Im Jahr 2023 lieferte die kasachische Kfz-Branche die Rekordzahl von gut 134.000 Fahrzeugen aus. Das Produktionsplus gegenüber dem Vorjahr belief sich auf knapp 30 Prozent.
Eine nennenswerte Fertigung von Kfz gibt es in Kasachstan erst seit etwa 2010. Protektionistische Maßnahmen sorgten damals dafür, dass der zuvor kaum regulierte Zustrom von Gebrauchtwagen eingedämmt wurde. Seither legte die Branche schrittweise an Bedeutung zu. Im Jahr 2023 trug sie bereits 8,5 Prozent zum Gesamtausstoß des verarbeitenden Gewerbes bei; 2020 hatte ihr Anteil nur 4,6 Prozent ausgemacht.
Montagewerke übernehmen mehr Fertigungsschritte
Die Unternehmen Allur und Astana Motors sind die wichtigsten Akteure. Sie montieren jeweils mehrere Modelle verschiedener ausländischer Marken. Schwerpunkt ihrer Pkw-Fertigung sind die Klein- und Mittelklasse sowie geländegängige Autos. Beide unterhalten zudem jeweils größere Händlernetze für mehrere Marken.
Die Produktpaletten werden regelmäßig den Nachfragetrends angepasst. Für die Absatzbemühungen steht der kasachische Markt klar im Fokus. Exporte fallen bisher noch recht überschaubar aus. Aktuelle Projekte für neue Montagewerke zielen darauf ab, Pkw in größerer Stückzahl auch an Kunden in benachbarten Ländern zu verkaufen.
Aktuell rollen von den kasachischen Montagebändern überwiegend Modelle, die Originalhersteller als fast fertige Semi-Knocked-Down (SKD)-Fahrzeuge anliefern. Bei diesen fehlen in der Regel nur recht wenige Teile, die vor Ort noch einzubauen sind.
Gesetzlichen Vorschriften zufolge ist der Lokalisierungsgrad in der Fahrzeugfertigung schrittweise zu erhöhen. Entsprechend wird die Montage immer stärker auf Bausätze mit Completely-Knocked-Down (CKD)-Fahrzeugen beruhen.
Ab 2027 müssen 50 Prozent der Fertigung als CKD-Montage erfolgen
Nach Vorgaben des kasachischen Industrieministeriums sind die Hersteller bei der Fertigung von Pkw zweier oder mehrerer Marken schon jetzt verpflichtet, für mindestens je ein Modell auf CKD-Sätze zurückzugreifen. Das bedeutet auch, dass für diese Modelle zusätzlich zur Komplementierung Schweiß- und Lackierarbeiten anfallen. Produziert das Unternehmen nur eine Fahrzeugmarke, ist die CKD-Methode für mindestens zwei Modelle vorgeschrieben.
Im Jahr 2023 wurden etwa 13.000 Pkw aus CKD-Sätzen montiert - knapp 10 Prozent des Gesamtausstoßes. Ende 2024 soll es bereits jeder fünfte Pkw sein, ab 2027 - so gesetzlich festgeschrieben - mindestens die Hälfte des Outputs.
Um diese Vorgaben zu erfüllen, investieren die Montagewerke in Produktionsanlagen. Den Schwerpunkt bildet Schweiß- und Lackiertechnik mit einem hohen Automatisierungsgrad für den Karosseriebau.
Mit Allur und Astana Motors zwei große Hersteller am Start
Bei Allur, dem Betreiber des landesweit größten Kfz-Montagewerks, sind bereits 70 Prozent der Ausrüstungen für die Montage von CKD-Sätzen ausgelegt. In Kostanai im Norden Kasachstans ermöglichen mehrere Linien die Fertigung von bis zu 120.000 Fahrzeugen pro Jahr.
Das Unternehmen montiert aktuell jeweils mehrere Modelle der Marken JAC, Chevrolet, Kia, Jetour und Lada. Die Chevrolet-Modelle entstehen in Kooperation mit UzAuto Motors aus Usbekistan. Ein aktuelles Investitionsprojekt von Allur sieht vor, die Montage von Modellen des südkoreanischen Partners Kia schrittweise auf bis zu 100.000 Fahrzeuge pro Jahr auszuweiten.
Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in KasachstanVorhaben | Investitionssumme (in Mio. US$) | Projektstand | Anmerkungen |
---|
Montage jeweils mehrerer Modelle der chinesischen Marken Chery, Haval, Changan | 255 | im Bau; Anlauf der Produktion voraussichtlich 1. Quartal 2025 | Kapazität pro Jahr: 90.000 Fahrzeuge; federführend: Astana Motors |
Ausbau der Montage mehrerer Modelle der südkoreanischen Marke Kia | 250 | im Bau; Anlauf der Produktion voraussichtlich 1. Quartal 2025 | Kapazität pro Jahr: 70.000 Fahrzeuge (1. Ausbaustufe), 100.000 Fahrzeuge (2. Ausbaustufe); federführend: Allur |
Montage jeweils mehrerer Modelle der chinesischen Marken Exeed und Geely | 160 | im Bau; Anlauf der Produktion voraussichtlich 2025 | Kapazität pro Jahr: 80.000 Fahrzeuge; federführend: Orbis Kazakhstan |
Montage mehrerer Modelle der chinesischen Marke Kaiyi | 160 | Baubeginn geplant für 2024 | Kapazität pro Jahr: 80.000 Fahrzeuge; federführend: Orbis Kazakhstan |
Montage von zunächst vier Modellen der tschechischen Marke Skoda | 55 | Anlauf der Produktion voraussichtlich im 1. Halbjahr 2024 | zunächst SKD-Montage, zu einem späteren Zeitpunkt Übergang zur CKD-Montage möglich; federführend: Allur |
Herstellung verschiedener Kfz-Komponenten für Modelle der koreanischen Marke Hyundai | 15 | erste Produktionslinien bereits in Betrieb | zunächst Autositze, Fußmatten und Schmutzfänger aus Polyurethan, Kotflügel, Multimediasysteme; federführend: Astana Motors |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024
Hauptstandbein der Pkw-Produktion von Astana Motors ist das Werk Hyundai Trans Kazakhstan in Almaty. Es ist auf rund 50.000 Pkw der Marke Hyundai ausgelegt. Ein Ausbau ist im Gespräch.
Darüber hinaus steht Astana Motors in Almaty vor dem Einstieg in die Montage von Fahrzeugen der chinesischen Marken Chery, Haval und Changan. Das noch im Bau befindliche Werk kann 90.000 Pkw pro Jahr fertigen. Davon sollen etwa 60 Prozent an Abnehmer in Nachbarländern Kasachstans gehen.
Bei Astana Motors wurde zuletzt nennenswert investiert, um den inländischen Wertschöpfungsanteil zu steigern. In seinem Hyundai-Werk will der Hersteller 2024 ein Viertel seines Pkw-Ausstoßes mit CKD-Sätzen bestreiten können und ab 2026 die gesamte Fertigung.
Teile und Komponenten aus lokaler Produktion werden wichtiger
Außerdem strebt das Unternehmen an, ab etwa 2026 rund die Hälfte aller benötigten Kfz-Teile und -Komponenten lokal zu beziehen. Einen Großteil davon will Astana Motors in Kooperation mit Firmen aus Südkorea selbst herstellen. Ein Betrieb für ein größeres Spektrum von Kfz-Teilen entsteht in unmittelbarer Nähe der Hyundai-Montage. Die Fertigung von Multimediasystemen, Schmutzfängern und Fußmatten sowie Autositzen wurde bereits gestartet.
Südkoreanische Produzenten von Komponenten sind auch bei der neuen Kia-Montagelinie von Allur bevorzugte Partner. Darüber hinaus ist mit dem Start der Montage chinesischer Pkw-Modelle bei Astana Motors und bei Orbis Kazakhstan, mit dem Markteintritt von Anbietern aus China zu rechnen.
Bei Kfz-Teilen und -Komponenten werden mehrere Vorhaben aktuell umgesetzt oder befinden sich in der Planung. Dabei handelt es sich unter anderem um Auspuffanlagen, Stoßstangen, Felgen, Reifen, Zylinderköpfe oder Batterien.
Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Kasachstanin Millionen US-Dollar; Veränderung in ProzentWarengruppe (SITC) | 2022 | Veränderung 2022/2021 | aus Deutschland |
---|
778.3 Kfz-Elektrik | 87,0 | 31,9 | 2,4 |
784 Karosserien, Stoßstangen etc. | 1.847,6 | 66,5 | 25,4 |
773.13 Zündkabelsätze | 7,9 | 33,7 | 0,2 |
713.2 Motoren | 479,9 | 89,6 | 2,7 |
Summe | 2.422,4 | 70,6 | 30,7 |
Quelle: UN Comtrade 2024
Mehrere Produktionsstätten für Nutzfahrzeuge und Busse mit überschaubaren Kapazitäten
Mit Hyundai Trans Almaty unterhält Astana Motors zudem eine Fertigung für mehrere Modelle von Nutzfahrzeugen und Bussen der Marke Hyundai. Hinzu kommen Stadt-, Schul- und Überlandbusse der Marke Golden Dragon. Das Werk in Almaty kann jährlich etwa 10.000 Fahrzeuge montieren.
Darüber hinaus betreibt eine Tochterfirma von Orbis Kazakhstan in Astana ein Werk zur Montage leichter Kia-Nutzfahrzeuge. Aktuell werden dort die Kapazitäten von 12.000 auf 20.000 Kfz pro Jahr aufgestockt. Der Ausbau ermöglicht den Einstieg in die Fertigung japanischer Hino-Lkw.
Das Unternehmen SemAZ montiert in Semey Lkw (Kapazität: 10.000 Stück pro Jahr) und Busse (1.200 Stück pro Jahr). Das Produktionsprogramm umfasst Lkw- und Bus-Modelle mehrerer chinesischer Marken sowie Lkw der Marke Hino (Japan).
Bei Daewoo Bus Kazakhstan fertigt SemAZ zudem Busse gemeinsam mit dem koreanischen Hersteller DaewooBus. Busse baut zudem QazTehna in Saran in Kooperation mit Zhengzhou Yutong Group (China).
Von Jan Triebel
|
Almaty