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E-Mobility
Frankreichs Autobauer haben auf E-Mobilität umgeschwenkt. E-Fahrzeuge gewinnen in der Bevölkerung an Akzeptanz. Großzügige Kaufprämien unterstützen und lenken den E-Automarkt.
12.08.2024
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Frankreichs Regierung hat große Pläne im Bereich E-Mobilität. Bereits im Jahr 2027 sollen pro Jahr 800.000 E-Fahrzeuge verkauft werden, eine deutliche Steigerung gegenüber den Verkaufszahlen von knapp 300.000 im Jahr 2023. Ab 2030 sollen 15 Prozent aller auf französischen Straßen fahrenden Pkw elektrisch betrieben sein. Obwohl der französische Gesamtautomarkt noch schwächelt, entwickelt sich der Bereich E-Mobilität lebendig. Der Verein zur Förderung der Elektromobilität Avere schätzt, dass Ende Mai 2024 bereits knapp 1,8 Millionen Elektrofahrzeuge und aufladbare Hybride auf Frankreichs Straßen fuhren, eine Steigerung gegenüber Mai 2023 von 40 Prozent.
2023 | Veränderung 2023/2022 | Januar bis Mai 2024 | Veränderung Januar bis Mai 2024/2023 | |
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Elektrofahrzeuge | 298.522 | 47,0 | 129.064 | 23,2 |
davon Wasserstoff | 306 | 58,5 | 504 | 425,0 |
Hybridautos | 595.242 | 29,6 | 277.797 | 26,8 |
davon aufladbare Hybridautos | 162.952 | 28,8 | 59.643 | -0,7 |
Gesamt | 893.764 | 34,9 | 406.861 | 25,7 |
E-Fahrzeuge gewinnen beim Verbraucher an Akzeptanz. Großzügige Kaufprämien, ein steigendes Bewusstsein für die Notwendigkeit von Klimaschutz und eine verbesserte Ladeinfrastruktur erleichtern Kunden den Übergang zum Elektroauto. Gesetzliche Vorgaben erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre Fuhrparks umzubauen. So sieht das Klimagesetz aus dem Jahr 2021 die schrittweise Elektrifizierung von Unternehmensflotten vor.
Autobauer nehmen die Mittelschicht in den Fokus
Die französischen Autobauer haben sich mittlerweile vollständig auf das Verbrenneraus im Jahr 2035 eingestellt und investieren in den Auf- und Ausbau ihrer E-Fahrzeug-Palette. Renault hat angekündigt, bis 2026 rund 1,5 Millionen Elektrofahrzeuge pro Jahr zu produzieren. Bis 2035 will die Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz 35 neue Elektromodelle auf den Markt bringen. Die Stellantis-Gruppe plant die komplette Elektrifizierung der Produktpalette bis 2030 und sieht bis 2025 Investitionen in Höhe von 30 Milliarden Euro allein für die Elektrifizierung der Mobilität vor. Beide Gruppen investieren nicht nur in die eigene Produktpalette, sondern auch in die Sicherstellung der Zulieferungen, insbesondere bei Batterien und Halbleitern.
Im Fokus der Autobauer steht nunmehr die Erschließung der Mittelschicht. Wurde über Jahre hinweg die Produktion margenstarker, dafür aber teurer Oberklassefahrzeuge priorisiert, steht mittlerweile die Entwicklung erschwinglicher E-Modelle an der Tagesordnung. Ziel ist, gegenüber der starken chinesischen Konkurrenz bestehen zu können. Denn auch die französischen Autobauer befürchten, in den kommenden Jahren wichtige Marktanteile an ausländische Anbieter zu verlieren.
So haben sowohl Stellantis als auch Renault für 2025 E-Kleinwagen angekündigt, die nach Abzug der Kaufprämie für einen Preis von unter 20.000 Euro erhältlich sein sollen. Renault legt seinen ikonischen R5 als E-Variante wieder auf, Stellantis geht mit dem C3 in das Rennen um Marktanteile in der Mittelschicht. Zudem hat sich Stellantis im Mai 2024 beim chinesischen E-Auto-Hersteller Leapmotor eingekauft. Ab September 2024 sollen die im Vergleich kostengünstigen Leap-Modelle auch in Frankreich vertrieben werden.
Kaufprämien lenken die Nachfrage
Noch sind chinesische E-Auto-Anbieter verhältnismäßig schwach vertreten. Allerdings gewannen in den vergangenen Jahren chinesische Marken wie MG oder BYD nach Markteintritt zügig Neukunden. Der E-Auto-Markt aber ist in Bewegung und diversifiziert sich laufend. Käufer agieren preissensibel, Änderungen bei staatlichen Förderprämien und damit Fahrzeugendpreisen schlagen unmittelbar auf das Kaufverhalten durch. Dies zeigte sich zuletzt bei der Aufhebung des Kaufbonus für in China produzierte Fahrzeuge seit dem 15. Dezember 2023. Sowohl MG als auch die bis dahin sehr beliebten Modelle Dacia Spring und Tesla Model 3 verloren rapide an Käufergunst.
Die auch auf Hinwirken Frankreichs durch die EU eingeführten Strafzölle auf den Import von in China produzierte Fahrzeuge dürfte die Nachfrage nach in China produzierten Modellen zumindest zeitweise weiterhin drosseln. Die am 5. Juli 2024, zunächst vorübergehend, in Kraft getretenen Zölle in Höhe von 17,4 bis 37,6 Prozent des Nettopreises betreffen aber nicht nur Fahrzeuge rein chinesischer Herkunft. Auch der in China produzierte BMW iX3 sowie Teslas Model 3 sind betroffen.
Ausbau von Ladestationen geht in hohem Tempo voran
Die Ladeinfrastruktur wird in hohem Tempo ausgebaut. Ende März 2024 waren in Frankreich knapp 130.000 öffentlich zugängliche Ladestationen in Betrieb, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 33 Prozent. Die Gesamtzahl der privaten und öffentlichen Ladestationen beziffert der Netzbetreiber Enedis auf knapp 2 Millionen. Im neuen Rahmenvertrag mit der Autoindustrie hat sich die Regierung verpflichtet, bis 2027 die Anzahl öffentlicher Ladestationen auf 400.000, davon 25.000 Schnellladestationen, zu steigern.
Auch der Ausbau der nicht- oder semi-öffentlichen Lademöglichkeiten steht im Fokus. Über das Programm Advenir sollen bis 2025 in Betrieben, Mehrfamilienhäusern sowie öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen insgesamt 175.000 Ladestationen eingerichtet werden. Das Förderprogramm mit einem Gesamtvolumen von 320 Millionen Euro stellt Zuschüsse zwischen 600 und 9.000 Euro pro Station in Aussicht.
Zukunft der Kaufprämien ist unsicher
Um die Elektromobilität anzuschieben, fördert der Staat mit Kaufprämien in Höhe von bis zu 4.000 Euro. Die Kaufprämie wird, in Abhängigkeit von Kriterien wie Wohnort, Einkommen und Altfahrzeug durch staatliche Umwandlungsprämien sowie lokale finanzielle Hilfen ergänzt. So können die Kaufhilfen im Einzelfall bis zu 18.000 Euro erreichen. Allerdings profitieren seit dem 15. Dezember 2023 nur noch Fahrzeuge von den Förderprämien, die bei der Produktion Umwelt- und Emissionskriterien einhalten. Faktisch sind damit in China produzierte E-Autos von einer Förderung ausgeschlossen. Ob diese Kaufanreize auch in Zukunft beibehalten werden können, ist angesichts der angespannten Finanzlage der öffentlichen Haushalte unsicher.
Förderung |
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Bonus Écologique | Ab 14. Februar 2024 |
Neue Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge (Kaufpreis bis 47.000 Euro), für Privatkäufer | 27 % des Kaufpreises (maximal 4.000 Euro) |
Elektrofahrzeuge (Kaufpreis bis 45.000 Euro), für Firmenkunden | 27 % des Kaufpreises (maximal 5.000 Euro) |
Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Lieferwagen, Neukauf, für Privatkäufer | 27 % des Kaufpreises (maximal 5.000 Euro) |
Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Lieferwagen, Neukauf, für Firmenkunden | 27 % des Kaufpreises (maximal 3.000 Euro) |
Aufladbare Hybridfahrzeuge (CO2-Ausstoß zwischen 21 und 50 g/km; Kaufpreis bis 50.000 Euro; Reichweite über Elektroantrieb über 50 km) | 0 Euro |
Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Lastkraftwagen | 0 Euro |
Elektrische oder mit Wasserstoff betriebene Busse | 0 Euro |
Prime à la Conversion | bis zu 5.000 Euro |
Zuschlag zur Prime à la Conversion in Zones à faibles émissions | bis zu 3.000 Euro |
Lokale Zuschläge (z.B. Großraum Paris) | bis zu 6.000 Euro |
Für den Kauf von Verbrennerautos fallen hingegen Sonderabgaben an, die in Abhängigkeit vom Gewicht und CO2-Ausstoß bis zu 60.000 Euro erreichen können.
Sonderabgaben (CO2-Grenzwerte* und Gewicht) | |
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Seit 1. Januar 2021 | 50 Euro (133 g/km) bis 30.000 Euro (über 218 g/km) |
seit 1. Januar 2022 | 50 Euro (128 g/km) bis 40.000 Euro (über 233 g/km) + Sonderabgabe auf Gewicht ab 1,8 t (10 Euro/kg); aber insgesamt maximal 40.000 Euro |
Ab 1. Januar 2023 | 50 Euro (123 g/km) bis 50.000 Euro (über 225 g/km) + Sonderabgabe auf Gewicht ab 1,8 t (10 Euro/kg); aber insgesamt maximal 50.000 Euro |
Ab 1. Januar 2024 | 50 Euro (118 g/km) bis 60.000 Euro (über 193 g/km) + Sonderabgabe auf Gewicht ab 1,6 t (10 bis 30 Euro/kg); aber insgesamt maximal 60.000 Euro |