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Branchen | Tschechische Republik | Elektronische Bauelemente

Photonik aus Tschechien kommt weltweit zum Einsatz

Dank langer Tradition und einer starken Forschungslandschaft ist die tschechische Photonikbranche international sehr erfolgreich. Wichtiges Zugpferd ist die Fahrzeugbranche.

Von Gerit Schulze | Prag

Wenn die Fassade am höchsten Wohngebäude der Welt verschmutzt ist, kommt in New York Photonik aus Tschechien zum Einsatz. Das Unternehmen Narran aus Brno entwickelte ein Lasergerät, das die Metallpanele des Central Park Tower mit speziellen Lichtimpulsen reinigt.

Tschechische Photonik ist weltweit gefragt. Das Land profitiert von einer langen Tradition der optischen Industrie, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. "Zu unseren Stärken gehören die Forschungs- und Entwicklungskompetenz sowie die Verbindung zwischen Unternehmen und den wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen", erklärt Petr Přikryl, Manager des Branchenverbands Czech Optical Cluster.

Laut einer Marktstudie der europäischen Technologieplattform Photonics21 hat der tschechische Photonikmarkt ein Volumen von rund 1,6 Milliarden Euro. Der Einfuhrwert für photonische Produkte erreichte 2023 etwa 1,4 Milliarden Euro. Die Exporte betrugen über 1 Milliarde Euro, vor allem dank medizinischer Diagnostikapparate.

Tschechischer Import ausgewählter Photonikproduktein Millionen Euro, Veränderung in Prozent
Produkt (SITC-Code)

Einfuhr 2023

Veränderung 2023/2022

Einfuhr aus Deutschland 2023

Lichtempfindliche Halbleiterbauelemente (776.37)

493,8

-28,9

110,9

Andere Instrumente, Apparate und Geräte der Elektrodiagnose (872.29)

400,8

22,4

146,9

Röntgenapparate und Geräte (774.2)

183,3

22,8

55,7

Optische Fasern und Bündel und Kabel aus optischen Fasern (884.19)

73,3

-7,9

24,1

Laser-, Licht- oder andere Photonenstrahlwerkzeuge (731.11)

70,2

4,7

37,1

Andere Instrumente, Apparate und Geräte, die optische Strahlen verwenden (874.45)

52,7

0,1

19,8

Kabel aus optischen Fasern (773.18)

38,5

-38,7

8,6

Laser, ausgenommen Laserdioden (871.92)

30,9

23,8

16,0

Instrumente, Apparate und Geräte für die Geodäsie, Meteorologie oder Geophysik; Entfernungsmesser (874.13)

26,8

-5,8

7,4

Spektrometer, Spektrofotometer und Spektrografen (874.43)

26,3

6,0

7,5

Quelle: Eurostat 2024

Mittelfristig wird der Importbedarf steigen, unter anderem wegen der Halbleiterindustrie. Hier will das Land eine führende Rolle in Europa spielen. Schon jetzt produzieren wichtige Zulieferer für die Mikrochipfertigung in Tschechien. Der US-Konzern Onsemi plant bis 2027 eine neue Produktionslinie für Siliziumkarbid-Chips, die vor allem in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen.

Automobilindustrie ist der wichtigste Abnehmer

Die Automobilindustrie ist der wichtigste Abnehmer für Photonikprodukte. Pro Jahr produziert Tschechien bis zu 1,4 Millionen Pkw, was für großen Bedarf an Lichttechnik sorgt. Führende Hersteller sind PO Lighting Czech und Hella Autotechnik Nova.

Doch die Branche ist breit aufgestellt und liefert über die Automobilindustrie hinaus. Im Czech Optical Cluster sind 40 Unternehmen und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen, die über 30.000 Beschäftigte zählen. Sie produzieren optische Geräte für Industrieanwendungen und Privatverbraucher, für militärische Zwecke, außerdem Lichttechnik, Lasertechnologien und Mikroskope.

Steigende Nachfrage im Gesundheitssektor

Ein wachsender Absatzmarkt ist der Gesundheitssektor. Das betrifft in erster Linie optoelektronische Komponenten von Diagnosegeräten sowie die Oberflächenbehandlung oder Implantatherstellung, bei der Lasertechnik zum Einsatz kommt.

Der tschechische Markt für medizintechnische Geräte erreicht 2024 laut Statista Market Insights einen Umsatz von 1,7 Milliarden Euro. Bis 2029 soll das Volumen jährlich um 5 Prozent wachsen. Die größten Umsätze entfallen auf Geräte zur Behandlung von Herzkrankheiten, auf bildgebende Diagnostikapparate und auf Orthopädiegeräte.

Eine wichtige Rolle spielt die Ophtalmologie. Schon vor 60 Jahren fand in Prag die erste Augenlaseroperation statt. Seitdem hat sich der Markt gut entwickelt. Das günstige Preis-Leistungs-Verhältnis lockt viele Medizintouristen aus dem Ausland an. Die Kliniken setzen dabei auf modernste Technik.

Weltmarktführer für Elektronenmikroskope

Eine Sonderposition hat Tschechien bei Elektronenmikroskopen. Die südmährische Großstadt Brno gilt als globales Zentrum für diese Apparate. Dort läuft bei Thermo Fisher Scientific, Tescan und Delong Instruments ein Drittel der Weltproduktion vom Band.

Die Hersteller profitieren von lokalen Zulieferern wie Crytur. Das nordböhmische Unternehmen aus Turnov produziert synthetische Kristalle und Szintillationsdetektoren, einkristalline Lösungen für Laserkomponenten und Inspektionsgeräte für die Herstellung von Mikrochips. Derzeit plant Crytur eine Werkserweiterung für optomechanische Präzisionskomponenten und optoelektronische Baugruppen.

Auch tschechische Start-ups sind in diesem Bereich aktiv. NenoVision aus Brno stellt Rasterkraftmikroskope und Zubehörteile für die Mikroskopie her. Im Gründerzentrum ESA-BIC in Prag entwickelt AdvaScope Teilchendetektionssysteme für Elektronenmikroskope.

Neue Lasertechnologien aus Mittelböhmen

Ein Hub für Lasertechnologien ist Dolní Břežany südlich von Prag. Dort betreibt die Tschechische Akademie der Wissenschaften das Forschungszentrum HiLASE, an dem leistungsstarke Lasersysteme für industrielle und wissenschaftliche Anwendungen entwickelt werden.

Das Zentrum hat bereits Weltrekorde bei der Leistung von Hochenergielasern und bei der Produktionsgeschwindigkeit von laserinduzierten Nanostrukturen auf Edelstahloberflächen aufgestellt. Die in Dolní Břežany entwickelten Laser kommen zum Beispiel beim Laserschweißen oder beim 3D-Druck zum Einsatz.

Gleich neben HiLASE siedelt mit ELI Beamlines eine führende Forschungseinrichtung für Hochleistungslaser. Sie ist Teil des europäischen Projekts Extreme Light Infrastructure (ELI). Dort werden die intensivsten Laser der Welt getestet und weiterentwickelt. Sie sollen bei der Entwicklung neuer Materialien, bei Medizintechnik, Weltraumtechnik und Chemieprodukten zum Einsatz kommen. 

Tschechische Forschungsinstitute mit Schwerpunkt Photonik

Fachkräftemangel nimmt zu

Trotz zahlreicher Forschungsinstitute ist der Bedarf an technisch gut ausgebildetem Personal in der Industrie höher als die Nachfrage nach solchen Studiengängen bei jungen Menschen, beklagt Petr Přikryl vom Czech Optical Cluster. Nachwuchs wird auch deshalb gebraucht, weil Tschechiens Regierung die Photonikbranche als eine Schlüsseltechnologie für die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Landes sieht. Das schlägt sich in der "Nationalen Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung" nieder.

Photonik soll künftig verstärkt in den Bereichen Energie, Metallurgie, Chemie, Maschinenbau und Mechatronik eingesetzt werden. Anwendungsgebiete in der Industrie sind unter anderem Laserschneiden und Materialbearbeitung sowie Photovoltaikzellen mit höherem Wirkungsgrad. Im Verkehrssektor könnten moderne Lichttechnik und Detektoren den Verkehrsstrom steuern. Ebenso spielt Photonik beim Thema Smart City eine wichtige Rolle: Hier stehen Themen wie intelligente Netze / SmartGrids, Kommunikation und Beleuchtung im Fokus.

Projekte im Bereich Photonik fördert Tschechiens Technologieagentur TA ČR. Die Mittel fließen unter anderem an das Kompetenzzentrum "Centre of Advanced Electron and Photonic Optics", das wichtige Akteure für die Entwicklung von Photonen- und Quantentechnologien vereint. Im Zeitraum 2023 bis 2028 stellt die TA ČR diesem Konsortium knapp 30 Millionen Euro Fördermittel für Forschungszwecke bereit.

Wichtige Branchenunternehmen in der Tschechischen RepublikUmsatz in Millionen Euro

Unternehmen, Standort

Sparte

Umsatz 2022 1)

Thermo Fisher Scientific Brno, BrnoProduktion und Entwicklung von Elektronenmikroskopen und Spektrometern802,6
PO Lighting Czech (Varroc Lighting Systems bis 2022), Nový Jičín 2)Beleuchtung für die Kfz-Industrie503,3
Hella Autotechnik Nova, Mohelnice, Ostrava, LošticeBeleuchtung und Elektronik für die Kfz-Industrie327,5
Meopta, Přerov (bis April 2024 Meopta - optika)Optische und optomechanische Produkte, Sportoptik, militärische Optiksysteme205,1
Tescan Group, BrnoElektronenmikroskope120,6
Crytur, TurnovOptoelektronik, synthetische Kristalle für Elektronenmikroskope, Laser, Kristalldetektoren, Präzisionsoptik26,0
Delong Instruments, BrnoElektronenmikroskope13,9
Docter Optics, Česká LípaOptische Komponenten, Linsen aus Glas und Polymer13,8
SQS Vláknová optika, Nová PakaFaseroptische Arrays, Laser-Transportkabel, LED-Lichtmodule, optische Splitter11,3
EVPÚ Defence, Uherské HradištěOptische Systeme, Thermokameras, Militärtechnik9,8
Narran, BrnoLasertechnologien9,7
1 Umgerechnet zum Wechselkurs der Tschechischen Nationalbank 2022: 1 Euro = 24,565 Tschechische Kronen; 2 Angaben für Geschäftsjahr 1.4.2021 bis 31.3.2022; umgerechnet zum Wechselkurs der Tschechischen Nationalbank: 1 Euro = 25,842 Tschechische Kronen.Quelle: Handelsregister; Czech Optical Cluster; Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

Kontaktadressen
BezeichnungAnmerkungen
Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer (AHK Tschechien)Anlaufstelle für deutsche Unternehmen
Ministerium für Industrie und HandelZuständig für die Industrieentwicklung in Tschechien
Czech Optical ClusterBranchenverband mit derzeit 43 Mitgliedern

ELI Beamlines

Internationales Forschungszentrum für Lasertechnologien

Optica Lasers Conference und Laser Applications ConferenceKonferenz für Festkörperlaser und Laseranwendungen in Prag, 19. bis 23. Oktober 2025
SPIE Optics + Optoelectronics

Konferenz für Laser- und Photoniktechnologien in Prag, 7. bis 10. April 2025

AMPERInternationale Messe für Elektrotechnik und Elektronik in Brno, 18. bis 20. März 2025

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