnahmen.
Bislang verkaufen sich nicht aufladbare Hybride weitaus besser als Plug-in-Hybride beziehungsweise rein batterieelektrische Kfz. Der spanische Verband der Automobil- und LKW-Hersteller ANFAC errechnete für das Jahr 2022 Neuzulassungen von knapp 243.300 Hybridfahrzeugen ohne Ladeoption.
Aufladbare Hybride wurden von lediglich circa 48.200 Kunden erworben. Bei den batterieelektrischen Fahrzeugen fiel die Zahl noch geringer aus. In dieser Kategorie lagen die Verkäufe bei knapp 36.500 Einheiten.
Die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge wird unterdessen dichter. Ende 2022 verfügte Spanien über 18.128 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Das entsprach einer Zunahme um rund 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Der Automobilverband ANFAC geht von 28.240 benötigten Einheiten aus, um die Vorgaben für 2030 erfüllen zu können. Der Weg hin zu diesem Ziel dürfte durch das Förderprogramm Plan Moves Proyectos Singulares II zügiger zurückgelegt werden. Im April 2023 wurde bekannt, dass in der laufenden Projektphase 122 Millionen Euro für die Ladeinfrastruktur freigegeben wurden.
Im April 2023 wies die Tageszeitung El Mundo darauf hin, dass bislang die vorhandenen Ladesäulen eher spärlich genutzt werden. Im Durchschnitt sei jede Auflademöglichkeit gerade einmal eine Stunde pro Tag in Betrieb.
Zu den Herausforderungen beim Ausbau der Ladeinfrastruktur gehören auch die Vorschriften des Zentralstaats, der Autonomen Gemeinschaften und der Gemeinden. Diese sind nicht immer aufeinander abgestimmt. Zudem kann nicht jede Ladestation von jedem Elektrofahrzeug genutzt werden.
Spanien zieht Investitionen in Fahrzeugbatterien an
Nur das Inland zu betrachten, würde jedoch im Fall von Spanien zu kurz greifen. Als Produktionsstandort und Exporteur spielt das Land eine wesentliche Rolle in Europa. Im Jahr 2022 wurden in Spanien rund 2,2 Millionen Fahrzeuge gebaut. Die Exportquote liegt seit Jahren bei etwa 85 Prozent.
Die Elektrifizierung der Fahrzeuge bildet einen großen Investitionsschwerpunkt in der Branche, die sich auf ein breit gefächertes Netz von Zulieferern stützt. Die vorhandene Infrastruktur und die hohen Produktionsvolumina machen Spanien auch zu einem potenziellen Produzenten von Fahrzeugbatterien. Insgesamt fünf Unternehmen wollen investieren oder prüfen den Standort in dieser Hinsicht. Dabei handelt es sich neben den Fahrzeugproduzenten BYD, Tata Motors und Volkswagen auch um Envision und Inobat.
Wenn Bewegung in die Vorhaben kommt, sind auch Folgeinvestitionen in das Recycling von Batterien wahrscheinlich. Durch den aufwendigen und riskanten Transport von Batterien ziehen es die Recyclingunternehmen üblicherweise vor, sich in räumlicher Nähe zur Batteriefertigung anzusiedeln.
Nachhaltigere Kraftstoffe für Schiffe und Flugzeuge in Vorbereitung
Bei den Verkehrsmitteln Schiff und Flugzeug zeichnet sich ab, dass alternative Kraftstoffe für weniger Emissionen sorgen werden. Die Reederei Maersk plant in Spanien den Aufbau einer kompletten Wertschöpfungskette für grünes Methanol. Aus der vergeblichen Suche nach Lieferanten mit hohen Mengen zog Maersk den Schluss, eine eigene Infrastruktur aufzubauen. Die geplanten Investitionen belaufen sich auf etwa 10 Milliarden Euro.
Die Petrochemieunternehmen Cepsa und Repsol bauen Produktionskapazitäten für alternatives Kerosin auf. Cepsa will eine Milliarde Euro in Palos de la Frontera (Huelva) investieren. Um ausreichend organische Stoffe als Ausgangsbasis zu haben, arbeitet das Unternehmen mit dem Partner Bio-Oils zusammen. Hiermit soll die Versorgung mit gebrauchten Speiseölen und landwirtschaftlichen Reststoffen gesichert werden.
Repsol kooperiert bereits seit einiger Zeit mit der Fluggesellschaft Iberia bei alternativen Kraftstoffen. Iberia testete die aus Abfällen hergestellten Biokraftstoffe bereits auf Inlands- und Langstreckenflügen. In Zukunft soll die Zusammenarbeit ausgeweitet werden.
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