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Branche kompakt | Ungarn | Maschinenbau

Coronakrise versetzt dem Maschinenbau einen Dämpfer

Die Investitionszurückhaltung im Inland und Europa lässt die Branche leiden. Die Konjunkturbelebung nach der Pandemie wird für eine bessere Auftragslage sorgen.

Von Waldemar Lichter | Budapest

  • Markttrends

    Steigende Investitionen nach Ende der Coronakrise werden die Maschinennachfrage wieder ankurbeln. Regierung sorgt mit großzügiger Investitionsförderung für Impulse. 

    Maschinennachfrage sinkt aufgrund von Coronakrise 

    Die konjunkturellen Rahmenbedingungen für den Maschinenbau haben sich seit 2020 deutlich verschlechtert. Nach Jahren starken Wachstums hat die Coronapandemie auch die ungarische Wirtschaft in eine Rezession gestürzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging real um 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Die Bruttoanlageinvestitionen nahmen um 7,3 Prozent ab. Der Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen dürfte dabei sogar noch stärker ausgefallen sein – laut Herbstprognose der Europäischen Kommission um 16,4 Prozent.

    Aufgrund der ungewissen Konjunktur- und Geschäftsaussichten stellen Unternehmen – ob in Ungarn oder in der Europäischen Union - ihre Investitionspläne auf den Prüfstand. Viele Vorhaben werden zurückgestellt oder ganz eingestellt. Das lässt die Nachfrage nach Maschinen und Ausrüstungen im Inland ebenso wie aus den wichtigsten Exportmärkten der Branche sinken. So rutschte die Produktion des ungarischen Maschinenbaus 2020 um 5,1 Prozent deutlich ins Minus – nach einem Plus von 2,9 Prozent im Jahr davor. Am stärksten brach die Nachfrage auf dem Inlandsmarkt ein. Die Umsätze gingen hier 2020 um 11,7 Prozent, die Exporterlöse dagegen um nur 4,5 Prozent zurück.

    Die Prognosen für die Entwicklung der ungarischen Wirtschaft 2021 und 2022 sind zwar günstig. Flaut die Pandemie ab, so rechnet die Europäische Kommission für 2021 jedoch mit einem kräftigen Wirtschaftswachstum von 4 bis 5 Prozent. Stark werden auch die Bruttoanlageinvestitionen zulegen. Nach einem Minus von 4,8 Prozent 2020 wird die Industrie 2021 um 6 Prozent wachsen, prognostiziert das Budapester Wirtschaftsforschungsinstitut GKI.

    Konjunkturerholung wird Nachfrage anziehen lassen

    Wenn die Konjunktur in Ungarn und in der EU wieder anzieht, dann ist 2021 für die meisten Industriezweige mit Wachstum zu rechnen. Die Investitionen der Unternehmen in Ausbau und Modernisierung ihrer Kapazitäten und damit die Nachfrage nach Maschinen und Anlagen werden wieder zulegen. Die Kapazitätsauslastung war infolge der Coronakrise im 2. Quartal 2020 auf niedrige 71,8 (Ende 2018: 86,7) Prozent gefallen. Seitdem nimmt sie aber wieder zu (1. Quartal 2021: 78,7 Prozent).

    Zu den wichtigsten Branchen des ungarischen verarbeitenden Gewerbes gehört die Automobil- und Kfz-Zulieferindustrie, auf die rund ein Viertel der Produktion in dem Sektor entfällt. Der Zweig hat bei (ausländischen) Investoren auch in der Krise kaum an Attraktivität verloren. Große Vorhaben, wie der Bau des neuen BMW-Werkes in Debrecen oder eines neuen Mercedes-Werkes in Kecskemet werden zwar verzögert, aber fortgesetzt. Zahlreiche neue Zulieferer kommen ins Land, während bereits in Ungarn aktive ihre Kapazitäten ausbauen. Eine Welle von Investitionen findet im Bereich Elektromobilität statt- vor allem in der Batteriefertigung.

    Auch in anderen Branchen, wie etwa in der Chemie-, Elektronik- und Elektrotechnikindustrie wird kräftig investiert. Von größeren Exportaufträgen, aber auch von Bestellungen auf dem Inlandsmarkt profitiert der Schienenfahrzeugbau, der in seine Produktionsanlagen investiert. Starke Impulse für die Nachfrage nach Maschinen und Ausrüstungen in Ungarn gehen von ausländischen Direktinvestitionen im Land aus. Der größte Teil floss dabei in den Fahrzeugbau (2019: Anteil an Direktinvestitionen im verarbeitenden Gewerbe von 40,2 Prozent), gefolgt von der Elektronik- (14,2 Prozent), gummi- und kunststoffverarbeitenden Industrie (12,3 Prozent) sowie der Pharmaindustrie (9,1 Prozent).

    Nachfrageimpulse durch umfangreiche Investitionsförderung 

    Die ungarische Regierung unterstützt die Investitionen ausländischer und ungarischer Unternehmen durch zahlreichen Förderinstrumente. Dazu gehören etwa Investitionsbeihilfen aus Mitteln der EU-Strukturfonds, großzügige Investitionszuschüsse der Regierung bei großen Vorhaben oder andere Anreize, wie etwa Steuerfreibeträge.

    Priorität bei der Förderung hat ein halbes Dutzend Branchen, die als besonders wichtig bewertet werden. Dazu gehören die Elektronikindustrie, der Maschinenbau, der Fahrzeugbau, die Nahrungsmittelindustrie sowie in jüngster Zeit insbesondere die Gesundheitswirtschaft einschließlich Pharmaindustrie und Medizintechnik.

    Ungarische Bauunternehmen werden darüber hinaus mit Sonderprogrammen für moderne und effiziente Bautechnik gefördert. Die angestrebte Modernisierung des Agrarsektors und umfangreiche EU-Förderungen dürften die Nachfrage nach Agrartechnik stützen.

    Die Produktion wird durch Investitionen in Automatisierung und Digitalisierung sowie in Robotertechnik in der Industrie profitieren. Die Roboterdichte in der ungarischen Industrie ist zwar in den vergangenen Jahren stark gestiegen, liegt jedoch immer noch unter dem globalen Durchschnitt und dem der Slowakei, Slowenien oder Tschechien.

    Die Regierung möchte die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie verbessern und bemüht sich, den Unternehmen bei ihrer Modernisierung und beim Technologietransfer zu helfen. Ein Anliegen ist die Einführung von Industrie-4.0-Lösungen in ungarischen Unternehmen. Dabei soll die unter ihrer Mitwirkung gegründete Nationale Technologieplattform Ipar4.0 behilflich sein. Federführend ist das Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung SZTAKI in Budapest.

    Von Waldemar Lichter | Budapest

  • Branchenstruktur

    Ungarns Maschinenbauer sind stark exportorientiert. Ausländische Unternehmen siedeln sich im Land an.

    Der früher recht starke ungarische Maschinenbau hat nach der Wende in den 1990er Jahren und dem Wegfall der früheren Märkte deutlich gelitten. Nur einige wenige verbliebene Unternehmen bieten heute eigene komplette Maschinen und Anlagen an, wie etwa die Firma Ganz EEG (unter anderem Pumpen). Zahlreiche Unternehmen arbeiten im Rahmen von Lohnveredlungsgeschäften. Sie liefern Einzelteile (kleinere bis mittlere Serien) oder montierte Aggregate (zum Beispiel Getriebe) an ausländische Besteller oder sind in einen Zulieferverbund eingebunden. Einige wenige entwickeln, fertigen, vermarkten und exportieren ihre Maschinenbauprodukte und Komponenten selbst, wie etwa die Firma MST-Engineering aus Debrecen.

    Ein großer Teil des ungarischen Maschinenbaus ist auf Abnehmer in der Automobilbranche ausgerichtet. Das ist auch auf die starke Präsenz ausländischer KFZ-Hersteller in Ungarn zurückzuführen, die im Land mit eigenen Montagewerken vertreten sind (Suzuki, Audi, Mercedes, Opel, künftig auch BMW). Auch die Vielzahl von Automobilzulieferern, die im Land große Produktionskapazitäten unterhalten, etwa Bosch, Continental oder Schaeffler, tragen zu einer hohen Nachfrage an Maschinen und Anlagen bei. 

    Zahlreiche ausländische Unternehmen vertreten

    In der ungarischen Maschinenbaubranche sind zahlreiche ausländische Unternehmen tätig. Dazu gehören etwa Grundfos (Spezialpumpen, etwa für Atomkraftwerke), Claas (Vorsatz- und Anbaugeräte wie Schneid- und Mähwerke), Linamar (Landmaschinen), Siemens (Turbinenschaufeln), Kuka Robotics (Robotertechnik - Komponenten, Reparatur und Entwicklung) oder Manz (Auftragsfertigung von Klein- und Großteilen sowie Baugruppen). Im Schienenfahrzeug- und Komponentenbau sind Knorr-Bremse und Stadler tätig. Hauni fertigt (umfirmiert 2021 in Körber Hungária Gépgyártó Kft.) seit 1994 Maschinen und Ausrüstungen für die Tabakindustrie.

    Neue Unternehmen siedeln sich an

    Einige neue ausländische Maschinenbauer kamen in jüngster Zeit hinzu. Zu einem wichtigen Standort dafür ist dabei dank einer aktiven regionalen Investitionsfördergesellschaft die ostungarische Stadt Debrecen aufgestiegen. Dort haben sich beispielsweise kürzlich der deutsche Hersteller von Abfüllanlagen Krones oder der schweizerische Spezialist für Sensorentechnik Sensirion angesiedelt.

    Produktion in den wichtigsten Maschinenbausparten in Ungarn (in Millionen Euro, Veränderung und Marktanteil in Prozent)

    Sparte

    2020

    Veränderung 2020/2019

    Anteil

    Maschinenbau, insgesamt

    5.356

    -5,1

    100

      Verbrennungsmotoren und Turbinen (ohne Motoren für Luft- und Straßenfahrzeuge)

    843

    -14,4

    16

      Pumpen und Kompressoren

    519

    4,6

    10

      Kälte- und lufttechnische Erzeugnisse

    558

    -9,1

    10

      Land- und forstwirtschaftliche Maschinen

    493

    -3,9

    9

      Hebezeuge und Fördermittel

    298

    -11,6

    6

      Hydraulische und pneumatische Komponenten und Systeme

    228

    -11,4

    4

      Lager, Getriebe, Zahnräder und Antriebselemente

    200

    -20,8

    4

      Maschinen für die Nahrungs- und Genussmittelerzeugung und die Tabakverarbeitung

    188

    -0,9

    4

    Quelle: Ungarisches Statistikamt (KSH)

    In der ungarischen Maschinenbauindustrie waren 2018 nach Angaben von Eurostat rund 2.300 Unternehmen mit rund 57.000 Beschäftigten tätig. Im Bereich Kühl- und Lüftungstechnik wurden 233, im Landmaschinenbau 158, in den Sparten Metallbearbeitungs- und Nahrungsmittelmaschinen 180 beziehungsweise 196 Unternehmen gezählt.

    Ausgewählte Branchenunternehmen (in Millionen Euro)

    Unternehmen

    Standort

    Umsatz 2019 

    Siemens Zrt.

    Budapest

    330

    Linamar Hungary Zrt.

    Orosháza

    197 (2018)

    Kuka Hungaria Kft.

    Taksony

    169

    FESTO-AM Gyarto Kft.

    Budapest

    138

    HAUNI Hungaria Gepgyarto Kft.

    Pécs

    137

    CLAAS Hungaria Kft.

    Törökszentmiklós

    136 (2018)

    Grundfos Magyarország Gyártó Kft.

    Tatabánya

    99

    Aventics Hungary Kft.

    Eger

    72 (2018)

    Bosch Rexroth Kft.

    Budapest

    65

    Quelle: ISI Emerging Markets Group Company (EMIS)

    Hohe Exportquote

    Den größten Teil der Erlöse erzielt der ungarische Maschinenbau im Exportgeschäft. Der Ausfuhranteil an den Gesamtumsätzen der Branche belief sich 2020 auf fast 82 Prozent. Am höchsten war die Exportquote bei Verbrennungsmotoren und Turbinen sowie Pumpen und Kompressoren (91 Prozent), Land- und Forstmaschinen (85 Prozent), industriellen Kälte und Lüftungstechnik (85 Prozent), Lagern, Getrieben, Zahnrädern und Antriebselementen (84 Prozent) sowie hydraulischen und pneumatischen Komponenten (82 Prozent).

    Von Waldemar Lichter | Budapest

  • Rahmenbedingungen

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.). Für Standards und Normen in Ungarn ist das Institut für Normung zuständig.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Ungarn

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministerium für Innovationen und Technologie

    Zuständig unter anderem für Industrieentwicklung, F&E

    Finanzministerium

    Investitionsförderprogramme

    HIPA - Hungarian Investment Promotion Agency 

    Staatliche Investitionsförderung

    Nationalverband für Maschinenbau und Energie

    55 Mitgliedsunternehmen

    MEGOSZ

    Verband der Landmaschinenindustrie

    MEGFOSZ

    Verband der Landmaschinenhändler

    Mach-Tech

    Maschinenbaumesse, jährlich, nächster Termin: 11. bis 14.5.21

    Construma

    Baumesse, jährlich, nächster Termin: 2. bis 6.6.21

    MM

    Zeitschrift, unter anderem Maschinenbau und Automatisierung

    Von Waldemar Lichter | Budapest

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