Im Infrastrukturbereich stehen viele Projekte an. Auch hier wird einiges von internationalen Gebern gefördert, dem Staat fehlt das Geld.
Je größer die Projekte im Infrastrukturbereich, desto wahrscheinlicher sind Verzögerungen. Vor allem, wenn die Finanzierung durch den Staat oder öffentlich-private Partnerschaften angedacht ist, wie beim Tiefwasserhafen Enfidha.
Arbeiten an S-Bahnlinie D gehen voran
Im März 2023 wurde ein erster, etwa 9 Kilometer langer Abschnitt der Linie E (insgesamt etwa 13,4 Kilometer) des réseau ferroviaire rapide (RFR) eröffnet. Am Ende soll die Schnellbahn aus fünf Linien mit einer Länge von 85 Kilometern bestehen. Täglich könnten rund 600.000 Menschen befördert werden. Die Arbeiten an Linie D sind bereits weit fortgeschritten und sollen im September 2024 abgeschlossen sein. Diese Strecke war seit Jahren aufgrund von Streitigkeiten mit der Stadtverwaltung von Bardo blockiert. Am 9. Februar 2024 hob aber das Verwaltungsgericht den Beschluss des Gemeinderats von Bardo über die Aussetzung der Arbeiten im Bezirk Bardo auf.
Nach Fertigstellung der Linie D soll es mit den Linien C (etwa 19,5 Kilometer) und F (10,5 Kilometer) weitergehen. Die Europäischen Investitionsbank, die Agence Française de Développement und die KfW Entwicklungsbank beteiligen sich an der Finanzierung.
Bessere Anbindung an Algerien durch Autobahn
Im Straßenbau ist das Vorhaben zur Anbindung von Tunis an Jelma in der Region Sidi Bouzid in der Umsetzung und soll in der ersten Hälfte des Jahres 2026 fertiggestellt werden. Weitere Projekte in den nächsten Jahren sind beispielsweise die Autobahn zwischen Bousalem in der Region Jendouba zur algerischen Grenze, die Verlängerung der Autobahn in Richtung der Stadt Kef, die Autobahn Jelma/Kasserine und Jelma/Sidi Bouzid/Gafsa.
Die 80 Kilometer der Autobahn zwischen Bousalem und Algerien sollen in der Zukunft auch Teil der Transmaghreb-Autobahn werden. Dem Vernehmen nach hatte ein chinesisches Unternehmen Interesse an der Durchführung. Laut der tunesischen Bauministerin Sarra Zaâfrani Zenzri wurde entschieden, das Projekt nicht im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft durchzuführen.
Am Ende soll eine 3.500 Kilometer lange Autobahn Mauretanien, die Westsahara, Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen verbinden. Das Ziel der Autobahn ist, die Mobilität in Nordafrika zu erhöhen, und sie mit anderen transafrikanischen Routen zu verbinden, die nach Westafrika führen. Allerdings ist eine Umsetzung derzeit wegen des Konflikts um die Westsahara und der instabilen Sicherheitslage in Libyen unwahrscheinlich.
Bauträger für 180 Kilometer lange Autobahn gesucht
Nach Angaben des Direktors für Autobahnprojekte bei der Generaldirektion für Brücken und Straßen wird im 2. Quartal 2024 eine internationale Ausschreibung zur Auswahl von Bauträgern für das Vorhaben "Tunesischer Korridor für wirtschaftliche Entwicklung" stattfinden. Die Arbeiten sollen im Jahr 2025 beginnen und drei Jahre andauern. Im Rahmen des Projekts soll die Nationalstraße RN13 vierspurig ausgebaut werden und die Gouvernorate Sfax, Kairouan, Sidi Bouzid und Kasserine besser verbinden. Die Weltbank und die Europäische Investitionsbank sollen das Projekt kofinanzieren.
Bald könnten auch die Arbeiten am Ausbau der Nationalstraße RN2 mit Finanzierung der Afrikanischen Entwicklungsbank und der Bau der Umgehungsstraßen um Zarzis und Korba mit Finanzierung der Europäischen Investitionsbank starten.
Die Verbreiterung der südlichen Hauptzubringerstraße nach Tunis geht langsamer voran als versprochen. Als mögliches neues Abschlussdatum wird Ende 2024 beziehungsweise Anfang 2025 genannt. Ob dies eingehalten wird, ist fraglich.
Erweiterung des Flughafens in Tunis geplant
Durch den Bau eines neuen Terminals am Flughafen Tunis-Carthage sollen hier jährlich 8 Millionen Fluggäste mehr ankommen können. Insgesamt soll der Flughafen dann eine Kapazität von 13 Millionen Personen erreichen. Die Pläne zur Erweiterung des Flughafens wurden von der Regierung Anfang Februar genehmigt. Auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr soll verbessert werden.
Chinesisches Unternehmen erhält Zuschlag für Bizerte-Brücke
Neuigkeiten gab es bei der seit Jahren geplanten neuen Brücke über den See Bizerte. Am 26. März 2023 haben das Ministerium für Ausrüstung und Wohnungsbau und das chinesische Unternehmen Sichuan Road & Bridge den Vertrag für die Planung und den Bau der Haupttranche unterzeichnet. Der Bau könnte nun im April 2024 beginnen, die Bauzeit wird auf 38 Monate geschätzt.
Die neue Brücke soll die bewegliche Brücke aus dem Jahr 1980 ablösen und mit den Straßenanschlüssen nach Norden und Süden für Entlastung sorgen. Die Europäische Investitionsbank und die Afrikanische Entwicklungsbank beteiligen sich an der Finanzierung des Projekts.
Windpark in Sidi Daoued wird erneuert
Ende 2022 hat die KfW Entwicklungsbank mit dem staatlichen Stromversorger STEG ein Projekt zum Austausch eines Teils der Windkraftanlagen im Windpark in Sidi Daoud auf dem Cap Bon (Repowering) unterzeichnet. Aktuell werden die Vergaben vorbereitet. Das Projekt umfasst die Demontage von alten Windkraftanlagen und die Installation neuer Anlagen.
Unklare Zukunft für Tiefseehafen Enfidha
Das Projekt des Tiefseehafens Enfidha, der seit 15 Jahren in Planung ist, ist laut dem ehemaligen Transportminister Rabie Majidi, bis auf Weiteres zum Erliegen gekommen. Die geplante Ausschreibung wurde von der Hohen Instanz für öffentliche Aufträge aufgrund der Finanzierungskonditionen nicht genehmigt. Wie es weitergeht, ist unklar.
Dahingegen könnte es beim Hafen von Radès einen Wiedereinstieg der chinesischen Reederei Cosco Shipping geben. Dies berichtete das Amt für Handelsmarine und Häfen nach einem Arbeitsbesuch von Cosco-Unternehmensvertretern im März 2024.
Ausgewählte Großprojekte im tunesischen Tiefbau/Infrastrukturbau Investitionen in Millionen US-DollarVorhaben | Investitionssumme | Projektstand | Entwickler |
---|
Métro in Sfax | 1.100 | Vorstudie | Société de Métro de Sfax |
Bau von Solarkraftwerken (insgesamt 800 MW) | 800 | Vorstudie | Ministère de l'Energie, des Mines et de la Transition Energétique |
Offshore-Windkraftwerk in Sousse | 500 | Vorstudie | Société Tunisienne de l'Electricité et du Gaz |
Erweiterung Hafen Radès (Kai 8 und 9) | 465 | Entwurf | Office de la Marine Marchande et des Ports |
Erweiterung von Autobahn Tunis-Bousselem | 320 | Vorstudie | Ministère de l’Equipement, de l’Habitat, et de l’Aménagement du Territoire |
Neue Brücke in Bizerte | 290 | im Bau | Ministère de Transport |
Windkraftwerk in Nabeul 200 MW | 276 | Ausschreibung | Société Tunisienne de l'Electricité et du Gaz |
Verbreiterung der Nationalstraße GP13 Sfax-Kasserine | 228 | Vorstudie | Ministère du Transport |
Modernisierung Bahnlinie Tunis - Kasserine | 150 | Entwurf | Société Tunisienne des Chemins de Fer Tunisiens |
Wasseraufbereitungsanlage Bejaoua | 90 | Vorstudie | Société Nationale de l 'Exploitation et de la Distribution des Eaux |
Quelle: MEED Projects 2024
Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".
Von Verena Matschoß
|
Tunis