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Interview | China | Automobilindustrie

"Ich behaupte, selbst BYD macht keine Gewinne"

Jochen Siebert, Gründer des Beratungsunternehmens JSV Automotive, sieht schwierige Zeiten für deutsche Kfz-Zulieferer in China. . 

Von Corinne Abele | Shanghai

China ist der größte Automobilmarkt weltweit; allein 71 Prozent stellte China am globalen Absatz von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb (NEV) im Jahr 2024. Doch Überkapazitäten und Preiskämpfe machen Gewinne fast unmöglich. Für deutsche Kfz-Zulieferer wird es immer schwieriger.

Herr Siebert, wie geht es weiter mit Chinas NEV-Markt? 

Starke Zuwächse verzeichnen die Plug-in-Hybride (PHEV) sowie Range-Extender-Fahrzeuge, die vor allem in den kleineren Städten mit schlechterer Ladeinfrastruktur gefragt sind. Der Markt für rein batteriebetriebene Elektroautos wächst in China nicht mehr. Sie sind aber auch nicht der Exportschlager, der die Welt erobert. Tatsächlich exportiert China viel mehr Verbrenner als NEV. 

Dem chinesischen Staat ist es nie darum gegangen, Weltmarktführer für Elektroautos, sondern energiesicher zu werden. Daher gibt es auch extreme Bemühungen in China im Bereich alternativer Kraftstoffe aus Kohle oder Biokraftstoffe. Die derzeit so beliebten PHEV stellen im Prinzip einen Umweg dar: Elektroauto und Verbrenner, mit einem Elektro- und einem Verbrennungsmotor. Im Grunde ist das ein Motor zu viel. Es ist zu früh zu sagen, welcher letztlich wegfallen wird. 

Wie steht es generell mit Überkapazitäten? 

Die Überkapazitäten in der Kfz-Branche bestehen fort. Tatsächlich sind bislang kaum Produktionswerke geschlossen worden – und wenn, dann von ausländischen Autobauern wie Hyundai oder PSA. Ich erwarte, dass auch GM Werke schließen werden muss und wahrscheinlich auch Volkswagen zumindest eine Produktionsstätte. 

Das heißt, der Preiskrieg geht weiter? 

Ja, der Preiskrieg geht unvermindert weiter, teilweise mit anderen Mitteln. So reduziert zum Beispiel BYD nicht den Listenpreis einzelner Modelle, schließt aber jetzt auch Level-2-Assistenzsysteme wie God‘s Eye ohne weiteren Aufpreis ein. Im unteren Autosegment entspricht dies zum Beispiel einer Preisreduktion von 10 Prozent. 

Sind denn so Gewinne überhaupt möglich?

Ich behaupte, selbst BYD macht keine Gewinne. Der Hersteller bezahlt seine Zulieferer mit Wechsel, die erst nach sechs Monaten eingelöst und weiteren drei Monaten bezahlt werden. Da BYD nicht genug Gewinn erwirtschaftet, aber immer weiter investiert, müssen die Zulieferer damit rechnen, dass der Scheck von BYD irgendwann nichts mehr wert ist. Das Risiko steigt mit jedem Tag, an dem BYD schneller ohne Gewinn wächst. Auch Geely soll wohl teilweise erst nach zwölf Monaten bezahlen. 

Was bedeutet diese Situation für deutsche Kfz-Zulieferer in China?

Tatsächlich sollten sich deutsche Kfz-Zulieferer genau überlegen, inwieweit sie mit chinesischen OEM zusammenarbeiten. Man muss nicht mit Unternehmen zusammenarbeiten, wenn man nicht weiß, wie sie funktionieren; jedenfalls funktionieren sie anders als die deutschen OEM. 

Volkswagen als Kunden durch BYD oder Ford durch Geely zu ersetzen, ist gefährlich. Wichtiger ist zu fragen, wer von den internationalen OEM in China überleben wird. Aber wenn diese dann Elektroautos in China auf der Basis ihrer chinesischen Partner bauen, dürfte es für deutsche Zulieferer auch schwierig werden. 

Chinas Autobauer fahren der Konkurrenz davon und wollen immer stärker ihre Fahrzeuge im Ausland absetzen. Doch dort wächst der Widerstand gegen Fahrzeuge "made in China". Lesen Sie mehr in unseren Branchenreihe zur Kfz-Industrie: 

 

Branche kompakt Kfz-Industrie China

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