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Branche kompakt | Südafrika | Chemische Industrie

Südafrikas Chemieindustrie steht unter Anpassungsdruck

Für die chemische Industrie in Südafrika ist der Bergbau traditionell Rohstoffquelle und Abnehmer. Batterien, Wasserstofftechnik und Arzneimittel bieten neue Tätigkeitsfelder.

Von Marcus Knupp | Berlin

Ausblick der chemischen Industrie in Südafrika

Bewertung:

 

  • Herausforderungen durch Stromausfälle und Störungen der Lieferkette.

  • Mammutaufgabe ist die Umstellung vom Energie- und Prozessrohstoff Kohle auf nachhaltigere Energieträger.

  • Ansatzpunkte für Entwicklung durch Erfahrung mit synthetischen Brennstoffen und Verarbeitung von Platin.

 

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Januar 2024

  • Markttrends

    Mit der Kohlechemie hat der Sektor traditionell eine wichtige Rolle in der Wirtschaft Südafrikas. Im Zuge der Energiewende könnte Wasserstoff an diese Stelle treten.

    Wie andere Branchen in Südafrika leidet auch die chemische Industrie unter der flauen Konjunktur einerseits und unter der zunehmend dysfunktionalen Infrastruktur andererseits. Praktisch tägliche Stromabschaltungen zur Netzstabilisierung (load shedding) führen potenziell zu Produktionsausfällen und zwingen die Unternehmen zur Installation alternativer Lösungen für die Energieversorgung. Besonders betroffen ist zum Beispiel die Kunststoffindustrie. Bei einem mehrstündigen Stromausfall kann geschmolzener Kunststoff etwa in Extrudiermaschinen erhärten und eine aufwändige Reinigung notwendig machen.

    Ein ineffizienter Betrieb in wichtigen Häfen wie Durban und Störungen im Eisenbahnverkehr stellen Gefahren für die Versorgung mit Vorprodukten dar. Dies wiegt für die chemische Industrie umso schwerer, als die Produktion der lokalen Raffinerien in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist. Der Chemiekonzern Sasol taxiert die zusätzlichen Transport- und Logistikkosten auf 27 Prozent bis 40 Prozent.

    23,5 Prozent

    beträgt der Anteil der chemischen Industrie am Umsatz des produzierenden Gewerbes in Südafrika.

    Ein Ausstieg aus der Kohle betrifft in Südafrika nicht nur die Stromerzeugung. Aufgrund der historisch gewachsenen Nutzung von Steinkohle in der Grundstoffchemie stehen auch in der Industrie größere Veränderungen bevor. Schon in den zurückliegenden Jahrzehnten ist Erdgas als wichtiger Rohstoff für die lokale Petrochemie hinzugekommen. In Zukunft soll grüner Wasserstoff mehr und mehr an die Stelle der fossilen Ressourcen treten. Der Aufbau von Anlagen und Infrastruktur für die Wasserstoffwirtschaft in Südafrika gewinnt an Fahrt. Etliche Projekte befinden sich im Planungsstadium.

    Wasserstoffwirtschaft verändert Produktionsstrukturen

    Nicht nur für die südafrikanische Regierung hat der Aufbau einer Wasserstoffökonomie hohe Priorität. Auch große und kleinere Unternehmen verfolgen Pläne, die an verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette ansetzen. Für die Herstellung von grünem Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien besitzt Südafrika mit langen Küstenlinien und hoher Sonneneinstrahlung günstige Voraussetzungen. 

    Darauf aufbauend bietet das Land mit seiner entwickelten Industrie vielfältige Anwendungsfelder. Mit dem Wasserstoff produziertes Ammoniak kann in der Düngemittelindustrie verwendet werden. Auf Basis des neuen Rohstoffs ist die Herstellung von Kraftstoffen wie synthetischem Flugbenzin oder Methan geplant. Der Wasserstoff kann auch als Energiequelle und Katalysator in der Eisen- und Stahlindustrie und nicht zuletzt in chemischen Prozessen genutzt werden.

    Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Südafrika
    Akteur/Projekt

    Investitionssumme (in US$)

    ProjektstandAnmerkungen
    Jearrard Energy Resources (JER)/ Green Hydrogen Facility

    1.000

    PlanungPhase 1 mit 12 GW Solar-to-hydrogen, Northern Cape
    Linde, Sasol, Enertrag/ HySHiFT Renewable Hydrogen

    1.000

    PlanungProduktion von nachhaltigem Flugbenzin auf Basis von grünem Wasserstoff, Mpumalanga
    Prieska Power Reserve/ Green Ammonia & Hydrogen Plant

    700

    PlanungProduktion von 72.000 t Ammoniak pro Jahr, Siyathemba, Northern Cape
    Eskom Holdings/ Medupi Power station hydrogen plant

    300

    AusschreibungAn das Kohlekraftwerk Medupi soll eine Wasserstoff-Produktion angebaut werden, Limpopo
    Afro-Zonke/ Chlor-Alkali-Werk

    111

    PlanungProduktion von 50.000 t pro Jahr verschiedener Chlorchemikalien, Midvaal, Gauteng
    PG Bison/ Erweiterung der MDF-Produktion

    69

    im BauTeil des KAP-Konzerns; Teil von Investitionen am Standort Mkhondo
    Quelle: MEED Projects 2023, Pressemitteilungen

    Die Entwicklung zu alternativen Antrieben könnte Südafrika in den Bereichen Batterie- oder Brennstoffzellen-Herstellung Vorteile verschaffen. Viele benötigte Rohstoffe, etwa Metalle der Platin-Gruppe, werden vor Ort gefördert. Beispielsweise arbeitet die Chemical Industry Sector Education and Training Authority (Chiefta) in diesem Bereich mit der Vaal University of Technology (VUT) zusammen, um kostengünstige Membranen zum Einsatz in Brennstoffzellen zu entwickeln.

    Der französische Konzern Air Liquide investiert circa 175 Millionen Euro in die Fertigung der Industriegase Sauerstoff, Stickstoff, Argon, Krypton und Xenon. Im Jahr 2021 hatte Air Liquide bereits Anlagen von Sasol in Secunda übernommen.

    Bergbau übt großen Einfluss auf Chemie aus

    Südafrikas Chemieindustrie ist mit dem Bergbau groß geworden. Zum einen nutzt sie lokal abgebaute Rohstoffe, zum anderen stellt sie mit Sprengstoffen und Prozesschemikalien wichtige Verbrauchsmaterialien für die Branche her. Die Weltmarktpreise für Bergbauprodukte und die davon stark beeinflusste Explorations- und Abbautätigkeit wirken sich daher direkt auf die Konjunktur der Chemiebranche aus. Wieder anziehende Rohstoffpreise beeinflussen die südafrikanische Wirtschaft positiv und ziehen insbesondere die chemische Industrie mit. 

    Automobilindustrie ist wichtiger Abnehmer

    Unter den industriellen Abnehmern spielt vor allem die Automobilindustrie eine wichtige Rolle. Nach einem Tiefpunkt 2020 mit nur noch 447.000 produzierten Einheiten erholt sich die Branche zusehends. Im Jahr 2023 hat die Produktion mit insgesamt 629.479 Fahrzeugen das Niveau von vor der Coronakrise wieder erreicht. Um die Zielvorgaben des Automotive Industry Masterplans der Regierung in Pretoria zu erreichen, die mehr als eine Verdoppelung der Produktion gegenüber 2018 bis 2035 vorsehen, sind damit allerdings fünf Jahre verloren. Das wichtigste Exportprodukt der südafrikanischen Kfz-Zuliefererindustrie sind Abgaskatalysatoren. Diese kamen 2022 allein für 48,3 Prozent der Ausfuhren der Branche auf. Ihre Herstellung basiert auf lokal reichlich vorkommenden Rohstoffen wie Platin.

    Düngemittelproduktion sucht nach Rohstoffen

    Die Düngemittelindustrie ist in Südafrika auf den Import wichtiger Basismaterialien wie Schwefel und Kalium angewiesen, da diese lokal nicht ausreichend vorkommen. Bei Phosphaten sieht es nicht viel besser aus, weil der Gehalt der von dem staatlichen Unternehmen Foskor in Phalaborwa (Limpopo) abgebauten Erze gering ist und der weiteren Verarbeitung eine teure Anreicherung vorgeschaltet werden muss. Die Produktion von Mineraldünger vor Ort hat daher keine wirklichen Wettbewerbsvorteile, sondern wird eher aus Gründen der Versorgungssicherheit aufrechterhalten. Pro Jahr werden in Südafrika mit leichten Schwankungen etwa 2,3 Millionen Tonnen Düngemittel eingesetzt. 

    Kunststoffindustrie stark importabhängig

    Der Verband der südafrikanischen Kunststoffindustrie Plastics SA verzeichnet nach einer mehrjährigen Phase stagnierenden Verbrauchs seit 2021 wieder einen wachsenden Bedarf an Rohkunststoffen. Im Jahr 2022 wurden 1,61 Millionen Tonnen Basispolymere und 352.630 Tonnen aus Recycling gewonnene Rohkunststoffe verbraucht. Knapp die Hälfte der Endprodukte wird für Verpackungen verwendet. Sowohl bei Kunststoffvorprodukten als auch bei Kunststoffprodukten liegen die Einfuhren Südafrikas etwa beim Doppelten der Exporte.

     

    Von Marcus Knupp | Berlin

  • Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie

    Die Dekarbonisierung der Kohle- und Petrochemie ist eine Riesenaufgabe für Südafrika. Drängende Auswirkungen hat potenziell auch die CO2-Grenzabgabe der EU.

    Das Chemieunternehmen Sasol ist nach dem Energieversorger Eskom der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen in Südafrika. Ursache ist in beiden Fällen der starke Rückgriff auf den Rohstoff Kohle. Zwar konnte Sasol durch den sukzessiven Umstieg auf Erdgas bereits einige Emissionen reduzieren. Und bereits 2021 hat das Unternehmen sich selbst das Ziel gesetzt, bis 2050 netto null Emissionen auszustoßen. Bis dahin bleibt aber noch einiges zu tun. 

    Dekarbonisierung der Petrochemie ist Hauptaufgabe

    An der Petro- beziehungsweise Kohlechemie hängen auch die nachgelagerten Sparten der chemischen Industrie in Südafrika. Denn auf der Basis von Kohle, Erdöl oder Erdgas werden hier die Grundstoffe produziert, die bei der Herstellung von Kunststoffen, von Düngemitteln oder in der Spezialchemie benötigt werden. Auch viele weitere Branchen, die diese Produkte wiederum einsetzen, hängen bei der Dekarbonisierung ihrer Lieferketten und damit der eigenen Produkte von der Grundstoffindustrie ab. Hier wartet daher zunächst die größte Aufgabe. 

    Um die immensen Emissionen der petrochemischen Anlagen zu reduzieren, gibt es verschiedene Wege. Die möglichen Strategien reichen von der Erhöhung der Energieeffizienz, etwa durch bessere Nutzung von Prozesswärme oder Kraft-Wärme-Koppelungen, über die Abscheidung von Kohlendioxid bis zu alternativen Ausgangsmaterialien wie Erdgas, Biomasse oder Wasserstoff. Erdgas steht in begrenzter Menge aus der Offshore-Förderung vor Mossel Bay zur Verfügung. Dieses wird in der Raffinerie von PetroSA weiterverarbeitet. Sasol importiert Gas über eine Pipeline aus Mosambik. Die Erschließung neuer Erdgasfunde im Norden des Nachbarlandes vor der Küste erfordert Zeit und Investitionen. Sie können die eingesetzte Kohle also nicht kurzfristig ersetzen.

    Biomasse hat Potenzial

    Zahlreiche Möglichkeiten bestehen zum Einsatz von Biomasse, beispielsweise aus dem Zuckerrohranbau oder nicht verwendeten Pflanzenteilen in der Papierindustrie. Das Department of Science and Innovation (DSI) hat für Bioraffinerien fünf konkrete Rohstoffquellen identifiziert: Forstwirtschaft, Zuckerrohr, Algen, nicht-verzehrbare Pflanzenöle und mikrobielle Überreste in der Landwirtschaft. Die Zahl von Unternehmen des Bereichs Biokunststoffe in Südafrika ist bislang allerdings noch überschaubar. Viel Schwung hat in den letzten beiden Jahren die Entwicklung der Ressource grüner Wasserstoff genommen. Hier gibt es in Südafrika mehrere große Projekte.

    Die kurzfristig größten und kostengünstigsten Potenziale zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in der Petrochemie sehen Studien in einer erhöhten Energieeffizienz. Diese reichen von der Installation besserer Systeme zur Messung und Steuerung des Energieeinsatzes über die Optimierung bestehender beziehungsweise Einsatz neuer Anlagen zur Wärmeproduktion im Prozess bis zu effizienteren Prozessen in der Produktion selbst sowie in der Energieinfrastruktur. Mit der zunehmenden Implementierung verlieren diese Möglichkeiten in der mittel- bis langfristigen Perspektive allerdings an Bedeutung.

    Recycling steht noch am Anfang

    Im Jahr 2021 stammten knapp 22 Prozent der in Südafrika verarbeiteten Kunststoffe aus recycelten Basismaterialien. Mit 344.527 Tonnen lag die Gesamtmenge wiedergewonnener Kunststoffe etwa 10 Prozent höher als im vorangegangenen Jahr. Die Sammlung und das Recycling von Kunststoffabfällen hatte damit aber nach Angaben des Fachverbandes Plastics SA das Niveau von vor der Coronapandemie noch nicht wieder erreicht. Gestiegene Energiepreise und regelmäßige Stromabschaltungen (load shedding) machen der Recyclingbranche zu schaffen. Nachholbedarf besteht auch noch in den Bereichen Mülltrennung und in der Definition von Standards für die Recyclingprozesse und die wiedergewonnenen Stoffe.

    Den Anteil recycelter Materialien in Endprodukten beziffert Plastics SA für 2021 mit 16,7 Prozent. Der Ausbau der Recyclingkapazitäten hat dazu geführt, dass Anbieter mittlerweile Probleme haben, ausreichende Nachfrage zu finden. Alternative Märkte in der Region südliches Afrika oder in Asien schaffen hier nur begrenzt Abhilfe. Lediglich etwa 7,7 Prozent der Rezyklate wurden 2021 exportiert. In Südafrika überwiegt bei weitem das mechanische Recycling von Kunststoffen.

    CBAM wirft seine Schatten voraus

    Mit einiger Verunsicherung blickt die Chemieindustrie in Südafrika auf die Grenzausgleichsabgabe der EU (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM). Das Land gehört weltweit zu den am stärksten Betroffenen von der Maßnahme. Grund ist auch hier der hohe Anteil der Kohle an der südafrikanischen Energieversorgung. Vor allem Exporte von Aluminium und Stahl werden voraussichtlich von der Abgabe betroffen sein. Nach Untersuchungen des Thinktanks Trade & Industrial Policy Strategies (TIPS) fallen 27 Prozent der Exporte organischer Chemikalien Südafrikas unter den CBAM. Sollten in Zukunft auch Kunststoffe in die Regelungen mit einbezogen werden, wären etwa 10 Prozent der entsprechenden Exporte Südafrikas beeinflusst.

     

    Von Marcus Knupp | Berlin

  • Branchenstruktur

    Die chemische Industrie in Südafrika ist breit aufgestellt. Neben Grundstoffen und Industriechemikalien werden auch Düngemittel, Kosmetika oder Arzneimittel lokal gefertigt.

    Neben der Nahrungsmittelindustrie und der Metallverarbeitung ist die Chemie die umsatzstärkste Branche der verarbeitenden Industrie Südafrikas vor dem Automobilbau. Im Jahr 2022 betrugen die Verkäufe von chemischen, petrochemischen, pharmazeutischen und Kunststoffprodukten aus einheimischer Fertigung in Südafrika etwa 33,6 Milliarden Euro.

    Petrochemie prägt Südafrikas Chemiebranche

    Das größte Branchenunternehmen im Land ist der staatliche Petrochemie-Konzern Sasol. Es wurde 1950 zur Verflüssigung von Steinkohle gegründet. In den am 30. Juni 2023 zu Ende gegangenen zwölf Monaten hatte der Umsatz des Unternehmens ein Volumen von rund 289,7 Milliarden Rand (circa 14,2 Milliarden Euro). Das entspricht einer nominalen Zunahme von 6,2 Prozent im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum. Zuwächse gab es vor allem im Bereich Basischemikalien, während die Verarbeitung von Energierohstoffen insgesamt stagnierte. Das gesamte Umsatzvolumen des Konzerns entfällt ungefähr hälftig auf Kraftstoffe und chemische Erzeugnisse.

    Eine detaillierte Erhebung der Produktion wird nur alle drei bis vier Jahre durchgeführt und liegt zuletzt für 2021 vor. Unter den chemischen Vorprodukten für die Industrie stellten Alkohole und Polymere für die Kunststoffherstellung mit umgerechnet rund 1,8 Milliarden Euro den größten Posten dar. Die Produktion von Mineraldüngern erreichte 2021 etwa 764 Millionen Euro, gefolgt von Carbonsäuren mit rund 699 Millionen Euro und Pflanzenschutzmitteln mit einem Produktionswert von 567 Millionen Euro. Die Herstellung von Sprengstoffen in Südafrika summierte sich im selben Jahr auf 353 Millionen Euro.

    Sowohl bei den Kunststoffprodukten als auch Gummiwaren sind vor allem Zulieferungen für die Automobilindustrie auf den vorderen Plätzen der Produktionsstatistik zu finden. So stehen hier Schaumstoffe und Polyurethane, mit einem Wert von 529 Millionen Euro für 2021 vor zahlreichen anderen Teilen und Komponenten sowie Vorprodukten für die Verpackungsindustrie und Haushaltsartikeln aus Kunststoff, ganz oben auf der Liste. Reifen für Personenwagen und Nutzfahrzeuge dominieren im selben Jahr mit 493 Millionen Euro die Produktion der südafrikanischen Gummiindustrie, gefolgt von Übertragungsriemen.

     

    Produktion ausgewählter chemischer Erzeugnisse in Südafrika (in Millionen Euro; Veränderung und Marktanteil in Prozent)

    Sparte

    2021

    Veränderung 2021/2017

    Marktanteil

    Gummiprodukte

    829

    -5,5

    2,7

    Farben und Lacke

    1.022

    3,5

    3,4

    Agrarchemikalien

    1.331

    -32,4

    4,4

    Arzneimittel

    2.205

    52,3

    7,2

    Reinigungsmittel, Kosmetik

    2.216

    7,4

    7,3

    Kunststoffprodukte

    3.790

    2,1

    12,5

    Industriechemikalien

    6.454

    25,6

    21,2

    Erdölprodukte

    12.581

    -0,5

    41,4

    Insgesamt

    30.422

    5,5

    100

    Berechnung der Veränderungsrate auf Basis der Angaben in Südafrikanischen Rand. Die Daten werden nicht in jedem Jahr erhoben.Quelle: Statistcs South Africa 2023

    Blick auf die Region lohnt sich

    Die auf Autarkie ausgerichtete wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas während der Apartheid hat insbesondere in der Grundstoffindustrie zur Entstehung größerer lokaler Unternehmen beigetragen. Beispiele bietet vor allem die kohlebasierte organische Chemie. Aber auch in Bereichen wie der Herstellung von Arzneimitteln oder Düngemitteln hat der lokale Bedarf die Entwicklung von Unternehmen gefördert, die heute auch international aufgestellt sind.

    Hinzu kommt eine Anzahl ausländischer Unternehmen, die in Südafrika zum einen industrielle Abnehmer sowie einen im afrikanischen Kontext großen Markt vorfinden. Zum anderen nutzen sie das Land als Basis für die Bearbeitung der Region, was durch die südafrikanische Zollunion (SACU) erleichtert wird. Schwerpunkt der Chemieindustrie in Südafrika ist die Provinz Gauteng um die Metropole Johannesburg im Landesinneren, wo rund die Hälfte der Unternehmen der Branche ansässig ist. Es folgen die Provinzen KwaZulu-Natal um Durban und Western Cape.

    Häufig suchten die Unternehmen mit ihren Standorten im Inland die Nähe der Kohlevorkommen. Inzwischen allerdings rückt die günstige Lage zu den Exporthäfen stärker in den Vordergrund, womit küstennahe Standorte wichtiger werden, wie das Beispiel Richards Bay zeigt. Angesichts flauer Konjunktur und zum Teil schwieriger Produktionsbedingungen, zum Beispiel durch Ausfälle in der Stromversorgung, deuten die Konsolidierung von Produktionskapazitäten durch Übernahmen sowie der partielle Rückzug einiger Akteure auf die angespannte Wettbewerbslage in Südafrika hin.

     

    Wichtige Branchenunternehmen in Südafrika (Umsatz in Millionen Euro)

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz 2022

    KAPSprengstoffe

    283 *)

    Adcock IngramArzneimittel

    505 *)

    PetroSAPetrochemie

    602

    OmniaDüngemittel

    1.544 *)

    Aspen PharmaArzneimittel

    2.243 *)

    AECISprengstoffe

    3.079

    SasolPetrochemie

    16.034

    KropzPhosphate, Düngemittel

    k.A.

    BayerArzneimittel, Agrarchemikalien

    k.A.

    * Finanzjahr weicht von Kalenderjahr ab.Quelle: Unternehmensangaben

    Mehrere Raffinerien stehen still

    Der schlechte Zustand der Raffinerien in Südafrika führt immer wieder zu Produktionsausfällen. Ende 2023 steht rund die Hälfte der installierten Kapazitäten still. Unfälle, wie der Brand in der von dem Bergbauunternehmen Glencore finanzierten Anlage Astron Energy in Milnerton bei Kapstadt im Jahr 2020, sorgen zusätzlich für Investitionsbedarf. Kommen die Betreiber diesem nicht nach, wird sich der Grad der Eigenversorgung mit Kraftstoffen in Südafrika mittelfristig weiter verringern. Bereits heute werden circa 60 Prozent des inländischen Bedarfs importiert.

    Raffinerien in Südafrika (Kapazität in Barrel pro Tag)
    Raffinerie

    2018

    2021

    2022

    Sapref

    180.000

    180.000

    k.A.

    Enref

    135.000

    k.A.

    k.A.

    Astron Energy

    100.000

    100.000

    100.000

    Natref

    108.000

    108.000

    108.000

    Sasol

    150.000

    150.000

    150.000

    PetroSA

    45.000

    k.A.

    k.A.

    Insgesamt

    718.000

    538.000

    358.000

    1 Barrel = 159 Liter.Quelle: SAPIA 2023

    Die gesamten Raffineriekapazitäten Südafrikas gibt der Fachverband SAPIA (South African Petroleum Industry Association) mit 718.000 Barrel pro Tag (bpd; 1 Barrel = 159 Liter) an. Davon entfallen 523.000 bpd auf die Verarbeitung von Rohöl und 195.000 bpd auf die Raffinierung synthetischer Rohstoffe und Erdgas durch Sasol und PetroSA. Die Raffinerie Sapref bei Durban ist ein Joint Venture von BP und Shell und steht derzeit still. Hinter dem Betreiber Engen (Raffinerie Enref, Durban) steht die malaysische Petronas; diese Anlage war allerdings nie voll einsatzfähig und wurde nach einer Explosion im Dezember 2020 stillgelegt. Die Anlage Natref in Sasolburg südlich von Johannesburg wird gemeinsam von Sasol und Total betrieben. 

    Förderung von Industrievorhaben

    Die Förderung von Industrievorhaben in Südafrika erfolgt durch die staatliche Finanzinstitution Industrial Development Corporation (IDC). Übergeordnetes Ziel ist der Aufbau wettbewerbsfähiger weiterverarbeitender Industrien in verschiedenen Sektoren, darunter die chemische und pharmazeutische Industrie. Als Fokussparten nennt IDC die Bereiche Pflanzenschutz, Farben und Lacke, Arzneimittel, Seifen und Reinigungsmittel, Kunstfasern, Kunststoffe einschließlich Recyclingverfahren sowie medizinische Produkte.

     

    Von Marcus Knupp | Berlin

  • Rahmenbedingungen

    Südafrika steht als Schwellenland zwischen relativ hohen und gut ausgearbeiteten Standards und einer noch wenig flexiblen Regulierungsbürokratie mit oft parallelen Strukturen.

    Die Standortbedingungen für die chemische Industrie in Südafrika könnten sich in den kommenden Jahren mit dem Aufbau der Afrikanischen Freihandelszone AfCFTA verbessern. Gemeinsame Standards und gegenseitige Anerkennung von Zulassungsverfahren würden neue Märkte öffnen. Die etablierte Produktionsstruktur der Branche in Südafrika genießt dabei einen Startvorteil. Bislang ist das allerdings noch Zukunftsmusik. Auch innerhalb des Landes sind noch einige Hausaufgaben zu erledigen.

    Mehrere Standards im Umlauf

    Für die Zulassung und Zertifizierung von chemischen Produkten in Südafrika ist das South African Bureau of Standards (SABS) zuständig. Welche Substanzen hiervon betroffen sind und wie im Einzelnen zu verfahren ist, regelt die Gefahrstoffverordnung (Hazardous Substances Act, No. 15/1973). Die Verwendung einzelner Stoffe kann auch unter Berufung auf die Umweltgesetzgebung (National Environmental Management Act, No. 107/1998) verboten werden. Dies betrifft gegenwärtig zum Beispiel Asbest und PCB.

    Nach Angaben von Branchenkennern leidet das SABS seit Jahren unter Kapazitätsmängeln. So fehle zum Beispiel eine effiziente Qualitätskontrolle. Verbände setzen daher eigene Standards, die zum Teil deutlich höher liegen können als die staatlichen. Erleichterung schafft für Unternehmen, die aus Südafrika heraus exportieren, die Akkreditierung des National Metrology Institute of South Africa (NMISA) zum internationalen Standard ISO/IEC 17025. Damit entfällt die Verpflichtung zu zusätzlichen Tests im Zielland.

    Einfuhr nur mit Genehmigung

    Die Einfuhr von Chemikalien nach Südafrika ist nur zulässig, wenn eine entsprechende Einfuhrgenehmigung vorliegt. Zuständig für die Erteilung ist die zum Geschäftsbereich des südafrikanischen Handels- und Industrieministeriums gehörende International Trade Administration Commission of South Africa. Genehmigungen erhalten nur bei der ITAC registrierte Importeure. Die Einfuhrgenehmigung muss bereits vor der Versendung der Waren erteilt sein. Sie ist jeweils nur für das laufende Kalenderjahr gültig, Verlängerungen sind allerdings möglich. Weitere Erläuterungen zu Zöllen und Einfuhrbestimmungen in Südafrika finden Sie hier.

    Sofern eine Ware der Zertifizierungspflicht unterliegt, muss bei der Einfuhr ein entsprechender Nachweis über die Prüfung vorgelegt werden. Deutsche Zertifikate/Testberichte, die den südafrikanischen Regeln entsprechen, können dabei anerkannt werden.

    Das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verlangt von Unternehmen, ihre Lieferketten auf Einhaltung menschenrechtlicher Standards zu überprüfen. Gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat Germany Trade & Invest eine Umsetzungshilfe zur Risikoanalyse erstellt. Sie analysiert relevante Risikobereiche für Südafrika und gibt zahlreiche Hinweise zu ihrer Bewertung.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Marcus Knupp | Berlin

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