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Special Thailand Konnektivität

Thailand setzt auf die Schiene

Eisenbahnverbindungen sind die einzige Chance, Thailands Transportinfrastruktur zu modernisieren. Doch der Weg von der Straße auf die Schiene ist nicht leicht.

Von Marcus Hernig | Bonn

Der Eastern Economic Corridor südlich von Bangkok bildet mit 26 Industrieparks das wirtschaftliche Herz Thailands. Mit dem Drei-Flughäfen-Projekt und dem Ausbau des Hafens Laem Chabang entstehen hier neue Transportinfrastrukturen. Sie können den Korridor für deutsche Unternehmen als Produktions- und Logistikstandort künftig interessanter machen.

Neue Fernzugverbindungen sind ebenfalls geplant: So sollen Hochgeschwindigkeitszüge China und Laos ab 2027 mit der Metropolregion Bangkok verbinden. Doch Thailands Regierung zögert, den wichtigen Eisenbahnbau allein Chinas Belt and Road Initiative zu überlassen.

Siemens Mobility baut seit vielen Jahren Schienensysteme in der Metropolregion Bangkok. Im Interview erläutert CEO Tomasz Mazur die Perspektiven für deutsche Unternehmen im Infrastrukturbau.

  • Neue Infrastruktur stärkt Thailands Wirtschaftsader

    Chinesische Unternehmen sind beim Infrastrukturbau in Thailands Eastern Economic Corridor (EEC) wesentlich beteiligt. Doch bei der Finanzierung möchte das Land unabhängig bleiben.

    Der Eastern Economic Corridor (EEC) in Thailand soll bis 2027 zu einem führenden Industriestandort Südostasiens werden. Er umfasst die drei Provinzen Chachoengsao, Chon Buri und Rayong, die schon den wichtigsten Wirtschaftskorridor des Landes bilden. Dazu ist der Ausbau von Transport- und digitaler Infrastruktur nötig. Chinesische Firmen werden die Digitalisierung des Korridors umsetzen und bauen zudem neue Hafenterminals. 

    Deutsche Unternehmen wie Mercedes-Benz und BMW sowie zahlreiche Zulieferer der Automobilindustrie wie Bosch, Brose oder Schaeffler produzieren bereits innerhalb des Korridors. Für die Industrieproduktion im EEC erwartet das Direktorium des Korridors 2023 ein Wachstum von 3,8 Prozent. Das ist mehr als doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt von nur 1,6 Prozent.

    Huawei ist maßgeblich an Digitalisierung beteiligt

    Der EEC verbindet die Hauptstadt Bangkok im Norden Thailands mit einer neuen Smart-City-Region um den Flughafen U-Tapao und den Industriehafen Map Ta Phut im Süden. Die hohe Dichte an 26 Industrieparks und sieben Zonen für Forschung und Entwicklung sollen unter anderem den Bau von Elektrofahrzeugen, Innovationen in Medizin- und Biotechnologie sowie die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, Big Data und die Flugzeugfertigung ermöglichen.

    Dafür wird ein leistungsfähiges und flächendeckendes 5G-Netz ebenso benötigt wie gut ausgebildete IT-Spezialisten. Das amerikanische Telekommunikationsunternehmen CISCO und der chinesische Huawei-Konzern lieferten die Netztechnologie. Im Jahr 2021 hat das EEC-Direktorium Huawei den Zuschlag erteilt, Trainingszentren für den Betrieb der digitalen Wirtschaft aufzubauen. Bereits 2021 wurden 6.000 Menschen geschult. Im Jahr 2024 sollen weitere 30.000 in die neuesten Huawei-Technologien eingearbeitet werden.

    Zugverbindung wird Bangkok mit neuer Airport-City vernetzen

    Bis 2027 sollen Hochgeschwindigkeitszüge Bangkoks Flughäfen Don Mueang und Suvarnabhumi mit der neuen rund 200 Kilometer südlich gelegenen Airport-City U-Tapao verbinden. Die Reisegeschwindigkeit der Züge wird 250 Kilometer pro Stunde betragen. Die Gesamtkosten der Bahnverbindung betragen rund 8 Milliarden US-Dollar (US$). Hauptinvestor ist der thailändische Mischkonzern Charoen Pokphand (CP), der rund 4,5 Milliarden US$ bereitstellt. Den Rest übernimmt der Staat in Form einer Public-private-Partnership (PPP). CP wird voraussichtlich chinesische Hochgeschwindigkeitszüge auf der Strecke einsetzen, da der Konzern eng mit China verflochten ist. Zudem sind chinesische Züge vergleichsweise günstig.

    Der neue Airport U-Tapao im Süden des EEC soll mit einer jährlichen Kapazität von 60 Millionen Passagieren der modernste und attraktivste Flughafen der Metropolregion Bangkok werden. Um den Flughafen herum entsteht eine neue Smart City. Sie wird von thailändischen Planern nach Vorbild der Aerotropolis von Zhengzhou in China entwickelt.

    Unweit des Flughafens liegt der Industriehafen Map Ta Phut. Ab 2026 soll dieser Hafen pro Jahr bis zu 31 Millionen Tonnen Güter umschlagen. Besonders wichtig ist der Import von flüssigem Erdgas (LNG), denn Gaslieferungen sind Grundlage der Energieversorgung im EEC. Jährlich sollen 11 Millionen Tonnen LNG angelandet werden.

    Thailands größter Hafen wird enger mit Schienennetz verknüpft

    Häfen spielen eine zentrale Rolle für die globale Anbindung des Wirtschaftskorridors. Laem Chabang ist Thailands größter Hafen und ein wichtiger Teil des EEC-Entwicklungskonzepts. Ein Konsortium der thailändischen Konzerne Gulf Energy Development, der Öl- und Gasgesellschaft PPT und des Staatsunternehmens China Harbour Engineering Company wird die Ausbauphase III des Hafens bis 2027 umsetzen: Zwei neue Containerterminals kommen hinzu. Mit Inbetriebnahme bis 2029 soll sich der Warenumschlag des Hafens von rund 8 Millionen auf 18 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU) verdoppeln.

    Der vergrößerte Hafen soll es unter anderem erleichtern, die Staaten des Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) mit Produkten aus dem EEC zu beliefern. Die Frachtkapazitäten Richtung Indien und Europa sollen außerdem stark erweitert werden. "Mit den neuen Terminals sind wir in der Lage, Containerschiffe mit einer Ladekapazität von bis zu 22.000 TEU abzufertigen", sagt Tienchai Makthiengtrong, Direktor der Serviceabteilung des Hafens.

    Die Fracht wird verstärkt intermodal über Zug und Straße transportiert. "Züge befördern aktuell nur 7 Prozent aller Güter weiter. Das neue Güterzugterminal, was in der Entwicklungsphase III entstehen soll, wird den Anteil auf 30 Prozent erhöhen", erläutert Tienchai Makthiengtrong die Zukunftspläne. Laem Chabang soll an die langfristig geplante Kunming-Singapur-Eisenbahnverbindung von Chinas Belt and Road Initiative (BRI) angeschlossen werden.

    Finanzierung läuft über Public-private-Partnerships

    Für solche Pläne benötigt der EEC Kapital. In den ersten vier Jahren zwischen 2018 und 2022 wurden rund 19 Milliarden US$ in den Aufbau der Infrastruktur investiert. "Wir setzen dabei auf die Privatindustrie", sagt Phetcharatana Nongnuth, Thailands ehemalige Botschafterin in Deutschland und nun Sonderberaterin für auswärtige Angelegenheiten des EEC.

    Private Investoren müssen 70 Prozent des Kapitals beisteuern. Daher werden Projekte des Korridors über das PPP-Modell finanziert. Die Privatwirtschaft investiert in Infrastruktur und Industrieparks, die öffentliche Hand stellt Flächen und gibt steuerliche Anreize. Phetcharatana Nongnuth betont: "Wir haben aus der Asienkrise 1997 gelernt. Thailand war von US-Banken abhängig und im Ausland extrem hoch verschuldet. Das darf sich mit China nicht wiederholen."

    Damit das PPP-Modell funktioniert, sind bis 2027 jährlich Investitionen von 11,5 Milliarden bis 14,5 Milliarden US$ notwendig. Die Investoren wählen ihre Partner: Das können chinesische Unternehmen genauso wie Anbieter anderer Länder sein. Kredite an den Staat sind tabu. Die Verantwortung für die Finanzierung liegt bei der Privatwirtschaft, ebenso wie das Erfolgsrisiko.

    Von Marcus Hernig | Bonn

  • Eisenbahnbau in Thailand stößt auf Probleme

    Thailand modernisiert aktuell sein Schienennetz. Chinesische Unternehmen sind vor allem in Hochgeschwindigkeitsstrecken eingebunden. Doch so manches passt nicht.

    Thailand erneuert und erweitert sein Eisenbahnnetz. Dieses besteht zurzeit aus vier nationalen Verbindungen, von denen drei Anschlüsse an die Nachbarländer Malaysia, Laos und Kambodscha haben. Der Fracht- und Personenverkehr soll bis 2028 verstärkt von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Aktuell bewegt sich der größte Teil des Warenverkehrs in Thailand auf der Straße. Das ist teuer: Transportkosten machen aktuell 12 bis 14 Prozent des Gesamtpreises der im Land hergestellten Güter aus.

    Neue Schienenverbindungen zwischen Südostasien und China würden Alternativen zum Transport per Lkw, Schiff und Flugzeug bieten. Sie eröffneten somit neue Chancen für Produktion und Warentransport. Für deutsche und internationale Unternehmen, die im Großraum Bangkok produzieren, könnten sich Transportkosten und -zeiten deutlich verringern.

    Doppelgleisiger Ausbau soll Strecken wirtschaftlicher machen

    Dringend notwendig sind die Erneuerung und der Ausbau des veralteten Schienentransportsystems: Aktuell bestehen noch fast 80 Prozent des thailändischen Schienennetzes aus einspurigen Verbindungen. Laut Informationen der Verwaltung von Thailands Wirtschaftscluster, dem Eastern Economic Corridor (EEC), müssen jedoch 78 Prozent des Schienennetzes bis 2027 doppelgleisig werden, um einen wirtschaftlichen Zugbetrieb parallel in beide Richtungen zu ermöglichen.

    Das gilt auch für die bestehende Eisenbahnstrecke bis zur Grenze nach Laos und weiter durch das Nachbarland in Richtung China. Laut Bericht der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua soll dennoch 2022 der Güterverkehr zwischen Thailand und China um rund 40 Prozent zugenommen haben. Bis zu 12 Güterzüge fuhren täglich in beide Richtungen über die thailändisch-laotische Grenze – zeitversetzt über die eingleisige Verbindung. 

    Thailands Züge fahren auf Gleisen mit 1.000 Millimeter Spurbreite. Internationaler Standard sind dagegen 1.435 Millimeter Spurbreite. Somit benötigen Züge, die die thailändisch-laotische Grenze überqueren, einen Fahrwerkstausch. Das verlangsamt den internationalen Transport von und nach China zusätzlich. Für einen reibungslosen Verkehr ist ein künftiger Umbau auf Standardspur daher wichtig.

    Hochgeschwindigkeit aus China ist teuer und der Nutzen fraglich

    Seit dem Jahr 2016 baut China an der Kunming-Singapur-Eisenbahn via Laos, Thailand und Malaysia, eines der großen Infrastrukturvorhaben seiner Belt and Road Initiative. Doch der Plan, Thailand zügig in die geplante transnationale Bahnstrecke durch Südostasien einzubinden, verzögert sich.

    Der Kern des Problems sind die Kosten der Hochgeschwindigkeitsstrecke, die Bangkoks Metropolregion mit der laotischen Grenze verbinden soll. Die geschätzten Kosten der gesamten Strecke belaufen sich derzeit auf mindestens 12,1 Milliarden US-Dollar (US$). Davon entfallen 3,5 Milliarden US$ auf den ersten Bauabschnitt zwischen Bangkok und Nakhon Ratchasima. Rund 8,6 Milliarden US$ soll der zweite Streckenabschnitt bis zur Grenze nach Laos kosten. Chinas Angebot von 2 Prozent Zinsen für die Baufinanzierung war Thailands Regierung schon zu Projektbeginn zu teuer.

    Hinzu kommt der fragliche wirtschaftliche Nutzen eines Großprojekts, das nur Personenverkehr zulässt. Reiner Personenverkehr ist weniger wirtschaftlich und benötigt bestenfalls Jahrzehnte zur Amortisation. Thailands Staatsbahn SRT (State Railway of Thailand) baut parallel die bereits existierende Bahnstrecke bis zur Grenze als doppelgleisige Standardspur mit 1.435 Millimeter Breite aus. Das ist attraktiv für den Gütertransport zwischen Thailand und China via Laos, auch ohne Hochgeschwindigkeit.

    Geplante Strecke soll von Thai-Unternehmen gebaut werden

    Thailands Regierung treibt den Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke aus politischen Gründen dennoch voran, möchte diesen aber nicht komplett chinesischen Auftragnehmern überlassen. Chinesische Unternehmen sind nach den jüngsten Planungen nur verantwortlich für das Design, das Eisenbahnsystem, die Bauüberwachung und die Ausbildung von Fachpersonal. Den Bau der Strecke selbst werden thailändische Unternehmen durchführen.

    Bis Ende 2026 soll der erste Abschnitt mit einer Länge von 253 Kilometern zwischen Bangkok und Nakhon Ratchasima fertiggestellt sein. Der Bau des zweiten Abschnitts bis zur Grenze nach Laos mit einer Länge von 356 Kilometern soll 2024 starten und 2028 fertiggestellt sein. Auf der Strecke werden chinesische Züge der Baureihe Fuxing CR 300 eingesetzt. Sie ermöglichen eine Reisegeschwindigkeit von 250 Kilometer pro Stunde.

    Große Teile der Strecke sind jedoch noch nicht im Bau. Auf dem ersten Streckenabschnitt befinden sich drei der vierzehn Sektionen noch in der Ausschreibung. Auf dem zweiten Streckenabschnitt sind bislang keine der dreizehn Einzelausschreibungen vergeben. Hier haben chinesische Auftragnehmer noch nicht die erwarteten Zuschläge erhalten.

    Drei-Flughafen-Projekt verzögert sich

    Auch das zweite Großprojekt, das auf chinesische Eisenbahntechnologie setzt, könnte sich verzögern: Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am 4. April 2023 Verzug beim Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke des thailändischen Eastern Economic Corridors (EEC) zwischen den drei Flughäfen Don Mueang, Suvarnabhumi und U-Tapao.

    Georg Wolff, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Eisenbahn- und Straßeninfrastruktur bei der Europäischen Handelskammer Thailand, vermutet zwei Gründe für die Verzögerung: „Chinesische Waggons sind besonders breit. Die geplanten Trassen der Flughafenverbindung liegen viel zu eng beieinander. Außerdem geht es den Grundstücksbesitzern darum, möglichst hohe Preise für den Landverkauf entlang der Strecke zu erzielen.“ 

    Nach Aussagen von SRT-Chef Nirut Maneephan müssen Entschädigungen für Enteignungen gezahlt und bürokratische Abstimmungsprozesse bewältigt werden. Außerdem sind Unstimmigkeiten über zu zahlende Kompensationen (wegen gestiegener Kosten) des Staates gegenüber der Betreibergesellschaft Asea Era One zu lösen. Offiziell hält die Regierung jedoch an der geplanten Fertigstellung bis 2027 fest.

    Von Marcus Hernig | Bonn

  • Siemens Mobility setzt auf Verkehrswende in Thailand

    Der Chef von Siemens Mobility in Thailand erklärt im Interview, wo und warum deutsche Technologieanbieter trotz starker Konkurrenz aus China gute Chancen haben.

    Zu Person und Unternehmen


    Tomasz Mazur, Siemens Dies ist ein eingebettetes Bild | © Siemens

    Tomasz Mazur ist geschäftsführender Direktor (CEO) von Siemens Mobility Thailand und seit 16 Jahren dort tätig. Zuvor war er in Shanghai mitverantwortlich für den Bau der Magnetschienenbahn (MAGLEV). Siemens Mobility Thailand liefert und wartet spurgeführte Transportsysteme in der Metropolregion Bangkok und landesweit. Das Unternehmen hat rund 1.100 Beschäftigte. 


    Herr Mazur, wo ist Siemens Mobility in Thailand aktiv?

    Wir haben drei schlüsselfertige Eisenbahnanlagen projektiert und geliefert. Die erste Hochbahn Thailands, den Skytrain in Bangkok, haben wir mitentwickelt. Dann waren wir am Bau der U-Bahn in Bangkok beteiligt. Schließlich haben wir die S-Bahn, den "Airport Link" zu Bangkoks internationalem Flughafen Suvarnabhumi, mitgebaut. In den letzten Jahren haben wir Aufträge zur Verlängerung dieser urbanen Linien und zu deren Instandhaltung erhalten.

    Wir machen auch die Energieversorgungsanlagen und die Signaltechnik für Thailands nationale Eisenbahnen und Flughäfen. Derzeit befinden wir uns in der Endphase der Lieferung von einer Versuchsanlage für einen "Automated People Mover" am Flughafen Suvarnabhumi. Das ist ein vollautomatisiertes, fahrerloses Zugsystem, das aus sechs Zweiwagenzügen besteht.

    Sie produzieren vor Ort und exportieren ihre Technologien dann auch?

    Nein, wir produzieren nicht in Thailand, wir montieren hier höchstens in Einzelfällen Systeme. Von Thailand aus projektieren und vertreiben wir Signal- und Bahnenergieversorgungsanlagen für weltweite Projekte. In Thailand selbst konzentrieren wir uns auf Metro- und S-Bahn-Projekte. Aktuell steht die Instandhaltung der gelieferten Eisenbahnsysteme im Auftrag der Betreiber im Mittelpunkt der Arbeit, nicht der Aufbau neuer Strecken.

    Beim Bau neuer Strecken haben chinesische oder japanische Anbieter oft die besseren Chancen. Woran liegt das?

    Der Preis ist häufig entscheidend: Die Märkte in Asien sind sehr preissensibel. Wer wie chinesische Anbieter günstige Komplettlösungen anbietet, erhält oft den Zuschlag.

    Japan und Südkorea sind ja auch nicht günstig: Welche Vorteile haben sie gegenüber Siemens abgesehen von der geografischen Nähe?

    Japaner und Südkoreaner punkten, wenn sie eine staatlich basierte Finanzierung mit anbieten. Die politische Zusammenarbeit mit der thailändischen Regierung spielt eine große Rolle. Neue Infrastrukturprojekte sollen Entwicklungs- und Produktionsstandorten koreanischer und japanischer Unternehmen in Thailand dienen.

    Deutschen Firmen wird oft vorgeworfen, dass sie keine Komplettpakete für asiatische Bedürfnisse anbieten. Stimmt das?

    Das stimmt nicht ganz. Siemens Mobility verfügt beispielsweise über die Kapazitäten, ein komplettes Eisenbahnnetz zu bauen, zu liefern und zu integrieren. In der Praxis werden viele Projekte jedoch in mehrere Aufträge und Subsysteme aufgeteilt, die getrennt ausgeschrieben und vergeben werden. Das ist eine Chance für Anbieter von Spezialtechnologien, die sich dann auf die separaten Ausschreibungen einzeln bewerben können.

    Warum gibt es einzelne Ausschreibungen für Projektteile, wenn doch Paketlösungen in Thailand erwünscht sind?

    Man muss unterscheiden zwischen der Vorliebe für Paketangebote ganzer Zugsysteme vor allem im Fernverkehrsbereich und differenzierteren Interessen im Nahverkehrsbereich. 

    Im Nahverkehrsbereich werden die Anforderungen der Kunden aus Thailand zunehmend spezifischer. Sie sind nun zunehmend in der Lage, bei Stadtbahnanlagen Einzellose zu vergeben. Die Entscheidung für einen Spezialanbieter hängt vom Kunden ab: Ausschlaggebend ist wie dieser die erhaltenen Angebote bewertet, wie er den möglichen Erfolg eines Geschäftsmodells sowie das Risiko eines Angebots einschätzt. 

    Wann haben deutsche Firmen denn da im Wettbewerb mit ostasiatischen Firmen überhaupt eine Chance?

    Deutsche Technologie hat nur eine Chance, wenn sie Qualität und Langlebigkeit als Vorteile bietet. Die Kunst liegt auch in der Kommunikation: Es gilt, nicht zu belehren, sondern genau zuzuhören und auf die Bedürfnisse der Kunden in Südostasien einzugehen. Flexibilität im Portfolio ist wichtig. Hinzu kommen Qualität und Liefertreue. Sie benötigen auch Flexibilität beim Vertragsmanagement und die Fähigkeit, den Kunden bis zum perfekten Lauf einer Anlage zu begleiten.

    Wie können Mittelständler dabei sein?

    Die Auslandshandelskammer (AHK) hat Mittelständlern angeboten, sich hier in Thailand vorzustellen. Sie konnten sich ein Bild machen und Möglichkeiten ausloten, ihre Produkte direkt anzubieten. Wenn diese Firmen bereits Siemenslieferanten sind, dann können sie automatisch bei unseren Projekten als Sublieferanten dabei sein. Für Spezialisten für Fahrzeugbauteile, Gleisbau und anderes lohnt es, sich mit ihrem Angebot hier in Bangkok bei Siemens vorzustellen. Da unser Standort ein globaler Hub ist, bestehen gute Chancen auf weitere Geschäfte weltweit.

    Welche Technologien bieten deutsche Mittelständler bereits erfolgreich in Thailands Eisenbahnbau an?

    Da gibt es viele Beispiele: Wabtec und Harting bieten Konfektionsteile und Stecker für die Züge. Knorr Bremse ist mit Bremssystemen und Diagnoseeinrichtungen dabei. Schalke liefert Arbeitslokomotiven. Vosloh ist beim Gleisbau dabei. Voith und Flender liefern Kupplungen. Finanzierungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie Audits des TÜV Rheinlands eröffnen deutschen Firmen zusätzlich Geschäftschancen.

    Sehen Sie für deutsche Firmen Chancen, bei den nationalen und grenzüberschreitenden Verbindungen in Thailand und Südostasien mitzubauen?

    Die Chancen sind gering, denn viele Projekte sind politisch: Dazu gehören grenzübergreifende Unternehmungen wie die viel zitierte Kunming-Laos-Bangkok-Singapur-Eisenbahnverbindung. Das ist ein typisches Großprojekt der chinesischen Belt and Road Initiative: Staatliche Unternehmen aus China arbeiten direkt mit den jeweiligen Regierungsbehörden in Südostasien zusammen.

    Wo sehen Sie denn die Zukunft der Mobilität in Thailand?

    Gerade in Thailand ist es schwierig, die Menschen von der Straße auf die Schiene zu bringen. Daher sind Management und Vernetzung der bestehenden Verkehrssysteme wichtig: Intermodalität, Fahrplanangleichungen und Anpassungen an den Kundenbedarf nach individueller Beförderung sind die großen Zukunftsthemen für Mobilität in Thailand. Die Herausforderung liegt in der Entwicklung nahtloser Intermodalität zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern.

    Von Marcus Hernig | Bonn

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