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Neue Hülle für Omas Haus
Ein neues Förderprogramm soll der energetischen Gebäudesanierung in Tschechien Auftrieb geben. Ab September 2023 können Hausbesitzer Anträge einreichen.
30.08.2023
Von Gerit Schulze | Prag
Für die schwächelnde Bauwirtschaft in Tschechien zeichnet sich ein wichtiger Impulsgeber ab. Die Regierung hat ein neues Programm zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden und von regelmäßig bewohnten Wochenendhäusern aufgelegt: Oprav dům po babičce (deutsch etwa: "Renoviere Omas Haus").
Dafür steht ein Budget von 40 Milliarden Kronen (Kč, 1,67 Milliarden Euro, Wechselkurs am 21. August 2023: 1 Euro = 24,02 Kč) bereit. Das Geld kommt aus dem Modernisierungsfonds der EU, der zehn mittel- und osteuropäischen Ländern dabei hilft, bis 2030 klimafreundlicher zu werden. Verantwortlich für die Umsetzung sind das tschechische Umweltministerium und der Staatliche Umweltfonds SFŽP. Die Behörde rechnet mit mindestens 40.000 Anträgen bis 2028. Die sanierten Häuser müssen nach dem Umbau mindestens die Energieeffizenzklasse B erreichen. Auch Neubauten, die einen maroden Altbau ersetzen, sind förderfähig.
Förderquote beträgt bis zu zwei Drittel
Für einen Erfolg könnte die ungewöhnlich hohe Förderquote sorgen. Je Antrag sind bis zu 1 Million Kronen (rund 42.000 Euro) Förderung möglich. Hinzu kommen Boni für Kinder sowie für Zusatzmaßnahmen wie den Einbau von Ladestationen, Solarpanelen oder Wärmepumpen. In den strukturschwachen Regionen Karlovy Vary, Ústí nad Labem und Mährisch-Schlesien sowie in vom Staat besonders geförderten Gemeinden gibt es eine um 10 Prozent erhöhte Förderung.
Familien mit mehreren Kindern könnten auf diese Weise bis zu zwei Drittel der Sanierungskosten erstattet bekommen, hat das Umweltministerium berechnet. Für den übrigen Finanzierungsbedarf stellt die Regierung vergünstigte Kredite in Aussicht. Sie hat dafür bereits ein Memorandum mit den Bausparkassen des Landes unterzeichnet. Umweltminister Petr Hladík geht davon aus, dass die Zinssätze bei 3 bis 4 Prozent liegen werden – die derzeit üblichen Zinsen für Hypothekenkredite betragen dagegen 6 bis 7 Prozent. Die Bausparkassen sollen die Hauseigentümer auch dabei beraten, die Förderanträge richtig zu stellen.
Geld fließt vor Beginn der Bauarbeiten
Im Unterschied zum bereits bestehenden Energieeffizienzprogramm Nova zelená úsporam bekommen die Antragsteller ihr Geld dieses Mal schon vor Beginn der Bauarbeiten. Damit müssen sie nicht mit eigenen Ersparnissen in Vorleistung gehen.
Einige Fachleute erwarten angesichts der großzügigen Förderung zwar einen Preisanstieg für wichtige Baumaterialien wie Polystyrol-Dämmstoffe, Wärmepumpen, Thermofenster und Türen. Die Regierung verweist allerdings darauf, dass die Nachfrage derzeit durch die Flaute in der Bauwirtschaft eher sinke und damit auch der Preisdruck nachlasse.
Gutes Geschäft für Energieberater
Ein Bremsfaktor könnte allerdings die notwendige Erstellung eines Energieausweises und der Projektdokumentation sein. Diese Kosten von umgerechnet mehreren Tausend Euro müssen die Hauseigentümer zunächst selbst leisten, bevor sie die Förderanträge einreichen können. Für qualifizierte Energieberater und für Ingenieurbüros bedeutet diese Vorgabe aber neue Aufträge.
Förderberechtigt:
Voraussetzungen:
Maximale Fördersumme:
Zusätzliche Boni:
Start:
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Einige Anbieter von Baustoffen und Baumaterialien auf dem tschechischen Markt haben bereits begonnen, mit dem neuen Förderprogramm Oprav dům po babičce zu werben und bieten maßgeschneiderte Produkte an. Dazu gehören der Fensterprofilhersteller Vekra und der Spezialist für Fassadendämmung, Baumit.
Nach Angaben des Umweltministeriums wird der Staatsfonds SFŽP akribisch die Einhaltung der Förderbedingungen überprüfen. Dazu gehören vor allem ein Vermietungs- und Veräußerungsverbot für die sanierten Immobilien.
Bauwirtschaft braucht dringend Impulse
Für Tschechiens Bauwirtschaft könnte das Programm einen dringend nötigen Konjunkturschub bringen. Die Branche schrumpft seit etwa einem Jahr. Im 2. Quartal 2023 lagen die Bauleistungen um fast 4 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Kapazitäten der Baufirmen sind zwar immer noch zu 92 Prozent ausgelastet, hat die Quartalsumfrage von CEEC Research im Juni 2023 ergeben. Doch für 2024 erwartet nur die Hälfte der befragten Unternehmen Wachstum. Besonders negativ sind die Erwartungen im Hochbau.
Hunderttausende Häuser nicht gedämmt
Laut der Vereinigung Zateplujeme Česko ("Wir dämmen Tschechien") gibt es in Tschechien fast 1 Million Einfamilienhäuser, die vor 1980 errichtet wurden. Davon ist nur ein Viertel umfassend gedämmt. Jedes vierte Haus hat überhaupt keine Wärmeisolierung. Insgesamt stehen im Land laut der letzten Volkszählung von 2021 über 1,7 Millionen Eigenheime.
Maßnahme | Maximale Förderung in Kč |
---|---|
Umfassende Wärmedämmung der Gebäudehülle | 1.300 bis 4.900 je Quadratmeter |
Dachbegrünung | 800 bis 1.000 je Quadratmeter |
Biomassekessel mit Pufferspeicher oder | 80.000 |
Biomassekessel mit automatischer Brennstoffzufuhr und ganzjährigem Pelletspeicher | 100.000 |
Luft-Luft-Wärmepumpe nur für Heizzwecke | 60.000 |
Luft-Luft-Wärmepumpe für Heizung und Warmwassererzeugung | 80.000 |
Luft-Luft-Wärmepumpe oder | 140.000 |
Solarthermie zur Warmwassererzeugung | 45.000 |
Fotovoltaikanlage zur Stromerzeugung | 200.000 |
kontrollierte Belüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung | 105.000 |
System zur Wärmerückgewinnung aus Abwasser | 50.000 |
Regenwasserspeicher zur Gartenbewässerung und/oder Toilettenspülung | 27.000 bis 105.000 |
Ladepunkt für Elektroautos | 15.000 |