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Branchen | Ukraine | Bergbau und Rohstoffe

Neue Investition belebt die Titanindustrie der Ukraine

Eine große Privatisierung bringt Bewegung in die ukrainische Titanindustrie. Künftig strebt die Ukraine bei dem kritischen Rohstoff eine strategische Bedeutung für die EU an.

Von Waldemar Lichter | Warschau

Der Deal könnte Signalwirkung haben – für künftige Investoren und den Bergbausektor in der Ukraine. Im Oktober 2024 hat der ukrainische Staat den Bergbau- und Chemiekonzern United Mining and Chemical Company (UMCC) an einen ausländischen Investor verkauft. UMCC gehört zu den wichtigsten Anbietern von Titanrohstoffen weltweit.

Der Zuschlag ging an Cemin Ukraine, eine Tochterfirma der NEQSOL Holding. Die Gruppe ist in elf Ländern aktiv und im Besitz des aserbaidschanischen Geschäftsmannes Nasib Khasanov. In der Ukraine ist NEQSOL vor allem als Eigentümer des Mobilfunkbetreibers Vodafone bekannt. Cemin war mit einem Gebot von umgerechnet 89 Millionen Euro einziger Interessent.

Verkauf setzt positives Zeichen für Investoren

Die gelungene Privatisierung ist von großer Bedeutung. Zum einen erhält der Staatshaushalt dringend benötigte Einnahmen. Zum anderen hat das Geschäft Signalwirkung: Trotz des Krieges und der damit verbundenen Risiken bleiben bedeutende ukrainische Unternehmen interessant für Investoren.

Das ist auch deshalb wichtig, weil demnächst weitere Unternehmen zum Verkauf stehen. Dazu gehören Titan Ukraine aus Nikopol (Hersteller von nahtlosen Titanrohren) und das Kombinat Demurinsky GOK (Gewinnung und Verarbeitung von Titanrohstoffen). Beide hatten dem russischen Oligarchen Mikhail Shelkov gehört, wurden aber 2023 von den ukrainischen Behörden beschlagnahmt.

NEQSOL plant weitere Investitionen in der Ukraine 

NEQSOL versteht sich als strategischer Investor bei UMCC. Geplant ist deshalb, das übernommene Unternehmen zu modernisieren und neue Produkte durch tiefere Verarbeitung von Rohstoffen zu entwickeln. Auf diese Weise soll die Position auf den globalen Märkten gestärkt werden. Laut Investor ist das Ziel, UMCC wieder zu einem führenden Player der globalen Titanindustrie zu entwickeln. Und NEQSOL will es nicht bei dem Engagement bei UMCC belassen. Das Unternehmen soll an der Übernahme weiterer Firmen in der Ukraine interessiert sein.

Doch zunächst müssen Verpflichtungen aus dem Privatisierungsvertrag erfüllt werden, etwa Investitionen über rund 9 Millionen Euro in UMCC. Dabei geht es um die technische Umrüstung und Modernisierung der Anlagen. So soll unter anderem bis 2027 die Abwasseranlage am Bergbau- und Metallwerk Vilnohirsk modernisiert werden. Der neue Eigentümer wird auch ein Projekt zur Rekultivierung der Tailinganlage Morhunka (Abraumhalde) entwickeln.

Ukraine verfügt über größte Titanreserven in Europa

7 %

der weltweiten Titanreserven befinden sich in der Ukraine.

Die Ukraine könnte sich mit ihren großen Rohstoffvorkommen und ihrer Bergbau- und Industriebasis zu einem wichtigen Akteur der europäischen Titanbranche entwickeln. In dem Land schlummern die größten Titanreserven Europas und etwa 7 Prozent der weltweiten Vorkommen. "Wir gehören zu den fünf führenden Ländern bei Titanerzreserven", sagt Vitaliy Koval, der frühere Leiter des staatlichen ukrainischen Vermögensfonds.

Nach Meinung von Jehor Perelyhin, dem Interimsvorstandsvorsitzenden der UMCC, hätte die Ukraine das Potenzial, ein bedeutendes Zentrum für die Titanproduktion in Europa zu werden. Das Land könnte sogar Russland als führenden Titanproduzenten ersetzen. Als Hauptziel gibt Dimitri Kalandadze, Vorstandsmitglied von UMCC, aus, die Ukraine als starken und zuverlässigen Akteur auf den Weltmärkten zu etablieren. Er ist sich sicher, dass Russland bis zum Jahr 2030 von der globalen Titanlandkarte verschwinden und dafür die Ukraine eine bedeutende Position einnehmen werde.

Titanindustrie benötigt weitere Investitionen

Damit es so kommt, bedarf es großer Investitionen. "Die Ukraine und Russland spielen derzeit in grundsätzlich verschiedenen Marktsegmenten. Die Ukraine spezialisiert sich auf den Abbau und Russland auf die Tiefenverarbeitung", gibt UMCC Interimvorstandsvorsitzender Jehor Perelyhin zu bedenken. Um dies zu ändern, benötige die Ukraine eine eigene Wertschöpfungskette. Laut Perelyhin wird solch ein Aufbau sieben bis zehn Jahre dauern und mehr als 1 Milliarde US-Dollar kosten.

Titanhaltige Erze werden in der Ukraine außer von UMCC auch von Velta LLC (Dnipro) gewonnen. Es gehört den Unternehmern Andriy Brodsky (60 Prozent), Vadym Moskalenko und Vitaliy Malakhov (je 20 Prozent). Genutzt werden die Lagerstätten Likarivske und Byrzulivske (Ilmenit, Rutil und Zirkonium). Presseangaben zufolge hält das Unternehmen einen Weltmarktanteil von 2 Prozent für Titanrohstoffe. 

Ein bedeutender ukrainischer Lieferant von Titanbarren und Titanschwamm war früher das Zaporizhya Titanium-Magnesium Kombinat. Aufgrund des Krieges ist es derzeit nicht in Betrieb.

EU und Ukraine intensivieren Beziehungen

Die EU hat die Bedeutung der Ukraine als potenziellen Lieferanten kritischer Rohstoffe erkannt. Im Juli 2021 haben beide Seiten eine strategische Partnerschaft für Rohstoffe und Batterien ins Leben gerufen, die sich auch auf Titan bezieht. Ziel ist, die Versorgung mit kritischen Rohstoffen zu sichern und eine bessere Integration der Wertschöpfungsketten zu erreichen. Das Förderprogramm "Horizont Europa" soll dabei Innovationen unterstützen.

Ein Unternehmen profitiert davon bereits ganz konkret: Die Velta-Gruppe hat sich aus dem Horizont-Programm der EU für einen Zeitraum von vier Jahren eine Förderung in Höhe von 7,3 Millionen Euro gesichert. Mit den Mitteln erforscht das Unternehmen den gesamten Produktionszyklus von Titan und entwickelt effizientere Prozesse. Das Vorhaben findet im Rahmen des sogenannten REPTiS-Projekts (Responsible Extraction and Processing of Titanium and other Primary Raw Materials for Sourcing EU Industrial Value Chains and Strategic Sectors) statt.

Das Unternehmen ist bereits für sein besonderes Produktionsverfahren Velta Ti Process bekannt. Es ermöglicht die Herstellung von Titanlegierungspulvern aus Ilmenitkonzentrat und weist dabei einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck auf als traditionelle Methoden.

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