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Branche kompakt | Südafrika | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Hürdenlauf für die Produktion von Arzneimitteln

Mehrere Pharmaunternehmen produzieren in Südafrika. Wirkstoffe werden aber zumeist importiert. Die nationale Gesundheitsversicherung könnte Bewegung in den Markt bringen.

Von Marcus Knupp | Berlin

Ausblick der Pharmaindustrie in Südafrika

Bewertung:

  • Die Nachfrage nach Arzneimitteln steigt Prognosen zufolge in den nächsten Jahren um rund 5 Prozent jährlich.
  • Die Ausgestaltung der großen Gesundheitsreform beeinflusst die Marktstruktur. Sie ist stark von der Zusammenarbeit der Koalitionspartner nach den Wahlen im Mai 2024 abhängig.
  • Versorgungslücken bei Strom, Wasser oder Kühlketten stellen Hersteller und Lieferanten vor Herausforderungen.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Juni 2024

Markttrends

Südafrika ist der größte Markt für Arzneimittel in Subsahara-Afrika. Nach Schätzung des Business Monitor International (BMI) betrug der gesamte Umsatz im Jahr 2023 rund 4,3 Milliarden US-Dollar (US$). Durch das vermehrte Engagement internationaler Hersteller wird der Produktionsstandort in den kommenden Jahren weiter an Gewicht gewinnen. Auch die Zunahme nicht übertragbarer Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes wird den Medikamentenbedarf tendenziell erhöhen. Ein weiterer Faktor für steigende Umsätze ist die Einführung einer nationalen Krankenversicherung (National Health Insurance, NHI). Für 2027 erwarteten die Analysten von BMI ein Verkaufsvolumen von 5,7 Milliarden US$.

In Südafrika sind Arzneimittelpreise reguliert. Einmal pro Jahr gibt das südafrikanische Gesundheitsministerium vor, um wieviel Prozent die Arzneimittelhersteller die Abgabepreise (Single Exit Price, SEP) erhöhen können. Nach der zu Jahresbeginn 2024 erfolgten Festsetzung lag der zulässige Höchstsatz mit 6,79 Prozent erstmals seit 2020 wieder über der Inflationsrate. Damit endet vorerst die Phase realer Preissenkungen, die die Anbieter in den letzten Jahren unter Druck gesetzt hatten.

Generell spaltet sich das Gesundheitssystem in Südafrika in zwei große Sektoren. Etwa drei Viertel der Bevölkerung sind auf die überlastete öffentliche Versorgung angewiesen. Die Behandlung ist hier weitgehend kostenlos, aber aufgrund mangelnder Ressourcen lückenhaft. Der kleinere Privatsektor ist demgegenüber finanziell gut ausgestattet. Die Versorgung basiert auf privaten Krankenversicherungen, die sich der größte Teil der Bevölkerung jedoch nicht leisten kann. Die Regierung plant deshalb eine umfassende Reform des Gesundheitssystems. 

Flächendeckende Krankenversicherung bis 2026?

Das südafrikanische Parlament hat 2023 das Gesetz über die geplante nationale Krankenversicherung beschlossen. Kurz vor dem Ende der Legislaturperiode hat Präsident Cyril Ramaphosa im Mai 2024 seine Unterschrift darunter gesetzt. Damit könnten die Planungen nun umgesetzt werden. Die größte Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) lehnt das Gesetz jedoch vehement ab und droht ebenso wie Verbände der privaten Gesundheitswirtschaft, gerichtlich dagegen vorzugehen. Ob das neue System wie geplant bis 2026 installiert werden kann, ist daher fraglich.

Kern des Gesetzes ist eine einheitliche Krankenversicherung, die durch einen staatlichen Fonds finanziert wird. Dieser Fonds soll sich aus Steuereinnahmen, Beiträgen von Besserverdienenden und monatlichen Abgaben der Arbeitnehmer speisen. Eine Besonderheit dabei ist, dass Leistungen, die durch die NHI übernommen werden, nicht alternativ privat versichert werden können. Private Versicherungen können demnach nur für zusätzliche Leistungen abgeschlossen werden. 

In Krankenhäusern und Kliniken sollen alle in der NHI Versicherten ohne vorherige Zahlung, wie bisher üblich, behandelt werden. Einzige Voraussetzung ist, dass die Behandlung durch das NHI-Programm abgedeckt ist. Dies gilt für öffentliche wie private Gesundheitseinrichtungen gleichermaßen. Insbesondere private Betreiber befürchten, dass es bei der Bezahlung der Leistungen durch den NHI-Fonds angesichts der zu erwartenden Kostenlawine zu Schwierigkeiten kommen wird. Die Probleme bei der öffentlichen Versorgung mit Strom und Wasser lassen solche Befürchtungen aufkommen. 

Die Gesamtausgaben für den Gesundheitssektor betrugen 2023 in Südafrika nach Schätzung der Economist Intelligence Unit (EIU) rund 32 Milliarden US$. Das waren etwa 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Südafrika ist mit einem Anteil von 70 Prozent an der Produktionskapazität der mit Abstand wichtigste Standort der pharmazeutischen Industrie in Subsahara-Afrika. Das Produktionsvolumen beträgt circa 1 Milliarde US$ im Jahr. Etwa 3 Prozent der weltweiten klinischen Forschung entfallen auf das Land am Kap. 

Im Bereich Herstellung konzentriert sich die Aktivität der südafrikanischen Pharmaindustrie im Wesentlichen auf sogenannte Fill-and-Finish-Aktivitäten, also die Aufbereitung der Medikamente für die Endkunden. Medizinische Wirkstoffe werden fast gänzlich aus dem Ausland bezogen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Herstellung von Impfstoffen. Der mit öffentlicher Förderung gegründete Hersteller Biovac will seine Produktion mit einem neuen Werk in Kapstadt von derzeit 150 Millionen auf 560 Millionen Dosen Impfstoffe steigern.

Durch Partnerschaften mit internationalen Pharmaunternehmen erweitern südafrikanische Hersteller ihr Produktionsspektrum. Auf Basis von Distributionsverträgen bauen sie sukzessive eine lokale Produktion auf. So arbeitet das Unternehmen Aspen Pharmacare zum Beispiel mit dem US-Konzern Eli Lilly zusammen. Aspen vertreibt dessen Präparate auf dem afrikanischen Kontinent. Mit dem dänischen Unternehmen Novo Nordisk hat Aspen die Produktion und den Vertrieb von Insulin für afrikanische Märkte vereinbart. Bis 2026 sollen 4,1 Millionen Patienten in Subsahara-Afrika versorgt werden können.

Infrastruktur stellt Branche vor Herausforderungen

Die zum Teil marode Infrastruktur in Südafrika betrifft auch die Funktionsfähigkeit der Arzneimittelbetriebe. Um die Prozesse aufrecht zu erhalten, müssen zusätzliche Investitionen eingeplant werden. Diese reichen von Solaranlagen, um Stromausfälle zu überbrücken, über Wassertanks, um Versorgungslücken aufzufangen. Notwendig ist auch, die lokale Produktion von Vorprodukten auszuweiten, da diese regelmäßig durch Verzögerungen im Hafen Durban hängenbleiben.

Der Flughafen Kapstadt ist seit Dezember 2023 eine weitere Umschlagstation für temperatur- und zeitempfindliche medizinische Waren. In Afrika gibt es damit fünf solcher Zentren für empfindliche Fracht. Im Dezember 2022 hatte das Logistikunternehmen Kühne & Nagel den Betrieb eines Umschlagszentrums für medizinische Produkte am Flughafen O.R.Tambo in Johannesburg übernommen.

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