Ein schwächelnder Export und Probleme am heimischen Markt drücken die Umsätze in Polens Maschinenbau. Immerhin sind die Aussichten positiv.
Die Maschinenbauer in Polen sind mit schwachen Zahlen in das Jahr gestartet. Laut der Statistikbehörde GUS (Główny Urząd Statystyczny) lagen die Branchenumsätze im 1. Quartal 2024 um 3,2 Prozent unter dem Vorjahreswert. Eine Mehrheit der Unternehmen bewertet die aktuelle finanzielle Situation im eigenen Betrieb negativ. Wie GUS berichtet, melden Polens Maschinenbauer seit Monaten sinkende Bestellungen.
Konjunkturflaute trifft den Maschinenbau
Ein Grund für die Flaute ist die trübe Lage in wichtigen Kundenbranchen. Das verarbeitende Gewerbe meldet für die ersten drei Monate 2024 eine rückläufige Produktion. Straßenbauunternehmen haben weniger Aufträge, nachdem im Dezember 2023 eine EU-Haushaltsperiode endete und neue Fördergelder verzögert eintreffen. Metall- und Kunststoffunternehmen kürzten angesichts gestiegener Energie- und Materialkosten ihre Investitionsprojekte. In der Folge gehen die Neuaufträge bei Herstellern von Spritzgussmaschinen zurück.
Möbelhersteller klagen, dass die Holzpreise der polnischen Staatswälder um 40 Prozent über dem Niveau in Deutschland oder Tschechien liegen würden. Positiv bewertet der Verband der Holzindustrie PIGPD (Polska Izba Gospodarcza Przemysłu Drzewnego), dass die Staatswälder unter Polens neuer Regierung ihr Holz wieder nach FSC-Standard zertifizieren lassen wollen. Das helfe im Exportgeschäft, sagt PIGPD. Füllen sich die Auftragsbücher, dann kurbelt das die Nachfrage nach Maschinen an.
55,7
%
beträgt der Exportanteil an den Umsätzen des Maschinenbaus in Polen.
Hersteller von Agrarmaschinen müssen ebenfalls Einbußen verkraften. Im 1. Quartal sanken die Verkäufe von Traktoren um 18,7 Prozent, nachdem bereits das Gesamtjahr 2023 mit einem Minus von 12 Prozent enttäuschte. Der Branchenverband PIGMIUR (Polska Izba Gospodarcza Maszyn i Urządzeń Rolniczych) verweist auf die schlechte Stimmung bei Landwirten. So würden "Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine oder Schwierigkeiten beim Verkauf von Agrarprodukten" die Investitionslaune drücken, schreibt PIGMIUR.
Wie schon bei den Holzverarbeitern gibt es auch hier Lichtblicke: Polens Parlament hob im April 2024 ein Gesetz auf, welches Leasingverträge für Agrarmaschinen laut PIGMIUR nahezu unmöglich gemacht hatte.
Experten erwarten einen Aufschwung
Überhaupt scheint sich das Blatt für die Unternehmen zum Positiven zu wenden. Laut GUS bewertet eine kleine Mehrheit der Maschinenbauer zum Ende des 1. Quartals 2024 die zukünftigen Geschäftschancen gut. Es ist das erste Mal seit zweieinhalb Jahren, dass der Anteil der optimistisch eingestellten Firmen in der Konjunkturumfrage überwiegt.
Tomasz Haiduk, Präsident des Branchenverbandes der Automatisierungsdienstleister FAIRP (Forum Automatyki i Robotyki Polskiej) sieht im Gespräch mit GTAI Chancen für Roboterhersteller: "Unternehmen mussten Investitionen wegen der hohen Energiekosten auf Eis legen. Doch jetzt, wo sich die Energiepreise stabilisieren, nehmen die Projekte wieder Fahrt auf. Wir prognostizieren darum für dieses Jahr einen Anstieg der Investitionen in neue Roboter.“
Auch die mittlerweile von der Europäischen Kommission freigegebenen EU-Gelder helfen den Verkaufszahlen von Maschinen im Allgemeinen und Robotern im Speziellen. Seit April 2024 können Unternehmen, die ihre Anlagen durch energiesparende Lösungen ersetzen wollen, Zuschüsse beantragen. Die staatliche Landwirtschaftsagentur ARiMR (Agencja Restrukturyzacji i Modernizacji Rolnictwa) will außerdem neue EU-Mittel im Rahmen des Programms "Landwirtschaft 4.0" ausschreiben. Agrarbetriebe erhalten dann bis zu 22.000 Euro, wenn sie Sensoren zur Bodenüberwachung oder Steuerungshilfen für Traktoren einkaufen.
Der europäische Wiederaufbaufonds unterstützt Landwirte, die Maschinen einkaufen, um Lebensmittel zu verarbeiten. Industriebetriebe warten hingegen auf das Ergebnis eines 470 Millionen Euro schweren Wettbewerbs vom November 2023. Die Gewinner erhalten Zuschüsse für Robotern und Digitalisierungslösungen. Ende April 2024 hatte das zuständige Ministerium noch keine Gewinner bekanntgegeben.
"Lebensmittelverarbeiter investieren zunehmend in neue Maschinen"
Der Verband FAIRP (Forum Automatyki i Robotyki Polskiej) ist ein Zusammenschluss von Automatisierungsdienstleistern in Polen. Die Unternehmen unterstützen ihre Kunden dabei, Produktionsprozesse mithilfe moderner Maschinen und Roboter zu automatisieren. Tomasz Haiduk, Gründer und Präsident von FAIRP erläutert, wie sich der Markt in Polen entwickelt.
Wer sind die wichtigsten Kunden für Roboter und Automatisierungstechnik in Polen?
Die Automobilindustrie bleibt der wichtigste Abnehmer. Wir sehen aber auch eine wachsende Nachfrage bei den Herstellern von Haushaltselektronik, das heißt von Kühlschränken oder Waschmaschinen. Polen ist der größte Produzent solcher Geräte in Europa, auch dank des Zustroms ausländischer Investoren.
Ein bemerkenswerter Trend ist, dass die Lebensmittelverarbeiter zunehmend in neue Maschinen investieren. Je weniger Kontakt die Lebensmittel mit dem Menschen haben, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie kontaminiert werden. Durch die Automatisierung können die Verarbeitungsprozesse steriler gestaltet werden.
Warum investieren Unternehmen in Polen in Automatisierung?
Ein wichtiger Grund, warum Unternehmen ihre Prozesse automatisieren, ist die Demografie. In Polen leben derzeit über 36 Millionen Menschen. Wir schätzen, dass es in 20 Jahren nur noch 30 Millionen sein werden. Das bedeutet, dass es immer weniger Beschäftigte geben wird. Die Frage ist also nicht, ob Automatisierung und Robotisierung notwendig sind. Vielmehr müssen wir uns fragen, warum wir es so langsam tun.
Welche Prozesse werden am häufigsten automatisiert?
Die Unternehmen automatisieren Arbeitsabläufe, bei denen hohe Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen an die Mitarbeiter bestehen. Diese Anforderungen können durch den Einsatz einer Maschine erfüllt werden. Ein weiterer Bereich, den Unternehmen gerne automatisieren, sind monotone und sich wiederholende Produktionsschritte. Der vielleicht wichtigste Bereich sind jedoch jene Produktionsprozesse, die mit einer solchen Präzision ausgeführt werden müssen, dass ein Mensch sie nicht ausführen kann.
Welche Hürden gibt es bei der Automatisierung?
Der Mangel an Fachkräften ist das größte Hindernis für Automatisierungsprojekte in mittelständischen Unternehmen. Wenn ein Unternehmen 50 oder 100 Mitarbeiter hat, kann es nicht ständig drei bis vier Personen abstellen, die sich mit der Einführung neuer Technologien befassen. Wir brauchen externe Kompetenzzentren, die den Unternehmen bei der Modernisierung ihrer Produktion helfen. In Polen werden derzeit solche Zentren eingerichtet, um Best Practices zu fördern.
Nachbesserung bei Steuernachlässen
Die EU-Programme freuen auch Ewa Mikos-Romanowicz, Leiterin der Geschäftsentwicklung bei Siemens Polska. Sie hofft, dass Unternehmen mithilfe der Gelder ihre Produktion nicht nur automatisieren, sondern auch digitalisieren.
Gleichzeitig mahnt sie gegenüber GTAI: "Wir sollten über neue Finanzinstrumente sprechen, abseits von Subventionen. Unternehmen, die Roboter einkaufen, erhalten bislang eine Steuergutschrift. Es gibt aber nicht viele Interessenten für dieses Instrument. Das hat mehrere Gründe. Beispielsweise werden Ausgaben für Digitalisierung nicht berücksichtigt."
Ein weiteres Problem ist, dass die Steuergutschrift nicht auf die Anschaffungskosten, sondern auf den jährlichen Abschreibungssatz von 18 Prozent gewährt wird. Außerdem endet die Förderung bereits 2026.
Deutsche Maschinenbauer erfolgreich in Polen
Neben Automatisierung und Digitalisierung ist Recycling ein Top Thema für den Maschinenbau in Polen. Das Unternehmen Terra Electrorecycling eröffnete unweit von Warschau eine neue Verwertungsanlage für Elektroabfälle. Das nötige Know-how kommt vom deutschen Anlagenbauer URT aus Bayern. Grupa Elemental, die Muttergesellschaft von Terra Electrorecycling, baut im südpolnischen Zawiercie eine Anlage, um Platinmetalle und Lithium-Ionen-Batterien wiederzuverwerten.
Deutsche Maschinenbauer nutzen Polen nicht nur als Absatzmarkt, sondern auch als Produktionsstandort. TRUMPF Hüttinger eröffnete in Warschau ein neues Werk für die Leiterplattenbestückung. Im Speckgürtel der Hauptstadt entsteht darüber hinaus ein Entwicklungszentrum. Das Unternehmen GKM Siebtechnik baut ein Werk bei Radom, südlich von Warschau.
Auch Branchenorganisationen aus Deutschland weiten ihre Aktivitäten in Polen aus. Der VDMA konnte zwischen 2023 und 2024 neue polnische Mitglieder gewinnen. Hierzu gehören SaMASZ, einer der führenden Hersteller Polens von Landtechnik, oder der Automatisierungsdienstleister Taskoprojekt.
Ausgewählte Investitionsprojekte der Maschinenbauindustrie in PolenInvestitionssumme in Millionen EuroAkteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
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Bosch | 280 | Bau | Bau einer Fabrik für Wärmepumpen |
Vestas | 100 | Bau | Bau einer Fabrik für Komponenten für Offshore-Windturbinen |
Cloos Welding | 18,6 | Planung | Bau einer Fabrik für Schweiß-Roboter |
Radiotechnika | 6 | Bau | Bau einer Fabrik für Elektrogeräte und Komponenten |
GKM Siebtechnik | - | Bau | Bau einer Fabrik und einer Lagerhalle für Präzisionssiebe |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024
Von Christopher Fuß
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Warschau