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Markttrends
Die Landwirtschaft in Polen muss bei weiterem Wachstum nachhaltiger sowie effizienter werden und in Dürreperioden besser bestehen.
03.11.2023
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Die polnische Landwirtschaft ist stark exportorientiert. Hauptabnehmer von Agrarerzeugnissen sind die anderen Länder der Europäischen Union. Außerhalb der EU sind die Produkte vor allem im Vereinigten Königreich und in Asien gefragt, in China insbesondere Fleisch. Arabische Länder beziehen mehr Obst aus Polen. Negativ wirken sich steigende Kosten etwa für Kunstdünger und Energie aus bei gleichzeitigem Preisdruck auf die Erzeugnisse der Landwirte. So blockiert Polen eigenmächtig Getreidelieferungen aus der Ukraine aus Furcht vor einem Preisverfall nach Beendigung der Importbeschränkungen der EU.
Effizienz muss steigen
Um die eher schwache Konjunktur in der Landwirtschaft wiederzubeleben, muss die Effizienz der Betriebe erhöht werden, und Ressourcen müssen gezielter eingesetzt werden. Das gilt für Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie Wasser auf den zunehmend von Dürrephasen heimgesuchten Feldern. Drohnen werden zur Zustandsanalyse der einzelnen Abschnitte bereits eingesetzt. Dürreresistentere Pflanzenarten sind gefragt. Notwendig ist eine weitere Digitalisierung. Neue Technologien werden künftig verstärkt zum Einsatz kommen, auch zur Verbreitung der Präzisionslandwirtschaft.
Das Netz zur Förderung von Innovationen in der Landwirtschaft und in Ländlichen Gebieten SIR (Sieć na rzecz Innowacji w Rolnictwie i na Obszarach Wiejskich) berät Landwirte. Es fungiert im Rahmen des Landesnetzes für Ländliche Regionen KSOW (Krajowa Sieć Obszarow Wiejskich), die sich weiter entwickeln sollen. Das seit dem 1. Juli 2023 als KSOW + bezeichnete Netzwerk setzt Zielvorgaben im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU 2023 bis 2027 um.
Die EU-Kommission genehmigte zuvor den Strategieplan Polens dazu. Wichtig dabei ist, junge Leute für den Agrarsektor zu gewinnen. Die Landesstelle zur Förderung der Landwirtschaft KOWR ist die staatliche Anlaufstelle für Agrarbetriebe mit ihrem E-Portal eRolnik (eLandwirt).
Umweltaspekte gewinnen an Gewicht
Die im "Grünen Deal" der EU festgelegten Klimaziele bis 2030 fordern mehr Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Das Grund- und Trinkwasser muss geschützt, der Ausstoß an Kohlendioxid reduziert, der Anteil der ökologischen Erzeugung erhöht, das Tierwohl verbessert und Transportwege verkürzt werden.
Die letztens zweistellig gewachsenen Lebensmittelpreise bremsen die Inlandsnachfrage nach hochwertigeren Produkten jedoch aus. Die Regierung belässt den Mehrwertsteuersatz für Grundnahrungsmittel bis Ende 2023 bei 0 Prozent (bis 31. Januar 2022: 5 Prozent).
Ökologische Bauernbetriebe finden dennoch Abnehmer für ihre höherpreisigen Erzeugnisse. Sie leben auch vom Exportgeschäft. Ende 2022 gab es 21.187 solche Betriebe (+6 Prozent zu Ende 2021), die insgesamt 554.632 (+9 Prozent) Hektar bewirtschafteten, wie der Inspektor für die Handelsqualität von Agrar- und Nahrungsmittelartikeln IJHARS (Inspektorat Jakości Handlowej Artykułów Rolno-Spożywczych) mitteilt.
Fleisch dominiert Export
Die Nahrungsmittelexporte stiegen im 1. Halbjahr 2023 um 16 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Der zweistellige Zuwachs ist jedoch vor allem auf höhere Preise zurückzuführen. Die Inflationsrate lag in Polen im 1. Halbjahr bei 15 Prozent.
Neue Märkte gewinnen an Gewicht. Die Ausfuhren nach Saudi-Arabien stiegen zum Beispiel um 22 Prozent auf 262 Millionen Euro. Bei den Exporten von Fleisch und -erzeugnissen hatte Geflügelfleisch mit 2 Milliarden Euro den größten Anteil vor verarbeiteten Fleischprodukten (1,2 Milliarden Euro), Rind- (1 Milliarde Euro) und Schweinefleisch (404 Millionen Euro).
1. Hj. 2023 | Veränderung*) | |
---|---|---|
Exporte insgesamt | 25,6 | 16 |
in andere EU-Länder | 18,8 | 13 |
nach Deutschland | 6,4 | 16 |
von Fleisch und -erzeugnissen | 4,9 | 8 |
von Getreide und -produkten | 3,8 | 30 |
von Tabak und -produkten | 2,7 | 31 |
von Molkereierzeugnissen | 1,8 | -3 |
von Zucker und Süßwaren | 1,7 | 18 |
Importe insgesamt | 16,4 | 9 |
Exportüberhang | 9,3 | 30 |
EU-Mittel ermöglichen Kauf von Maschinen
Polen erhält aus dem EU-Budget von 2023 bis 2027 rund 22,1 Milliarden Euro, darunter direkte Zahlungen von 17,3 Milliarden Euro. Das Land steuert selbst außerdem 3,1 Milliarden Euro bei. Für die Modernisierung von Agrarbetrieben stehen aus diesem Budget rund 7,8 Milliarden Euro zur Verfügung, einschließlich für Tierwohl, Ausbau kleiner Höfe, Seuchenschutzmaßnahmen und erneuerbare Energien, darunter Biogasanlagen. Die Fördermittel für den ländlichen Raum verwaltet die Agentur zur Umstrukturierung und Modernisierung der Landwirtschaft ARiMR (Agencja Restrukturyzacji i Modernizacji Rolnictwa). Damit finanzieren die Landwirte auch Beschaffungen von Traktoren, Maschinen und Geräten, darunter aus Deutschland.
Deutschland lieferte laut Eurostat 2022 Landmaschinen (SITC 721) für 472 Millionen Euro nach Polen (darunter Ernte- und Dreschmaschinen für 273 Millionen Euro) und war damit weit vor Italien (156 Millionen Euro) das wichtigste Lieferland. Die gesamten Importe betrugen knapp 1,5 Milliarden Euro. Aufgrund der zunehmenden Dürrephasen dürfte künftig insbesondere der Bedarf an Bewässerungsanlagen steigen. Traktoren (SITC 722) führte Polen 2022 für 314 Millionen Euro aus Deutschland ein (Importe insgesamt: 899 Millionen Euro).
Die geringe Rentabilität der Agrarbetriebe führt 2023 jedoch zu einem Rückgang ihrer Investitionen. Die EU-Fördermittel 2023 bis 2027 laufen erst an. So blieb im 1. Halbjahr 2023 die Nachfrage nach Traktoren verhalten. Die Marke John Deere verwies New Holland auf Platz 2. Der inländische Hersteller Ursus verkaufte nur noch einen Traktor in Polen (1. Halbjahr 2022: 27). Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen und internationalen Lage dürften 2023 laut dem Verband PIGMiUR die Beschaffungen von Traktoren um ein Fünftel und die von Landmaschinen noch etwas stärker zurückgehen.
Polen importiert vielfach Pflanzenschutzmittel. Die inländische Produktion davon brach laut dem Statistischen Hauptamt GUS (Główny Urząd Statystyczny) in den ersten sieben Monaten 2023 um 29,3 Prozent gegenüber Januar bis Juli 2022 auf 27.279 Tonnen ein. Bei Düngemitteln sank die Produktion um 32,2 Prozent bei Stickstoffdünger (782.000 Tonnen) und um 51,5 Prozent bei Phosphordünger (97.300 Tonnen). Zu dem Rückgang hatten unter anderem die hohen Gaspreise geführt, die die Produktion von Düngemitteln stark verteuerten.