Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Investitionsklima
Krieg belastet den Investitionsstandort
Der Krieg hat das Interesse von Investoren an der Ukraine ausgebremst. Der Wiederaufbau, der EU-Beitritt und das große Potenzial machen das Land als Zukunftsstandort interessant.
15.01.2025
Von Waldemar Lichter | Warschau
Die Ukraine will ungeachtet des Krieges ein attraktives Land für ausländische Investoren sein. Die Regierung bemüht sich, ein entsprechendes Investitionsklima dafür zu schaffen. Reformen, wie die Verbesserung der steuerlichen Bedingungen und Zuschüsse, sollen dazu beitragen, mehr Großprojekte zu gewinnen. Mit Hilfe internationaler Förderprogramme wie dem Ukraine Investment Framework (UIF) der EU können Investitionen in strategische Sektoren wie Energie und Infrastruktur unterstützt werden.
Gleichzeitig bleibt das Investitionsklima durch kriegsbedingte Unsicherheiten oder die damit verbundenen Devisenbeschränkungen und Kapitalverkehrskontrollen belastet. Zusätzlich stellen Korruption oder das ineffiziente Justizsysteme weiterhin große Hürden dar. Neben der unzureichenden Rechtsstaatlichkeit beklagen viele Unternehmen hohe (auch militärische) Risiken. Investitionen ausländischer Unternehmen müssen oft durch internationale Garantien abgesichert werden.
Dennoch bietet die Ukraine ein hohes Potenzial als Ziel für ausländische Investitionen. Als besonders interessant gelten Sektoren wie die Informationstechnologie, der Agrarsektor und erneuerbare Energien. Der IT-Sektor zeigt sich trotz des Krieges resilient und zieht weiterhin bedeutende Investitionen an. Die Landwirtschaft profitiert von ihrer strategischen Bedeutung als globaler Nahrungsmittellieferant. Außerdem bietet die Ukraine interessante Aussichten für nachhaltige Investitionen in kritische Rohstoffe wie etwa Lithium oder Titan.
Unternehmen | Branche | Volumen in Millionen Euro |
---|---|---|
Bayer | Saatgutproduktion | 200 (in Saatgutaufbereitungsanlage in Pochuiky vor dem Krieg; weitere 60 im April 2023 angekündigt) |
Knauf | Baustoffe | 200 (Werk in Soledar durch russische Rakete zerstört) |
Rheinmetall | Verteidigungsindustrie | 100 |
Leoni | Automobilzulieferer | 20 (nur Werk in Kolomyia; nach Schätzungen ähnlich viel im zweiten Werk in Styi) |
Fixit | Baustoffe | 12 |
Quantum Systems | Drohnen | 6 |
Investitionsförderung: Regierung lockt mit Vergünstigungen
Das Herzstück des ukrainischen Investitionsfördersystems bildet das Gesetz Nr. 1116 zur Unterstützung von Großinvestitionen. Investoren mit einem Mindestvolumen von 12 Millionen Euro bietet es umfangreiche Vergünstigungen. Dazu gehören die Befreiungen von der Mehrwertsteuer und Einfuhrzöllen bei Ausrüstungsimporten, die Erstattung von Kosten für den Anschluss an Infrastrukturnetze und andere. Die staatliche Agentur UkraineInvest fungiert dabei als zentrale Anlaufstelle für Investoren und bietet einen "One-Stop-Shop" von der ersten Beratung bis zur vollständigen Projektrealisierung.
Ein weiteres wichtiges Förderelement ist das staatliche Programm zur Absicherung von Investitionsrisiken. In Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie der US-amerikanischen DFC und der Weltbanktochter MIGA hat die Ukraine ein umfassendes Versicherungssystem entwickelt, das sowohl politische als auch kriegsbedingte Risiken absichert. Dieses System wird weiterentwickelt. Ergänzt wird dies durch das staatliche Kreditprogramm "5-7-9 Prozent", das vergünstigte Finanzierungen mit Zinssätzen zwischen 5 und 9 Prozent für Investitionsprojekte bereitstellt. In Industrieparks profitieren Unternehmen von zinslosen Darlehen und Zollbefreiungen für Ausrüstung sowie Kostenerstattung für den Aufbau der Versorgungsinfrastruktur.
Ukraine-Fazilität der EU treibt Investitionen an
Ergänzt wird das nationale System durch Instrumente des Ukraine Investment Framework (UIF). Es handelt sich um die zweite Säule der Ukraine-Fazilität der Europäischen Union im Wert von insgesamt 50 Milliarden Euro. Das Gesamtvolumen des UIF beträgt 9,3 Milliarden Euro, aufgeteilt in 7,8 Milliarden Euro für Garantien (zum Beispiel für Kredite und Risikoteilung) und 1,5 Milliarden Euro für Mischfinanzierungen (Kombination aus Zuschüssen und Darlehen). Ziel ist es, öffentliche und private Investitionen für den Wiederaufbau, die Modernisierung und die wirtschaftliche Erholung der Ukraine zu mobilisieren. Das UIF soll über Garantien, Mischfinanzierungen und technische Unterstützung etwa 40 Milliarden Euro an Investitionen mobilisieren.
Die Wirksamkeit der Investitionsförderung wird unterschiedlich beurteilt. Gelobt werden die Förderinstrumente und das entstehende System für digitales Projektmanagement (DREAM). Die Wirksamkeit der Anreize sei jedoch aufgrund des Krieges begrenzt, heißt es. Größte Probleme seien Sicherheitsrisiken, Korruption und der Mangel an bankfähigen Projekten. Die eingeleiteten Reformen werden aber als positiver Beitrag zur Verbesserung des Investitionsklimas bewertet.
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