Branchen | Südkorea | Chemische Industrie
Aussichten für Südkoreas Chemieindustrie bleiben 2024 unsicher
Die südkoreanische Chemiebranche ist für 2024 vorsichtig optimistisch. Im Jahr 2023 gingen die Produktionsmengen von Chemikalien und die Umsätze bedeutender Chemiefirmen zurück.
22.04.2024
Von Katharina Viklenko | Seoul
Positive Signale für die südkoreanische Chemieindustrie senden die wichtigen Abnehmerbranchen – Halbleiterproduktion und Batteriefertigung. Laut Prognosen des Korea Institute for Industrial Economics & Trade (KIET) soll das Exportwachstum der Chipbranche 2024 im zweistelligen Bereich liegen. Bei der Produktion von Halbleitern scheint die Talsohle inzwischen durchschritten: Die Fertigung soll im Jahr 2024 um 17,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen.
Das Segment der Batterien für Elektroautos setzt weitere Impulse. Zwar sollen südkoreanische Exporte von Batterien für E-Autos 2024 sinken, weil sich die globale Nachfrage verschlechtert und südkoreanische Batteriehersteller massiv Fertigungskapazitäten im Ausland aufbauen. Die heimische Produktion von Batterien dürfte 2024 aber gemäß KIET-Prognosen dennoch um 1,1 Prozent wachsen. Dabei soll insbesondere im 2. Halbjahr ein starker Wachstumsschub von 7,3 Prozent anstehen, wenn neue Fabriken für zylindrische Batterien in Betrieb gehen. Das wirkt sich positiv auf die Nachfrage nach entsprechenden Chemikalien aus.
Positiv entwickeln dürfte sich 2024 auch der Schiffbau, der von der weiterhin hohen Nachfrage nach Tankern zum Transport von Flüssiggas profitiert. Zwar wurden 2023 weniger Neuaufträge verbucht, doch war der Auftragsbestand Ende 2023 hoch. Die Produktion dürfte 2024 gemäß KIET um fast 8 Prozent zulegen. Mehr Fertigstellungen sollten sich in mehr Nachfrage nach Schiffsfarben niederschlagen.
Produktionsmengen von Chemikalien sinken
Die Fertigung von chemischen Erzeugnissen in Südkorea summierte sich 2022 laut aktuellsten Daten auf 192,6 Milliarden US-Dollar (US$). Wichtige Untersparten sind dabei vorwiegend organische Grundchemikalien, Kunststoffe und synthetischer Kautschuk in Primärformen, Pharmazeutika sowie Parfüme und Kosmetika. Hinzu kommen Farben, Lacke und Druckfarben, Industriegase sowie Agrarchemikalien. Der Wert der produzierten Mineralölerzeugnisse belief sich 2022 auf 153,6 Milliarden US$; die Fertigung von Kunststoffwaren auf rund 50 Milliarden US$.
Sparte | Produktion |
---|---|
Chemische Erzeugnisse, darunter | 192,6 |
Organische Grundchemikalien | 68,2 |
Kunststoffe und synthetischer Kautschuk in Primärformen | 37,5 |
Pharmazeutika | 25,1 |
Parfüme und Kosmetika | 11,7 |
Farben und Lacke, Druckfarben | 5,3 |
Industriegase | 4,8 |
Agrarchemikalien | 4,1 |
Mineralölerzeugnisse | 153,6 |
Kunststofferzeugnisse | 50,2 |
Die produzierte Menge bei chemischen Erzeugnissen sank im Jahr 2023 in mehreren Sektoren. Vor allem bei Polyesterfasern ging die Produktionsmenge zurück. Unter den größeren Warenpositionen stieg das gefertigte Volumen nur in den Segmenten Pflanzenschutzmittel sowie Farben und Lacke.
Sparte | 2022 | Veränderung | 2023* | Veränderung |
---|---|---|---|---|
Mineralölerzeugnisse (in 1.000 Kiloliter) | 200.299 | 5,7 | 197.559 | -1,1 |
Druckfarben (in Tonnen) | 95.051 | -0,5 | k.A. | k.A. |
Organische Grundchemikalien (in 1.000 Tonnen) | 41.851 | -8,3 | 40.261 | -3,1 |
Pflanzenschutzmittel (in Tonnen) | 20.360 | 8,2 | 22.362 | 9,8 |
Synthetischer Kautschuk und Kunststoffe in Primärformen (in 1.000 Tonnen) | 19.456 | -10,6 | 18.497 | -3,6 |
Düngemittel (in 1.000 Tonnen) | 2.039 | -14,9 | 1.413 | -5,8 |
Polyesterfasern (in 1.000 Tonnen) | 1.095 | -11,7 | 907 | -17,1 |
Farben und Lacke (in 1.000 Kiloliter) | 976 | -4,6 | 872 | 4,7 |
Auf Unternehmensebene konnte im Jahr 2023 allein der Marktführer LG Chem seine Umsätze sichtbar steigern, die eine Größenordnung von etwas mehr als 42 Milliarden US$ erreichten. Andere Anbieter erzielten indessen geringere Umsätze als noch 2022. Gerade bei Branchenunternehmen, die unter anderem Mineralölerzeugnisse in ihren Sparten anbieten, fielen die Rückgänge kräftiger aus.
Unternehmen | Sparte | 2022 | 2023 |
---|---|---|---|
LG Chem | Ethylen, Propylen, ABS, PVC, LDPE, HDPE, PP, Batterien | 40,1 | 42,3 |
GS Caltex | Mineralölerzeugnisse, Benzol, para-Xylol, Propylen, PP | 45,2 | 37,2 |
SK Energy | Mineralölerzeugnisse | 38,8 | 33,4 |
S-Oil | Mineralölerzeugnisse, para-Xylol, Benzol | 32,8 | 27,3 |
Hyundai Oilbank | Mineralölerzeugnisse | 27,0 | 21,5 |
LOTTE Chemical | Ethylen, HDPE, PP, ABS, Polycarbonat, TPA, Ethylenglycol | 17,2 | 15,3 |
Hanwha Solutions | LDPE, L-LDPE, PVC, TDI | 10,6 | 10,2 |
SK Geo Centric | para-Xylol, Ethylen, Benzol, HDPE, L-LDPE, PP | 7,3 | 6,8* |
Hanwha Total Petrochemsical | Ethylen, Propylen, para-Xylol, SM, LDPE, PP | 7,6 | 6,7* |
Kumho Petrochemical | Synthetischer Kautschuk, PS, ABS, EPS, PPG | 6,2 | 4,8 |
Investitionen boomen bei Batteriechemikalien
Südkoreanische Firmen tätigen gegenwärtig zahlreiche Investitionen im Bereich Batteriechemikalien und entsprechende Vorprodukte. Sie kündigten im Laufe des Jahres 2023 mehrere Vorhaben sowohl im Ausland als auch in Südkorea an. Dabei stocken südkoreanische Unternehmen bei der Produktion etwa von Kathodenmaterial, Lithiumhydroxid und Präkursoren auf.
Solche Investitionen in den USA könnten zukünftig von geopolitischen Spannungen erschwert werden. Neu vorgeschlagene Regelungen der US-Regierung sollen sogenannte "Foreign Entity of Concern" untersuchen, also unter anderem an Joint Ventures mit chinesischen Firmen beteiligte Unternehmen. Damit könnte etwa der Anspruch auf Steuergutschriften und Zuschüsse gemäß dem Inflation Reduction Act (IRA) verloren gehen. Eine Chance bestünde darin, den Joint-Venture-Anteil von chinesischen Unternehmen auf weniger als ein Viertel zu begrenzen.
Akteur/Projekt | Summe | Stand | Anmerkungen |
---|---|---|---|
EcoPro Group | 1.500 | 2023 bis 2029 | Werk für Kathodenmaterialien in Pohang in der Provinz Nord-Gyeongsang; Absichtserklärung vom Juli 2023 |
LG Chem und Huayou Cobalt | 925 | 2023 bis 2028 | Werk für Präkursoren für Batterien in Saemangeum in der Provinz Nord-Jeolla; Produktionskapazität von 50.000 Tonnen pro Jahr bis 2026, später 100.000 Tonnen pro Jahr |
LS MnM | 880 | 2026 bis 2028 | Ankündigung für Bau von zweiter Fabrik für Sekundärbatteriematerialien in Saemangeum in der Provinz Nord-Jeolla; Produktion von Schwefelsäure-Nickel, Lithiumhydroxid etc. |
LS Corp. und L&F Corp. | mehr als 770 | 2023 bis 2029 | Werk für Präkursoren für Batterien in Saemangeum in der Provinz Nord-Jeolla; Beginn der Massenproduktion 2025/2026; Produktionskapazität von 120.000 Tonnen im Jahr 2029 |
POSCO Future M | 475 | 2023 bis 2025 | Erweiterung der Produktion von Kathodenmaterial mit hohem Nickelgehalt (Nickel-Kobalt-Mangan-Aluminium, NCMA) in Pohang in der Provinz Nord-Gyeongsang um eine Kapazität von 46.000 Tonnen pro Jahr |
POSCO Holdings | 440 | 2023 bis 2025 | Werk für Lithiumhydroxid in Suncheon in der Provinz Süd-Jeolla; Kapazität von 25.000 Tonnen pro Jahr |
POSCO Future M | 300 | 2023 bis 2025 | Werk für Kathodenmaterial mit hohem Nickelgehalt (Nickel-Kobalt-Aluminiumoxid, NCA) in Pohang in der Provinz Nord-Gyeongsang; Kapazität von 30.000 Tonnen pro Jahr |
Außenhandel mit chemischen Erzeugnissen schwach
Laut Prognosen von KIET sollen 2024 die Ausfuhren von petrochemischen Erzeugnissen stagnieren. Dies ist auf schleppende Nachfrage in wichtigen Exportdestinationen sowie sinkende Preise zurückzuführen. China, der größte Exportmarkt für Südkoreas Anbieter, hat das eigene Angebot und die Produktionskapazitäten in der Petrochemie in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Daher werden weniger petrochemische Produkte aus Südkorea nachgefragt.
Südkoreanische Exporte von chemischen Erzeugnissen (gemäß SITC-Position 5) summierten sich im Jahr 2023 insgesamt auf 95,2 Milliarden US$. Gegenüber 2022 kam dies einem Rückgang von 10,3 Prozent gleich. Daneben wurden 2023 rund 16,5 Prozent weniger Mineralölerzeugnisse exportiert.
Warengruppe | Export | Veränderung | Import | Veränderung |
---|---|---|---|---|
Mineralölerzeugnisse | 54.042 | -16,5 | 171.354 | -21,6 |
Kunststoffe in Primärformen | 23.973 | -18,1 | 5.639 | -7,7 |
Organische Grundchemikalien | 20.962 | -14,6 | 13.925 | -16,7 |
Anorganische chemische Erzeugnisse | 16.311 | 4,6 | 21.399 | 7,6 |
Kosmetika und Reinigungsmittel | 9.385 | 4,6 | 2.806 | -3,7 |
Sonstige chemische Erzeugnisse | 7.867 | -21,7 | 9.663 | -6,3 |
Kunststoffe in anderen als Primärformen | 6.966 | -6,2 | 3.829 | -11,1 |
Pharmazeutika | 6.554 | -6,6 | 10.581 | -9,3 |
Farben und Lacke | 2.785 | 1,2 | 2.283 | -13,6 |
Düngemittel | 423 | -26,5 | 732 | -48,0 |
Zugleich importierte Südkorea 2023 chemische Erzeugnisse für 70,9 Milliarden US$ – ein Minus von 6,7 Prozent im Vergleich zu 2022. Auf der Importseite gab es in fast allen Untersektoren der Chemieindustrie Rückgänge gegenüber dem Vorjahr. Lediglich die Einfuhren von anorganischen chemischen Erzeugnissen stiegen 2023 um 7,6 Prozent.
Aus Deutschland importierte Südkorea 2023 chemische Erzeugnisse im Wert von knapp 3,9 Milliarden US$. Das entspricht einem kräftigen Rückgang von 18,1 Prozent. Die größte Abnahme mit rund 29 Prozent verzeichnete die bedeutendste Importgruppe der Arzneimittel. Zuwächse gab es nur bei Importen aus Deutschland von Kunststoffen in Primärformen (3,1 Prozent) und Düngemitteln (11,2 Prozent). Stabil zeigten sich Lieferungen von Kosmetika und Reinigungsmitteln.
BIP-Wachstum 2024 bei 2,1 Prozent erwartet
Die Bruttowertschöpfung der chemischen Industrie blieb 2023 mit einer Zunahme von 0,1 Prozent nahezu auf dem gleichen Niveau wie 2022. Die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe insgesamt legte um 1 Prozent zu. Für das aktuelle Jahr sind die Aussichten in der Branche durchwachsen und die weitere Entwicklung unsicher.
Südkoreas Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2023 real um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Bank of Korea erwartet 2024 ein etwas höheres reales BIP-Wachstum von 2,1 Prozent. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen um rund 4,2 Prozent zulegen. Die Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe wird sich vor allem im 2. Halbjahr 2024 erholen.
Einen Überblick über die chemische Industrie in Südkorea bietet die Branche kompakt "Chemische Industrie mit durchwachsenen Aussichten für 2023".