Viele deutsche Bauzulieferer sind mit eigener Produktion vor Ort und verbuchen spartenabhängig mehr oder weniger gute Geschäfte. Sehr eng wird es dagegen für reine Importprodukte.
Die meisten deutschen Firmen aus dem Baugeschäft sind als Zulieferer in China tätig: vom Hersteller von Baumaschinen und großen Baufirmen bis hin zum Sanitärkeramikfabrikanten für Bauentwickler oder Privatkunden. Diese sehen sich derzeit mit sehr unterschiedlichen Perspektiven konfrontiert.
Einsparpotenziale werden, wo immer möglich, genutzt
Speziell im Massenmarkt besteht der Trend seitens vieler Bauherren fort, möglichst preiswert zu bauen. Aufgrund der schrumpfenden Margen infolge exorbitant gestiegener Landpreise und der zunehmend drückenden Schuldenlast versuchen die Entwickler, möglichst viele Einsparpotenziale zu nutzen. Dies gelingt auch häufig, da es in China zwar viele Vorschriften – etwa zur Energieeffizienz – gibt, deren Erfüllung aber oftmals nicht ernst genommen wird.
Schon deshalb haben viele deutsche Anbieter, außer der Auftraggeber besteht auf der Einhaltung bestimmter Standards, das Nachsehen. Branchenangaben zufolge achten insbesondere öffentliche Bauträger viel stärker als früher darauf, dass das investierte Geld möglichst im Land bleibt. Das heißt, dass Importprodukte bei Bauzulieferungen nur in Ausnahmefällen, sofern die Ware in China nicht verfügbar ist, eingesetzt werden.
Wenn es sich bei den Aufzügen, Fenstern, Kacheln, Dämmstoffen oder etwa Farben allerdings um Produkte handelt, die von auslandsinvestierten Firmen vor Ort produziert werden, bestehen nach wie vor Lieferchancen. Hintergrund ist die politische Motivation, mithilfe öffentlicher Gelder den Wirtschaftsabschwung abzufedern und möglichst lokale Arbeitskräfte zu erhalten.
Starker internationaler und lokaler Wettbewerb vor Ort
Die Konkurrenzsituation ist allerdings massiv, denn auf dem chinesischen Markt treffen nicht nur viele gute ausländische Wettbewerber aufeinander – etwa aus Europa oder Japan. Hinzu kommt das gigantische lokale Angebot. Beispielsweise gibt es unter den rund 2.000 Fensterherstellern in China durchaus Anbieter mit vernünftiger Qualität und akzeptabler Vertriebskompetenz. Ihre Produkte sind außerdem, solange es sich nicht um Spezialitäten wie Holz- oder Holz-Aluminiumfenster handelt, preislich wesentlich günstiger.
Generell müssen Qualitätsanbieter zunächst einmal Überzeugungsarbeit leisten. So müssen sie den Kunden davon überzeugen, dass es sinnvoll ist, eine bestimmte Qualität einzusetzen und dass die benötigten Produkte überdies aus dem eigenen Hause stammen sollten. Aber es gibt auch Ausnahmen. „Bei den von uns entworfenen oder umgebauten Schulen und Kindergärten konnten wir bisher immer importierte Böden durchsetzen, weil die lokalen Erzeugnisse etwa mit Blick auf den Schadstoffgehalt nicht den Vorgaben entsprachen“, so Binke Lenhardt, Mitgründerin von Crossboundaries. „Jetzt muss man sehen, ob das so bleibt.“
Importware nur noch in Nischen absetzbar
Dessen ungeachtet greifen auch private Bauherren, die sich noch im vergangenen Jahr gerne das eine oder andere Importprodukt gönnten, seit dem Coronajahr 2020 fast ausschließlich zu heimischen Erzeugnissen.
Als Hauptgründe gelten die stark eingeschränkten Transportmöglichkeiten und die erhöhten Lieferzeiten infolge der Coronakrise. Des Weiteren agieren die Konsumenten vorsichtig und wollen ihr Geld in unsicheren Zeiten zusammenhalten. Damit fallen zahlreiche Kunden aus der Mittelschicht weg, die etwa zur Renovierung ihrer inzwischen in die Jahre gekommenen Wohnung ehemals gerne Importware kauften. Andererseits könnten die Absatzchancen für europäische Hersteller mit dem Anziehen der Wirtschaft wieder zulegen, zumal viele chinesische Abnehmer angesichts des eskalierenden Konflikts zwischen China und den USA amerikanische Produkte zunehmend meiden und gezielt auf europäische Anbieter umsteigen. Besonders bevorzugt sind allerdings Waren, die vor Ort erzeugt werden.
Bei qualitativ hochwertigen Gebäuden gibt es nach wie vor eine gewisse Nachfrage nach Produkten mit deutschem Hintergrund, sei es "made in China" oder importiert. Dies gilt vor allem in den Segmenten Aufzugstechnik, Brandschutz (Brandschutztüren, Verkleidung), Schalttechnik oder Sicherheitsausstattung. Ein wichtiger Impulsgeber ist der Hotelbau. Insbesondere Luxushäuser legen Wert auf beste Gebäudetechnik, hochwertige Badausstattungen, Hotelküchen bis hin zu Einrichtungsgegenständen. Geschäftsentscheidend ist die Frage nach dem richtigen Kontakt.
Eine lukrative Nische bleibt der Luxusvillenbau, denn in diesem Segment ist den Bauherren nichts zu teuer. Viele bestehen zudem aus Prinzip auf importierte Markenware aus dem jeweiligen Höchstpreissegment. Hinzu kommt, dass gerade im Anwendungsbereich noch erhebliche Komfortunterschiede bestehen, ob „ich beispielsweise eine Küche von Gaggenau oder Bulthaup oder von Fotile aus Ningbo/Zhejiang einbauen lasse“, so eine deutsche Architektin.
Doch abgesehen vom Villensegment, wo kein Accessoire teuer und edel genug sein kann, und von einigen Prestigeobjekten, die sich der ein oder andere Bauherr gönnt, lässt die Qualität des Massenmarktes nach. Selbst Qualitätsanbieter reagieren auf den Trend, indem sie ihre Produktpalette zunehmend nach unten anpassen.
Von Stefanie Schmitt
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Beijing