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Branche kompakt | Tschechische Republik | Maschinenbau

Branchenstruktur

Umsätze und Neuaufträge der tschechischen Maschinenbauer waren zuletzt gesunken. Neue Absatzmärkte werden daher gesucht. Einige Firmen investieren stärker im Ausland.

Von Gerit Schulze | Prag

Im tschechischen Maschinenbau sind nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel (MPO) rund 4.600 Unternehmen tätig. Dazu zählen aber auch Dienstleister, Werkstätten, Händler und Einzelunternehmer. Die Umsätze der Branche (NACE-Code 28) lagen 2022 bei 16,5 Milliarden Euro. Der Produktionswert betrug etwa 11 Milliarden Euro.

Produktion in den wichtigsten Maschinenbausparten der Tschechischen Republik in Millionen Euro, Anteil in Prozent ¹⁾

Sparte (NACE)

Jahr 2022 2)

Veränderung 2022 / 2021 3)

Anteil 2022

Maschinenbau insgesamt (28), davon10.95513,4100,0
Kälte- und lufttechnische Erzeugnisse (28.25)2.65612,024,2
Hebezeuge und Fördermittel (28.22)1.1749,610,7
Pumpen und Kompressoren (28.13)81215,67,4
Land- und forstwirtschaftliche Maschinen (28.30)73031,16,7
Bergwerks-, Bau- und Baustoffmaschinen (28.92)618-38,45,6
Armaturen (28.14)5952,85,4
Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung (28.41)50028,84,6
1 Wert der verkauften Produktion; 2 Umrechnung anhand des durchschnittlichen Wechselkurses 2022: 1 Euro = 24,565 Tschechische Kronen; 3 Veränderung auf Basis der Landeswährung Kč.Quelle: Tschechisches Statistikamt 2024; Tschechische Nationalbank 2024; Berechnungen von Germany Trade & Invest

Aktuell entwickelt sich die Branche schwächer als das verarbeitende Gewerbe insgesamt. Der Produktionswert sank 2023 real um 1,4 Prozent, während andere Industriesektoren zulegten. Dieser Negativtrend verschärfte sich in den ersten vier Monaten 2024, als die Maschinenproduktion im Vorjahresvergleich um 12 Prozent zurückging. 

Auch die Aussichten sind derzeit nicht rosig: Das Volumen der Neuaufträge schrumpfte 2023 um 3 Prozent; von Januar bis April 2024 nochmals um 8 Prozent.

Anlageinvestitionen entwickeln sich schwach

Neben der schwachen Auslandsnachfrage sind auch die Wachstumsimpulse aus dem Inland gering. Zwar wird Tschechiens Wirtschaft 2024 laut Regierungsprognose um 1,4 Prozent wachsen. Doch der Aufschwung speist sich vor allem aus dem steigenden Privatkonsum. Die für den Maschinenbau wichtigeren Bruttoanlageinvestitionen sollen real nur um 2,2 Prozent zunehmen und damit langsamer als in den beiden Vorjahren. Für 2025 erwartet das Finanzministerium ein Investitionsplus von 2,4 Prozent.

Die Kapazitäten im verarbeitenden Gewerbe Tschechiens waren im April 2024 zu 82,6 Prozent ausgelastet und damit etwas geringer als im langjährigen Durchschnitt. Starke Impulse für die Neuanschaffung von Produktionsausrüstungen fehlen deshalb. Das schlägt sich auch im Stimmungsbild der Industrie nieder, das monatlich vom Statistikamt ČSÚ abgefragt wird. Demnach wurde die Nachfrage nach tschechischen Industrieprodukten im Mai 2024 so negativ wahrgenommen wie zuletzt im Coronajahr 2020.

Impulse für Werkzeugmaschinen

Positive Impulse sieht der Branchenverband SST durch die Nachfrage der Rüstungsindustrie. Davon profitieren besonders Hersteller von Werkzeug- und Umformmaschinen. Nach Einschätzungen von Verbandschef Oldřich Paclík werden die USA als Absatzmarkt immer wichtiger, was mit der Reindustrialisierung des Landes zusammenhängt. Die tschechischen Maschinenexporte in die USA stiegen zwischen 2019 und 2023 um über 50 Prozent.

Der zunehmende Protektionismus in Nordamerika und die deutlich günstigeren Energiekosten dort seien allerdings auch Herausforderungen für tschechische Maschinenbauer. Einige verlagern daher ihre Produktion dorthin.

Hoher Überschuss beim Maschinenhandel

Tschechien hat 2023 Maschinenbauprodukte (SITC-Codes 71 bis 74) für 24,7 Milliarden US-Dollar importiert. Deutschland ist der wichtigste Lieferant mit einem Anteil von 31 Prozent. Dahinter folgen China und Polen mit je 8 Prozent, Italien (7 Prozent) sowie die USA und die Slowakei mit je 5 Prozent.

Das Exportvolumen lag 2023 bei 30,3 Milliarden US$. Auch hier ist Deutschland der wichtigste Abnehmer mit einem Anteil von 34 Prozent vor den USA und Frankreich (jeweils 6 Prozent), Italien und der Slowakei (je 5 Prozent).

Viele internationale Hersteller produzieren in Tschechien

Zur Spitzengruppe der tschechischen Maschinenbauer gehören Holdings, die bei der Privatisierung aus dem Škoda-Kombinat ausgegliedert wurden: der Turbinenproduzent Doosan Škoda Power, der AKW-Ausrüster Škoda JS und der Energieanlagenbauer Škoda Praha. Daneben haben ausländische Unternehmen wie Siemens (Dampfturbinen, Generatoren, Motoren), Alstom (Kraftwerksausrüstungen) oder Daikin und Denso (Heiz- und Klimatechnik) Produktionsstätten im Land. 

Weitere bekannte Unternehmen mit Niederlassungen in Tschechien sind ABB, Honeywell, Eaton, Edwards, Bosch Rexroth, Mazak, Caterpillar und Ingersoll Rand. Neben dem Großraum Prag sind Südmähren rund um Brno sowie Plzeň, České Budějovice, Ústí nad Labem und Liberec regionale Schwerpunkte des Maschinenbaus.

Wichtige Maschinenbauer in Tschechien Umsatz in Millionen Euro ¹⁾

Unternehmen

Sparte

Umsatz 2022

Daikin Industries Czech Republic 3)Klimaanlagen und Wärmepumpen

781

Škoda Transportation (Teil der Škoda Group) 2)Schienenfahrzeuge, Busse, Antriebe, Motoren

747

Doosan Bobcat EMEABau- und Landwirtschaftsmaschinen

559

AŽD Praha 4)Signal-, Telekommunikations-, Steuerungs- und Kommunikationstechnik für Verkehrsinfrastruktur

458

Denso Manufacturing Czech 3)Klimaanlagen, Heizungseinheiten, Kondensatoren

394

Bonatrans Group 2)Stahlräder für Schienenfahrzeuge

383

Doosan Škoda PowerTurbinen, Antriebe, Energiespeicher, Kondensatoren

162

ŽďasSysteme für Automatisierung, Robotik, Schmiedeanlagen, hydraulische und Pressmaschinen, Werkzeuge

153

Škoda JSKomponenten und Anlagen für Kernkraftwerke

119

John Crane 5)Gleitringdichtungen, Dichtungsunterstützungs- und Filtersysteme

117

1 Umgerechnet zum jeweiligen durchschnittlichen Jahreswechselkurs; 2 Gesamtgruppe mit den Tochtergesellschaften; 3 Geschäftsjahr April 2022 bis März 2023; 4 Geschäftsjahr Oktober 2022 bis September 2023; 5 Geschäftsjahr August 2022 bis Juli 2023.Quelle: Handelsregister 2024 - Jahresberichte der einzelnen Firmen; Recherchen Germany Trade & Invest; CzechInvest - Zulieferdatenbank 2024; Ranking "Czech Top 100" 2023; Fachpresse

Der schwedisch-schweizerische Konzern ABB betreibt in Ostrava eines von weltweit sechs Reparatur- und Wiederaufbereitungszentren. Dort wurden seit 2007 schon rund 4.000 Industrieroboter repariert und modernisiert. 

Große Investitionen plant der koreanische Konzern Doosan an seinem tschechischen Standort Plzeň. Dort soll die Produktion von luftgekühlten Generatoren mit einer Leistung bis 300 Megawatt angesiedelt werden. Diese könnten zum Beispiel bei Miniatomkraftwerken (Small Modular Reactor) zum Einsatz kommen, die weltweit auf dem Vormarsch sind. Außerdem entsteht bei Doosan Škoda Power ein Entwicklungszentrum für Gas- und Wasserstoffturbinen. Die Koreaner wollen stärker mit tschechischen Zulieferern zusammenarbeiten. Dafür wurden Vereinbarungen mit Vítkovice, ZAT, MICO und Škoda JS getroffen.

Ebenfalls in koreanischen Händen (Doosan) ist inzwischen der Baumaschinenhersteller Bobcat, der in Dobříš bei Prag seine Zentrale für die gesamte EMEA-Region (Europa, Nahost und Afrika) hat. An dem Standort produziert das Unternehmen jährlich rund 25.000 Minibagger, Kompakt-, Raupen- und knickgelengte Lader. Rund 99 Prozent gehen in den Export. Das Unternehmen bezieht Komponenten von rund 150 lokalen Zulieferern. Außerdem betreibt Bobcat in Dobříš eine Entwicklungsabteilung und arbeitet mit der Prager Hochschule ČVUT zusammen.

Zukäufe im Ausland stärken Wettbewerbsposition

Da sich die Standortbedingungen in Tschechien zuletzt wegen der hohen Energiepreise und fehlender Fachkräfte verschlechterten, verstärken einige Maschinenbauer ihre Auslandsaktivitäten. Die Škoda Group aus Plzeň, die auf Antriebstechnik und Schienenfahrzeuge spezialisiert ist, hat die belgische Technologiefirma The Signalling Company gekauft. Die entwickelt Softwarelösungen für Sicherheitssysteme und autonomes Fahren im Eisenbahnverkehr. Außerdem übernahm Škoda Group 2024 den französischen Zulieferer Cegelec. 

Der Landmaschinenhersteller Agrostroj Pelhřimov übernahm schon 2021 die niedersächsische Wilhelm Stoll Maschinenfabrik. Im Frühjahr 2024 kündigte das Unternehmen an, für rund 100 Millionen Euro eine Fabrik in den USA zu errichten.

Bereits 2023 hatte der Produzent von Industriegetrieben, Wikov, zwei kanadische Maschinenbauer gekauft: PREP und Wessex Precision Machining. Damit wollen die Tschechen nach eigener Aussage näher an den nordamerikanischen Kunden sein und den Service verbessern.

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