Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Serbien | US-Zollpolitik

USA belegen Serbien mit den höchsten Zöllen in Europa

Die USA verhängen 37 Prozent Zölle gegen Serbien. Dem Land drohen der Verlust von Marktanteilen, geringeres BIP-Wachstum und eine Verschärfung der Nachfrageflaute nach Kfz-Teilen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Belgrad

Das von US-Präsident Donald Trump am 2. April 2025 unterzeichnete Zolldekret sieht Einfuhrzölle von 37 Prozent für Waren aus Serbien vor. Damit wird das Westbalkanland mit dem höchsten Zollsatz in ganz Europa belegt. Die US-Zölle sind seit dem 9. April in Kraft, wurden von der US-Administration jedoch vorerst für 90 Tage ausgesetzt.

Serbien erwirtschaftet mit USA Defizit im Warenhandel

Warum Trump die Einfuhren aus Serbien überdurchschnittlich stark besteuert, ist unklar. Denn das größte Westbalkanland erwirtschaftet mit den Vereinigten Staaten seit Jahren ein Außenhandelsdefizit beim Warenhandel, anders als beispielsweise Deutschland. Im Jahr 2024 exportierte Serbien nach vorläufigen Zahlen des Statistikdienstes Waren im Wert von 620 Millionen Euro in die USA – ein nominales Plus von einem Fünftel im Vergleich zum Vorjahr. Die Importe von US-Waren beliefen sich auf 684 Millionen Euro, ein Anstieg um ein Viertel. Das wichtigste Ausfuhrprodukt waren 2024 Autoreifen, gefolgt von sicherheitsrelevanten Produkten und Waffen.

Serbien importiert mehr US-Waren als es exportiertTop-5 der 2024 zwischen Serbien und den USA gehandelten Waren*
Nr.Serbische Ausfuhren

Wert (in Millionen Euro)

Serbische Einfuhren

Wert (in Millionen Euro)

1Autoreifen

141,9

Antriebsmaschinen und Motoren

173,3

2Nicht klassifizierte Güter (sicherheitsrelevante Produkte)

109,5

Flugzeuge und Ausrüstung

39,6

3Waffen, Munition

52,5

Nicht klassifizierte Güter

34,8

4Verbrennungskolbenmotoren

37,6

Pkw

28,5

5Tierfutter

32,3

Chemische Produkte

24,0

*Jahresdurchschnittswechselkurs der Europäischen Zentralbank 2024: 1 Euro = 1,0824 US-DollarQuelle: Serbisches Statistikamt 2025

Eine Analyse des Exports von Dienstleistungen aus Serbien in die USA ergibt jedoch ein anderes Bild: Diese stiegen 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 13,1 Prozent auf rund 1,8 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich vor allem um IT-Dienstleistungen. Die Importe betrugen im gleichen Zeitraum 417,8 Millionen Euro. Der Handelsüberschuss liegt damit bei rund 1,4 Milliarden Euro und dürfte auch nicht einbrechen, da der Export von Dienstleistungen von den neuen US-Zöllen nicht betroffen ist.

Serbische Waren verlieren an Wettbewerbsfähigkeit in den USA

Die neuen Zölle haben zur Folge, dass sich alle gelisteten Waren aus Serbien bei der Einfuhr in die USA verteuern. Im Vergleich mit anderen Anbietern, die nicht oder mit niedrigeren Zöllen belegt werden, verlieren serbische Produkte ihren Preis- und damit ihren wichtigsten Wettbewerbsvorteil.

Unter den serbischen Exportzielen liegen die USA mit einem Anteil von rund 2 Prozent am Gesamtexport nur auf Rang 19. Auf den ersten Blick dürften die direkten Auswirkungen der US-Zölle auf die serbische Volkswirtschaft daher begrenzt sein. Doch für einige Produktkategorien und Unternehmen ist der individuelle Exportanteil teils erheblich.

Auswahl der Produkte, die von den neuen US-Zöllen betroffen sind
KategorieProdukte
IndustrieprodukteReifen, Waffen, Munition, Kfz-Bauteile
Landwirtschaftliche ProdukteObst, Gemüse, Tiefkühlkost, Fleischprodukte, Weine und alkoholische Getränke
MetallprodukteStahl, Aluminium, Kupfer
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Addiert man die Produktion von Autoreifen und die dazugehörige Zulieferindustrie, betrugen die Exporte im Jahr 2024 rund 300 Millionen Euro und damit fast die Hälfte der gesamten Ausfuhren in die USA, berechnete die Serbische Wirtschaftskammer (Privredna Komora Srbije, PKS). Daher sind vor allem die serbischen Werke der Reifenhersteller wie Toyo Tyres, Linglong oder Michelin, die einen größeren Teil ihrer Produktion in die USA ausführen, massiv betroffen. Selbiges gilt für die Hersteller von Munition wie Prvi Partizan oder Jugoimport-SDPR, die zusammen für rund 20 Prozent der Exporte in die USA stehen.

Weitere betroffene Firmen sind nach Angaben der PKS der italienische Produzent von Tiernahrung Farmina Pet, der serbische Hersteller von Kupferrohren, Sevojno, sowie die serbischen Produzenten von Aluminiumprofilen, Tehnomarket und Testeral. Zu den Leidtragenden der US-Zölle gehört auch die Tochtergesellschaft des US-Elektronikproduzenten Johnson Electric in Niš.

Zudem treffen die US-Zölle auf Pkw und Autoteile auch geplante Vorhaben. So sollte der neue Panda aus dem Fiat-Werk in Kragujevac auch für den US-Markt produziert werden.

Sekundäreffekte der Zölle bremsen Serbiens Wachstum

Größere Folgen für die serbische Wirtschaft hat die durch die US-Zölle verschärfte Nachfrageflaute aus der EU. Für viele exportorientierte deutsche Firmen sind die USA bis dato der wichtigste Absatzmarkt. Zugleich ist die EU der mit Abstand größte Handelspartner Serbiens.

Ökonomen vom ifo-Institut erwarten einen Rückgang der Exporte aus Deutschland in die USA um 15 Prozent. Eine sinkende Importnachfrage aus der EU führt zu weniger ausländischen Direktinvestitionen oder sogar zu einem Kapitalabfluss aus Serbien.

Zu Jahresbeginn 2025 rechnete die serbische Zentralbank mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Auswirkungen der US-Zölle dämpfen das Wachstum, haben aber keine Rezession zur Folge. "Wir erwarten 2025 aktuell ein BIP-Wachstum von bis zu 3,5 Prozent. Dieses basiert vor allem auf Infrastrukturprojekten, dem Binnenkonsum und anstehenden Investitionen in die EXPO 2027", erklärt Bojan Stanić, stellvertretender Direktor für strategische Datenanalyse bei der PKS, im Gespräch mit Germany Trade & Invest.

Druck auf deutsche Kfz-Zulieferbetriebe in Serbien steigt

Auch deutsche Firmen vor Ort bekommen die Folgen der US-Zölle zu spüren. Zahlreiche Zulieferbetriebe haben ihre Kunden in Mitteleuropa. Exemplarisch hierfür steht die Kfz-Industrie. Deutsche Lieferanten eröffneten in den letzten Jahren zahlreiche neue Werke im Land.

Doch die Krise in der europäischen Autoindustrie führte schon 2024 zu einem Rückgang der Nachfrage nach Autoteilen aus Serbien. In den ersten beiden Monaten 2025 sanken die Warenexporte nach Deutschland um weitere 17 Prozent. Sollte die Nachfrage weiter nachlassen, sinkt die Teilefertigung. Die Nichtauslastung von Fabriken verhindert Skaleneffekte, senkt deren Rentabilität und führt im schlimmsten Fall zur Entlassung von Personal.

Andererseits könnten deutsche Zulieferer in Serbien von Umlenkungseffekten profitieren, wenn ihre Kunden die Lieferketten neu strukturieren. Serbien bleibt dabei als Wirtschaftsstandort auf dem Westbalkan führend.

Schnellere EU-Integration als möglicher Ausweg?

Die serbische Regierung prüft Optionen, um auf die US-Zollpolitik zu reagieren. Eine Möglichkeit sind Verhandlungen mit Washington über eine Rücknahme der Zölle. Eine andere Option wäre eine schnellere Integration in den EU-Binnenmarkt. Dem steht aber die Schaukelpolitik Serbiens zwischen der EU auf der einen sowie China und Russland auf der anderen Seite entgegen. Ende März 2025 schloss Serbien ein Militärabkommen mit Ungarn, das häufig EU-Beschlüsse blockiert.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.