In Italien bestehen alle Arten erneuerbarer Energiegewinnung mit Ausnahme von Offshore-Windparks. Auch Planer und Hersteller dafür sind vorhanden.
Italienische Anlagenbauer sind in vielen Sparten der Energietechnik international wettbewerbsfähig. Im Jahr 2023 hat Italien mit Turbinen (SITC-Positionen 712, 714.8, 718) einen weltweiten Exportüberschuss von 4,9 Milliarden Euro erwirtschaftet. Bei Pumpen und Kompressoren (SITC 742, 743) betrug der positive Handelsbilanzsaldo im selben Zeitraum 5,9 Milliarden Euro.
In Italien existieren eine Reihe von Clustern für Energietechnologien, deren Fokus überwiegend auf regenerativen Quellen liegt. Diese befinden sich in Rom, Bologna, der Basilikata und den apulischen Standorten Bari und Brindisi. Für Startups im Bereich Dekarbonisierung unterhält der Energiekonzern Eni den Akzelerator Joule in Kooperation mit der Universität Sant’Anna in Pisa.
Produktion von Fotovoltaikmodulen nimmt zu
Europas größte Fabrik für Solarzellen nimmt im Laufe von 2024 im sizilianischen Catania ihre Arbeit auf. Das Projekt 3Sun realisiert Enel Green Power. In Catania existiert ein Elektronikcluster und der Standort ist günstig, um auch nordafrikanische Märkte zu beliefern.
Die Fotovoltaikbranche ist ausdifferenziert. Der Fachverband Italia Solare zählt über 850 Mitglieder, die ganz überwiegend aus dem Inland, aber auch aus Deutschland, anderen EU-Ländern und Asien stammen. Spezielle Arbeitsgruppen gibt es unter anderem zu Agrarfotovoltaik, Speicherungen und grünem Wasserstoff.
Cluster für Offshore-Windparks werden entstehen
In Italien sind noch keine Meereswindparks in Betrieb. Für deren zukünftige Einrichtung und Wartung zeichnen sich laut Branchenkennern vier Zentren ab. Diese sind Oristano auf Sardinien, Augusta auf Sizilien, Brindisi in Apulien und Civitavecchia, das in Latium zwischen Rom und der Toskana liegt.
Der dänische Windanlagenhersteller Vestas hat 2023 angekündigt, seine Fertigungsstätte im apulischen Tarent stark ausbauen zu wollen. Insgesamt konzentriert sich die Technologieentwicklung in Italien auf Komponenten und Serviceleistungen wie IT-Steuerungen. Ende 2023 hat sich der Verband AssoAero für Hersteller in der Sparte Offshore-Windkraft gebildet. Ziel ist es, international führende Technologien zu entwickeln.
EU-Gelder fördern Wasserstofftechnologien
In Italien besteht viel Know-how für die Entwicklung von Wasserstoffanlagen, wie das Beispiel Maire Tecnimont zeigt. Dieser zum NextChem-Konzern gehörende Anlagenbauer entwickelt ein Verfahren zur Erzeugung aus Abfall. Italienische Hersteller können dabei auch auf umfangreiche EU-Förderungen zurückgreifen.
Zum einen profitieren Unternehmen vom Hy2Use-Programm. Dieses ist ein Important Project of Common European Interest (IPCEI) und fördert Elektrolyseanlagen und Pipelines. Aus Italien beteiligt sind NextChem, das Ingenieursunternehmen Rina CSM sowie zwei Joint-Ventures für Entwicklungen: South Italy Green Hydrogen Valley und SardHy Green Hydrogen.
Italienische Entwicklungsprojekte in der gesamten Wertschöpfungskette fördert auch das IPCEI-Programm Hy2Tech. Hiervon profitieren der Schiffbauer Fincantieri, der Chemiehersteller De Nora, die italienische Niederlassung von Alstom, die Energiekonzerne Enel und Ansaldo sowie der Nfz-Bauer Iveco, der Wasserstoffbusse und -Lkws auf den Markt bringt. Auch der Busbauer IAA entwickelt mit CaetanoBus aus Portugal Brennstoffzellenmodelle.
Für die Entwicklung von Wasserstoffzügen stehen 300 Millionen Euro aus der Europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität zur Verfügung. Bei bisherigen Ausschreibungen ist der französische Hersteller Alstom mit Fertigung in Italien zum Zuge gekommen.
Gezeitenkraftwerke- eine innovative Lösung
In Italien untersuchen vier Anlagen die Gezeitennutzung. Alle Projekte haben weniger als ein Megawatt Leistung. Langjährige Standorte sind die Adria vor Ravenna, die Gewässer vor Civitavecchia in Latium und die Straße von Messina, die Sizilien und das italienische Festland trennt.
Das neueste Projekt haben die Polytechnische Universität Turin und die Unternehmen Eni und Wave for Energy 2023 auf der Sizilien vorgelagerten Insel Pantelleria gestartet. Die Unterwasseranlage speist direkt ins Stromnetz der Insel ein und nutzt künstliche Intelligenz, um sich Strömungen anzupassen. Die neue Technologie haben die Entwickler ISWEC (Inertial Sea Wave Energy Converter) getauft.
Neue Verfahren zur Biomassebehandlung werden erforscht
In Italien gab es Ende 2022 insgesamt 4.358 Biomassekraftwerke, davon 2.092 mit Kraft-Wärmekopplung. Damit lag Italien in der EU laut EurObserv’ER an neunter Stelle. Beim Einsatz von Biokraftstoffen im Verkehr belegte Italien 2022 Rang drei hinter Frankreich und Deutschland. Anlagenbauer hierfür sind in Italien vorhanden. Die Kapazität aller Bioenergieanlagen soll jedoch laut Regierung zwischen 2021 und 2030 um 1 Gigawatt abnehmen.
Ein neues Verfahren zur Energiegewinnung aus Klärschlamm entwickelt der Energiekonzern Eni mit dem Wasserkonsortium Viveracqua in Porto Marghera, einem Raffinerie- und Chemiestandort unweit von Venedig. Bei der Produktion wird auch Phosphor aus den Abwasserrückständen gefiltert.
Chemieindustrie zieht Kleinreaktoren in Betracht
Italien betreibt keine Atomkraftwerke. NextChem erforscht und entwickelt jedoch kleine Nuklearreaktoren, die eine klimaneutrale Chemieproduktion ermöglichen können. Dabei soll auch roter Wasserstoff erzeugt werden. NextChem kooperiert dabei mit newcleo, einem 2021 gegründeten britischen Unternehmen.
Wichtige Branchenunternehmen in Italien Umsatz in Milliarden EuroUnternehmen | Sparte | Umsatz 2022 |
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Enel | Stromerzeugung, Erdgas | 135,6 |
Eni | Energieerzeugung, Petrochemie, Chemie | 132,5 |
Edison | Energieversorgung | 29,6 |
A2A | Energieversorgung, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft | 22,9 |
Hera | Energieversorgung, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft | 20,0 |
Saras | Energieversorgung, Petrochemie | 15,8 |
Engie | Energieversorgung | 13,7 |
Esso | Petrochemie | 12,1 |
Kuwait Petroleum Italia | Petrochemie | 11,9 |
ISAB | Petrochemie | 10,5 |
Quelle: Mediobanca 2023
Von Torsten Pauly
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Mailand