Thailand will 2065 klimaneutral sein. Die Ministerien müssen detailliertere Maßnahmen formulieren, um das hehre Ziel zu erreichen.
Klimaschutz ist in der Politik angekommen
Das thailändische Parlament hat das Pariser Klimaschutzabkommen 2016 ratifiziert und legte damals zunächst fest, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber einem Szenario ohne Gegenmaßnahmen um bis zu 25 Prozent gesenkt werden sollen.
Premierminister Prayut kündigte im November 2021 auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Glasgow (COP 26) ambitioniertere Ziele an. Als erstes werde Thailand im Jahr 2050 netto CO2-neutral sein, nur bezogen auf den Ausstoß von Kohlendioxid. Das heißt, das Land wird dann immer noch CO2 ausstoßen - gemäß einem Strategiepapier etwa 100 Millionen Tonnen - diese werden aber durch Maßnahmen für CO2-Senken in der Landnutzung und der Forstwirtschaft kompensiert.
Im zweiten Schritt solle Thailand im Jahr 2065 das Netto-Null-Ziel für sämtliche Treibhausgase erreichen. Das heißt, die verbleibenden Treibhausgasemissionen von ungefähr 120 Millionen Tonnen sollen 2065 durch Aufforstung und mehr Grünflächen in vollem Umfang gebunden und aus der Atmosphäre entfernt werden können.
Das Umweltministerium erarbeitet derzeit, welche Beiträge die verschiedenen Sektoren auf diesem Klimaschutzpfad zu leisten haben. Experten sind sich einig: Es wird erforderlich sein, dass der Energie- und der Industriesektor aus der Kohle aussteigen. Das Land müsse noch mehr Bioenergie einsetzen und zudem Treibhausgase aus der Luft entnehmen und speichern.
Wirtschaft drängt auf konkrete Maßnahmen und sauberen Strom
Über 500 Organisationen und Unternehmen haben den RE100 Thailand Club gegründet. Er engagiert sich für einen hundertprozentigen Einsatz von erneuerbaren Energien in der Industrie. Der Industriedachverband Federation of Thai Industries stellt darüber hinaus fest, dass ausländische Investoren in Thailand immer größeren Wert auf sauberen Strom legen.
Japanische Firmen bilden mit Abstand die größte Gruppe ausländischer Investoren. Sie fragen bereits bei Stromversorgern und Industrieparks nach erneuerbaren Energien, damit sie ihre Klimaziele erreichen. Auch das nationale Energieministerium hat erkannt, dass eine klimaorientierte Energieversorgung den Standort attraktiver macht.
Geringer Anteil der Exporte ist von CO2-Grenzausgleich betroffen
Wirtschaftsverbände warnen vor dem geplanten CO2-Grenzausgleichssystem der Europäischen Union (EU). Damit könnten zusätzliche Einfuhrabgaben auf Importe aus Thailand anfallen. Sie werden von den CO2-Emissionen abhängen, die während der Produktion verursacht wurden.
Das Ausgleichssystem tritt 2026 in Kraft und wird auf energieintensive Waren wie Eisen, Stahl, Zement, Düngemittel und Aluminium angewandt. Diese Branchenprodukte machten 2022 nur 0,8 Prozent der thailändischen Exporte in die EU aus. Auch bei den thailändischen Ausfuhren in andere Länder spielen energieintensive Produkte eine geringe Rolle.
CO2-Handelssysteme laufen an
Die staatliche Organisation Thailand Greenhouse Gas Management Organization (TGO) führte 2013 ein freiwilliges Programm zur CO2-Emissionsminderung (Thailand Voluntary Emission Reduction Program, T-VER) ein. Die TGO stellt Emissionszertifikate aus, die den internationalen Standards ISO 14064-2 und ISO 14064-3 genügen. Ihr Handelsvolumen belief sich 2022 auf 1,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente (2021: 0,3 Millionen). Die TGO-Zertifikate erzielten 2022 im Schnitt einen Preis von 3 US-Dollar je Tonne.
Die Federation of Thai Industries startete im September 2022 außerdem die Handelsplattform FTIX, die mit der TGO kooperiert. Elf Konzerne aus den Branchen Energie, Verkehr, Finanzen und Lebensmittel gründeten 2021 zudem einen Carbon Markets Club, der ein CO2-Handelssystem nach dem Vorbild der Europäischen Union etablieren möchte. Die Weltbank unterstützt zudem die Regulierungsbehörde Energy Regulatory Commission, damit Thailand die CO2-Bepreisung nach internationalen Standards ausführen kann.
Der Markt für freiwillige CO2-Zertifikate ist relativ neu. Seine Rahmenbedingungen sind noch im Wandel und daher bestehen regulatorische Risiken. Die Zahl der Marktakteure fällt daher gering aus. Umweltbewusste Konzerne, die sich Ziele für CO2-Neutralität oder Netto-Null-Emissions-Ziele gesetzt haben, sind wichtige Kunden. Der Kauf von freiwilligen Gutschriften ist jedoch nicht ihre erste Wahl. Sie bevorzugen eigene Anstrengungen, um ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Nettogewinne aus dem Verkauf von T-VER-Emissionsgutschriften, die bei der TGO registriert sind, können von der Körperschaftssteuer befreit werden. Die nationale Steuerbehörde hat am 10. April 2023 die Regeln und Kriterien für die Befreiung veröffentlicht. Eine Steuerbefreiung gilt für drei aufeinanderfolgende Steuerjahre.
Von Thomas Hundt
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Bangkok