Die chemische Industrie in Südafrika ist breit aufgestellt. Neben Grundstoffen und Industriechemikalien werden auch Düngemittel, Kosmetika oder Arzneimittel lokal gefertigt.
Neben der Nahrungsmittelindustrie und der Metallverarbeitung ist die Chemie die umsatzstärkste Branche der verarbeitenden Industrie Südafrikas vor dem Automobilbau. Im Jahr 2022 betrugen die Verkäufe von chemischen, petrochemischen, pharmazeutischen und Kunststoffprodukten aus einheimischer Fertigung in Südafrika etwa 33,6 Milliarden Euro.
Petrochemie prägt Südafrikas Chemiebranche
Das größte Branchenunternehmen im Land ist der staatliche Petrochemie-Konzern Sasol. Es wurde 1950 zur Verflüssigung von Steinkohle gegründet. In den am 30. Juni 2023 zu Ende gegangenen zwölf Monaten hatte der Umsatz des Unternehmens ein Volumen von rund 289,7 Milliarden Rand (circa 14,2 Milliarden Euro). Das entspricht einer nominalen Zunahme von 6,2 Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum. Zuwächse gab es vor allem im Bereich Basischemikalien, während die Verarbeitung von Energierohstoffen insgesamt stagnierte. Das gesamte Umsatzvolumen des Konzerns entfällt ungefähr hälftig auf Kraftstoffe und chemische Erzeugnisse.
Eine detaillierte Erhebung der Produktion wird nur alle drei bis vier Jahre durchgeführt und liegt zuletzt für 2021 vor. Unter den chemischen Vorprodukten für die Industrie stellten Alkohole und Polymere für die Kunststoffherstellung mit umgerechnet rund 1,8 Milliarden Euro den größten Posten dar. Die Produktion von Mineraldüngern erreichte 2021 etwa 764 Millionen Euro, gefolgt von Carbonsäuren mit rund 699 Millionen Euro und Pflanzenschutzmitteln mit einem Produktionswert von 567 Millionen Euro. Die Herstellung von Sprengstoffen in Südafrika summierte sich im selben Jahr auf 353 Millionen Euro.
Sowohl bei den Kunststoffprodukten als auch Gummiwaren sind vor allem Zulieferungen für die Automobilindustrie auf den vorderen Plätzen der Produktionsstatistik zu finden. So stehen hier Schaumstoffe und Polyurethane, mit einem Wert von 529 Millionen Euro für 2021 vor zahlreichen anderen Teilen und Komponenten sowie Vorprodukten für die Verpackungsindustrie und Haushaltsartikeln aus Kunststoff, ganz oben auf der Liste. Reifen für Personenwagen und Nutzfahrzeuge dominieren im selben Jahr mit 493 Millionen Euro die Produktion der südafrikanischen Gummiindustrie, gefolgt von Übertragungsriemen.
Produktion ausgewählter chemischer Erzeugnisse in Südafrika (in Millionen Euro; Veränderung und Marktanteil in Prozent)Sparte | 2021 | Veränderung 2021/2017 | Marktanteil |
---|
Gummiprodukte | 829 | -5,5 | 2,7 |
Farben und Lacke | 1.022 | 3,5 | 3,4 |
Agrarchemikalien | 1.331 | -32,4 | 4,4 |
Arzneimittel | 2.205 | 52,3 | 7,2 |
Reinigungsmittel, Kosmetik | 2.216 | 7,4 | 7,3 |
Kunststoffprodukte | 3.790 | 2,1 | 12,5 |
Industriechemikalien | 6.454 | 25,6 | 21,2 |
Erdölprodukte | 12.581 | -0,5 | 41,4 |
Insgesamt | 30.422 | 5,5 | 100 |
Berechnung der Veränderungsrate auf Basis der Angaben in Südafrikanischen Rand. Die Daten werden nicht in jedem Jahr erhoben.Quelle: Statistcs South Africa 2023
Blick auf die Region lohnt sich
Die auf Autarkie ausgerichtete wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas während der Apartheid hat insbesondere in der Grundstoffindustrie zur Entstehung größerer lokaler Unternehmen beigetragen. Beispiele bietet vor allem die kohlebasierte organische Chemie. Aber auch in Bereichen wie der Herstellung von Arzneimitteln oder Düngemitteln hat der lokale Bedarf die Entwicklung von Unternehmen gefördert, die heute auch international aufgestellt sind.
Hinzu kommt eine Anzahl ausländischer Unternehmen, die in Südafrika zum einen industrielle Abnehmer sowie einen im afrikanischen Kontext großen Markt vorfinden. Zum anderen nutzen sie das Land als Basis für die Bearbeitung der Region, was durch die südafrikanische Zollunion (SACU) erleichtert wird. Schwerpunkt der Chemieindustrie in Südafrika ist die Provinz Gauteng um die Metropole Johannesburg im Landesinneren, wo rund die Hälfte der Unternehmen der Branche ansässig ist. Es folgen die Provinzen KwaZulu-Natal um Durban und Western Cape.
Häufig suchten die Unternehmen mit ihren Standorten im Inland die Nähe der Kohlevorkommen. Inzwischen allerdings rückt die günstige Lage zu den Exporthäfen stärker in den Vordergrund, womit küstennahe Standorte wichtiger werden, wie das Beispiel Richards Bay zeigt. Angesichts flauer Konjunktur und zum Teil schwieriger Produktionsbedingungen, zum Beispiel durch Ausfälle in der Stromversorgung, deuten die Konsolidierung von Produktionskapazitäten durch Übernahmen sowie der partielle Rückzug einiger Akteure auf die angespannte Wettbewerbslage in Südafrika hin.
Wichtige Branchenunternehmen in Südafrika (Umsatz in Millionen Euro)Unternehmen | Sparte | Umsatz 2022 |
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KAP | Sprengstoffe | 283 *) |
Adcock Ingram | Arzneimittel | 505 *) |
PetroSA | Petrochemie | 602 |
Omnia | Düngemittel | 1.544 *) |
Aspen Pharma | Arzneimittel | 2.243 *) |
AECI | Sprengstoffe | 3.079 |
Sasol | Petrochemie | 16.034 |
Kropz | Phosphate, Düngemittel | k.A. |
Bayer | Arzneimittel, Agrarchemikalien | k.A. |
* Finanzjahr weicht von Kalenderjahr ab.Quelle: Unternehmensangaben
Mehrere Raffinerien stehen still
Der schlechte Zustand der Raffinerien in Südafrika führt immer wieder zu Produktionsausfällen. Ende 2023 steht rund die Hälfte der installierten Kapazitäten still. Unfälle, wie der Brand in der von dem Bergbauunternehmen Glencore finanzierten Anlage Astron Energy in Milnerton bei Kapstadt im Jahr 2020, sorgen zusätzlich für Investitionsbedarf. Kommen die Betreiber diesem nicht nach, wird sich der Grad der Eigenversorgung mit Kraftstoffen in Südafrika mittelfristig weiter verringern. Bereits heute werden circa 60 Prozent des inländischen Bedarfs importiert.
Raffinerien in Südafrika (Kapazität in Barrel pro Tag)Raffinerie | 2018 | 2021 | 2022 |
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Sapref | 180.000 | 180.000 | k.A. |
Enref | 135.000 | k.A. | k.A. |
Astron Energy | 100.000 | 100.000 | 100.000 |
Natref | 108.000 | 108.000 | 108.000 |
Sasol | 150.000 | 150.000 | 150.000 |
PetroSA | 45.000 | k.A. | k.A. |
Insgesamt | 718.000 | 538.000 | 358.000 |
1 Barrel = 159 Liter.Quelle: SAPIA 2023
Die gesamten Raffineriekapazitäten Südafrikas gibt der Fachverband SAPIA (South African Petroleum Industry Association) mit 718.000 Barrel pro Tag (bpd; 1 Barrel = 159 Liter) an. Davon entfallen 523.000 bpd auf die Verarbeitung von Rohöl und 195.000 bpd auf die Raffinierung synthetischer Rohstoffe und Erdgas durch Sasol und PetroSA. Die Raffinerie Sapref bei Durban ist ein Joint Venture von BP und Shell und steht derzeit still. Hinter dem Betreiber Engen (Raffinerie Enref, Durban) steht die malaysische Petronas; diese Anlage war allerdings nie voll einsatzfähig und wurde nach einer Explosion im Dezember 2020 stillgelegt. Die Anlage Natref in Sasolburg südlich von Johannesburg wird gemeinsam von Sasol und Total betrieben.
Förderung von Industrievorhaben
Die Förderung von Industrievorhaben in Südafrika erfolgt durch die staatliche Finanzinstitution Industrial Development Corporation (IDC). Übergeordnetes Ziel ist der Aufbau wettbewerbsfähiger weiterverarbeitender Industrien in verschiedenen Sektoren, darunter die chemische und pharmazeutische Industrie. Als Fokussparten nennt IDC die Bereiche Pflanzenschutz, Farben und Lacke, Arzneimittel, Seifen und Reinigungsmittel, Kunstfasern, Kunststoffe einschließlich Recyclingverfahren sowie medizinische Produkte.
Von Marcus Knupp
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Berlin