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Branchen | Chile | Bergbau und Rohstoffe

Chiles Kupferproduzenten bauen Meerwasserentsalzung weiter aus

Angesichts des akuten Wassermangels nutzen die Bergbaukonzerne vermehrt Meerwasser. Das Interesse an Technologien zum effizienten Einsatz von Wasser in der Branche ist groß.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Chiles Kupferminen sind durstig. Im Jahr 2022 benötigte der Kupferbergbau 18,1 Kubikmeter Wasser pro Sekunde; zehn Jahre zuvor waren es noch 13,4 Kubikmeter. Und trotz einer Wiederverwendungsrate von aktuell bereits 75 Prozent könnte der Wasserverbrauch bis 2033 auf 21,4 Kubikmeter pro Sekunde steigen, prognostiziert die staatliche Kupferkommission Comisión Chilena del Cobre (Cochilco). Dies ist umso gravierender, da Chile speziell im Norden und im Zentrum, wo die großen Bergbauzentren liegen, unter enormem Wasserstress steht. 

Zunehmend ersetzen die Konzerne deshalb Süß- durch entsalztes Meerwasser. Überdies arbeitet die Branche daran, nicht entsalztes Meerwasser direkt einzusetzen. Doch stellt dies noch größere Ansprüche an die Korrosionsbeständigkeit der verwendeten Rohre, Maschinen und Anlagen. 

Woher Chiles Kupferbergbau sein Wasser bezieht (2022)
Wasserherkunft

Menge (in Kubikmetern pro Sekunde)

Oberflächenwasser

4,9

Grundwasser

5,5

Zukauf von Dritten *)

1,5

Meerwasser

6,2

Gesamtverbrauch

18,1

* nicht näher spezifiziert.Quelle: Comisión Chilena del Cobre (Cochilco) 2023

Verhältnis zwischen Süß- und Salzwasser kehrt sich um

Im Jahr 2022 entfielen 66 Prozent des Wasserverbrauchs im Kupferbergbau auf Oberflächen- und Grundwasser und 34 Prozent auf Meer- beziehungsweise Brackwasser. Dabei hat sich der Meerwasseranteil in den letzten zehn Jahren fast versechsfacht. Und der Trend setzt sich fort: Bis 2033 soll das Verhältnis 29 Prozent Süßwasser zu 71 Prozent Meerwasser betragen. Gleichzeitig geht Cochilco in seiner Prognose von einem Anstieg der Kupferförderung von rund 5,3 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf knapp 6,6 Millionen Tonnen im Jahr 2033 aus. Im Ergebnis würde der chilenische Kupferbergbau der Umwelt 2032 nur noch 6,7 statt zuletzt 11,7 Kubikmeter Süßwasser pro Sekunde entziehen.

Ambitionierte Ziele eröffnen Absatzchancen für deutsche Firmen

Voraussetzung hierfür ist der massive Ausbau der Meerwasserentsalzung. Mehrere bereits genehmigte Projekte im Planungsstadium enthält die zahlungspflichtige Ausschreibungsplattform CBC.cl.

Die Ziele sind ambitioniert, weiß auch Iris Wunderlich, Leiterin des Kompetenzzentrums Bergbau an der AHK Chile: "2025 sollen 90 Prozent des Wassers, das in der chilenischen Bergbauindustrie genutzt wird, aus dem Meer kommen oder wiederverwendetes Wasser sein. Momentan sind 23 Entsalzungsanlagen in Betrieb und zwölf Projekte in der Entwicklungsphase. Ein interessantes Szenario für die deutsche Industrie, die auf diesem Gebiet Technik und Know-how einbringen kann." Aber auch Technologie für Wassereffizienz in verschiedenen Prozessen sowie Prozess- und Anlagentechnik im Allgemeinen seien gefragt. Chancen böten zudem Einsatzstoffe für chemische Prozesse, die zu höherer Effizienz und einem niedrigeren Wasserverbrauch führten.

Was tun mit der giftigen Salzlake?

Umweltexperten sehen den Trend zu mehr Meerwassernutzung zunächst sehr positiv, denn so verbleibt mehr Süßwasser für die Natur und den menschlichen Verbrauch. Doch das ist nur eine Seite der Medaille. Denn einige Umweltprobleme werden nach hinten verlagert. So gibt es noch keine nachhaltige Lösung für den Umgang mit der bei der Meerwasserentsalzung zurückbleibenden Salzlake. Diese bedroht – zurückgeführt ins Meer – die dortige Fauna und Flora, zum einen wegen ihrer höheren Temperatur (das Meer an Chiles Küste ist sehr kalt) und weil sie nicht nur das Salz enthält, sondern auch Chemikalien und gelöste Metalle wie Chlor und Kupfer. Diese werden beigemischt, damit die Anlagen nicht durch Algen, Sand oder Kleinlebewesen verstopfen. 

Die Lage wird sich zusätzlich verschärfen, wenn die landesweit geplanten Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff auf den Markt kommen, denn auch diese setzen vielfach auf Meerwasserentsalzung.

"Jede Lösung ist besser, als die Lake einfach zurück zu pumpen und zu erwarten, dass sie sich im Meer verteilt."

Udo Rheinschmidt Forscher an der Technischen Universität Féderico Santa María in Valparaíso

Rheinschmidt forscht in Valparaíso an der Nutzung von Meerwasser. Er schlägt vor, die Lake mit Hilfe erneuerbarer Energie zu trocknen – und wenn schon nicht als Ressource zu nutzen, dann zumindest zunächst in der Wüste zu lagern: "Warum mit einem Wertstoff ein Umweltsystem zerstören?" Gefragt wären – nicht nur in Chile – praktikable und zugleich rentable Lösungen. Zu deren Entwicklung stehen in den chilenischen Universitäten auch staatliche Mittel und Fachpersonal zur Verfügung, gerne auch in Kooperation mit deutschen Unternehmen aus Umwelttechnik oder Maschinenbau.

Chancen sieht Rheinschmidt etwa für Lösungen wie modular geplante Solarmeerwasserentsalzungsanlagen, die sich einfach erweitern lassen, und zum Beispiel einzelne Häuser oder kleine Gemeinden versorgen könnten. Dabei gilt: "Umso einfacher und robuster, desto besser – denn was das aggressive Meerwasser nicht zerstört, dass zerstört die Sonne." Auch der Bau von mit Meerwasser betriebenen Pumpspeicherkraftwerken könnte eine Idee sein, um dem Kreislauf einen zusätzlichen Mehrwert hinzuzufügen. 

Neue Technologielösungen nötig

Auch sonst harren viele Fragen auf Antwort. Deutsche Firmen mit entsprechendem Know-how respektive geeigneten Produkten könnten sich zum Beispiel beim Transport des Meerwassers zu den Bergwerken im Inland profilieren. Die hierfür notwendigen Rohrsysteme und Maschinen rosten schnell. Denn ganz salzfrei ist auch entsalztes Wasser nicht, und so müssen die Anlagen regelmäßig ersetzt werden. Deutschland ist stark im Einsatz neuer Werkstoffe. Eine Möglichkeit böten Rohre aus Karbonfaser, sagt Wunderlich. Zwar seien sie teurer, aber eben auch korrosionsresistenter. Vielleicht könnte auch die chemische Industrie Lösungen anbieten, etwa zur Beschichtung der Rohre oder Maschinen.

Überdies gibt es in Chile großen Bedarf an und Nachfrage nach Technologien zur Wasserrückgewinnung aus den giftigen Bergbauschlacken. Auch das in der Schlacke vorhandene Kupfer und andere Metalle ließen sich vielfach noch nutzen. Diese Entwicklungen gehen einher mit dem Ausbau digitaler Überwachungssysteme. Dabei können Messgeräte beispielsweise erfassen, wo sich wie viel Wasser befindet und welche Qualität es hat.

Die Chancen in Chiles Bergbausektor sind vielfältig. Das Land ist der größte Kupferförderer weltweit. Im Jahr 2022 stand der Andenstaat für fast ein Viertel der globalen Produktion.

Messe Exponor in Antofagasta

Eine gute Möglichkeit, den chilenischen Bergbau näher zu erkunden und Kontakte zu knüpfen, bietet die Messe Exponor in Antofagasta vom 3. bis 6. Juni 2024. Auch dieses Jahr organisiert die AHK Chile wieder einen Gemeinschaftsstand.

 

 

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