Branche kompakt | Indonesien | Automobilsektor
E-Mobility
E-Autos bilden in Indonesien bisher nur eine winzige Nische. Aber ihre Verkäufe sollen über finanzielle Anreize insbesondere für eine Produktion im Land vorangetrieben werden.
25.03.2024
Die Elektromobilität steht in Indonesien trotz staatlicher Subventionierung erst am Anfang. Im Jahr 2023 wurden lediglich 17.000 rein batteriebetriebene Elektroautos (BEV) verkauft. Das ist zwar eine Steigerung von 60 Prozent gegenüber 2022, entspricht aber nur 2 Prozent der gesamten Pkw-Verkäufe. Etwa 0,2 Prozent aller in Indonesien gemeldeten Autos fahren rein batteriebetrieben. Der Automobilverband Gaikindo ist bei Marktprognosen zurückhaltend.
Damit hängt Indonesien bei der Verkehrswende regional hinterher. Denn die E-Auto-Quote etwa in Thailand oder Vietnam ist deutlich höher. Hybrid-Modelle (HEVs) haben in Indonesien eine etwas größere Verbreitung als BEVs, Plug-in-Hybride gibt es fast gar nicht. Immerhin stellt Jakarta derzeit seine gesamte Flotte der Innenstadtbusse auf E-Busse um.
Der Hauptgrund für den geringen BEV-Anteil liegt in den hohen Verkaufspreisen im Vergleich zu Verbrennern. Und in der mangelhaften und außerhalb des Großraums Jakarta fast nichtexistenten Ladeinfrastruktur. Erst knapp über 1.000 Ladestationen des staatlichen Energieversorgers PLN soll es geben. Hinzu kommen Ladestationen der Hersteller Hyundai und Wuling. Wohlhabendere Käufer lassen sich zu Hause eine eigene Ladestation einrichten, sie haben zudem vielfach auch mehrere Verbrenner in der Garage.
Zu hohe Verkaufspreise
Bisher produzieren lediglich Hyundai (Modell Ioniq 5, Preis: circa 50.000 US-Dollar) sowie Wuling (Kleinstwagen Air EV; Preis: 13.000 bis 20.000 US-Dollar) E-Autos in Indonesien. Sie sind die mit Abstand bestverkauften E-Autos im Land. Viele Mittelschichtshaushalte haben gar nicht genügend elektrische Leistung installiert, um auch nur ein kleines Elektroauto zu laden. Wuling bezahlt Käufern des Air EV daher ein Upgrade ihrer elektrischen Leistung durch PLN.
BMW hat 2023 mit seinem iX einen Achtungserfolg erzielt. Das umgerechnet 150.000 US$ teure Modell verkaufte mehr als 600 Stück. Das entspricht 15 Prozent aller in Indonesien verkauften BMWs. Damit war der iX hinter dem Wuling Binguo das am zweitbesten verkaufte nicht im Land produzierte E-Auto.
Produktion vor Ort fördern
Die Regierung propagiert dennoch den Weg weg vom Verbrennerauto, hin zu batteriebetriebenen Fahrzeugen. Um diesen Wandel zu beschleunigen, gewährt sie Herstellern, Importeuren und Käufern finanzielle Anreize. Einer davon geht auf den Präsidialerlass 79/2023 zurück, demnach in Indonesien produzierende Hersteller bis Ende 2025 zusätzlich ihre E-Autos ohne Importzölle und Luxusteuer einführen können, sowohl als CBU (Completely Built-Up) als auch als CKD (Completely Knocked-Down). Darüber hinaus müssen sie die Local-Content-Anforderungen von 40 Prozent erst ab dem Jahr 2026 erfüllen.
Mittel- und langfristiges Ziel ist aber, genauso wie bei den Verbrennerautos, die Anzahl der importierten E-Autos möglichst gering zu halten und eine Produktion im Land zu belohnen. Erste Erfolge stellen sich ein: Chinas BYD und das vietnamesische Vinfast haben den Bau von E-Auto-Fabriken in Indonesien angekündigt. Das signalisiert Vertrauen in das Wachstum des indonesischen E-Auto-Segments. Auch Wuling will ein weiteres E-Modell in Indonesien fertigen.
Kohlestrom statt Importbenzin
Die politisch getriebene Verkehrswende folgt aber nicht in erster Linie grünen Motiven (jenseits der Luftqualitätsverbesserung in den Städten). Vielmehr will Indonesien in erster Line weg vom Importbenzin. Denn das muss der Archipel mangels heimischer Raffineriekapazitäten in großen Mengen importieren. Nicht einmal die Hälfte des eigenen Bedarfs kann im eigenen Land gedeckt werden. Darüber hinaus muss der Treibstoff auch noch an der Tankstelle staatlich subventioniert werden, um ihn für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich zu halten. Jeder Versuch der Subventionskürzung kann zu Großdemonstrationen führen und ist daher ein politisch heikles Unterfangen.
Strom hingegen kann aus heimischer Kohle billig produziert werden. Vor allem auf Java, das für 60 Prozent der indonesischen Wirtschaftsleistung und 75 Prozent der Stromerzeugung steht, sind große Überkapazitäten an Kohlestromerzeugungskapazitäten entstanden, die dringend Abnehmer suchen. Etwa zwei Drittel des indonesischen Stroms werden aus Kohle erzeugt, der Anteil grünen Stroms stagniert seit Jahren bei 13 Prozent. Angesichts der vielen neuen Off-Grid-Eigenverbrauchskraftwerke in der Erzverarbeitung, die in keiner Statistik auftauchen, dürfte der Grünstromanteil real sogar sinken.
Eine baldige substanzielle Senkung des Kohlestromanteils ist trotz zahlreicher Ankündigungen nicht in Sicht, denn die Wirtschaft benötigt günstige Elektrizität. Aber selbst der Strom aus heimischer Kohle ist in Indonesien im Verhältnis zu den Einkommen für den Verbraucher deutlich teurer als in Deutschland. Er wird, genauso wie Benzin, jährlich mit Milliardensummen subventioniert.
Heimische Nickelvorkommen nutzen
Ein weiteres Motiv einer Verkehrswende hin zur Elektromobilität sind die große Reserven an Nickel. Als weltgrößter Förderer will Indonesien diesen Rohstoff für die heimische und weltweite Produktion von E-Auto-Batterien liefern. Derzeit wird an einer kompletten Nickelwertschöpfungskette gearbeitet, von der Erzschmelzung bis zur Batterieproduktion. Indonesien hatte 2020 ein strenges Ausfuhrverbot für Nickelerz verhängt. In der Folge wurde das Erz nicht mehr nach China geliefert, sondern chinesische Unternehmen bauten Nickelschmelzen nahe der Vorkommen auf Sulawesi und den Nordmolukken. Dadurch wurden Fakten geschaffen. Die erfolgreiche Klage der EU gegen das Erzausfuhrverbot bei der WTO (die von Indonesien nun angefochten wird) wird wohl keine Auswirkungen auf den Status Quo haben.
Hyundai will im Jahr 2024 in Westjava erste Batteriezellen herstellen. Chinas CATL hat Milliardeninvestitionen in eine indonesische Batteriezellenfertigung angekündigt. BASF plant auf den Nordmolukken eine Anlage zur Hochdrucksäurelaugung (HPAL - High Pressure Acid Leaching) für die Fertigung von Kathoden für E-Auto-Batterien.