Wirtschaftsausblick | Rumänien
Rumäniens Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf
Die rumänische Wirtschaft soll 2025 dank anziehender Exporte wieder stärker wachsen. Eine anstehende Steuerreform verunsichert viele Unternehmen.
25.11.2024
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Top-Thema: Neue Regierung wird Steuern erhöhen
Unternehmen blicken mit Unsicherheit auf das Jahr 2025. Denn Rumänien muss eine Steuerreform umsetzen. Es wird von der Konstellation der im Dezember 2024 neu gewählten Regierung abhängen, wann und in welchem Umfang steuerliche Maßnahmen beschlossen werden. Der Internationale Währungsfonds schlägt eine progressive Einkommensbesteuerung vor und rät, ermäßigte Mehrwertsteuersätze abzuschaffen. Letztere gelten etwa für Solarpaneele, Wärmepumpen oder für den Neukauf von Immobilien.
Im Laufe des Jahres 2025 wird sich zeigen, wie sich eine Steuerreform auf die Wirtschaft auswirken wird. Rumäniens Staatshaushalt wird zum Ende des Jahres 2024 ein Defizit von 8 Prozent des BIP aufweisen, prognostiziert die EU. Sie verlangt, dass Rumänien spart und eine Steuerreform umsetzt. Die Steuerreform ist auch eine Voraussetzung, um EU-Fördermittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität zu erhalten und so Investitionen zu stimulieren.
Wirtschaftsentwicklung: Exporte und Investitionen legen 2025 zu
Die rumänische Wirtschaft wird im Jahr 2025 real um 2,5 Prozent wachsen, prognostiziert die EU-Kommission. Für 2024 erwartet sie eine Zunahme des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,4 Prozent. Rumäniens Wirtschaftswachstum wird auch 2025 hauptsächlich durch den privaten Konsum angetrieben, unterstützt durch stark steigende Löhne und Renten. Auch der Export und die Investitionen sollen die Konjunktur im kommenden Jahr wieder stärker stützen.
Staat verspricht Fördermittel für die Industrie
Die Bruttoanlageinvestitionen werden im Jahr 2025 um 6,7 Prozent wachsen, erwartet die EU. Stärkere Umsatzerlöse aus dem sich erholenden Export sollen Unternehmen mehr finanziellen Spielraum für Investitionen verschaffen. Auch das im Oktober 2024 angekündigte Investitionsprogramm im Wert von 2 Milliarden Euro dürfte die Investitionen in der Industrie ankurbeln. Das Programm verspricht Beihilfen für Firmen, die in Dekarbonisierung investieren.
Rumäniens Industrieproduktion leidet zunehmend unter steigenden Arbeitskosten und einer schwachen Auslandsnachfrage aus der EU. Fast 69 Prozent der Ausfuhren gehen in die Europäische Union und etwa ein Fünftel nach Deutschland. Immerhin erwartet die EU-Kommission beim Export eine leichte Zunahme um 2,2 Prozent im Jahr 2025. Mit Blick auf die Jahre 2024 und 2025 stagnieren die rumänischen Ausfuhren allerdings, da für 2024 ein Rückgang um 2 Prozent vorausgesagt wird.
Eine starke Binnennachfrage stimuliert das Importwachstum: Die EU prognostiziert für 2024 eine Zunahme der Einfuhren um 4,9 Prozent und für 2025 um 3,2 Prozent. In Folge wird das Handelsbilanzdefizit weiter zunehmen.
Inflation in Rumänien überdurchschnittlich hoch
Der Konsum wird im Jahr 2025 insbesondere durch den Handel mit Bekleidung, Sportartikeln, Medien oder elektronischen Geräten sowie durch das Freizeit- und Gastgewerbe angetrieben werden. Vor allem die stark steigenden Reallöhne stimulieren den Verbrauch: Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) rechnet mit einem Zuwachs der Reallöhne für 2024 um 7 Prozent und für 2025 noch immerhin um 3 Prozent.
Die positive Konsumstimmung wird jedoch durch die vergleichsweise hohe Inflation getrübt. Laut EU-Kommission wird die Teuerungsrate im Jahr 2024 rund 5,5 Prozent erreichen und somit über dem EU-Durchschnitt liegen. Für 2025 prognostiziert die EU einen Rückgang der Inflation auf 3,9 Prozent. Damit wird die Teuerung weiter über der Zielmarke der rumänischen Zentralbank von 2,5 Prozent liegen. Ein Grund hierfür ist die Aufhebung der staatlich festgelegten Höchstpreise für Strom, Erdgas und ausgewählte Grundnahrungsmittel im Jahr 2025. Die Firmen werden daher die gestiegenen Produktionskosten 2025 an die Verbraucher weiterreichen
Deutsche Perspektive: Die Aussicht ist stabil
Deutsche Unternehmen erwarten leicht eingetrübte Geschäftsaussichten für das Jahr 2025. Die größten Geschäftsrisiken sind steigende Arbeitskosten und der anhaltende Fachkräftemangel. Besonders hoch ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften und Hochschulabsolventen. Insgesamt bewertet die aktuelle Konjunkturumfrage der AHK Rumänien die Aussichten der deutschen Unternehmen jedoch als stabil.
Allerdings befürchten die Vertreter der deutschen Wirtschaft, dass sich die steuerlichen Rahmenbedingungen in Zukunft verschlechtern werden, weil die Regierung etwas gegen das strukturell hohe Haushaltsdefizit unternehmen muss. Die deutsche Community hofft dabei auf eine ausgewogene Steuerpolitik: "Wir bleiben dabei, dass insbesondere die Steuerhinterziehung effektiver bekämpft werden muss, bevor diejenigen, die bereits Steuern zahlen, mit höheren Abgaben belastet werden", erklärt Sebastian Metz, Geschäftsführendes Vorstandmitglied der AHK Rumänien.
Deutsche Unternehmen sind in Rumänien die größten Investoren. Die meisten von ihnen sind in der Automobilbranche und der Elektroindustrie tätig. Rumänien gewinnt dabei als Standort für Forschung und Entwicklung und zunehmend als Beschaffungsmarkt an Bedeutung. Das Engagement der deutschen Unternehmen spiegelt sich auch im Außenhandel wider.
Rumänien spielt wichtige geopolitische Rolle
Die EU braucht einen starken Partner an der NATO-Ostflanke und bei der Integration des rumänisch-sprachigen Nachbarlandes Republik Moldau. Entsprechend wird diese neue geopolitische Rolle Rumäniens bei künftigen Verhandlungen mit der EU ein größeres Gewicht haben. Dies wirkt sich generell positiv auf das Investitionsklima aus. In der Energiewirtschaft etwa erhalten deutsche Unternehmen Aufträge. Mittel- und langfristig bleibt Rumänien ein interessanter Standort für Nearshoring, insbesondere für Dienstleistungen, etwa im IT-Sektor.