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Special Taiwan Lieferketten, Beschaffung

Taiwanstraße: zentrale Seeroute von und nach Ostasien

Als eine der meist befahrenen internationalen Meerengen beeinflusst die Taiwanstraße auch Im- und Exporte Deutschlands. Der China-Taiwan-Konflikt ist ein Bedrohungsszenario.

Von Jürgen Maurer | Bonn

Im Westpazifik ist die Taiwanstraße seit Jahrhunderten die Hauptverkehrsader für den Seetransport von und nach China, Taiwan, Japan und Südkorea. Heutzutage nutzt etwa die Hälfte aller Containerschiffe im internationalen Transport diese Meerenge. Denn die vier Länder gehören zu den wichtigsten Produktions- und auch Absatzmärkten im Asien-Pazifik-Raum. Sie im- und exportieren den überwiegenden Teil ihrer Energierohstoffe, Mineralien, Produktionsmittel und Konsumerzeugnisse per Schiff. Probleme in der Seepassage haben einen Dominoeffekt auf internationale Lieferketten.

Die Taiwanstraße verbindet das Südchinesische Meer mit dem Ostchinesischen Meer. Sie ist an der engsten Stelle etwa 130 Kilometer breit. Durch starke Sedimentierung liegt der Meeresboden an der tiefsten Stelle in nur etwa 150 Metern Tiefe. 

Entlang der Taiwanstraße befinden sich die geschäftigsten Häfen der Welt, wie Shanghai und Ningbo auf Festlandseite und Kaohsiung an der Westküste Taiwans. Beide Länder sind stark von der internationalen Frachtschifffahrt durch die Meerenge abhängig, Taiwan allerdings deutlich mehr. Fast 98 Prozent der Gesamteinfuhren der Insel kommen über den Seeweg. Die meisten Produkte werden auch per Schiff exportiert. Für Japan und Südkorea gilt dies fast spiegelbildlich. China ist eines der größten Exportländer weltweit und liefert per Schiff massenhaft Waren unter anderem nach Deutschland und Europa. Dafür muss das Land viele Rohstoffe und Vorerzeugnisse auch per Schiff importieren. 

Blockade der Taiwanstraße: schwierig aber nicht unmöglich

Taiwan wie auch Japan und Südkorea haben das größte Interesse an einem unbeschränkten Zugang zur Taiwanstraße. Laut United Nations Law of the Sea Treaty sollte die Passage durch die Meerenge frei zugänglich sein, da es sich um internationale Gewässer handelt. Zwar ist auch China dem Seerechtsübereinkommen beigetreten. Jedoch wird es nicht von allen Seiten gleich interpretiert. Die Volksrepublik China sieht Taiwan als Provinz und Teil ihres Territoriums an. Daher reklamiert die chinesische Regierung die Taiwanstraße als Inlandsgewässer. 

Weder die internationale Gemeinschaft noch Taiwan folgen dieser Interpretation. China erkennt auch die Mittellinie der Taiwanstraße als inoffizielle Demarkierung der beiden Territorien nicht an. Eine gemeinsame Erklärung der EU und der USA bekräftigte im Jahr 2021 „die hohe Bedeutung, die einer Beachtung der UN Convention on the Law of the Sea (UNCLOS) durch China zukommt, um die freie Nutzung der Schiffsnavigation und des Überfliegens der Taiwan Straße sicherzustellen“.

Drohgebärden von chinesischer Seite gegenüber Taiwan haben zugenommen und auch mögliche Blockaden sind nicht auszuschließen. China sendet seit Jahren immer wieder militärische Flugobjekte über die Taiwanstraße, die den Luftraum der Insel verletzen, und hält Seemanöver rund um die Insel ab. Während des mehrtägigen Militärmanövers im August 2022 hatte China sechs Zonen um Taiwan zur no-go-area erklärt, was dazu führte, dass sich der Schiffsverkehr von 250 auf höchstens 20 Schiffe pro Tag reduzierte. Anlass war der Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan. 

Schiffe könnten Taiwan an Pazifik-Seite umfahren

Die Taiwanstraße war bereits mehrfach Mittelpunkt politischer Krisen. Mitte der 1990er Jahre beispielsweise gab es umfangreiche chinesische Militärmanöver, um Taiwans Bevölkerung einzuschüchtern. Damals schoss China Raketen in die Seegebiete nahe taiwanischer Häfen, was den Schiffsverkehr von und zur Insel beeinträchtigte. Die USA entsandten zwei Flugzeugträgergruppen in die Taiwanstraße.

Sollte China zukünftig wiederholt größere Gebiete der Taiwanstraße für die Durchfahrt von Schiffen sperren, könnten diese auch östlich an Taiwan vorbeifahren, was die Fahrt jedoch um zwei bis drei Tage verlängert und die Frachtraten erhöht. Unter normalen Umständen wird diese Route - die Luzon-Straße - entlang der Pazifikküste Taiwans hauptsächlich von Tankern und Massengutfrachtern befahren, die ohne Zwischenhalte nach und von Japan oder Südkorea verkehren. In den Sommermonaten wird die Passage riskanter, da die Philippinen häufig von Taifunen heimgesucht werden. 

Eine Krise in der Taiwanstraße würde daher eine der wichtigsten Seefahrtsrouten der Welt stören, die Auswirkungen wären aber noch viel weitgehender für die Weltwirtschaft. Daher gewinnen Strategien zum De-Risking an Bedeutung.

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