Wirtschaftsumfeld | Asien | Außenhandel
Deutsche Exporte nach Asien-Pazifik wachsen langsamer
Während die Importe aus Asien kräftig steigen, schwächelt der Export 2022. Das lag nicht nur am schlechter laufenden Chinageschäft.
10.03.2023
Von Katharina Viklenko | Bonn
- Ausfuhren wachsen marginal, Einfuhren steigen deutlich
- Südkorea bleibt zweitgrößter Exportmarkt in der Region
- ASEAN-Staaten bieten noch unentdecktes Potenzial
- Deutsche Straßenfahrzeuge, Arzneimittel und Elektronik gefragt
- Alternative Beschaffungsmärkte liegen in Südostasien
- Durchwachsene Prognosen für Entwicklung des Welthandels 2023
Der Warenhandel mit Asien-Pazifik hat für Deutschland kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Im Jahr 2022 summierte sich Warenaustausch mit der Region auf einen neuen Spitzenwert von rund 566 Milliarden Euro – eine Steigerung um fast 100 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Die Coronapandemie, gestörte Lieferketten und geopolitische Spannungen – all das hat die Region stärker in die Aufmerksamkeit deutscher Exporteure und Einkäufer gerückt. Die traditionell starke Rolle als Beschaffungsmarkt gewinnt noch an Bedeutung, während für den Export in der Region neue Absatzmärkte gesucht werden.
Ausfuhren wachsen marginal, Einfuhren steigen deutlich
Mit der Zunahme um 8,4 Prozent im Vergleich zu 2021 blieb die Wachstumsrate der deutschen Exporte nach Asien-Pazifik unterhalb der Entwicklung des deutschen Gesamtexports von 14,2 Prozent. Auf US-Dollar-Basis gingen die Exporte von Waren "made in Germany" in die Region sogar um 3,4 Prozent zurück. Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar im Jahresverlauf 2022 stark an Wert verloren. Im Vergleich wuchsen nur die Exporte nach Nordafrika und in Länder der ehemaligen Gemeinschaft Unabhängiger Staaten langsamer.
Region | 2022 | Veränderung | Anteil2 |
---|---|---|---|
Weltweit | 1.575 | 14,2 | 100,0 |
Westeuropa | 775 | 14,6 | 49,2 |
Mittel- und Osteuropa | 281 | 14,4 | 17,8 |
Asien-Pazifik | 226 | 8,4 | 14,3 |
Nordamerika | 185 | 27,5 | 11,8 |
Naher und Mittlerer Osten | 28 | 11,3 | 1,8 |
Südamerika | 23 | 17,7 | 1,4 |
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) | 22 | -29,0 | 1,4 |
Subsahara-Afrika | 15 | 19,4 | 1,0 |
Nordafrika | 11 | 8,2 | 0,7 |
Zugleich legten die Importe aus Asien-Pazifik 2022 überdurchschnittlich um 30,9 Prozent auf rund 340 Milliarden Euro zu. Auch auf US-Dollar-Basis ergab sich ein zweistelliges Wachstum von immerhin 16,5 Prozent. Mehr als ein Fünftel der Waren stammten 2022 aus der Region, lediglich aus Westeuropa bezog Deutschland mehr Produkte. Das Handelsbilanzdefizit mit Asien-Pazifik hat sich im Jahr 2022 mehr als verdoppelt und erreichte einen Rekordwert von 115 Milliarden Euro. Davon entfielen 84 Milliarden Euro Defizit auf China.
Südkorea bleibt zweitgrößter Exportmarkt in der Region
Lieferungen nach China, wohin traditionell nahezu die Hälfte der deutschen Ausfuhren nach Asien-Pazifik fließt, wuchsen 2022 lediglich um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 106,8 Milliarden Euro. Die Volksrepublik hatte 2022 mit zahlreichen Corona-Lockdowns zu kämpfen, der Inlandskonsum brach ein. Für den deutschen Export verlor China 2022 an Bedeutung und rutschte von Rang 2 auf Platz 4 der größten Abnehmermärkte.
Südkorea war erneut zweitgrößter Abnehmer deutscher Waren in Asien und lag im Ranking vor dem wirtschaftlich größeren Japan. Ausfuhren in weitere bedeutende Absatzmärkte der Region wie Japan, Indien, Australien und Taiwan legten 2022 auf Euro-Basis allesamt zweistellig zu.
ASEAN-Staaten bieten noch unentdecktes Potenzial
Deutsche Exporteure steigerten 2022 ihre Lieferungen in den Staatenverband Südostasiatischer Nationen ASEAN um 8,8 Prozent, wobei die Exporte auf US-Dollar-Basis schrumpften. Die ASEAN-Staaten sind bislang ein vergleichsweise kleiner Absatzmarkt für die deutsche Wirtschaft, rücken aber durch Bemühungen zur Diversifizierung als Alternative zu China stärker in den Fokus.
Vor allem die Lieferungen nach Singapur, entwickelten sich mit der Zunahme um 6,3 Prozent unterdurchschnittlich. Traditionell geht mehr als ein Viertel der deutschen Ausfuhren in die ASEAN in den Stadtstaat Singapur, von wo aus sie weiter in der Region verteilt werden. Das Handelsgeschäft mit der südostasiatischen Handelsdrehschreibe ist daher ein Maßstab für die Entwicklung in den Nachbarländern. Ein Rückgang von 9,1 Prozent ergab sich 2022 bei Lieferungen nach Vietnam, wobei 2021 als Vergleichsjahr ein kräftiges Exportplus verzeichnet hatte. Das Minus von 2022 entfiel vor allem auf die geringere Nachfrage nach Maschinen (-33 Prozent gegenüber 2021), Arzneimitteln (-15,2 Prozent) und Straßenfahrzeugen (-10,5 Prozent).
Deutsche Straßenfahrzeuge, Arzneimittel und Elektronik gefragt
Überproportional entwickelten sich 2022 deutsche Lieferungen nach Asien-Pazifik von Elektronik, Kfz und -Teilen sowie chemischen Erzeugnissen, insbesondere Arzneimitteln. Auch Exporte von Luftfahrzeugen "made in Germany" stiegen um knapp 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch diese Warengruppe ist sehr volatil, große wertmäßige Aufträge innerhalb eines Jahres können die Handelsstatistik stark nach oben oder unten ausschlagen lassen. Am wenigsten legten unter den bedeutendsten Exportkategorien mit einer Steigerung von 4,5 Prozent Maschinen und Anlagen zu.
Warenkategorie | SITC | 2022 | Veränderung |
---|---|---|---|
Gesamt | 0 bis 9 | 225,5 | 8,4 |
Straßenfahrzeuge | 78 | 49,3 | 12,5 |
Maschinen | 71 bis 74 | 43,8 | 4,5 |
Chemische Erzeugnisse, davon | 5 | 37,7 | 9,8 |
Arzneimittel | 54 | 14,7 | 10,5 |
Elektrotechnik | 77 minus 776 | 22,0 | 6,6 |
Elektronik | 75, 76, 776 | 15,5 | 23,5 |
Mess- und Regeltechnik | 87 | 15,4 | 8,0 |
Luftfahrzeuge | 792 | 9,3 | 15,3 |
Nahrungs- und Genussmittel | 0, 1 | 4,2 | 9,3 |
Deutsche Hauptexportprodukte in die Länder der Region Asien-Pazifik *
Auswahl; in Millionen Euro; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent
Alternative Beschaffungsmärkte liegen in Südostasien
Bislang stammt mehr als die Hälfte der aus Asien-Pazifik importierten Produkte aus China. Doch politische Spannungen offenbaren zunehmend Risiken der zu starken China-Fokussierung. Dadurch rücken alternative Sourcingmärkte in den Fokus. Im Jahr 2022 stammten nur 3,8 Prozent alle deutschen Importe aus den ASEAN-Staaten, im Vergleich zu 12,8 Prozent aus China. Die Märkte der Region gehören zu den wachstumsstärksten Ländern der Welt und bieten deutschen Einkäufern noch unentdeckte Potenziale. Dazu zählen die Bereiche Textil und Bekleidung, Metalle, Kunststoffe, Nahrungsmittel, Elektronik sowie Holz und Möbel.
Durchwachsene Prognosen für Entwicklung des Welthandels 2023
Mehrere Institutionen und Forschungsinstitute, darunter Allianz Research und Economic Intelligence Unit, rechnen für das Jahr 2023 mit einer verhaltenen Entwicklung des Warenhandels. Das Beratungsunternehmen Oxford Economics geht in seiner Schätzung vom Dezember 2022 sogar von moderaten Rückgängen des Welthandels 2023 aus. Die steigende Inflation in bedeutenden Abnehmermärkten, nachlassendes Wirtschaftswachstum weltweit und die sinkende globale Nachfrage bremsen auch Chinas Außenhandel. Die Hoffnung ruht auf den übrigen Ländern in Asien-Pazifik, die weiterhin eine dynamische Region für die Weltwirtschaft bleiben. Viel unentdecktes Potenzial bietet neben dem klassischen Güterhandel außerdem der Dienstleistungshandel.
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