Branchen | Usbekistan | IT-Outsourcing
Immer mehr Firmen verlagern IT-Dienstleistungen nach Usbekistan
Usbekistan entwickelt sich im Turbotempo zu einem Standort für das IT-Outsourcing. Im Jahr 2030 will das Land IT-Dienstleistungen für 5 Milliarden US-Dollar exportieren.
15.03.2024
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Die Republik Usbekistan war vor wenigen Jahren noch ein weißer Fleck auf der Landkarte für das internationale IT-Geschäft. Heute sieht das schon anders aus. Die Exporte von IT-Dienstleistungen, darunter vor allem in die USA und in die EU, zeigen seit 2021 sichtlich nach oben.
Das liegt daran, dass immer mehr ausländische IT-Dienstleister den usbekischen IT-Outsourcing-Markt für sich entdecken. Hierzu zählen das deutsch-tschechische Unternehmen Reasunta Technology und viele andere ausländische Branchenakteure wie Exadel, DSR Corporation, Itransition, iTechArt, Epam Systems und VEON AdTech.
Was sind die Treiber dieser Entwicklung?
In- und ausländische Kunden profitieren von attraktiven Kostenstrukturen und maßgeschneiderten Angeboten der IT-Dienstleister. Nach Angaben der Agentur für Statistik erhielten IT-Fachkräfte in der Hauptstadt Taschkent im Jahr 2023 ein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt von umgerechnet 1.380 US-Dollar (US$), in den Regionen etwa 610 US$.
Hinzu kommt: Das 37 Millionen Einwohner zählende Land hat im Gegensatz zu Deutschland einen demografischen Überhang von jungen Menschen. Viele der alljährlich etwa 650.000 neuen Schul-, Berufsschul- und Hochschulabsolventen interessieren sich für IT-Bildungsangebote und sehen in der Branche ihre berufliche Zukunft. Die Regierung unterstützt sie dabei, indem sie die Aus- und Weiterbildung von IT-Fachkräften fördert.
Die IT-Branche profitiert zudem von einem starken Ausbau der Breitbandinfrastruktur sowie der Ansiedlung internationaler Unternehmen im Land. Das ambitionierte Reformprogramm der Regierung misst ausländischen Partnern beim Ausbau des IT-Sektors einen hohen Stellenwert bei.
Indikator | 2017 | 2021 | 2022 | 2023 |
---|---|---|---|---|
Länge des Glasfasernetzes (in 1.000 km) | 20 | 119 | 171 | 233 |
Anzahl der Basisstationen für die Mobiltelefonie (in 1.000 Einheiten) | 20 | 46 | 54 | 59 |
Durchleitkapazität internationaler Internetkanäle (in Gigabit pro Sekunde) | 64 | 1.800 | 3.200 | 4.200 *) |
Alle diese Faktoren bilden eine solide Basis für den weiteren Ausbau der IT-Branche. Usbekistan ist auf einem guten Weg, zu einem international gefragten Zentrum für IT-Outsourcing und Softwareentwicklung zu avancieren.
IT-Park ist zentrale Anlaufstelle für usbekischen IT-Sektor
Der 2019 in der Hauptstadt Taschkent gegründete IT-Park bildet das institutionelle und infrastrukturelle Gerüst der IT-Branche. Unternehmen können sich unabhängig von ihrem Firmensitz und auch virtuell ohne Betrieb eines klassischen Büros im Park ansiedeln. Letzteres setzt die Anstellung eines usbekischen Firmendirektors voraus. Der Park akquiriert auch Aufträge ausländischer Partner im IT-Outsourcing.
Interessierte deutsche Firmen erfahren hier alles, was sie für das IT-Outsourcing in dem fernen Land wissen sollten. Das Park-Management vermittelt Kontakte zur lokalen IT-Community und potenziellen Kooperationspartnern. Hauptansprechpartner ist der für den Export von IT-Produkten zuständige stellvertretende Direktor Jahongir Rajabov. Er berät auch Investoren, denen im IT-Park attraktive Vorzugsbedingungen winken.
IT-Park bietet Unternehmen Vorzugsbedingungen
- Firmen werden bis 2028 von der Gewinnsteuer, den Sozialabgaben und Zöllen für den Bezug von Ausrüstung und Softwareprodukten befreit.
- Die Einkommensteuer beträgt 7,5 Prozent anstatt der üblichen 12 Prozent vom Bruttolohn.
- Es gelten vereinfachte Modalitäten für die Zahlungsabwicklung von IT-Dienstleistungsexporten und die Anstellung von ausländischen Fachkräften.
Im Park waren Mitte März 2024 rund 1.800 Unternehmen registriert, darunter etwa 1.200 in Taschkent und 600 in den Regionen. Er beherbergt auch eine IT-Akademie, eine digitale Universität, eine Filiale der IT-Akademie Nextgen (Bangladesch) und Venture-Capital-Unternehmen. Der Park ist in allen Provinzen mit Filialen vertreten, welche lokale Aus- und Weiterbildungszentren betreiben.
Indikator | 2017 1) | 2023 |
---|---|---|
Anzahl der insgesamt registrierten Unternehmen (31.12.) | 147 | 1.652 2) |
Ausländische Unternehmen | 106 | 426 |
Anzahl der Beschäftigten (31.12.) | 2.523 | 26.017 |
Umsatzerlös (in Mio. US$) | 22 | 1.009 |
Anzahl der Exporteure (31.12.) | 12 | 551 |
Exporte (in Mio. US$) | 1 | 344 |
IT-Ausbildung steht hoch im Kurs
Der IT-Park bildet Programmierer, Software-Entwickler und andere IT-Dienstleister aus. Öffentliche und international geförderte Programme stellen dafür Gelder bereit. Junge Usbekinnen und Usbeken, die internationale Zertifikate für absolvierte IT-Online-Kurse anstreben, können sich die Kosten je nach dem erworbenen fachlichen Niveau gänzlich oder teilweise über das Regierungsportal my.gov.uz erstatten lassen.
In naher Zukunft will das Park-Management Tochtergesellschaften im Ausland gründen, um die internationale Kooperation weiter voranzutreiben. Ganz oben auf der Liste dieser Initiative stehen Standorte in Deutschland und Saudi-Arabien.
Usbekistan will ausländische IT-Unternehmen ins Land locken
Jüngstes Projekt des IT-Parks ist der geplante Aufbau eines internationalen Zentrums für digitale Technologien (Enterprise Usbekistan). Hier soll für ausländische Branchenakteure ein besonders investorenfreundlicher Rechtsrahmen gelten. Das Projekt zielt darauf ab, die im Park tätigen ausländischen Unternehmen bis 2030 auf mindestens 1.000 Firmen zu verdoppeln.
Ein weiteres Förderprogramm, mit dem ausländische IT-Unternehmen nach Usbekistan gelockt werden sollen, läuft unter den Namen Zero Risk (Null Risiko). Es sieht vor,
in den Regionen ein kostenloses Büro für zwölf Monate bereitzustellen,
die Ausstattung eines Büros mit Ausrüstungen und Möbeln finanziell zu unterstützen (für den Bedarf von bis zu 100 Mitarbeitern),
Lohnkosten für usbekische Beschäftigte teilweise zu erstatten (insgesamt maximal bis zu 500 US$ pro Mitarbeiter),
die Qualifizierung der Angestellten zu bezuschussen (höchstens für bis zu 100 Beschäftigte).
Zudem unterstützt der IT-Park ausländische Unternehmen bei der Firmenregistrierung in Usbekistan und beim Erhalt eines mehrjährigen Visums für Investoren, IT-Fachkräfte und Firmengründer.
IT-Exporte gehen nach Nordamerika und Europa
Jedes dritte Unternehmen des IT-Parks exportiert bereits. Von den Gesamtausfuhren in Höhe von 344 Millionen US$ entfielen 2023 allein 196 Millionen US$ auf das Segment IT-Outsourcing (305 Exporteure). Die Exporte in der Sparte Softwareprodukte betrugen 79 Millionen US$ (20 Firmen). Die übrigen Ausfuhren in Höhe von 69 Millionen US$ machten Business Process Outsourcing und andere Dienste aus (226 Unternehmen).
Die Abnehmer kamen vorwiegend aus Nordamerika (Ausfuhranteil: 44 Prozent) und Europa (25 Prozent). Unternehmen, die mindestens 50 Prozent ihrer insgesamt erbrachten IT-Leistungen exportieren, sind bis 2040 von allen Körperschaftssteuern befreit.