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Usbekistan ist auf ausländische Medizintechnik angewiesen

Ausbau- und Erneuerungsprojekte im Gesundheitswesen Usbekistans kurbeln die Nachfrage nach ausländischer Medizintechnik an. Auch neue Reformen sorgen für Importzuwächse.  

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Usbekistan arbeitet intensiv daran, eine leistungsfähige und flächendeckende Gesundheitsfürsorge für alle Einwohner zu schaffen. Bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens spielen auch der Privatsektor und öffentlich-private Partnerschaften eine immer größere Rolle. Ausländische Medizintechnik ist und bleibt aufgrund der kaum entwickelten Inlandsproduktion wichtig für die medizinische Versorgung.

Neubau und Erweiterung zahlreicher medizinischer Einrichtungen geplant

Eine Fülle neuer Investitionsprojekte im Gesundheitssektor treibt Nachfrage nach Medizintechnik in Usbekistan an. Dazu gehören vor allem:

  • schrittweise Modernisierung von insgesamt 980 medizinischen Einrichtungen (bis 2030), 

  • Auf- und Ausbau medizinischer Cluster in fünf Provinzen und der Hauptstadt Taschkent, darunter eines Clusters mit Fachzentren für Endokrinologie, Urologie, Kardiologie und Radiotherapie (Provinz Fergana) und eines Clusters für die perinatologische Versorgung von Schwangeren und Neugeborenen (Provinz Kaschkadarja),

  • Errichtung eines nationalen onkologischen Zentrums in Taschkent (mit finanzieller Hilfe des südkoreanischen Fonds für wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit),

  • Aufbau eines Zentrums für Zellmedizin und Genomik in der Stadt Gulistan,

  • Errichtung von Zentren für Magnetresonanz- und Mehrschichtcomputertomographie (MRT und MSCT) auf dem Gelände oder nahe zentraler Polikliniken in großen Städten und Landkreiszentren auf der Basis von öffentlich-privaten Partnerschaften.

Knapp 1 Milliarde US-Dollar (US$) fließt in elf Investitionsprojekte, die gegenwärtig mit finanzieller Unterstützung ausländischer Förderbanken realisiert oder vorbereitet werden. Für diese Darlehen hat die Regierung Bürgschaften herausgelegt. Ein Teil der Gelder ist für die Beschaffung von Ausrüstungen für onkologische Kliniken und regionale Krankenhäuser sowie die Digitalisierung des Gesundheitswesens bestimmt.

Darüber hinaus entdecken immer mehr private Investoren aus dem Ausland die Geschäftsmöglichkeiten in der usbekischen Gesundheitswirtschaft. Die Anzahl der Krankenhäuser, Kliniken und medizinischen Zentren, an denen ausländische Akteure beteiligt sind, stieg in den letzten Jahren auf heute rund 170. Weitere ausländische Unternehmen prüfen, eigene Kliniken in Usbekistan zu eröffnen – darunter die türkische Medipol Health Group und der französische Investor und Vermögensverwalter Meridiam.

Jährlicher Absatz von Medizintechnik verdoppelt sich bis 2030

Branchenkenner erwarten für das Jahr 2030 einen Absatz von Medizintechnik in Höhe von mehr als 1 Milliarde US$. Dies entspricht in etwa einer Verdopplung des heutigen jährlichen Markvolumens. Schon seit 2017 herrscht Aufbruchstimmung in der Gesundheitswirtschaft. Seitdem legen die im Land gewährten medizinischen Dienstleistungen im Schnitt jährlich um real 15 Prozent zu.

Davon profitieren insbesondere ausländische Unternehmen, denn ohne ihre Technik, ihr Know-how und ihre Investitionen kann Usbekistan den Um- und Ausbau des Gesundheitswesens nicht bewältigen. Die Inlandsproduktion von Medizintechnik ist kaum entwickelt. Krankenhäusern und den Gesundheitsverwaltungen winkt daher eine Befreiung von Einfuhrzöllen und der Mehrwertsteuer, wenn sie Medizintechnik, Komplettierungs- und Ersatzteile sowie medizintechnische Materialien importieren.

Ausgewählte Kenndaten des Gesundheitswesens Usbekistans (jeweils zum 31.12.)

 

2016

2021

2022

Anzahl der Krankenhäuser 

1.106

1.281

1.328

Anzahl der Betten (in 1.000)

132,0

165,5

166,8

Betten pro 10.000 Einwohner 

41,1

46,6

46,3

Anzahl der behandelten Patienten (in Mio.)

5,6

5,9

6,2

Anzahl der Ambulatorien und Polikliniken 

6.542

6.676

7.010

Anzahl der Ärzte (in 1.000)

84,1

95,6

100,5

Anzahl der Ärzte pro 10.000 Einwohner

26,2

27,1

27,9

Quelle: Agentur für Statistik 2024; Gesundheitsministerium Usbekistans 2024

Strategie "Usbekistan - 2030" bringt Gesundheitswesen auf Vordermann

Die Regierung hat in ihrer Strategie für die sozioökonomische Entwicklung des Landes im Zeitraum bis 2030 ihre Ziele für die Gesundheitsfürsorge formuliert. Das im Herbst 2023 verabschiedete Dokument legt den Fokus auf den Ausbau der medizinischen Primärversorgung, eine Erweiterung von Programmen zur Frühdiagnostik und Prävention schwerer und chronischer Krankheiten sowie die Verbesserung der fachärztlichen Versorgung.

Im Zieljahr 2030 sollen beispielsweise alle an Herz-Kreislauf-, Diabetes-, Atemwegs- und Krebserkrankungen leidende Menschen regelmäßig und umfassend ärztlich versorgt werden. Früherkennungsprogramme für Autoimmun-, kardiovaskuläre und chronisch respiratorische Insuffizienz-Erkrankungen sollen vorzeitige Todesfälle von Menschen im Alter von 30 bis 69 Jahren um bis zu 30 Prozent gegenüber dem heutigen Niveau reduzieren.

Die jährlichen öffentlichen Ausgaben für das Gesundheitswesen sollen bis 2030 auf 5 Milliarden US$ steigen, gegenüber geplanten 2,7 Milliarden US$ für 2024. Der Beitrag des Gesundheitswesens am Bruttoinlandprodukt dürfte die 5-Prozent-Marke erreichen (2022/2023: etwas mehr als 3 Prozent). 

Ausgewählte Ergebnisse und strategische Ziele in der Gesundheitsversorgung in Usbekistan

Kennziffer

2017

2023

2030 1) 

Durchschnittliche Lebenserwartung (in Jahren; jeweils zum 1.1)

73,0

74,3

78,0

Ausgaben des Staatshaushalts für die Gesundheitsfürsorge (in Mio. US$) 

907

2.418

4.950

Anzahl der Betriebe und Organisationen in den Bereichen Gesundheitswesen und soziale Dienste (31.12.)

5.840

10.998

15.000

Anzahl der privaten medizinischen Einrichtungen (vorwiegend ambulante Einrichtungen)

3.200

8.600

13.150 

Anteil des Privatsektors an der Gesundheitsversorgung im Land (in %) 

8

30

50

Müttersterblichkeit (je 100.000 Lebendgeborene) 

21,0

14,4 2)

13,0

Säuglingssterblichkeit (je 1.000 Lebendgeborene)

11,5

9,2 2)

8,1

Kindersterblichkeit (je 1.000 Lebensgeborene)

15,4

12,3 2)

10,6

1 Prognosen; 2 2022.Quelle: Agentur für Statistik 2024; Gesundheitsministerium Usbekistans 2024

Reformen für eine Krankenpflichtversicherung und mehr Privatkliniken

Usbekistan unterstützt mit Reformen die Verbesserungen der landesweiten Gesundheitsversorgung. In den Jahren 2024 bis 2026 soll eine flächendeckende Krankenpflichtversicherung für alle Bürger eingeführt werden. Das Projekt startet 2024 in der Hauptstadt Taschkent und in der Autonomen Republik Karakalpakstan. Im Folgejahr wird die Versicherung auf die Provinzen Nawoi, Kaschkadarja, Samarkand, Surchandarja und Fergana ausgeweitet. Ab 2026 folgen die übrigen Provinzen des Landes. 

Das neue Reformprogramm zielt auch auf eine Stärkung des Privatsektors in der medizinischen Fürsorge ab. Allein 2024 dürften etwa 400 neue private medizinische Einrichtungen ihre Tätigkeit aufnehmen. Das Spektrum privater medizinischer Dienste soll sich mittelfristig auf mehr als 3.000 verschiedene therapeutische Behandlungen und Laborleistungen sowie operative Eingriffe erhöhen, nach 2.250 im Jahr 2023 und nur 700 im Jahr 2017. Zudem gibt die Regierung privaten Anbietern grünes Licht für das Angebot von mobilen medizinischen sowie telemedizinischen Dienstleistungen.

Privatakteure profitieren davon, dass sie

  • von der Gewinnsteuer beziehungsweise der Steuer auf erwirtschaftete Umsätze befreit werden, 

  • leichter Lizenzen erteilt bekommen, 

  • unbürokratisch ausländische Fachkräfte für kurzfristige praktische Einsätze und die Weiterbildung in den Kliniken gewinnen können.

Kontaktadressen

Bezeichnung

Anmerkungen

Germany Trade & Invest 

Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien 

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

Exportinitiative Gesundheitswirtschaft 

Exportinitiative der Bundesregierung für die Unterstützung deutscher Unternehmen der Gesundheitswirtschaft bei der Erschließung neuer Exportmärkte

Gesundheitsministerium Usbekistans

Oberste Behörde für die Gesundheitswirtschaft, Veröffentlichung von Ausschreibungen

 Public-private partnership development agency (PPPDA)

Agentur für PPP-Projekte Usbekistans, starker Fokus auf Projekte im Gesundheitswesen

O´zmedimpeks MChJ 

spezialisierter Dienstleister des Gesundheitsministeriums für den Einkauf (Import) von Medizintechnik inklusive Lieferung und Service, Veröffentlichung von Ausschreibungen 

Uzmedtechprom 

Branchenverband (Assoziation der Produzenten und Lieferanten von Medizintechnik)

TIHE/TechPharm

jährliche Leitmesse für das Gesundheitswesen und die pharmazeutische Industrie (nächster Termin: 16. bis 18. April 2024)

UzMedExpo

Internationale Fachmesse für das Gesundheitswesen (nächster Jahrgang: 18. bis 20. September 2024)

Clinics.uz 

Kontaktdaten von rund 800 vorwiegend privaten Kliniken und medizinischen Zentren, darunter etwa 400 in der Hauptstadt Taschkent

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