Special Welt Global Gateway
Global-Gateway-Leuchtturmprojekte 2025: Weniger ist mehr
Für das Jahr 2025 hat die EU deutlich weniger Flagship-Projekte benannt als in den Vorjahren. Dadurch soll Global Gateway an Kontur gewinnen.
20.02.2025
Von Wilhelm Emmrich | Berlin
Die Europäische Union hat 46 neue Leuchtturmprojekte für ihre Infrastrukturinitiative Global Gateway im Jahr 2025 veröffentlicht. Die jährlich ausgewählten Flagships sollen das europäische Engagement im Infrastrukturbau weltweit sichtbarer machen, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Weniger Leuchtturmprojekte in allen Weltregionen
Anders als in den Vorjahren haben sich die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf eine deutlich kürzere Liste geeinigt: Nach 134 im Jahr 2024 sind es 2025 etwas weniger als 50 Projekte. Ziel ist es, die Initiative dadurch übersichtlicher zu machen und strategischer auszurichten; getreu dem Motto "weniger ist mehr". In diesem Sinne hat die EU einige kleinteilige Vorhaben aus den Vorjahren 2025 zu größeren Flagships zusammengefasst, etwa bei den "Green Energy Parks and Green Shipping Corridors" im Nordosten Brasiliens. Dadurch sollen die einzelnen Leuchttürme an Bedeutung gewinnen.
Insgesamt verfolgt die EU damit nun 264 Flagships. Für jedes Projekt definiert die EU Meilensteine, die im jeweiligen Jahr erreicht werden sollen, wie zum Beispiel Machbarkeitsstudien, Ausschreibungen oder Baubeginn.
Mit etwas mehr als der Hälfte der Leuchtturmprojekte bleibt Afrika der regionale Schwerpunkt von Global Gateway. Eines der größten Vorhaben mit deutscher Beteiligung ist der südliche Wasserstoffkorridor (SoutH2-Corridor). Die rund 3.000 Kilometer lange Wasserstoffpipeline wird Algerien und Tunesien über das Mittelmeer mit Italien, Österreich und Deutschland verbinden.
Ebenfalls der Vernetzung Europas mit Nordafrika dient das Medlink-Flagship. Dazu zählen mehrere Erneuerbare-Energie-Projekte in Tunesien, wie das ELMED-Unterseestromkabel nach Italien.
Leichte Verschiebungen gibt es bei der Verteilung der Flagships auf die anderen Weltregionen: Stieg Lateinamerika 2024 noch zur zweitwichtigsten Global-Gateway-Region auf, gibt es dort für 2025 nur sechs neue Flagships – weniger als in der europäischen Nachbarschaft (acht) und kaum mehr als in Asien-Pazifik (fünf). Eines der lateinamerikanischen Vorhaben ist ein Interkonnektor zwischen Peru und Chile, der die Stromnetze beider Länder verbinden soll. Erste Studien zur Umsetzung sollen im 4. Quartal 2025 beginnen. Unterdessen prüft die Europäische Investitionsbank die Finanzierung weiterer Übertragungsleitungen in Lateinamerika.
Derweil setzt sich in Indien das deutsche Global-Gateway-Engagement fort: In Aussicht steht eine Vereinbarung zur Risikoteilung zwischen der deutschen Exportkreditagentur Euler-Hermes und deren indischem Pendant.
Energieprojekte weiterhin stark im Fokus
Nach einem relativen Rückgang 2024 steigt der Anteil von Energie- und Klimaprojekten im Jahr 2025 wieder auf über 50 Prozent an. Wie in den Vorjahren finden sich darunter einige Wasserstoffvorhaben: neben den erwähnten Flagships in Brasilien, Algerien und Tunesien auch in Argentinien, Marokko, Namibia und Mexiko. Die Vorhaben sind allerdings unterschiedlich weit gediehen.
Anders als in den vorangegangenen Jahren gibt es für 2025 nur ein neues Projekt mit direktem Bezug zu kritischen Rohstoffen: Es handelt sich um das Aluminium-Entwicklungsprojekt GIADEC (Ghana Integrated Aluminium Development Corporation) in Ghana.
Die Verteilung der Flagships auf die anderen Global-Gateway-Bereiche – Transport, Digitales, Gesundheit, Bildung und Forschung – fällt 2025 mit einem Anteil von jeweils um die 10 Prozent gleichmäßiger aus als in den Vorjahren.
Im Digitalsektor gibt es deutsche Unterstützung für ein Flagship in Malaysia: Hier wird der Münchener Technologiekonzern Infineon seine Fertigung ausbauen und damit die weltweit größte 200-Millimeter-Halbleiterfabrik (200-Millimeter SiC Power Fab) errichten. Malaysia wird somit seine Position als wichtiger Beschaffungsmarkt für Halbleiter festigen.
Im Transportbereich setzt die EU ihr Engagement in Armenien fort: An der Grenze zu Aserbaidschan soll ein Zoll- und Logistikzentrum (Yerevan Customs and Logistics Centre) entstehen, das sich in eine Reihe regionaler Infrastrukturvorhaben Armeniens einreiht. Ob das Vorhaben jedoch tatsächlich umgesetzt wird, hängt maßgeblich vom noch ausstehenden Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan ab.
Finanzierung von Global Gateway bleibt offene Frage
Wie in den Vorjahren bleiben die ausgewählten Flagships auch 2025 heterogen: Das Spektrum reicht vom nachhaltigen Kakaoanbau in Côte d'Ivoire über kommunale WLAN-Hotspots für den Westbalkan bis hin zum Krankenhausbau in Moldau. Auch hinsichtlich ihres finanziellen Umfangs unterscheiden sich die Projekte recht stark: Die Spanne liegt laut Recherchen von Germany Trade & Invest (GTAI) zwischen einer halben Million und mehreren Milliarden Euro. Viele Flagship-Projekte laufen bereits seit Jahren, andere werden jetzt erstmals ausgeschrieben. GTAI veröffentlicht kostenlos internationale Ausschreibungen und Projektfrühinformationen zu Global-Gateway-Projekten und anderen Infrastrukturvorhaben.
Die Finanzierung von Global Gateway speist sich weiterhin vor allem aus den bestehenden Instrumenten der Entwicklungszusammenarbeit, wie dem Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung Plus (European Fund for Sustainable Development Plus, EFSD+): Deutsche Firmen können davon profitieren – aber nur indirekt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele europäische Länder ihre Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit kürzen. Entscheidend für die künftige Finanzierung von Global Gateway wird der nächste Mehrjährige Finanzrahmen der EU sein. Dieser wird für den Zeitraum 2028 bis 2034 gelten. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits 2025 an.
GTAI berichtet regelmäßig zu Global-Gateway-Flagships:
- 2023: EU einigt sich auf Leuchtturmprojekte für Global Gateway
- 2024: EU nominiert Vorzeigeprojekte für Global Gateway
Hier finden Sie alle GTAI-Informationen zu Global Gateway.