Wirtschaftsumfeld | Südkorea | Personal
Personalsuche und Personalmanagement
In Südkorea ist Personalsuche kein Selbstläufer. Unternehmen sollten spezifische Job-Plattformen kennen und kulturelle Besonderheiten beachten.
14.11.2024
Von Katharina Viklenko | Seoul
Deutschland genießt in Südkorea einen sehr guten Ruf. Das gilt auch für deutsche Unternehmen, die im Land aktiv sind. Dennoch kann die Personalsuche für deutsche Mittelständler, die sich auf dem Arbeitsmarkt noch keinen Namen gemacht haben, schwierig werden. Viele Bewerber bevorzugen wegen der Bildungschancen für ihre Kinder einen Arbeitsplatz im Großraum Seoul. Daher ist es schwer, qualifizierte Mitarbeitende außerhalb der Metropole zu gewinnen.
Unterschiedliche Kanäle für Personalrekrutierung
Für die Personalsuche in Südkorea werden häufig Online-Jobportale wie Incruit, JobKorea und Saramin verwendet. Dort suchen vor allem jüngere Berufseinsteiger nach passenden Stellen. Jedoch sind für die Kommunikation im Regelfall gute Koreanischkenntnisse erforderlich. Ebenso steht das staatliche Arbeitsamt zur Verfügung. Daneben gibt es auf ausländische Unternehmen spezialisierte Plattformen wie etwa People & Job. Auch die Nutzung von LinkedIn als Recruiting-Tool hat deutlich zugenommen. Private Firmen zur Personalvermittlung und Headhunter unterstützen vor allem bei der Suche nach Fach- und Führungskräften. Die Qualität ihrer Dienstleistungen ist unterschiedlich. Der Provisionssatz beträgt zwischen 15 Prozent und 30 Prozent eines Jahresgehalts.
Südkoreanische Großunternehmen rekrutieren häufig auch direkt über Campus-Events an führenden Universitäten, um sich so die Spitzenkandidaten unter den angehenden Berufstätigen zu sichern. In Orientierung an die Einstellungsverfahren der Großkonglomerate gibt es in Südkorea im Frühjahr (März bis Mai) sowie im Herbst (August bis Oktober) zwei große Bewerbungssaisons. Die Deutsche Auslandshandelskammer (AHK) Korea veranstaltet in Zusammenarbeit mit südkoreanischen Universitäten seit 2016 jedes Jahr im März das "Joint Campus Recruiting of German Companies". Hier können deutsche Unternehmen unter angehenden Absolventen nach potenziellen Kandidaten Ausschau halten.
In Südkorea ist es durchaus üblich, die Personalverwaltung teilweise oder vollständig auszulagern. Das Angebot von Plattformen für Personalmanagement ist breiter geworden. Der Arbeitsmarkt ist wettbewerbsintensiv und so ist der Bedarf an effizienten und kostengünstigen Rekrutierungslösungen hoch. Das Outsourcing bei der Personalsuche nimmt daher zu.
Mit aktivem Personalmanagement Engpässen gegensteuern
Insgesamt stehen auf dem Arbeitsmarkt noch genügend qualifizierte Kräfte zur Verfügung. Der demografische Wandel wird aber mittel- und langfristig zur Herausforderung. Engpässe gibt es laut Angaben der AHK Korea etwa bei Verkaufsingenieuren oder spezialisierten Technikern, die sowohl über Berufserfahrung als auch über englische Sprachkenntnisse verfügen. Auch bei IT-Fachkräften, insbesondere Softwareentwicklern, und Kraftfahrern finden sich nur wenige Bewerber auf offene Stellen.
Mercedes-Benz, BMW und AHK Korea lancierten 2017 eine Ausbildung für Kfz-Mechatroniker, um dem Fachkräftemängel entgegenzuwirken. Das Programm orientiert sich am deutschen dualen Bildungssystem und wird in Berufsschulen und den Unternehmen absolviert. Mittlerweile beteiligen sich MAN Truck & Bus, Daimler Trucks, Audi/Volkswagen und Porsche an der Initiative. Seit Beginn des Programms werden pro Jahrgang rund 100 bis 120 Azubis ausgebildet. Nach Abschluss erhalten die Absolventen ein DIHK-Zertifikat und einen koreanischen Collegeabschluss. Daneben bietet die AHK Korea Personalvermittlung als kostenpflichtige Dienstleistung für Unternehmen an.
Bei der Geschäftsklimaumfrage unter europäischen Unternehmen in Südkorea vom Januar 2024 wurden rund 170 Unternehmen unter anderem zum Personalmanagement befragt. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zufriedenheit 2023 bei den Arbeitskosten (29 Prozent auf 12 Prozent) sowie bei der Beziehung zwischen Arbeitgeber und -nehmer (50 Prozent auf 32 Prozent) deutlich zurückgegangen.
Kulturelle Besonderheiten beachten
Südkorea ist stark konfuzianisch geprägt, deshalb kommt der Zugehörigkeit zu Gruppen und auch zur Firma eine große Bedeutung zu. Der Status einer Person bestimmt sich im Wesentlichen durch Familienzugehörigkeit, Alter, Ausbildung und Stellung im Unternehmen. Gerade bei der älteren Generation besteht ein ausgeprägtes Hierarchiedenken, was sich auch auf die Strukturen im Arbeitsalltag erstreckt. Daher wird beispielsweise eine zu junge Führungskraft nicht überall akzeptiert. Das Gruppendenken gilt teils auch für den Einstellungsprozess: Potenzielle Kandidaten setzen gerne auf die Vernetzung über Bekannte und Kontakte.
Im Vergleich zu Deutschland wechseln Südkoreaner häufiger das Unternehmen. Vor allem in den ersten drei Jahren der Tätigkeit entscheiden sich Angestellte oft für einen Wechsel. Firmenvertreter berichten aber generell von einer hohen Loyalität der Beschäftigten zum Arbeitgeber. Kollegen werden häufig als eine Art "zweite Familie" angesehen. Generell wird Wert auf ein harmonisches Unternehmensumfeld gelegt.
"Ausländische Führungskräfte sollten sich auf Besonderheiten in koreanischen Teams einstellen."
So die Einschätzung von Lukas Beech, Partner bei August Leadership, einer auf Führungskräfte spezialisierten Personalagentur. Ein gutes und vor allem persönliches Onboarding sei ausschlaggebend für den weiteren Erfolg. "Ausländische Führungskräfte sollten an ihrem ersten Tag im Unternehmen von dem Vorgänger persönlich vorgestellt werden. Die formelle Bevollmächtigung des neuen Verantwortlichen sorgt für höhere Akzeptanz im Team."
Work-Life-Balance gewinnt an Bedeutung
Traditionell war der Einstieg in eines der führenden Großkonglomerate in Südkorea das Ziel vieler Universitätsabgänger. In der jüngeren Bevölkerung findet aber teilweise ein Umdenken statt. Stattdessen erwarten junge Jobsuchende mehr Individualismus, sinnstiftende Arbeit und weniger starre Hierarchien. Auch das Halten von Personal wird für Unternehmen dadurch zu einem größeren Thema. Ausländische Unternehmen können gerade bei jüngeren Arbeitssuchenden mit flachen Hierarchien und einer guten Work-Life-Balance punkten.
Wichtigste Kriterien für junge Jobsuchende in Südkorea
* Online-Umfrage mit 1.000 Befragten im Oktober/November 2023; Mehrfachnennungen; gerundete Werte Quelle: Statista 2024, auf Basis von Global Research und Korea Federation of SMEs 2023 |