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Branchen | Luxemburg | Nachhaltiges Bauen

Luxemburg will Lebenszyklus von Gebäuden klimafreundlicher machen

In Luxemburg sollen künftig Bau- und Nutzungsphase von Gebäuden nachhaltig sein. Die Baubranche könnte den neuen Ansatz zur Krisenbewältigung nutzen.

Von Michael Sauermost | Bonn

Bauen in Luxemburg soll nachhaltiger werden. Das Land wird im Bausektor angefallene Emissionen künftig umfangreicher erfassen. Grundlage dafür ist der 2023 verabschiedete Integrierte Nationale Energie- und Klimaplan (Plan national intégré en matière d'énergie et de climat, PNEC). Er ist das Rahmenwerk für die notwendige luxemburgische Gesetzgebung zur Umsetzung nationaler und EU-weiter Klimaziele. Mitinitiator des PNEC ist der Nationale Rat für nachhaltiges Bauen (Conseil National pour la Construction Durable, CNCD) – eine gemeinsame Initiative der luxemburgischen Regierung sowie mehrerer Bauverbände. Dieser versteht sich als Think Tank für den Bausektor. Bis 2030 werden ehrgeizige CO2-Reduktionsziele angestrebt: Im Vergleich zum Basisjahr 2005 sollen die Emissionen um 64 Prozent gesenkt werden.

Die eingeleitete Umorientierung der Baubranche dürften auch die Marktchancen für deutsche Unternehmen im luxemburgischen Bausektor verbessern. Dank des umfassenden Nachhaltigkeitsansatzes sind im Großherzogtum neben nachhaltigen Baustoffen auch Beratung und ingenieurtechnische Leistungen für Dämmung, Energiegewinnung, Heizung und Lüftung gefragt. Ebenso bieten sich Chancen für Lösungen der nachhaltigen Baulogistik.

Gesamter Lebenszyklus von Gebäuden auf dem Prüfstand

Der PNEC enthält unter anderem eine Roadmap für CO2-reduziertes Bauen. Sie sieht eine umfangreichere Erfassung von CO2-Emissionen vor als bisher. So wird der Energieausweis von Gebäuden künftig alle CO2-Emissionen abbilden, die während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes entstanden sind und noch entstehen werden, unabhängig von Landesgrenze oder Wirtschaftssektor. Darunter fallen beispielsweise im Ausland hergestellte Baumaterialien, aber auch wirtschaftliche Tätigkeiten wie deren Transport, die Energieversorgung oder sonstige Baustellenaktivitäten (zum Beispiel der Transport von Erdaushub). Der Großteil der zu erfassenden CO2-Emissionen stammt weiterhin nicht aus der Bau-, sondern aus der Nutzungsphase von Gebäuden.

Ein wichtiges Steuerungsinstrument für energieeffizientes Bauen ist die freiwillige Luxemburgische Nachhaltigkeitszertifizierung (Lëtzebuerger Nohaltegkeets-Zertifizéierung, LENOZ). Die Vergabe des LENOZ-Zertifikats wurde 2017 eingeführt und unterliegt dem Wohnungsbauministerium des Großherzogtums. Es bewertet die Nachhaltigkeit eines Gebäudes anhand verschiedener Kriterien wie Standort, Auswirkung auf die Gesellschaft, Ökonomie, Ökologie, Technik sowie Funktionalität.

Breit gefächerte Fördermöglichkeiten

Luxemburg bietet zahlreiche Förderprogramme für energieeffizientes Sanieren und Bauen an. Das größte Programm der Regierung, Klimabonus, finanziert bis zu 62,5 Prozent der Kosten für energetische Sanierungen. Dabei gibt es zwei Verfahren zur Inanspruchnahme: eines auf Basis einer Energieberatung und eines ohne Beratung, das sich auf einzelne Bauelemente beschränkt.

Finanzielle Unterstützung wird auch beim Bau von Wohnraum gewährt. Diese Klimabonusförderung kann nur einmal und nur für Wohngebäude in Anspruch genommen werden. Dafür müssen bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sein, wie zum Beispiel ökologische und technische Standards. Zuschüsse gibt es insbesondere für die Installation von Solarheizungen, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Holzheizungen mit Partikelfilter.

Zudem vergibt die Regierung Klimadarlehen mit einem subventionierten Zinssatz von 1,5 Prozent. Auch stellt sie jährlich 171 Millionen Euro für nachhaltige Heizsysteme wie Wärmepumpen sowie den Ersatz alter Heizkessel bereit – beides als Teil des Energie- und Klimaplans PNEC. 

Energieversorger bieten eigene Prämien

Zusätzlich gibt es Prämien von Energieversorgern und kommunale Zuschüsse, die je nach Wohnort variieren. Das Enoprimes-Prämienprogramm beispielsweise wurde im Jahr 2015 von Enovos, dem größten Energieversorgungsunternehmen Luxemburgs, ins Leben gerufen. Es fördert energieeffiziente Umbauten in Wohngebäuden. Beantragt wird die Prämie über die rund 440 Partner von Enovos, die die Sanierungsarbeiten auch durchführen. Dabei handelt es sich meist um Handwerksbetriebe. Um vom Programm profitieren zu können darf ein Projekt keine Beihilfe anderer Energieversorger erhalten.

Nachhaltige Baumaterialien und Recycling werden besonders gefördert

Die nationale Innovationsförderagentur Luxinnovation unterstützt zahlreiche Projekte zur Entwicklung nachhaltiger Baumaterialien: So zielt etwa die Plattform für Dekonstruktionsmaterialien darauf ab, Materialien und Produkte aus abgerissenen Gebäuden zu recyceln und wiederzuverwenden – eine wichtige Komponente im Rahmen der Kreislaufwirtschaft im Bausektor. Das W.A.V.E.-Projekt (Wood Added Value Enablers) unterstützt innovative Entwicklungen im Holzsektor und die Nutzung von Holz in modularen Bauweisen. Luxinnovation bietet auch Unterstützung durch das Luxembourg Wood Cluster, das Unternehmen der Holzverarbeitung und Holzbauindustrie hilft, nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu werden.

Bauindustrie könnte von Nachhaltigkeit profitieren

Luxemburgs Bauwirtschaft könnte den Fokus auf nachhaltiges Bauen auch zur erfolgreichen Krisenbewältigung nutzen. Denn laut dem nationalen Statistikportal STATEC entwickelte sich der Sektor nach mehreren Jahren mit guter Auftragslage zuletzt rückläufig: Im 1. Halbjahr 2024 entfielen 40 Prozent aller Entlassungen in Luxemburg auf das Baugewerbe. Und zu Jahresbeginn 2025 klagten laut STATEC rund 60 Prozent der Branchenunternehmen über eine unzureichende Nachfrage; Anfang 2022 lag dieser Anteil noch bei lediglich 10 Prozent. Bislang hat es die Schlüsselbranche des Landes nicht geschafft, sich aus dieser Krise herauszumanövrieren.

Eine Umorientierung erscheint notwendig. Branchenweit fordern Unternehmen deshalb neben mehr staatlichen Zuschüssen auch bessere, flächendeckende Informationen zu nachhaltigem Bauen durch die Regierung. Zudem fordern sie eine Anpassung des Ausbildungsrahmens. Generell mangelt es an Fachpersonal, und bei nachhaltigem Bauen sieht dies nicht anders aus.

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