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Branchen | Tschechische Republik | Wärmeversorgung

Tschechien heizt bald ohne Kohle

Tschechische Energieversorger wollen die Wärmerzeugung im Land klimafreundlicher machen. Ihre Investitionspläne werden großzügig mit EU-Mitteln unterstützt.

Von Gerit Schulze | Prag

Moderne Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die gleichzeitig Strom und Wärmenergie erzeugen, gewinnen in Tschechien an Bedeutung. Bislang erfolgt die Wärmeproduktion überwiegend mit fossilen Brennstoffen. Für den Neubau oder die Modernisierung tschechischer Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung stellt die Europäische Kommission rund 3 Milliarden Euro zur Verfügung. Mit dem Geld sollen Energieerzeugungsanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 3.090 Megawatt gefördert werden.

Großer Andrang auf die Fördertöpfe

Im Sommer 2024 startete das Ministerium für Industrie und Handel (MPO) einen ersten Förderaufruf für eine Gesamtleistung von 1.280 Megawatt. Er betraf Anlagen, die nach der Umrüstung mit Biomasse, Biogas oder Grubengas laufen. Auch der Einsatz von Erdgas ist grundsätzlich förderfähig, sofern die Technik bis spätestens 2050 umrüstbar ist auf weniger klimaschädliche Brennstoffe.

Das Interesse der Energieversorger an den Zuschüssen ist enorm. Beim MPO gingen über 40 Förderanträge ein. In die Auktion schafften es 37 Projekte mit einer Leistung zwischen 1,56 und 390 Megawatt. Die KWK-Anlagen sollen laut Planungen der Investoren zwischen 2026 und 2029 ans Netz gehen. Fast alle Projekte gaben als Energieträger Erdgas an. Nur ein Vorhaben will neben dem fossilen Brennstoff auch Biogas einsetzen (RT Energo in Uherčice).

Am 13. Januar 2025 startete das Industrieministerium eine zweite Auktion. Die Projektanträge können bis 17. März eingereicht werden. Bei dieser Runde werden aber nur KWK-Anlagen mit insgesamt 13,12 Megawatt gefördert.

Energiekonzern ČEZ investiert über 3 Milliarden Euro

Auch unabhängig von den aktuellen Förderaufrufen modernisieren tschechische Energieerzeuger die Wärmeversorgung im Land, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Tschechiens größter Energiekonzern ČEZ kündigte 2024 ein ambitioniertes Programm zur Umstellung seiner kohlebefeuerten Wärmekraftwerke auf Gas und Biomasse an. Die Umsetzung kostet bis 2030 über 3 Milliarden Euro.

In Ústí nad Labem stellt ČEZ das Wärmekraftwerk Trmice bis 2029 auf Erdgas und Biomasse um. Derzeit läuft für das Projekt die Lieferantenauswahl, teilte der Konzern Ende 2024 mit. Ein weiteres Vorhaben setzt ČEZ mit dem örtlichen Wärmeversorger THMÚ im Stadtteil Střekov um. Dort müssen fünf Kesselräume modernisiert werden, die Bauarbeiten laufen bereits.

Am Wärmekraftwerk Dětmarovice im Gebiet Mährisch-Schlesien ersetzt das Unternehmen die Kohlekessel schrittweise durch Gas- und Biomasseanlagen. Im Frühjahr 2025 soll in Dětmarovice das letzte Mal Kohle zur Wärmeproduktion genutzt werden. Für das Projekt fließen Fördermittel aus dem HEAT-Programm des Modernisierungsfonds, der sich aus den Erlösen von Emissionszertifikaten speist.

Škoda-Fabriken bekommen Energie aus Hackschnitzeln

Das Unternehmen Ško-Energo, das die Energieversorgung der Škoda-Stadt Mladá Boleslav und der dortigen Autofabriken sicherstellt, steigt ebenfalls aus der Kohleverstromung aus. Der Brennstoff soll durch Holzhackschnitzel und Phyto-Pellets ersetzt werden. Für die Umrüstung der Kessel sind bis 2027 Investitionen von 180 Millionen Euro vorgesehen. Etwa 87 Millionen Euro davon kommen aus dem Modernisierungsfonds. Ško-Energo plant auch ein großes Lager mit Sortieranlage für die nachwachsenden Brennstoffe.

Der Boom bei der Modernisierung der tschechischen Wärmeversorgung könnte durch den Mangel an Technik und Rohstoffen ausgebremst werden. ČEZ erwartet besonders bei Gasturbinen Lieferengpässe, da es nur eine Handvoll Lieferanten mit vollen Auftragsbüchern gebe, wie ein Manager der Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny mitteilte.

Auch die Versorgung mit Alternativbrennstoffen ist längst nicht sicher. Das betrifft vor allem Biomasse, für die neue Produktionskapazitäten im Land entstehen müssten, um den Bedarf der Heizkraftwerke zu decken.

Abwärme der Kernkraftwerke soll genutzt werden

Doch es gibt Alternativen. Ein besonders ambitioniertes Projekt ist eine Wärmetrasse vom Atomkraftwerk (AKW) Dukovany in die Großstadt Brno. Der Bau der 42 Kilometer langen Leitung soll 2027 beginnen und 2031 fertig sein. Das Vorhaben kostet über 750 Millionen Euro, Hauptinvestor ist der örtliche Wärmeversorger Teplárny Brno.

An dem Projekt ist laut dem Branchenportal Oenergetice.cz auch der Kraftwerksbetreiber ČEZ beteiligt. Er baut am Kernkraftwerk Dukovany eine Wärmetauscherstation für rund 120 Millionen Euro.

Über eine Fernwärmeleitung vom AKW nach Brno wird bereits seit den 1980er Jahren diskutiert. Die niedrigen Gaspreise in der Vergangenheit ließen ein solches Vorhaben aber als nicht rentabel erscheinen. Die südböhmische Stadt České Budějovice wird bereits aus dem zweiten tschechischen AKW Temelín mit Fernwärme versorgt.

Abfall als alternativer Brennstoff

In České Budějovice wurden früher 230.000 Tonnen Kohle pro Jahr verbrannt, um Wärmeenergie zu erzeugen. Bis 2029 will die Stadt den letzten Kohlekessel außer Betrieb nehmen. Neben der Abwärme aus dem AKW tragen dazu neue Dampfkessel auf Holzschnitzelbasis und die thermische Müllverwertung bei.

Auch in anderen Orten könnten Müllverbrennungsanlagen eine Ergänzung der Wärmeversorgung sein. In Komořany bei Most ist ein solches Kraftwerk seit 2024 in Bau, in dem 150.000 Tonnen Abfall im Jahr verbrannt werden können. Auch hier fließt Geld aus dem Modernisierungsfonds. Das Werk soll 2027 den Betrieb aufnehmen. Im benachbarten Chomutov ist ebenfalls eine Anlage geplant. Der Bedarf an Müllverbrennung steigt, da Tschechien ab 2030 keine Siedlungsabfälle mehr deponieren darf.

In Tschechien sind 38 Prozent aller Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen, insgesamt 1,8 Millionen Kunden. Hinzu kommen öffentliche Gebäude wie Krankenhäuser, Schulen und Behörden. Der Wärmebedarf schrumpft seit Jahren. Zugleich lohnt sich der Betrieb von Kohlekraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung wegen der hohen Preise für Emissionszertifikate immer weniger. Bis 2030 sollen die verbleibenden Anlagen in Tschechien vom Netz gehen.

Investitionsprojekte zum Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung in TschechienErfolgreiche Projektanträge des ersten Förderaufrufs 2024 (Auswahl)
Unternehmen / Ort

Angebotener Auktionspreis (Euro/MWh) *)

Installierte Leistung (MW)

Betriebsstart
Elektrárny Opatovice

166

390,0

August 2029
Energotrans / Horní Počaply

167

280,0

Januar 2029
United Energy / Most, Komořany

166

205,6

Juni 2029
Veolia Energie ČR / Třebovice

167

100,0

Dezember 2029
Plzeňská teplárenská / Plzeň

166

97,3

Januar 2029
ČEZ Teplárenská / Prunéřov

167

50,0

März 2028
ČEZ Teplárenská / Dětmarovice

163

23,6

März 2027
Veolia Energie ČR / Karviná

167

15,0

Dezember 2029
Veolia Energie ČR / Olomouc

167

15,0

Dezember 2029
Veolia Energie ČR / Třebovice KGJ

167

11,9

Dezember 2029
* Wechselkurs vom 9. Januar 2025: 1 Euro = 25,12 Tschechische Kronen.Quelle: Ministerium für Industrie und Handel 2025; Tschechische Nationalbank 2025

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