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Branche kompakt | Brasilien | Kfz-Industrie

Neues Förderprogramm soll Kfz-Industrie in Brasilien beleben

Neue Mobilitätskonzepte, das aufkommende Elektrozeitalter und der Einstieg chinesischer Anbieter verändern den Markt. Die Branche hofft auf das neue Förderprogramm "Mover".

Von Gloria Rose | São Paulo

Ausblick der Kfz-Branche in Brasilien

Bewertung:

  • Absatz von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen soll 2024 um mindestens 6 Prozent steigen.
  • Chinesische Hersteller treiben die Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen voran.
  • Der Verkauf von Schwerfahrzeugen kann 2024 sogar zweistellig zulegen (Lkw: +10 Prozent, Busse: +20 Prozent).
  • Das neue Förderprogramm Mover stimuliert die Produktion und neue Investitionen in Brasilien.

Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Februar 2024

  • Markttrends

    E-Autos aus China drängen auf den Markt und steigern den Kfz-Import. Hohe Neuwagenpreise und neue Lösungen für die Mobilität verändern Nachfrage und Handel.

    Chinesische Autohersteller sind in Brasilien auf dem Vormarsch. Im Dezember 2023 stieg BYD zum zehntgrößten Anbieter auf dem Pkw-Markt auf. Zusammen mit Great Wall Motors (GWM), JAC Motors und Chery (in Joint Venture mit dem brasilianischen Unternehmen Caoa) sorgte BYD 2023 für eine Verdreifachung der Kfz-Importe aus China. Damit überholte die Volksrepublik Mexiko und Deutschland und ist nach Argentinien das zweitwichtigste Kfz-Lieferland Brasiliens.

    Ende 2023 verabschiedete die Regierung zwei Maßnahmen, die den Import von Elektromobilen künftig bremsen können:

    • schrittweise Aufhebung der Vergünstigungen für E-Autos und Hybrid-Kfz bei der Importsteuer bis 2026 (nähere Informationen siehe Kapitel "E-Mobility")
    • Verabschiedung des neuen Förderprogramms "Mover" mit verschiedenen Anreizen für die Produktion und Montage vor Ort (siehe "Branchenstruktur")

    Doch den Vormarsch chinesischer Modelle dürften diese Maßnahmen kaum stoppen. Denn BYD und GWM investieren bereits in eigene Werke in Brasilien.

    6 .

    größter Kfz-Markt weltweit ist Brasilien nach China, den USA, Indien, Japan und Deutschland

    Gute Absatzaussichten für 2024

    Sinkende Zinsen und die Stabilisierung der Preise versprechen gute Aussichten für den Kfz-Markt 2024. So erwartet der Verband der Kfz-Händler Fenabrave , dass 12 Prozent mehr Pkw und leichte Nutzfahrzeuge verkauft werden als 2023. Der Verkauf von Lkw soll um 10 Prozent steigen. Ein noch höheres Wachstum prognostiziert der Verband beim Absatz von Bussen: Um 20 Prozent könnten die Verkäufe zulegen, denn aufgrund der hohen Flugpreise steigen die Brasilianer wieder auf Langstreckenbusse um. Der Herstellerverband Anfavea ist zurückhaltender und erwartet für 2024 ein Wachstum des Kfz-Markts von 6,1 Prozent.

    Im Jahr 2023 entwickelte sich der Absatz von Kfz deutlich besser als erwartet. Trotz hoher Zinsen und des weiter hohen Preisniveaus für Kfz stiegen die Neuzulassungen um 9,7 Prozent. Dabei hatte Fenabrave ursprünglich mit einer Stagnation gerechnet. Von der Coronakrise hat sich der Markt noch nicht erholt. Mit 2,3 Millionen Neufahrzeugen lag der Kfz-Absatz 2023 rund 17 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2019.

    Die einzelnen Segmente entwickelten sich 2023 unterschiedlich. Während die Verkäufe von Pkw um 9,1 Prozent und die von leichten Nutzfahrzeugen um 20,4 Prozent stiegen, brach der Absatz von Lkw um 16,4 Prozent ein. Grund hierfür sind die Einführung der Abgasnorm Euro 6 Anfang 2023 und drastische Preissteigerungen.

    Geländewagen dominieren

    Sport Utility Vehicles (SUV) sind seit 2020 die beliebteste Fahrzeugklasse und beherrschen selbst das Luxussegment. Im Jahr 2023 kamen Geländewagen auf einen Marktanteil von 45 Prozent, gefolgt von kleinen Kombilimousinen mit Schrägheck (Hatchback) mit 28 Prozent. Das meistverkaufte Auto war erneut der Pickup Fiat Strada, vor dem VW Polo, GM Onix und Hyundai HB20.

    Auf das Luxussegment entfallen in Brasilien weniger als 2 Prozent der Neuzulassungen von Pkw. Marktführer war 2023 erneut BMW – vor Volvo, Audi und Porsche. Mercedes-Benz musste Rückschläge hinnehmen und fiel hinter Landrover zurück auf den 6. Platz.

    Die Neuzulassungen von Lkw entfielen 2023 jeweils zu 24 Prozent auf Mercedes-Benz do Brasil (Daimler Truck AG) und Volkswagen Caminhões e Ônibus (Traton Group), zu 20 Prozent auf Volvo und zu 16 Prozent auf Scania. Bei Bussen beherrscht Mercedes-Benz mit einem Anteil von zwei Dritteln den Markt. 

    Der Motorradmarkt boomt ungebrochen. Für 2023 registrierte Fenabrave einen Zuwachs um 16 Prozent auf circa 1,5 Millionen Neuzulassungen. Honda ist klarer Marktführer mit einem Anteil von über 72 Prozent, gefolgt von Yamaha mit 18 Prozent.

    Neuzulassungen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nach Herstellern in Brasilien (Stückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent)

    Hersteller

    Absatz 2023

    Veränderung 2023/2022

    Marktanteil 2023

    Fiat

    475.517

    10,5

    21,8

    Volkswagen

    344.995

    28,2

    15,8

    General Motors

    328.020

    12,6

    15,1

    Toyota

    192.276

    0,5

    8,8

    Hyundai

    186.235

    -0,8

    8,6

    Jeep

    126.957

    -7,7

    5,8

    Renault

    126.269

    -0,4

    5,8

    Nissan

    72.548

    35,2

    3,3

    Quelle: Fenabrave 2024

    Brasilianer sind digitalaffin. Vernetzte Mobilität liegt im Trend. Über die Plattform OnStar sind etwa eine halbe Million Fahrzeuge vernetzt, so Marktführer Chevrolet. Bis 2030 dürfte sich die Zahl vernetzter Autos alljährlich verdoppeln, erwartet Stellantis. Die wichtigsten Trends sind Internetzugang per integriertem WLAN, Sicherheitstechnologien, Fahrzeugdiagnose-Funktionen und Notfallsysteme. Der Zugang zu verlässlichen Daten dürfte den Markt für Versicherungen beleben, der bislang nur 30 Prozent der Kfz schützt.

    Im Bergbau und in der Landwirtschaft werden erste autonome Nutzfahrzeuge eingesetzt. Den Straßenverkehr in Brasilien dürfte autonomes Fahren jedoch erst in ferner Zukunft erreichen.

    Gebrauchtwagen boomen

    Hohe Neufahrzeugpreise, lange Lieferzeiten und der steuerlich begünstigte Direktverkauf stimulierten seit Ausbruch der Coronapandemie den Gebrauchtwagenhandel. Hinzu kommen die seit 2021 stark gestiegenen Zinsen, die die Kreditfinanzierung erheblich erschweren. Im Jahr 2023 wurden 14,4 Millionen gebrauchte Pkw und leichte Nutzfahrzeuge gehandelt. Besonders beliebt sind Kleinwagen wie VW Gol und Fiat Uno. Seit dem Jahr 2021 sinken die Gebrauchtwagenpreise wieder. Dennoch verlieren Fahrzeuge in Brasilien deutlich langsamer an Wert als in entwickelten Märkten.

    Neue Mobilitätslösungen verändern den Kfz-Markt

    In den Metropolen leisten sich immer weniger Haushalte ein eigenes Auto. Für den Fahrdienstvermittler Uber ist Brasilien der zweitgrößte Markt weltweit, nach den USA. Uber konkurriert mit der App 99 des chinesischen Anbieters Didi und der lokalen MobizapSP um die wachsende Nachfrage. Bei Langstrecken steht seit Ende 2021 das deutsche Start-up Flixbus im Wettbewerb mit den brasilianischen Plattformen Buser, Wemobi, ClickBus und Quero Passagem. 

    Die neuen Geschäftsmodelle stärken den Kfz-Verleih. Die Zahl der Mietautos stieg 2023 auf 1,56 Millionen. Localiza, Unidas, Movida und kleinere der etwa 17.000 Autovermietungen verhandeln Preisabschläge und erwerben Kfz direkt von den Herstellern. Das lohnt sich, zumal beim Direktkauf Steuervorteile bestehen. Mittlerweile erfolgt die Hälfte des Kfz-Vertriebs in Brasilien über den Direktverkauf. Mit den rückläufigen Preisen am Gebrauchtwagenmarkt stabilisiert sich der Trend allmählich. Dafür kommen nun Abo-Modelle auf. Der Kfz-Verleih abonniert bereits 10 Prozent seines Fuhrparks.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Branchenstruktur

    Nach der Stagnation im Vorjahr soll die Produktion 2024 wieder anziehen. Das neue Förderprogramm "Mover" animiert die Kfz-Industrie zu Investitionen.

    Die brasilianischen Kfz-Hersteller konnten 2023 nicht von der positiven Dynamik auf dem Kfz-Markt profitieren. Während der Absatz von Neuwagen um 9,7 Prozent stieg, registrierte der Herstellerverband einen leichten Rückgang der Produktion um 1,9 Prozent. Dabei war Anfavea zu Jahresbeginn noch von einem Wachstum von 2,2 Prozent ausgegangen. Auch von dem Einbruch im Zuge der Coronakrise hat sich die Branche noch nicht erholt. Mit 2,32 Millionen Kfz lag die Produktion 2023 rund 16,6 Prozent unter dem Niveau des Vorkrisenjahrs 2019.

    Nach dem schwachen Jahr 2023 dürften die Autobauer 2024 wieder mehr Kfz in Brasilien herstellen. Anfavea geht von einem Zuwachs um 6,2 Prozent aus. Positive Impulse kommen von der Steuerreform, sinkenden Zinsen, dem stabileren Wechselkurs und der aufgestauten Nachfrage. Auch die Ende 2023 beschlossenen höheren Steuern auf importierte E-Autos und das neue Förderprogramm "Mover" verbessern die Aussichten für die Branche.

    Konkurrenz aus China bremst die Produktion in Brasilien

    Allerdings wächst ein neuer Konkurrent heran: Mit günstigen E-Autos gewinnen chinesische Anbieter Marktanteile und untergraben die Nachfrage nach brasilianischen Kfz. Im Jahr 2023 machten Importwagen 15,2 Prozent der Neuzulassungen aus, zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Im Januar 2024 stammten bereits 19,4 Prozent der neu zugelassenen Kfz aus dem Ausland. Während der Import um 54 Prozent über dem des Vorjahresmonats liegt, fiel der Export um 43 Prozent.

    Die Auftragslage in Argentinien, Brasiliens wichtigstem Exportmarkt, schwächelt seit Jahren. Aber auch in den anderen Märkten der Region wie Mexiko, Kolumbien und Chile geht die Nachfrage nach in Brasilien gefertigten Fahrzeugen zurück. Ebenso wie in Brasilien selbst setzen sich in ganz Lateinamerika zunehmend Importe aus China durch.

    Allein in Argentinien entging der brasilianischen Kfz-Industrie 2023 ein Marktvolumen von 100.000 Kfz, schätzt Anfavea. Angesichts der Krisenherde war die Erleichterung bei dem Branchenverband groß über das neue Förderprogramm, dass die Regierung nach monatelangem Aufschub zum Jahreswechsel 2023/24 beschloss.

    Im Zuge der weltweiten Neuausrichtung des Kfz-Sektors hat Brasilien in den vergangenen Jahren an Produktionskapazität verloren. Stellantis, Toyota und Mercedes-Benz verschlankten die Produktion. Ford zog sich 2021 ganz aus dem Land zurück und Branchenbeobachter spekulieren, welcher Konzern der nächste ist.

    Förderprogramm "Mover" bietet Grundlage für neuen Investitionszyklus

    Angesichts dieser Lage diskutierte die Regierung das gesamte Jahr 2023 über die neuen Vorgaben der Industrieförderung. Letztlich fruchteten die Forderungen der lokalen Autobauer. Bereits ab Januar 2024 werden die Steuerbegünstigungen für importierte E-Autos schrittweise zurückgenommen. Mitte 2026 fällt auch auf E-Autos der Kfz-Importsteuersatz von 35 Prozent an. Die zusätzlichen Einnahmen dienen der Finanzierung des Programms "Mover", das die Regierung am vorletzten Tag des Jahres 2023 beschloss. Für das Programm stellt der Staat bis 2027 rund 3,8 Milliarden US-Dollar (US$) zur Verfügung.

    Mover steht für "Mobilidade Verde e Inovação". Das heißt auf Deutsch: Grüne Mobilität und Innovation. Wie bei den Vorgängerprogrammen "InovarAuto" und "Rota 2030" sollen neue Kfz bis 2030 nur noch halb so viel CO2 erzeugen. Neu ist, dass Mover den kompletten Energiezyklus berücksichtigt, um die Schadstoffemissionen möglichst korrekt abzubilden. Demnach wird auch der Transport von Kraftstoffen sowie der Anbau von Zuckerrohr für Bioethanol betrachtet. Ab 2027 zählen sogar die Schadstoffemissionen entlang des kompletten Produktlebenszyklus, also von der Produktion einzelner Komponenten über den Betrieb bis zur Entsorgung des Kfz. Ein Mindestrecyclinganteil ist vorgesehen.

    Im Unterschied zu Rota 2030 setzt Mover Anreize für die Produktion und Beschäftigung vor Ort. Um die Produktion, beispielsweise von Verbrennern aus den USA und Europa, möglichst kostengünstig nach Brasilien zu verlagern, erlaubt das Programm den Import gebrauchter Fertigungslinien. Im Fokus von Mover stehen Forschung und Entwicklung. Bei der Dekarbonisierung des Verkehrs soll Brasilien weltweit zu den Vorreitern gehören. Zur Regulierung fehlen aber noch die konkrete Ausgestaltung und die Verabschiedung des Programms im Kongress. 

    Auch der Händlerverband Fenabrave begrüßte das Programm. Branchenexperten weisen jedoch darauf hin, dass die Kfz-Preise in Brasilien dadurch weiter ansteigen. Bei einem Großteil der Bevölkerung dürfte das den Trend hin zu neuen Mobilitätslösungen weiter beflügeln, darunter zu Carsharing-Diensten, Auto-Abos und anderen "Mobility as a Service"-Geschäftsmodellen. 

    Anfavea feiert das Programm Mover und erwartet, dass die Kfz- und Kfz-Teile-Industrie bis 2029 rund 20 Milliarden US$ investiert. Einige globale Headquarter kündigten bereits neue Investitionen an, darunter auch VW und GM. Aber auch die chinesischen Hersteller Great Wall Motors (GWM) und BYD nehmen Geld in die Hand. GWM übernahm 2021 das Mercedes-Benz-Werk in Iracemápolis (São Paulo) und BYD die ehemalige Ford-Fabrik in Camaçari (Bahia).

    Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Brasilien
    Akteur

    Vorhaben

    Investitionssumme (in Mio. US$) 1)

    Projektstand

    Anmerkungen

    StellantisInvestitionen in neue Modelle, Motoren, Konnektivität und Modernisierung in den Werken Betim (Minas Gerais), Goiana (Pernambuco) und Porto Real (Rio de Janeiro)

    3.740

    Investitionszyklus 2019 bis 2025Investitionen im Rahmen des Förderprogramms "Rota 2030" erweitert im Jahr 2023, für Februar 2024 wird ein neuer Investitionsplan erwartet; im Januar 2024 erwarb Stellantis das brasilianische Unternehmen DPaschoal und ist damit der größte Kfz-Teile-Distributeur in Lateinamerika
    VolkswagenInvestitionen in vier komplett neue Modelle in den Werken São Bernardo do Campo und Taubaté im Staat São Paulo sowie in São José dos Pinhais (Paraná)

    3.200

    Investitionszyklus 2020 bis 2028Ankündigung im Januar 2024: VW verdoppelt bisherigen Investitionsplan 
    General Motors (GM)Modernisierung der Werke, Markteinführung neuer Modelle und Dienstleistungen mit dem Fokus auf nachhaltige Mobilität

    1.400

    Investitionszyklus 2024 bis 2028GM kündigte die Investitionen am 24. Januar 2024 an.
    RenaultNeue Produktionslinien im Werk in São José dos Pinhais (Paraná)

    1.020

    Investitionszyklus 2022 bis 2025Ankündigung im Juni 2022, Erweiterung im Dezember 2023
    Chery 2)Modernisierung des Werks in Anápolis (Goiás) und ggf. in Jacareí (São Paulo) sowie Produktion der Chery-Marken Omoda und Jaecoo ab 2025

    900

    Investitionszyklus 2023 bis 2028Ankündigung im August 2023
    Great Wall Motors (GWM)Übernahme und Modernisierung des ehemaligen Werks von Mercedes-Benz in Iracemápolis (São Paulo) zur Produktion von Kfz mit Elektro- und Hybrid-Antrieb

    800

    Investitionszyklus 2022 bis 2025, Inbetriebnahme des Werks Anfang 2024Bestätigung im Januar 2024, für den 2. Zyklus von 2026 bis 2032 plant GWM Investitionen in Höhe von 1,2 Milliarden US$
    BYDÜbernahme und Modernisierung des Ford-Werks in Camaçari (Bahia) zur Produktion von 150.000 E-Autos pro Jahr sowie Eröffnung eines Forschungszentrums

    600

    Investitionszyklus ab 2023, Produktion ab Mitte 2024Ankündigung im Juli 2023; weitere Vorhaben: Ausbau der Kapazität auf 300.000 Kfz pro Jahr im Jahr 2025, Bau eines Werks für Lkw- und Bus-Chassis sowie Förderung von Lithium für Batterien; hierzu verhandelte BYD im Januar 2024 die Übernahme des brasilianischen Bergbaukonzerns Sigma Lithium, bislang jedoch erfolglos
    NissanModernisierung des Werks in Resende (Rio de Janeiro) und Fertigung neuer Modelle

    560

    Investitionszyklus 2022 bis 2025Ankündigung im April 2022, Erweiterung im November 2023
    ToyotaModernisierung im Werk Indaiatuba (São Paulo), Fertigung von neuem Hybridmodell mit Flex Fuel-Antrieb in Sorocaba (São Paulo)

    380

    Produktionsbeginn des Hybrid Flex Ende 2024Ankündigung im Jahr 2022 und im April 2023
    1 umgerechnet zum Durchschnittswechselkurs 2023: 1 US$ = 5,00 R$; 2 in einem Joint Venture mit der brasilianischen CAOA Group.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Kfz-Zulieferer exportieren mehr

    Die brasilianischen Zulieferer rechnen mit einer steigenden Nachfrage der heimischen Kfz-Industrie und erhöhen die Investitionen. Im Jahr 2023 erwirtschaftete die Branche ein kleines Umsatzplus von 1,9 Prozent. Für das Jahr 2024 erwartet der Verband der Kfz-Zulieferer Sindipecas ein nominales Wachstum um 4 Prozent.

    Anders als der Kfz-Industrie gelingt es den Zulieferern, neue Zielmärkte zu erschließen und den Export zu erweitern. Zudem ging das Importvolumen im vergangenen Jahr zurück. Dennoch importiert Brasilien heute deutlich mehr Kfz-Teile als vor der Coronakrise. Deutschland ist nach China und den USA das drittwichtigste Lieferland. Wichtigste importierte Kfz-Teile sind Schaltgetriebe, Getriebegehäuse und Karosserieteile.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Brasilien (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)
     

    2022

    Veränderung 2022/2021

    aus Deutschland

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    1.062

    15,2

    65

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    8.314

    7,5

    876

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    434

    10,8

    10

    SITC 713.2 Motoren

    1.138

    13,0

    36

    Summe

    10.947

    8,9

    987

    Quelle: UN-Comtrade 2024

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • E-Mobility

    Brasilien setzt seit Jahrzehnten auf Bioethanol und steht bei E-Mobilität noch ganz am Anfang. Doch im Jahr 2023 verdoppelte sich die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen.

    Elektrifizierung nimmt an Fahrt auf

    Die E-Mobilität hält in Brasilien langsamer Einzug als in vielen Ländern. Doch seit 2021 kommen verstärkt Batterie-Elektrofahrzeuge (BEV) und Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge (PHEV) auf den Markt. Für Nachfrage sorgen die Nachhaltigkeitsstrategien großer Handelsketten und Logistikdienstleister sowie neue Mobilitätsdienste. Weitere Faktoren sind die stark gestiegenen Kraftstoffpreise, die wachsende Auswahl an Modellen und der Ausbau der Ladeinfrastruktur in den Metropolregionen. Im Jahr 2023 erschlossen chinesische Hersteller den brasilianischen Markt über den Import preisgünstiger E-Autos. Die Neuzulassungen verdoppelten sich. 

    Zuvor beherrschten zwei HEV-flex-Modelle von Toyota (Vollhybridmodelle auf Bioethanol-Basis) den Markt. Im Jahr 2022 entfiel rund 40 Prozent der Nachfrage nach Elektrofahrzeugen auf den Corolla und den Corolla Cross. Die Pionierrolle Brasiliens bei Biokraftstoffen zögerte das Aufkommen von Batterie- und Plugin-Hybrid-Elektrofahrzeugen bislang hinaus. Schließlich verringert Brasilien bereits seit Jahrzehnten seine CO2-Emissionen im Verkehr durch den Einsatz von Bioethanol. Die Zuckerrohr-Ethanol-Industrie ist somit ein wichtiger Stakeholder, wenn es um die Zukunft der Mobilität in Brasilien geht.

    Neuzulassungen von E-Autos und Hybriden nach Herstellern in Brasilien (Stückzahl; Veränderung in Prozent) *)

    Hersteller

    Absatz 2022

    Absatz 2023

    Veränderung 2023/2022

    Toyota

    20.727

    21.042

    1,5

    BYD

    260

    17.943

    6.801,2

    Caoa Chery

    6.841

    11.835

    73,0

    GWM

    10

    11.473

    114.630,0

    Volvo

    5.264

    8.179

    55,4

    BMW

    3.041

    4.431

    45,7

    * ohne Schwerfahrzeuge.Quelle: ABVE 2024

    In Brasilien werden Elektrofahrzeuge nur auf Sparflamme gefördert. Zum Schutz der heimischen Kfz-Industrie wird die Befreiung von E-Autos von der Importsteuer seit Januar 2024 schrittweise zurückgenommen. BYD und GMW dürften den Aufschlag jedoch nicht an die Käufer weitergeben. Statt dessen erwarten Marktbeobachter, dass beide Hersteller die Investitionen vorantreiben und die lokale Produktion früher aufnehmen als angekündigt. 

    Das neue Industrieförderprogramm "Mover" legt jedoch keinen einfachen Mechanismus fest, der E-Mobilität an sich begünstigt. Ziel ist es vielmehr, die Emissionen auf allen Ebenen der Mobilität zu erfassen und zu vermeiden, also sowohl bei der Herstellung als auch Entsorgung der Kfz und Batterien sowie beim Zuckerrohranbau und Transport von Kraftstoffen. 

    Zunehmend bieten die Bundesstaaten und große Metropolen Vergünstigungen für Elektrofahrzeuge an. Beispielsweise minderte der Bundesstaat São Paulo die Umsatzsteuer und die Stadt São Paulo lockerte die Verkehrsauflagen. Einige Bundesstaaten setzen die jährliche Kfz-Steuer auf Elektrofahrzeuge herab.

    Bioethanol prägt die Dekarbonisierung des Verkehrs in Brasilien

    Die chinesischen Hersteller senken die Verkaufspreise. Elektrofahrzeuge werden damit für einen immer größeren Anteil der Konsumenten attraktiv. Auch wenn sich die Neuzulassungen im Jahr 2023 verdoppelten, machten Kfz mit Elektroantrieb im Jahresdurchschnitt nur 4,3 Prozent der Neuzulassungen aus. Bis 2030 soll dieser Anteil auf 12 bis 22 Prozent steigen, besagt eine Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group für den Herstellerverband Anfavea. 

    Neuzulassungen von E-Autos und Hybriden in Brasilien (Stückzahl, Veränderung und Marktanteil in Prozent)

    Kategorie

    2023

    Veränderung 2023/2022

    Marktanteil 2023

    HEV 1)

    15.435

    126,4

    16,4

    HEV Flex 2)

    26.133

    10,6

    27,8

    PHEV 3)

    33.049

    219,4

    35,2

    BEV 4)

    19.310

    128,3

    20,6

    Insgesamt

    93.927

    90,7

    100,0

    1 Hybrid-Elektrofahrzeuge (HEV); 2 Hybrid-Elektrofahrzeuge auf Bioethanol-Basis (HEV flex); 3 Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge (PHEV); 4 Batterie-Elektrofahrzeuge (BEV).Quelle: ABVE 2024

    Bei 83 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen in Brasilien und 74,4 Prozent des gesamten Fahrzeugbestands handelt es sich um sogenannte Flex-Fuel-Fahrzeuge, die sowohl mit Benzin als auch mit Bioethanol betrieben werden. Der Anteil reiner Benziner ist mittlerweile auf 13,5 Prozent gefallen. Rund 11,5 Prozent des Gesamtbestands sind Dieselfahrzeuge.

    Nach Daten des Verbands der Kfz-Zulieferer Sindipecas stieg der gesamte Kfz-Bestand 2022 um 0,6 Prozent auf 46,9 Millionen Fahrzeuge, von denen lediglich 14,2 Prozent importiert wurden. Das durchschnittliche Fahrzeugalter nimmt seit 2014 stetig zu und liegt aktuell bei zehn Jahren und sieben Monaten.

    Als größte Hürde für die Elektromobilität gilt die ungenügende Ladeinfrastruktur. Trotz der kontinentalen Ausmaße des Landes stehen in Brasilien heute nur etwa 4.000 öffentliche und halböffentliche Stationen bereit. Elektromobilität eignet sich somit ausschließlich für den Stadtverkehr und nicht für Langstrecken über Land. Für den Ausbau der Ladeinfrastruktur muss Brasilien bis Ende 2035 etwa 2,8 Milliarden US-Dollar (US$) investieren, gibt der Herstellerverband Anfavea an, auf Grundlage von Berechnungen des E-Auto-Verbands ABVE.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Rahmenbedingungen

    Seit Anfang 2024 sind E-Autos nicht mehr von der Importsteuer befreit. Bis Mitte 2026 wird der Zollsatz auf sie nach und nach auf die üblichen 35 Prozent angehoben.

    Brasilien erhebt Importsteuer auf Elektrofahrzeuge

    Die Regierung verfolgt das Ziel, den Trend zur Deindustrialisierung in Brasilien zu stoppen und neue Industriebetriebe anzulocken. Dabei setzt sie nicht zuletzt auf die gute Verfügbarkeit günstiger grüner Energie im Land. Um Anreize für Investitionen in die E-Auto-Produktion zu schaffen, kündigte die Regierung im November 2023 an, den Import von Elektrofahrzeugen zu besteuern. Seit Januar 2024 fällt bei der Einfuhr von Batterie-Elektrofahrzeugen ein Zollsatz von 10 Prozent an. Ab Juli 2024 steigt der Satz auf 18 Prozent und ab Juli 2025 auf 25 Prozent. Ab Juli 2026 wird der reguläre Zollsatz für Kraftfahrzeuge von 35 Prozent berechnet. Für Hybride und Plugin-Hybrid-Elektrofahrzeuge werden die Zollsätze noch schneller angehoben.

    Ex-Tarifário bietet nach wie vor Vergünstigungen bei der Einfuhr

    Gemäß dem gemeinsamen Zolltarif der Zollunion Mercosur (Tarifa Externa Comum - TEC) fallen auf Kfz-Teile je nach Kategorie Importsteuersätze von 11,2 bis 18 Prozent an. Ein Großteil der Kfz-Einfuhr stammt traditionell aus den Partnerländern des Mercosur sowie aus Mexiko. Bei diesen Importen werden die Zölle des Zolltarifs TEC nicht berechnet. 

    Für Vorprodukte, die nicht in Brasilien hergestellt werden, kann über das Sonderregime Ex-Tarifário eine Minderung des Satzes auf 2 respektive 0 Prozent beantragt werden. Die Liste mit Kfz-Teilen, die nicht in Brasilien produziert und daher bei der Einfuhr begünstigt werden, wurde ursprünglich als Resolution GECEX Nº 284/2021 veröffentlicht und stets aktualisiert, zuletzt am 15.12.2023.

    Grundlegende Richtlinien für den Import legt die Außenhandelskammer Camex des Ministeriums für Wirtschaft fest. Über das Portal Siscomex bietet die Kammer übersichtliche Informationen zu Zoll- und Einfuhrverfahren. Im Verband für technische Normen ABNT gibt es ein Komitee der Automobilindustrie. Zuständig für Normung ist das Instituto Nacional de Metrologia, Qualidade e Tecnologia (Inmetro).

    GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Brasilien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Associação Nacional dos Fabricantes de Veículos Automotores (ANFAVEA)Verband der Automobilhersteller
    Federação Nacional da Distribuição de Veículos Automotores (FENABRAVE)Verband der Automobilhändler
    Sindicato Nacional da Indústria de Componentes para Veículos Automotores (Sindipeças)Verband der Kfz-Zulieferindustrie
    Associação Brasileira das Empresas Importadoras e Fabricantes de Veículos Automotores (Abeifa)Verband der Kfz-Importeure
    Associação Brasileira do Veículo Elétrico (ABVE)Verband für E-Autos
    Associação Brasileira dos Fabricantes de Motocicletas, Ciclomotores, Motonetas, Bicicletas e Similares (Abraciclo)Verband der Motorradhersteller
    Salão do AutomóvelGrößte Automesse Lateinamerikas, November 2024 in São Paulo

    Automec

    Branchenmesse, 22.-26.04.25 in São Paulo
    Automotive BusinessPortal mit Branchenmeldungen
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