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Usbekistan bringt viel Schwung in den Straßenbau
Usbekistan will den Bau und die Sanierung von Straßen beschleunigen. Ausländische Partner sind willkommen, sich als Lieferanten von Ausrüstungen und Know-how einzubringen.
23.08.2024
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Der Ausbau des Straßennetzes in Usbekistan verspricht ausländischen Unternehmen viele Geschäftschancen. Sie reichen von Beteiligungen an Projekten für den Bau und Betrieb von Mautautobahnen über die Lieferung von Baumaschinen bis hin zu Beratungsleistungen.
Modernisierung und Bau von Autobahnen haben Priorität
Die aktuellen Investitionsaktivitäten im Straßenbau sind Teil eines Modernisierungs- und Ausbauprogramms, das zwischen 2024 und 2030 umgesetzt werden soll. Laut der Regierungsinitiative sollen höhere Investitionen in sichere und komfortable Straßen die Mobilität sichern und das Wirtschaftswachstum im Land beflügeln. Entsprechend sollen die Vorhaben das usbekische Straßennetz fit machen für die zunehmenden Warenströme im nationalen und internationalen Güterverkehr.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | |
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Internationale Transporte (insgesamt), davon: | 47,1 | 49,5 | 53,6 | 59,1 |
Exporte | 13,3 | 15,7 | 15,4 | 15,5 |
Importe | 24,7 | 23,9 | 26,0 | 29,7 |
Transit | 9,1 | 9,9 | 12,2 | 13,9 |
Ganz oben auf der Projektliste stehen der Bau und die Modernisierung von Autobahnen, um die Hauptballungsgebiete und Metropolen Usbekistans besser miteinander zu verbinden. Dazu gehören beispielsweise die neuen Anbindungen zwischen Taschkent und Andischan sowie Taschkent und Samarkand, die bereits seit längerem als mautpflichtige Trassen geplant werden.
Auch einige modernisierungsbedürftige Straßenabschnitte sollen im Zuge ihres Ausbaus mautpflichtig werden. Davon sind beispielsweise verkehrsreiche Teile der Ost-West-Autobahn Beineu/Grenze zu Kasachstan-Nukus-Buchara-Guzar (CAREC 2 Transportkorridor) betroffen. Das Transportministerium oder das Komitee für Straßenwesen informieren über Vorhaben, die als öffentlich-private Partnerschaft (PPP) geplant sind. Das Komitee arbeitet gegenwärtig an PPP-Projekten mit einem veranschlagten Investitionsvolumen von mehr als 8 Milliarden US-Dollar (US$).
Projekt | Projektstadium |
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Bau Autobahn Taschkent-Andischan (circa 350 km) | Machbarkeitsstudie liegt vor, Ausschreibungsverfahren in Vorbereitung, Vertragsunterzeichnung mit PPP-Partner im Frühjahr 2025 geplant |
Bau Autobahn Taschkent-Samarkand (circa 300 km) | Ausschreibungsverfahren in Vorbereitung, Vertragsunterzeichnung mit PPP-Partner im Frühjahr 2025 geplant |
Modernisierung 92-km-Abschnitt Autobahn A380 Guzar-Buchara-Nukus-Beineu (Zementbetondecke) | Ausschreibungsverfahren in Vorbereitung, Vertragsunterzeichnung mit bauausführendem Unternehmen Ende 2024/Anfang 2025 geplant |
Modernisierung 52-km-Abschnitt Trasse 4R87/A378 Samarkand-Karschi (Zementbetondecke) | derzeit Erstellung Machbarkeitsstudie und Vorbereitung Ausschreibungsverfahren, Vertragsunterzeichnung mit bauausführendem Unternehmen im Frühjahr 2025 geplant |
Modernisierung 77-km-Abschnitt Trasse 4R12 Bektemir-Tschirtschik-Gasalkent-Chorvoq (Asphaltbetondecke) | derzeit Erstellung Machbarkeitsstudie und Vorbereitung Ausschreibungsverfahren, Vertragsunterzeichnung mit bauausführendem Unternehmen für Ende 2024/Anfang 2025 geplant |
Bau Tunnel (4,4 km; Tachta-Koratscha-Pass) im Verlauf Trasse M39 Taschkent-Termiz | derzeit Erstellung Machbarkeitsstudie und Vorbereitung Ausschreibungsverfahren, Vertragsunterzeichnung mit PPP-Partner für Ende 2025 geplant |
Jährliche Geberfinanzierung von 300 Millionen US-Dollar und mehr erwartet
Um die Finanzierung der Straßenprojekte sicherzustellen, hofft die Regierung, ab 2024 jährlich mindestens 300 Millionen US$ aus ausländischen Quellen ins Land zu holen. Aktuell rechnet sie fest damit, dass zwischen 2024 und 2030 die finanzielle Beteiligung ausländischer Banken Bau und Sanierung von circa 2.900 Kilometern Straßen ermöglichen wird. Das Projektvolumen dürfte sich künftig noch erhöhen.
Hauptfinanzierungspartner sind die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und die Asiatische Infrastruktur- und Investitionsbank (AIIB). Das Gros der gegenwärtig geplanten Straßenbauprojekte entfällt auf die Autonome Republik Karakalpakstan und die westusbekische Provinz Choresm.
Erste Projekte der neuen Ausbauinitiative stieß die Regierung bereits im April 2024 an. So sollen in mehreren Provinzen 841 Kilometer Straße (etwa 60 bis 70 Kilometer je Provinz) bis Ende 2027 eine neue Betondecke erhalten, wofür die ADB mehr als 240 Millionen US$ bereitstellen wird. Geldgeber für ebenfalls bis 2027 abzuschließende Sanierung eines 60 Kilometer langen Abschnitts der Fernstraße M39 von Taschkent nach Termiz sind die Islamische Entwicklungsbank (107 Millionen US$) und der OPEC-Fonds für Internationale Entwicklung (47 Millionen US$).
Anfang Mai 2024 bewilligte die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) ein Darlehen über 238 Millionen US$ für die Modernisierung eines 81 Kilometer langen Abschnitts der Straße Urgentsch-Chonka-Chasarasp-Toshsoka-Amudarja (Trasse 4R156) und den Bau einer 680 Meter langen Brücke über den Fluss Amudarja. Die Straße verbindet Urgentsch, Provinzhauptstadt der Region Choresm, mit der nach Kasachstan führenden Autobahn A390. Das Projekt ist Teil der Global Gateway Initiative der EU.
Usbekistan benötigt leistungsfähige Bau- und Baustoffmaschinen
Usbekistans Straßenbauer sollen in ihren Projekten moderne ausländische Technologien nutzen, so heißt es in der Straßenbauinitiative. Diese Forderung an die Bauunternehmen eröffnet ausländischen Anbietern von Maschinen und Ausrüstungen wachsende Absatzchancen. Eine Fertigung leistungsfähiger Bau- und Baustoffmaschinen gibt es im Land nicht. Bedarf besteht vor allem an Asphaltfertigern, Tandemvibrationswalzen, Motorgradern, Straßenfräsen, Rissfräsmaschinen sowie Spezialfahrzeugen für den Straßenbau.
Die neue Straßenbauinitiative sieht die stärkere Einbeziehung privater Akteure in den Bau öffentlicher Straßen mittels öffentlich-privater Partnerschaften sowie erstmals auch in die Wartung und Instandhaltung des öffentlichen Straßennetzes vor. Letzteres Geschäftsfeld wurde bisher von Unternehmen des staatlichen Komitees für das Straßenwesen verantwortet.
Kategorie | Anzahl | Gesamtlänge (in Kilometern) |
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Internationale Straßen (Haupttrassen zu den Nachbarländern) | 11 | 3.833 |
Staatliche Straßen (Trassen zwischen den Verwaltungs- und Industriezentren und zu analogen Straßen in den Nachbarländern) | 240 | 14.316 |
Lokale Straßen (Straßen zwischen Provinz- und Landkreiszentren und anderen Siedlungen) | 1.818 | 24.222 |
Das Komitee ist nicht nur offen für Investitionen und Kooperationsvorschläge in den Sektoren Bau, Sanierung und Wartung von Straßen. Die Suche nach ausländischen Partnern umfasst auch die Modernisierung bestehender und den Bau neuer Brücken.
Geschäftschancen im Brückenbau
Usbekistan will den Bau und die Sanierung von Brücken beschleunigen. Unter dem Dach des Komitees für Straßenwesen widmet sich seit Anfang 2024 das Produktions- und Baucluster Uzyulkuprik (Usbekische Straßenbrücken) der Thematik Brücken. In den Jahren 2024 bis 2026 sollen circa 700 Straßenbrücken für etwa 170 Millionen US$ saniert werden. Von allen rund 15.000 Straßenbrücken im Land befindet sich aktuell etwa ein Drittel in einem maroden Zustand. Geplant ist auch der Bau mehrerer neuer Brücken.
Partner für 150 Projekte gesucht
Die Straßenbaubehörde sucht ebenso Partner für die Produktion von Straßenbaustoffen und Baukonstruktionen sowie die Zusammenarbeit bei der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften. In diesen Geschäftsfeldern gib es laut Angaben des Vorsitzenden des Komitees, Shamschid Tursunow, etwa 150 identifizierte Projekte mit konkreten Investitions- und Kooperationsofferten.
Neu ist, dass Bauprojekte für das öffentliche Straßennetz ab dem 1. Januar 2025 nur noch unabhängige (private) Unternehmen und Organisationen fachlich begleiten, beraten und beaufsichtigen dürfen. Diese müssen sich an den Geschäftspraktiken und Vertragsdokumente des internationalen Dachverbandes der nationalen Verbände beratender Ingenieure im Bauwesen orientieren (FIDIC; Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils).
Beratende Ingenieure im Ausland
Bei großen Infrastrukturprojekten sind vielfältige Beratungsleistungen gefragt. Deutsche Ingenieurbüros führen weltweit unter anderem Machbarkeitsstudien durch, prüfen Designs und überwachen den Bau. Branchenvertreter berichteten GTAI von ihren Projekten in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika. Dabei wird deutlich: Deutsche Ingenieure sind vor allem in aufstrebenden Märkten aktiv. Dort sind sie oft auf Partner angewiesen. Wir beleuchten, wie sich die Deutschen gegen die Konkurrenz durchsetzen und an Aufträge kommen. Außerdem geben wir rechtliche Tipps. Erfahren Sie im GTAI-Online-Special mehr über Erfolgsfaktoren, Hürden und Besonderheiten der Branche.
Entsprechend bietet die wachsende Zahl international finanziell begleiteter Infrastrukturprojekte in Usbekistans auch ausländischen Ingenieurbüros ein zunehmendes Marktpotential. Das italienische Unternehmen IRD Engineering S.r.l. beispielsweise konnte mehrere Ausschreibungen für Beratungsleistungen im Straßenbau gewinnen. und nach der Akquise neuer Projekte Mitte 2024 in der usbekischen Hauptstadt Taschkent ein eigenes Büro für die Markbearbeitung eröffnet.