Special | Vietnam | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz | Umsetzungshilfe Risikoanalyse
Anforderungen des LkSG und Auswirkungen auf Unternehmen
Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Vietnam unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
30.01.2025
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. In den Anwendungsbereich fallen seit dem 1. Januar 2024 Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmenden. Seit dem 1. Januar 2023 galt es bereits für Unternehmen mit mindestens 3.000 Arbeitnehmenden.
Mit dem LkSG werden die Unternehmen verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Der gesetzliche Sorgfaltspflichtenkatalog umfasst dabei folgende Elemente:
Einrichtung eines Risikomanagements und Durchführung einer Risikoanalyse
Abgabe einer Grundsatzerklärung
Verankerung von Präventionsmaßnahmen
Ergreifen von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen
Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
Dokumentations- und Berichtspflicht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bietet in Fragen und Antworten zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz weiterführende Informationen.
Grundsätzlich sollen auch Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte übernehmen. Bereits seit 2016 gilt der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP), der entsprechende Erwartungen an alle in Deutschland ansässigen Unternehmen formuliert. Das LkSG orientiert sich weitgehend an den Sorgfaltsvorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zwar nicht den gesetzlichen Sorgfaltspflichten des LkSG unterliegen, können trotzdem mit den Anforderungen des Gesetzes in Berührung kommen. Dies ist dann der Fall, wenn ein KMU als Zulieferer von Waren und Dienstleistungen für ein anderes Unternehmen fungiert, das wiederum den LkSG-Pflichten unterliegt. Das KMU gilt dann als unmittelbarer Zulieferer. Unmittelbare Zulieferer, bei denen ein Risiko vermutet wird, müssen von dem verpflichteten Unternehmen in seine konkrete Risikoanalyse und gegebenenfalls in Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie in die Einrichtung seines Beschwerdeverfahrens einbezogen werden. Hilfestellung bietet der KMU Kompass des Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte kompass.wirtschaft-entwicklung.de.
Die gemeinsame Handreichung vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und dem Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern bietet KMU, die mit den Anforderungen des LkSG konfrontiert werden, eine Hilfestellung.
Die Richtlinie (EU) 2024/1760 des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive - CSDDD) wurde am 5. Juli 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie ist am 26. Juli 2024 in Kraft getreten. Die EU-Mitgliedsstaaten haben nach Inkrafttreten der Richtlinie zwei Jahre Zeit, die Anforderungen der CSDDD in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland wird das LkSG entsprechend angepasst.
Im Rahmen der deutschen Außenwirtschaftsförderinstrumente nimmt die Berücksichtigung von Menschenrechten einen hohen Stellenwert ein. Bei der Vergabe von Investitions- und Exportkreditgarantien werden menschenrechtliche Aspekte entsprechend nationaler und internationaler Regelwerke geprüft. Künftig werden keine neuen Bundesdeckungen mehr für Exporteure übernommen, die wegen einer rechtskräftig festgestellten Ordnungswidrigkeit nach LkSG mit einer Geldbuße von mindestens 175.000 Euro belegt wurden und nach § 22 LkSG von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen sind.
Das BAFA kontrolliert als zuständige Prüfbehörde, ob die betroffenen Unternehmen die gesetzlichen Sorgfaltspflichten angemessen erfüllen.
Zu den konkreten Aufgaben gehören:
Überprüfung, ob Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten angemessen nachkommen
Durchführung von Kontrollen, Prüfung von Beschwerden Betroffener
Feststellung, Beseitigung und Verhinderung von Verstößen
Verhängung von Zwangs- und Bußgeldern.
Ferner unterstützt das BAFA die Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten und stellt dafür ein umfangreiches Informationsangebot zur Verfügung.
Auswirkungen des LkSG auf Handels- und Investitionstätigkeiten deutscher Unternehmen in Bezug auf Vietnam
Unternehmen sind verpflichtet, im Rahmen des Risikomanagements Risikoanalysen zur Ermittlung menschenrechtlicher oder umweltbezogener Risiken durchzuführen. Diese sind regelmäßig und anlassbezogen vorzunehmen. Regelmäßige Risikoanalysen beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich und den unmittelbaren Zulieferer (sogenannte regelmäßige Risikoanalyse).
In bestimmten Fällen sind anlassbezogene Risikoanalysen erforderlich, wobei hier die Risiken in der gesamten Lieferkette betrachtet werden müssen, somit auch beim mittelbaren Zulieferer (sogenannte anlassbezogene Risikoanalyse).
Der eigene Geschäftsbereich umfasst dabei jede Tätigkeit zur Herstellung und Verwertung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie an einem Standort im In- oder Ausland vorgenommen wird. Insofern sind die weltweiten Tätigkeiten in sämtlichen Betriebsstätten, Fabriken, Lagern und Büros zu betrachten. Auch bei konzernangehörigen Unternehmen kann der Geschäftsbereich des Tochterunternehmens unter bestimmten Voraussetzungen zum Geschäftsbereich des Mutterunternehmens gehören (vgl. § 2 Abs. 6 LkSG).
Zur (anlassbezogenen) Risikoanalyse und Prävention in der gesamten Lieferkette, also auch bei mittelbaren Zulieferern (mit denen keine Vertragsbeziehung besteht), sind Unternehmen insbesondere verpflichtet, wenn sie substantiierte Kenntnis über mögliche Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette haben (vgl. § 9 Abs. 3 LkSG). Diese besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Verletzung einer menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflicht möglich erscheinen lassen. Tatsächliche Anhaltspunkte sind zum Beispiel Medienberichte, Beschwerden, Vorfälle in der Vergangenheit, Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer besonders risikobehafteten Branche etc.
Insbesondere globale Lieferketten bestehen oft aus einer Vielzahl von mittelbaren Zulieferern, die zudem häufig in Entwicklungs- und Schwellenländern ansässig sind. Hier kann es sich anbieten, entsprechende Teile der Lieferkette bereits in die jährliche Risikoanalyse zu integrieren.
Vietnam setzt für seine wirtschaftliche Entwicklung stärker noch als andere südostasiatische Staaten auf den Export. Insbesondere für Produktgruppen wie Textilien und Bekleidung, Schuhe sowie Möbel, ist Vietnam einer der führenden Exporteure weltweit. Die Textilindustrie gilt weltweit als besonders risikobehafteter Sektor, siehe Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte. In Vietnam zählt die Textil- und Bekleidungsindustrie im Jahr 2024 rund 7.000 Unternehmen mit insgesamt circa 3 Millionen Beschäftigten und ist vor allem in der südöstlichen Region ansässig. Ho-Chi-Minh-Stadt und die umliegenden Provinzen Dong Nai und Binh Duong bilden das Bekleidungs- und Textilzentrum des Landes.
In Vietnam waren im Jahr 2024 rund 530 deutsche Unternehmen ansässig, die circa 49.000 Arbeitsplätze stellen. Dies sind sind vor allem Vertriebsbüros und im Dienstleistungssektor tätige Unternehmen in den Bereichen Consulting, Outsourcing von Geschäftsprozessen (BPO) und Logistik. Etwa 110 deutsche Firmen unterhalten Produktionsstätten im Lande, die überwiegend für den Export produzieren. Mehr als die Hälfte der deutschen Firmen in Vietnam hat sich rund um Ho-Chi-Minh-Stadt niedergelassen.
Viele deutsche Firmen beziehen Produkte aus Vietnam, darunter Handelsketten. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Vietnam betrug im Jahr 2023 rund 17,1 Milliarden Euro, wobei die deutschen Importe 13,6 Milliarden Euro ausmachten. Im 1. Halbjahr 2024 stiegen die Importe gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 9,4 Prozent. Deutschland importiert vor allem Elektronik sowie Schuhe, Textilien und Bekleidung, Möbel und Kaffee.
Produkt | 2023 |
---|---|
Elektronik | 29,8 |
Schuhe | 17,9 |
Textilien/Bekleidung | 14,7 |
Nahrungsmittel | 8,2 |
Elektrotechnik | 3,7 |
Mess- und Regeltechnik | 3,2 |
Taschen und Reiseartikel | 2,7 |
Metallwaren | 2,3 |
Sonstige | 17,8 |
Die nachfolgende Tabelle zeigt den Import von Produkten, die deutsche Unternehmen aus Vietnam beziehen, die mit einem Risiko eines Verstoßes gegen einen oder mehrere der in § 2 Abs. 2 Nr. 1-8 LkSG aufgeführten Verbotstatbestände behaftet sein können: Kinderarbeitsverbot, Verbot der schlimmsten Formen von Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit, Verbot aller Formen von Sklaverei, Verbot der Missachtung von Arbeitsschutz, Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit, Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung, Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns.
Produktgruppe | Produkt | 2023 |
---|---|---|
Nahrungsmittel | Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze, etc. (HS 9) | 511,5 |
...davon Kaffee, nicht geröstet (HS 90111) | 453,0 | |
Früchte und Nüsse (HS 8) | 301,5 | |
...davon Cashew-Nüsse und andere Nüsse (HS 80132) | 266,6 | |
Fische und Krebstiere (HS 3) | 126,2 | |
Textilien/Bekleidung | Schuhe (HS 64) | 2.753,4 |
Bekleidung (HS 61, 62, 63) | 2.180,9 | |
Lederwaren, Taschen und Reiseartikel | Lederwaren, Reiseartikel, Handtaschen (HS 42) | 438,0 |
...davon Ledertaschen und ähnliche Behältnisse (HS 4202) | 400,3 | |
Bearbeitete Waren | Elektrische Maschinen und Geräte (HS 85) | 3.968,4 |
...davon Mobiltelefone (HS 851713) | 1.363,1 | |
Maschinen und mechanische Geräte (HS 84) | 1.498,7 | |
...davon Computer und Laptops (HS 8471) | 525,8 | |
Kunststoff und Kunststoffartikel (HS 39) | 298,0 | |
Spielzeug (HS 95) | 290,3 | |
...davon Spielkonsolen für Videospiele (HS 950450) | 145,1 | |
Eisen und Stahl (HS 73) | 243,7 | |
Möbel (HS 94) | 214,2 |