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Saudi-Arabien: Öffentliche Aufträge
Das saudische Vergabegesetz regelt das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge sowie die Durchführung dieser Aufträge.
10.01.2025
Von Sherif Rohayem | Bonn
Zentrale Regelungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge in Saudi Arabien ist das mit königlichem Dekret Nummer M/128 im Jahr 2019 verabschiedete Vergabegesetz (VergabeG) sowie dessen Durchführungsverordnung (VergabeGVO). Aufgrund der Vielzahl der Megaprojekte unter Kronprinz Mohammed Bin Salman, die sich im dreistelligen Milliarden US-Dollar Bereich bewegen, kommt dieser Rechtsmaterie eine herausragende Rolle zu.
Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielt das elektronische Portal des saudischen Finanzministeriums, das die Interaktion zwischen Bieterinnen und Interessenten auf der einen Seite und der saudischen Regierung auf der anderen Seite ermöglicht. So werden gemäß Artikel 16 VergabeG sämtliche Ausschreibungen und Beschaffungen der Regierung auf diesem Portal veröffentlicht; auch die die Ausschreibungsdokumente sind auf dem Portal erhältlich. Umgekehrt sieht Artikel 60 VergabeGVO vor, dass Bieter ihr Gebot über das elektronische Portal einreichen müssen.
Artikel 10 VergabeG bestimmt den Anwendungsbereich des VergabeG auf sämtliche Beschaffungen öffentlicher Stellen. Leitende Prinzipien des Vergaberechts sind Öffentlichkeit, Transparenz und Gleichbehandlung (Artikel 6 VergabG). Eine Ausnahme von dem Gleichbehandlungsgrundsatz gilt zu Gunsten einheimischer Anbieter. Gemäß Artikel 3 Nr. 2 VergabeG sollen Vergabstellen sicherstellen, dass es keinen lokalen Anbieter gibt, bevor die Vergabe an ausländische Anbieter stattfindet. Ebenso bestimmt Artikel 9 VergabeG eine Präferenz für kleine und mittlere Unternehmen, local content, sowie Unternehmen, die am Kapitalmarkt gelistet sind.
Vergabearten
Es gibt verschiedene Vergabearten. Vorrang hat die öffentliche Vergabe gemäß Artikel 28 ff. VergabeG. Die eingeschränkte Ausschreibung ist in folgenden Fällen zulässig:
- Es gibt eine eingeschränkte Auswahl an Anbietern;
- Wenn der Wert der Beschaffung 500.000 Saudi-Riyal (circa 129.054 Euro) nicht überschreitet;
- In dringenden Fällen;
- wenn Non-Governmental-Organisations (NGO) oder nicht-profit orientierte Organisationen den Auftrag ausführen können oder
- wenn der Auftrag eine Dienstleistung zum Gegenstand hat.
Ein zwei-stufiges Verfahren ist gemäß Artikel 32 VergabeG statthaft, wenn es aufgrund der Komplexität des Beschaffungsgegenstandes nicht möglich ist a priori die technischen Spezifikationen sowie die vertraglichen Pflichten im Einzelnen festzulegen.
Eine Direktvergabe, also eine Beauftragung ohne Teilnehmerwettbewerb, ist gemäß Artikel 32 VergabeG in folgenden Fällen zulässig:
- Gegenstand der Beschaffung sind Rüstungsgüter;
- Es gibt nur einen Anbieter
- Die geschätzten Kosten der Beschaffung belaufen sich maximal auf 100.000 Saudi-Riyal (circa 25.810 Euro);
- Eine Direktvergabe ist im Interesse der nationalen Sicherheit;
- Gegenstand des Auftrages wird nur von einer einzigen NGO oder einer einizigen nicht-Profit-orientierten Organisation erbracht oder
- in Notfällen.
Verfahren
Nach der Auftragsvergabe muss die ausschreibende Stelle eine Frist von mindestens fünf und maximal zehn Werktagen verstreichen lassen. Erst danach darf der Vertrag abgeschlossen werden. In der Zwischenzeit sollen die unterlegenen Bieter die Möglichkeit haben, rechtlich gegen die Vergabe vorzugehen (Artikel 53 VergabeG). Unterlegene Bieter können vor einem Komitee im Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums Widerspruch gegen die Entscheidung der Vergabestelle, einen anderen Bieter zu berücksichtigen, einlegen. Das Widerspruchsverfahren richtet sich nach den Artikeln 86 ff. VergabeG.
Weitere Informationen
Seit Anfang 2024 gilt das von der saudischen Regierung initiierte Regional Headquarter Programm. Zwar gibt es dafür keine gesetzliche Grundlage, gleichwohl sind multinationale Unternehmen verpflichtet, ihren regionalen Hauptsitz in Saudi-Arabien zu unterhalten. Verlegen die betroffenen Unternehmen Ihren regionalen Hauptsitz nicht nach Saudi-Arabien, dürfen sie unter anderem nicht an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen.
Einen Überblick über Projekte und Ausschreibungen in Saudi-Arabien mit Informationen über aktuelle staatliche und ausgewählte private Vorhaben, inklusive Finanzierer, Auftragsvolumen und Fristen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit stellt GTAI online bereit (auf Deutsch). Weiterführende GTAI-Informationen zum Government Procurement Agreement (GPA) finden Sie unter WTO und öffentliche Beschaffung.