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Branchen | Serbien | Kfz-Industrie

Autobauer und Lieferanten erweitern ihre Kapazitäten in Serbien

Das Westbalkanland überzeugt internationale Autobauer mit einem breiten Fertigungsspektrum und kurzen Lieferwegen. Deutsche Firmen realisieren neue Investitionsprojekte.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Belgrad

Serbiens Autoindustrie bleibt auf Wachstumskurs. Im 1. Quartal 2024 stieg die Produktion von Fahrzeugen, Anhängern und Sattelzügen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,5 Prozent im Wert, berechnet das serbische Statistikamt. Die Aussichten bleiben gut. "Aufgrund der aktuellen Dynamik rechne ich auch für das Gesamtjahr 2024 insgesamt mit einem Anstieg des Produktionswerts", sagt Igor Vijatov, Cluster Manager des Serbian Automotive and Mobility Clusters (AC Serbia) gegenüber GTAI.

Regierung will Wertschöpfung vertiefen

Die Automobilindustrie ist ein wichtiger Treiber der serbischen Wirtschaft. Rund 95.000 Menschen arbeiten landesweit in Auto- und Zulieferfabriken. Im Jahr 2021 erwirtschafteten sie einen Umsatz von rund 4,9 Milliarden Euro, berechnete die serbische Entwicklungsagentur (RAS). Rund ein Fünftel der ausländischen Direktinvestitionen fließen in die Kfz-Industrie.

Entsprechend interessiert ist die Regierung an der Weiterentwicklung der Branche. Die Autoindustrie sei ein Schlüsselelement der serbischen Wirtschaftsstrategie, betont der serbische Präsident Aleksandar Vučić. Er möchte sein Land zu einem regionalen Zentrum der Autoindustrie entwickeln. Im Fokus der Regierung steht der Aufbau von Know-how und die Ansiedlung der Fertigung von Produkten mit einer tiefer gehenden Wertschöpfung.

Serbien möchte Fertigung von Lithiumbatterien aufbauen

Zudem schlummern in Serbien Europas größte Lithiumvorkommen. Die serbische Regierung möchte das Metall nicht nur im Land abbauen, sondern auch weiterverarbeiten. Für den Aufbau einer Lithium-Wertschöpfungskette unterzeichnete Vučić Mitte Juli 2024 ein Memorandum of Understanding (MoU) mit der EU-Kommission und der Bundesregierung. In der Bevölkerung gibt es jedoch Vorbehalte gegen das Projekt. Anfang August 2024 demonstrierten Zehntausende aus Sorge vor Umweltschäden gegen das geplante Vorhaben.

Stellantis plant Fertigung von Elektromobilen in Serbien

Der Aufbau einer Lithium-Batteriefertigung in Serbien soll den Ausbau der E-Mobilität im Land vorantreiben. Mit Stellantis betreibt ein Autohersteller in Kragujevac ein eigenes Werk, der auf E-Mobilität setzt. Der transatlantische Mehrmarkenkonzern (Fiat, Peugeot, Citroën, Dodge, Chrysler) investiert rund 50 Millionen Euro in die Serienproduktion des Fiat-Modells Grande Panda mit Elektro- und Hybridantrieb. Im Juli 2024 wurde eine neue Testproduktionslinie in Betrieb genommen. Ab Oktober 2024 sollen die ersten Modelle vom Band rollen.

Lieferanten investieren in Erhöhung der Fertigungstiefe

Serbische sowie Tochtergesellschaften ausländischer Kfz-Teile-Lieferanten sind häufig integraler Bestandteil der Lieferketten europäischer und deutscher Autobauer, sowie von Lieferanten wie Bosch, Brose, Continental, Leoni oder ZF. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an Qualität und Liefertreue. "Um diese erfüllen zu können, bedient sich die Autobranche aus einem Pool gut ausgebildeter Absolventen von Hochschulen mit Schwerpunkten auf technische Wissenschaften (Novi Sad), Elektrotechnik (Niš) sowie Maschinenbau (Belgrad)", betont Branchenkenner Vijatov.

Lokal gefertigt werden vor allem Kabelbäume, Metallteile, Reifen, Scheibenwischer und Schläuche. Dabei geht der Trend von der Ansiedlung einfacher, aber arbeitsintensiver Prozesse hin zur Erhöhung der Fertigungstiefe und zur Herstellung hochtechnologischer Produkte. Continental produziert im Werk Kać nahe Novi Sad Board-Displays, ZF fertigt Elektroantriebe im Werk Pančevo. Aber auch Forschung und Entwicklung werden zunehmend lokalisiert.

Um den steigenden Anforderungen in Sachen Nachhaltigkeit der Produktion nachkommen zu können, organisiert die Serbische Industrie- und Handelskammer (CCIS) in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und der deutschen Beratungsgesellschaft Part of the Solution Trainings für lokale Lieferanten europäischer OEM.

Zahlreiche Investitionsprojekte in Planung um Umsetzung

Die serbische Zulieferindustrie ist vor allem von deutschen Lieferanten geprägt. Continental verdreifacht sein vor einem halben Jahr eröffnetes Werk zur Produktion von Kfz-Elektronik in Kać um 6,7 Hektar. Zudem kündigte der Tier-1-Zulieferer an, weitere 150 Millionen Euro in ein neues Werk in Serbien investieren zu wollen. Die deutsche PWO-Gruppe investiert rund 90 Millionen Euro in einen neuen Entwicklungs- und Produktionsstandort in Čačak. Der Produktionsstart ist für Ende 2025 geplant.

Aber auch die Konkurrenz aus Asien verstärkt ihr Engagement in dem Balkanstaat. Der japanische Teileproduzent JFE Shoji erwägt, seine im März 2024 eröffnete Produktion von Autoblechen in Inđija nahe Novi Sad zu erweitern. Das Investitionsvolumen soll sich auf 50 Millionen Euro belaufen. 

Ebenfalls in Inđija plant die chinesische Minth Group den Bau eines Werks zur Herstellung von Gehäusen für E-Mobil-Batterien. In den kommenden zehn Jahren sollen 870 Millionen Euro in das Projekt fließen. Daneben unterhält  die Minth Group das 2021 eröffnete Werk in Loznica zur Produktion von Aluminiumteilen für Kfz. Ende April 2024 eröffnete Lianbo eine Fabrik zur Herstellung von Motorkomponenten in Kać. Damit verstärken chinesische Zulieferer ihren Fußabdruck in Serbien. Linglong Tire begann Mitte September 2024 mit der Serienproduktion von Reifen in Zrenjanin. Ziel sind 13 Millionen Reifen pro Jahr.

Feka Automotive, ein türkischer Hersteller von Beleuchtungssystemen, erhielt von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ein Darlehen über 15 Millionen Euro für den Ausbau seiner energieeffizienten Produktion in Ćuprija.

Auch lokale Zulieferer investieren in neue Kapazitäten. Die serbische Firma ElevenES plant den Aufbau einer E-Batteriezellenfertigung für rund 80 Millionen Euro in Subotica. Das Werk der Fabrika Automobila Proboj im westserbischen Priboj soll erweitert werden. Unter anderem ist die Installation einer Strahl- und Lackieranlage geplant.

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