Branche kompakt | Polen | Landwirtschaft
Branchenstruktur
Obwohl viele Höfe in Polen klein sind, zählt die Landwirtschaft in einigen Bereichen zur EU-Spitze. Hersteller von Betriebsmitteln spüren hingegen den Druck durch Importe.
29.04.2025
Von Christopher Fuß | Warschau
Die polnischen Agrarbetriebe arbeiten im europäischen Vergleich ineffektiv. Ein Beispiel ist der Getreideanbau: während Landwirte in Belgien und in den Niederlanden laut der Statistikbehörde Eurostat zwischen 8 und 9 Tonnen Getreide pro Quadratmeter Anbaufläche ernten, sind es in Polen nur 5 Tonnen.
Verantwortlich für den geringen Ertrag ist die kleinteilige Struktur der Höfe. Nach Informationen der Landwirtschaftsagentur ARiMR stieg die durchschnittliche Größe eines Agrarbetriebs in den letzten Jahren nur leicht - von 10,5 Hektar im Jahr 2015 auf 11,6 Hektar im Jahr 2024. Damit gehört Polen neben Rumänien und Italien zu den Ländern mit den kleinsten Höfen in der EU.
Kennziffer | |
---|---|
Einwohner (in Millionen, 2024) | 36,6 |
Ackerfläche (in Millionen Hektar; 2023) | 14,7 |
Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (NACE A, in Prozent; 2023) | 3 |
Exporte Agrargüter (SITC 0, in Milliarden Euro; 2024) | 43,6 |
Den Betrieben fehlt oft das Kapital für große Agrarmaschinen. Stattdessen müssen die Höfe auf Handarbeit setzen. Die Landwirtschaft beschäftigt in Polen mehr als doppelt so viele Arbeitskräfte wie in Deutschland oder Frankreich.
Größere Höfe existieren in den nördlichen und westlichen Regionen Pomorskie, Zachodnio-Pomorskie und Lubuskie. Ein Grund: in diesen Gegenden wurden zur Zeit des Sozialismus Agrarbetriebe zwangsweise zusammengelegt.
Fast alle Agrarbetriebe gehören privaten Landwirten. Nur 0,1 Prozent der Höfe Polens befindet sich im Besitz von Unternehmen. Eine Ausnahme bilden die Betriebe mit einer Fläche ab 100 Hektar. Hier liegt der Anteil der Höfe im Besitz von Unternehmen laut Eurostat bei 16,6 Prozent.
Tierhaltung dominiert die Landwirtschaft
Getreidesorten wie Weizen, Roggen und Mais bedeckt einen Großteil der landwirtschaftlichen Fläche Polens. Darüber hinaus prägen Raps und Rüben sowie Kartoffeln und Äpfel den polnischen Anbaumix. Ökologische Feldwirtschaft spielt mit einem Anteil von 4,5 Prozent an der landwirtschaftlichen Fläche eine Nischenrolle.
Im Vergleich zu anderen EU-Staaten sticht Polen bei der Produktion von tierischen Erzeugnissen hervor. Die Fleischbetriebe des Landes schlachteten im Jahr 2024 rund 1,4 Milliarden Geflügeltiere – so viele wie nirgendwo sonst in der EU und 50 Prozent mehr als in Frankreich, dem zweitgrößten Geflügelschlachter Europas.
Im Gegensatz zum Geflügel-Bestand ist die Schweine-Population rückläufig. Der Grund: Angesicht mehrerer Fälle der afrikanischen Schweinepest müssen Betriebe ihre Tiere keulen.
Gleichzeitig bleibt der Bestand von Rindern auf stabilem Niveau. Hier liegt Polen in der EU seit Jahren auf Platz 4 hinter Frankreich, Deutschland und Irland. Mit Sorge blicken die Landwirte in Richtung Slowakei, wo die Maul- und Klauenseuche um sich greift.
Langsam aber beständig steigt die Milchproduktion. Lieferten Polens Höfe im Jahr 2015 noch 10,9 Millionen Tonnen Kuhmilch an die Molkereien, waren es 2024 bereits 13,5 Millionen Tonnen.
Bei der Produktion von Hühner-Eiern gehört Polen seit Jahren zu den größten Exporteuren in der EU.
Menge | Veränderung 2023/2022 | |
---|---|---|
Baumobst | 4,3 | -9 |
Äpfel | 3,9 | -9 |
Kartoffeln | 5,5 | -9 |
Beerenobst | 3,8 | -3 |
Getreide | 35,2 | -1 |
Raps, Rübsamen | 3,7 | 1 |
Zuckerrüben | 15,9 | 12 |
Bedeutung des Außenhandels schwankt
Laut Angaben der Statistikbehörde GUS spielt der Export für landwirtschaftliche Betriebe keine große Rolle. Der Anteil der Ausfuhren am gesamten Umsatz liegt in der Landwirtschaft bei 3,8 Prozent.
Anders ist die Situation bei den Lebensmittelverarbeitern. Sie gehören zur wichtigsten Kundengruppe der Landwirtschaft und erwirtschaften 27 Prozent aller Umsätze im Außenhandel. Je nach Produkt steigt der Anteil der Exporte auf bis zu 33 Prozent, zum Beispiel bei Obst- und Gemüseerzeugnissen.
Polen ist Netto-Exporteur von Agrargütern und Lebensmitteln. Die Ausfuhren lagen mit 53,5 Milliarden Euro im Jahr 2024 deutlich über den Importen von 35,6 Milliarden Euro. Der Protest der Landwirte gegen Getreideeinfuhren aus der Ukraine hat an Schärfe verloren, kann aber jederzeit wieder aufbrechen.
Polen stark bei Landmaschinen
Auf Polens Feldern kommen Pflüge und Mähgeräte aus heimischer Produktion zum Einsatz. Das Land verfügt mit Unternehmen wie Samasz, Pronar oder Krukowiak über einige Hersteller von Landmaschinen. Trotzdem gibt es Raum für internationale Anbieter. Die Importe von Landmaschinen nach Polen lagen 2024 nach Angaben von Eurostat mit einem Wert von 1,4 Milliarden Euro auf Augenhöhe mit dem Exportwert von 1,5 Milliarden Euro.
Allerdings kämpfen die heimischen Anbieter mit sinkenden Bestellungen. Im Jahr 2024 schrumpften die Produktionszahlen von Landmaschinen in Polen laut GUS je nach Produkt um bis zu 50 Prozent. Auch die Importe gingen um 4,2 Prozent zurück.
Während sich beim Verkauf von Landmaschinen internationale und heimische Produzenten die Waage halten, ist Polen bei Traktoren auf Einfuhren angewiesen. Das Land importierte im Jahr 2024 fast fünfmal so viele Traktoren wie es exportierte. Deutschland ist der größte Lieferant von Landmaschinen und Traktoren mit Marktanteilen von einem Drittel. Die Konkurrenz nimmt aber zu. Landmaschinenimporte aus China stiegen 2024 um 62 Prozent.
Der polnische Traktorenhersteller Ursus hat nach Jahren finanzieller Schwierigkeiten einen Investor gefunden. Das Unternehmen gehört seit 2024 der ukrainischen Gesellschaft M.I. Crow. Für eine Wiederbelebung der Marke spricht, dass die beiden polnischen Ursus-Werke Mitarbeiter einstellen.
Hersteller von Agrartechnik in Polen arbeiten auch an neuen Technologien. Das Unternehmen Unia hat zusammen mit dem Forschungsinstitut Łukasiewicz einen Roboter für den Maisanbau entwickelt. Der polnische Satellitenhersteller SatRev liefert die nötige Ausrüstung für ein Projekt zur satellitengestützte Überwachung von Nutzpflanzen der staatlichen Förderanstalt KOWR.
Produktgruppe | 2024 | Veränderung 2023/24 |
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Traktoren | 1.518 | -24,8 |
Pflüge | 1.881 | -42,1 |
Bodenlockerer, Grubber | 7.691 | -20,3 |
Sämaschinen | 2.547 | -32,5 |
Stickstoffdünger (in 1.000 Tonnen) | 1.754 | 17,8 |
Pestizide und Agrarchemikalien (in 1.000 Tonnen) | 56,1 | 54,6 |
Folgen der Energiekrise
Die Düngemittelproduktion in Polen nimmt wieder zu. Sie bleibt aber laut GUS unter dem Niveau vor der Energiekrise von 2021. Im Zuge der gestiegenen Gaspreise hängt Polens größter Düngemittelproduzent Azoty in den roten Zahlen fest.
Die heimischen Düngemittelproduzenten leiden nach eigenen Angaben unter billigen Importen aus nicht-europäischen Märkten. Der Wert der Düngemittel-Einfuhren aus Russland lag 2024 um 89,1 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Einfuhren aus China haben sich seit 2021 sogar verzehnfacht.
Unternehmen | Sparte | Umsatz *) |
---|---|---|
Animex Foods | Tierproduktion | 2.789 |
Grupa Mlekovita | Molkereiprodukte | 2.007 |
Goodvalley Agro | Pflanzenanbau, Tierproduktion und Verarbeitung | 164 |
Kombinat Rolny Kietrz | Getreide und Ölsaaten | 76,3 |
Agrofirma Witkowo | Pflanzenanbau und Tierproduktion | 58,9 |
Top Farms | Pflanzenanbau | 24,7 |