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Geberkonferenz mobilisiert neue Mittel für die Ukraine
Zusätzlich 60 Milliarden US-Dollar: Bei der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine im Juni 2023 in London versprachen die Geber neue Mittel. Der Löwenanteil soll von der EU kommen.
30.06.2023
Von Hélène Pestel | Bonn
Die internationale Gemeinschaft engagiert sich für den Wiederaufbau der Ukraine. Zusammen mit multilateralen Organisationen waren rund 60 Länder auf der „Ukraine Recovery Conference“ vom 21. bis 22. Juni 2023 in London vertreten.
Geberländer und -organisationen sagten zusätzliche finanzielle Ressourcen in Höhe von 60 Milliarden US-Dollar (US$) zu. Sie beschäftigten sich auch mit der Frage, wie der Privatsektor für den Wiederaufbau mobilisiert werden kann. Das Treffen schloss an die Wiederaufbaukonferenz von Lugano im Juni 2022 an. Dort hatten die Geber eine Roadmap für die künftige Entwicklung der Ukraine verabschiedet.
Geber stocken Finanzierung für den Wiederaufbau auf
Internationale Geberorganisationen und Geberländer verpflichteten sich auf der Konferenz, neue finanzielle Ressourcen für die Ukraine bereitzustellen. Dabei will die EU einen erheblichen Beitrag leisten.
Die Europäische Kommission beabsichtigt, eine neue Ukraine-Fazilität in Höhe von 50 Milliarden Euro einzurichten. Sie will die zusätzlichen Mittel im Zeitraum 2024 bis 2027 einsetzen. Mit ihrem Beitrag zielt die EU darauf ab, die finanzielle Stabilität der Ukraine zu gewährleisten, öffentliche und private Investitionen zu mobilisieren und technische Hilfe zu leisten. Wichtiges Ziel der Fazilität ist auch, das Land auf seinem Weg zum EU-Beitritt zu begleiten. Die Hilfe soll teils als Zuschüsse, teils als zinsgünstige Darlehen erfolgen.
Die Europäische Investitionsbank (EIB) sagte 840 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Ukraine zu. Die EIB will die Ukraine in den Bereichen Wasser, kommunale Infrastruktur, Transportnetze, Digitalisierung und Cybersicherheit sowie Energieeffizienz öffentlicher Gebäude unterstützen.
Auch die Weltbank will zusätzliche 1,6 Milliarden Euro für die Ukraine bis 2027 bereitstellen. Diese bestehen aus Finanzhilfen von den USA und Finnland sowie Garantien Großbritanniens für die Darlehen der Bank.
Auch einzelne Geberländer sagten finanzielle Mittel für die Ukraine zu. Die zusätzlichen Hilfen seitens der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz belaufen sich auf insgesamt 3,4 Milliarden Euro. Ein wichtiger Schwerpunkt der zusätzlichen bilateralen Gelder liegt auf der humanitären Hilfe. Im Jahr 2023 stellt beispielsweise Deutschland 381 Millionen Euro für lebensnotwendige Produkte wie Generatoren, Zelte und Lebensmittel zur Verfügung. Die bilateralen Geber finanzieren daneben vor allem den Energiesektor und sonstige kritische Infrastruktur.
Der Privatsektor soll eine wichtige Rolle spielen
Damit die ukrainische Wirtschaft sich nach dem Krieg erholt, sind Privatinvestitionen gefragt. Ziel der Londoner Konferenz war auch, den Privatsektor für den Wiederaufbau der Ukraine zu mobilisieren.
Ein Instrument dafür ist der neue Ukraine Business Compact, der auf der Konferenz präsentiert wurde. Der Business Compact soll das Engagement internationaler Unternehmen für den Wiederaufbau der Ukraine sichtbar machen. Bereits über 500 Unternehmen aus 42 Ländern und 21 Sektoren haben sich verpflichtet, die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu unterstützen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass sie in Zukunft in der Ukraine investieren oder mit ukrainischen Firmen zusammenarbeiten. Unternehmen können den Compact unterzeichnen und damit ihre Hilfe für die Ukraine bekunden. Weitere Schritte sind noch nicht bekannt.
Auch Finanzinstitutionen für Entwicklung DFI (Development Finance Institutions) wollen den ukrainischen Privatsektor unterstützen. DFI sind Entwicklungsfinanzierer, die im mehrheitlichen Besitz von nationalen Staaten sind und in Projekte des Privatsektors in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren. In London haben sich 19 DFI zusammengeschlossen, um ihre Investitionen in der Ukraine zu koordinieren. Die teilnehmenden DFI streben zum Beispiel an, privatwirtschaftliche Projekte gemeinsam zu finanzieren. Zu ihnen zählen die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG), die französische Proparco oder auch British International Investment. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wird als größter institutioneller Investor in der Ukraine und aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrung in der Region in dem Netzwerk federführend sein.
Die nächste „Ukraine Recovery Conference“ 2024 richtet Deutschland aus.
Germany Trade & Invest (GTAI) informiert über Finanzierungen für Exporte und Investitionen deutscher Unternehmen in der Ukraine sowie über aktuelle Entwicklungsprojekte und Ausschreibungen internationaler Geber in der Ukraine.