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Branchen | Südafrika | Arzneimittel & Diagnostika

Arzneimittelhersteller in Südafrika setzen auf Kooperation

Internationale Pharmakonzerne arbeiten mit lokalen Unternehmen zusammen, um ihre Produktion auszubauen. Doch im Vergleich zu Standorten wie Indien liegt Südafrika noch weit zurück.

Von Marcus Knupp | Berlin

Südafrika ist bereits heute der wichtigste Produktionsstandort für Pharmazeutika in Subsahara-Afrika. Die Zeichen stehen auf weiteren Ausbau.

Die verzögerte Bereitstellung von Impfstoffen während der Coronapandemie hat einmal mehr unterstrichen, dass in Afrika lokale Kapazitäten zur Produktion von Arzneimitteln fehlen. Spezielle Bedarfe entstehen auf dem Kontinent durch Tropenkrankheiten, aber beispielsweise auch durch die hohe Zahl von HIV-Infizierten im südlichen Afrika. Hinzu kommen mit steigendem Wohlstand und veränderten Konsumgewohnheiten nicht übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mit entsprechendem Behandlungsbedarf. 

Vorbild Indien: Ein weiter Weg

Derzeit stellen in Südafrika 122 Unternehmen Arzneimittel her. Wie auf dem afrikanischen Kontinent insgesamt stellen die meisten davon Generika her. Nur wenige pharmazeutische Wirkstoffe werden vor Ort produziert. Dazu gehören Inhaltsstoffe von Paracetamol, Codein und Krebsmedikamenten. Mit dem Ziel, Wirkstoffe gegen einige der in Südafrika am weitesten verbreiteten Krankheiten wie Tuberkulose, Aids und Malaria lokal herzustellen, hatte die Regierung 2011 die Ketlaphela-Initiative ins Leben gerufen. Als sehr schwierig erwies sich dabei, geeignete Partner zu finden. Das Projekt ist daraufhin wieder eingeschlafen. 

Indien dagegen ist heute einer der größten Pharmaproduzenten der Welt. Mit gezielter Förderung sind in den letzten 40 bis 50 Jahren neben vielen kleinen und mittleren Unternehmen der Branche auch international agierende Pharmakonzerne entstanden. Zu den eingesetzten Instrumenten gehören Finanzierungshilfen, Exportförderung, aber auch die Analyse bestehender (reverse engineering) und die Entwicklung neuer Arzneimittel, um eine eigene Wissensbasis aufzubauen. Indien kam dabei zugute, dass der Markt für preisgünstige Generika noch sehr groß war, als es vor Jahrzehnten seine Produktionskapazitäten stark ausbaute. Heute ist neben Indien auch China in diesem Bereich sehr stark vertreten. 

Die asiatischen Wettbewerber verfügen über große Kapazitäten und viel Erfahrung. Daher können sie Arzneimittel, insbesondere Generika, oft günstiger anbieten als afrikanische Unternehmen. Für afrikanische Hersteller sind die Bedingungen deshalb heute ungleich härter.

Interesse internationaler Konzerne

Erfolgreicher verläuft die Zusammenarbeit zwischen südafrikanischen und internationalen Pharmakonzernen. Im September 2023 gaben der südafrikanische Hersteller Aspen Pharmacare und das dänische Unternehmen Novo Nordisk ihre Partnerschaft zur Produktion von Insulin bekannt. Im Jahr 2024 wollen die Partner 16 Millionen Dosen herstellen. Damit kann der Bedarf der rund 1,1 Millionen Diabetes-Patienten in Südafrika gedeckt werden.

Ziel ist es, weitere Märkte in Subsahara-Afrika zu beliefern. Bis 2026 soll die Produktion soweit wachsen, dass 4,1 Millionen Patienten versorgt werden können. Für Aspen Pharmacare ist die Partnerschaft wichtig, um die während der Coronapandemie aufgebauten Kapazitäten auszulasten. Aspen hatte mit dem Pharmakonzern Johnson & Johnson die Produktion von Covid-Impfstoffen vereinbart, die nun nicht mehr benötigt werden.

Für den US-Hersteller Eli Lilly hat Aspen im August 2023 für zehn Jahre den Vertrieb in ganz Afrika übernommen. Die 1986 gegründete Aspen Pharmacare Holding agiert seither für zahlreiche internationale Konzerne als Vertriebspartner und Auftragsfertiger. Im Zentrum stehen dabei Markenprodukte, deren Patentschutz abgelaufen ist. Neben Standorten in Gqeberha (Port Elizabeth), East London und Kapstadt verfügt das Unternehmen über Produktionsstätten in Ghana, Kenia und Tansania, Europa, Australien, Brasilien, Indien und den USA.

Der zweitgrößte Hersteller in Südafrika ist das bereits 1890 gegründete Unternehmen Adcock Ingram. Auch Novartis  ist seit 1946 mit einer Tochtergesellschaft in Südafrika vertreten und produziert dort in einem Werk in Johannesburg. Der aus der Fusion von Mylan und Upjohn hervorgegangene Viatris-Konzern hat ebenfalls einen Produktionsstandort in Johannesburg (Isando). Der indische Arzneimittelkonzern Cipla übernahm 2013 den 1992 gegründeten südafrikanischen Hersteller Medpro und produziert seitdem unter dem Namen Cipla Medpro vor Ort. Im Jahr 2023 erweiterte Cipla seinen Fußabdruck in Südafrika durch den Kauf des Generikaherstellers Actor.

Widersprüche in der Förderung lokaler Produktion 

Zölle auf medizinische Wirkstoffe stellen die Firmen dabei jedoch immer wieder vor Probleme, da sie die lokale Produktion verteuern. So beklagte der Geschäftsführer des Auftragsherstellers Wrapsa im Herbst 2023 gegenüber dem Fachmagazin Engineering News, dass sich öffentliche Auftraggeber häufig für billigere Importpräparate entscheiden, obwohl diese lokal produziert werden könnten. In Kombination mit den erwähnten Einfuhrabgaben würde so der Aufbau von Fertigungsstrukturen in Südafrika behindert.

In der Kritik steht auch die sehr großzügige Politik bei der Erteilung von Patenten beziehungsweise der Verlängerung bestehender Patente. Das System zur Prüfung von Patentanträgen in Südafrika ist stark formalisiert. Sind alle notwendigen Formulare korrekt ausgefüllt und die Gebühren bezahlt, wird das Patent in der Regel erteilt. Die inhaltliche Prüfung der Anträge ist Kritikern zufolge nicht ausreichend intensiv. Auf diese Weise können durch geringfügige Änderungen Patentlaufzeiten verlängert werden. Das schränkt im Arzneimittelsegment vor allem die Marktchancen für Generika und damit für lokale Hersteller ein.

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